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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 19.12.2003
Aktenzeichen: 4 U 181/01
Rechtsgebiete: InSO, ZPO


Vorschriften:

InSO § 53
InSO § 55
InSO § 174
InSO § 178
InSO §§ 179 ff.
ZPO § 322
1. Allein die (irrtümliche) Eintragung einer Forderung in die Insolvenztabelle als Insolvenzforderung hindert nicht deren spätere Geltendmachung als Masseforderung.

2. Die gerichtliche Feststellung einer zur Insolvenztabelle angemeldeten und vom Insolvenzverwalter bestrittenen Forderung erwächst in Rechtskraft nur hinsichtlich des materiellrechtlichen Bestandes der bestrittenen Forderung, nicht aber hinsichtlich des insolvenzrechtlichen Charakters als Insolvenz- und nicht etwa Masseforderung.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 181/01

Verkündet am: 19. Dezember 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 29.10.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hensen, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Rühling und den Richter am Oberlandesgericht Frahm für Recht erkannt:

Tenor:

Das am 31.10.2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht Kiel zurückverwiesen.

Das Urteil beschwert die Parteien im Wert von jeweils über 20.000,00 €.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt als Vermieter eines Gewerbeobjekts den Insolvenzverwalter der Mieterin und Schuldnerin auf die Zahlung rückständigen Mietzinses in Anspruch.

Die zunächst zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen wurden vom Insolvenzverwalter bestritten. In einem nach den §§ 179 ff InSO geführten Vorprozess (17 O 193/00 LG Kiel) wurde der Bestand der geltend gemachten Forderungen zum Teil festgestellt und zunächst in die Insolvenztabelle eingetragen. Im Nachhinein nahm der Kläger seine Anmeldung zum Teil zurück und verfolgte seine Ansprüche zum Teil als Absonderungsberechtigter unter Berufung auf sein Vermieterpfandrecht und zum Teil als Massegläubiger.

Das Landgericht hat seine weitere Klage unter Hinweis auf das inzwischen rechtskräftige Urteil im Vorprozess abgewiesen, da mit diesem der Charakter einer Insolvenzforderung rechtskräftig festgestellt worden sei und deshalb dem Kläger ein über die Insolvenzquote hinausgehender Betrag nicht zustehen könne.

Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers führte zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Die Revision wurde zugelassen.

Gründe:

I. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von Forderungen aus einem inzwischen beendeten Mietverhältnis in Anspruch.

Der Kläger ist Eigentümer eines Gewerbeobjekts, über das er mit der Fa. S. Industriebedarf GmbH einen Gewerbemietvertrag, Mietbeginn 15.01.1995, geschlossen hatte. Die Fa. S.Industriebedarf GmbH kam erstmalig im Monat Februar 1999 mit der Zahlung des Mietzinses in Verzug, der seinerzeit inklusive Nebenkosten und Mehrwertsteuer monatlich 14.375,00 DM betrug. Auch in der Folgezeit blieben die Mietzahlungen aus. Mit Beschluss vom 01.04.1999 eröffnete das Amtsgericht Neumünster das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Fa. S.Industriebedarf GmbH und bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter.

Bereits mit Schreiben vom 09.03.1999 und 12.03.1999 machte der Kläger Vermieterpfandrechte für den in den Monaten Februar und März 1999 ausgebliebenen Mietzins an näher bezeichneten Gegenständen geltend. In der Folgezeit nahm der Beklagte die Gegenstände in Besitz und verwertete sie durch öffentliche Versteigerung. Der Verwertungserlös überstieg den Mietzins für die vorgenannten Monate.

Der Kläger meldete mit Schreiben vom 13.05.1999 Forderungen zur Insolvenztabelle an, die im Prüfungstermin vom 21.06.1999 durch den Beklagten bestritten wurden. Der Kläger klagte daraufhin im Verfahren 17 O 193/00 - LG Kiel - auf Feststellung seiner Forderungen gegenüber dem Beklagten als Insolvenzverwalter. Der Beklagte rechnete in jenem Verfahren im wesentlichen mit behaupteten Gegenansprüchen auf, da er die Auffassung vertrat, dass nach Beendigung des Mietvertrages nunmehr seine Aufwendungen für Ausbaumaßnahmen zeitanteilig vom Kläger zu tragen seien.

Der Klage wurde insoweit stattgegeben, als festgestellt wurde, dass ihm im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Fa. S. Industriebedarf GmbH eine nicht nachrangige Insolvenzforderung in Höhe von 460.627,65 DM sowie ein Zinsanspruch in Höhe von 2.518,36 DM zusteht. Diese Forderung setzt sich, wie sich aus den Entscheidungsgründen des rechtskräftig gewordenen Urteils ergibt, aus einem offenen Mietzins für die Monate Februar und März 1999 in Höhe von 28.750,00 DM sowie weiterem Mietzins für die Zeit vom 01.04. bis 30.09.1999 in Höhe von 85.276,84 DM, einem Zinsanspruch auf die Mietforderung Februar/März 1999 in Höhe von 100,82 DM sowie einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 346.500,00 DM wegen vorzeitiger Kündigung des Mietvertrages durch den Beklagten zusammen. Hinsichtlich der Aufrechnung führte das Landgericht aus, dass der Beklagte aufrechenbare Gegenforderungen nicht hinreichend und nicht fristgerecht substanziiert vorgetragen habe. Im Übrigen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des am 28.02.2001 verkündeten Urteils in der Sache 17 O 193/00 des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Kiel Bezug genommen.

Der Kläger macht mit der nunmehr erhobenen Zahlungsklage den Verwertungserlös in Höhe der Mietzinsen für die Monate Februar und März 1999 aus den vom Beklagten verwerteten Pfandgegenständen als Absonderungsberechtigter geltend sowie den Mietzins für die Zeit April bis September 1999 in Höhe von 85.276,84 DM als Masseanspruch.

Aufgrund des Urteils in der Sache 17 O 193/00 war die in jenem Verfahren festgestellte Forderung zwischenzeitlich in die Insolvenztabelle eingetragen worden. Mit Schreiben vom 29.06.2001 nahm der Kläger die Anmeldung zur Tabelle in Höhe von 114.026,84 DM zurück. Die Insolvenztabelle ist zwischenzeitlich entsprechend geändert worden.

Das Landgericht hat die vorliegende Klage abgewiesen mit der Begründung, durch rechtskräftige Feststellung des Urteils in der Sache 17 O 193/00 handele es sich nur noch um eine Insolvenzforderung, nicht aber mehr um eine Masseforderung des Klägers. Die Klage sei deshalb mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, soweit sie sich auf den Betrag beziehe, der dem Kläger laut Insolvenzquote zustehen würde. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrages sei sie unbegründet, da dem Kläger ein höherer Betrag als die Quote nicht zustehe.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Er ist der Auffassung, das Urteil in der Sache 17 O 193/00 hindere ihn nicht, die vorgenannten Ansprüche nunmehr im Rahmen der vorliegenden Leistungsklage geltend zu machen. Die irrtümliche Anmeldung einer Masseforderung zur Insolvenztabelle mache diese nicht zur Insolvenzforderung und die Rechtskraftwirkung des Urteils im Vorprozess umfasse nicht die Feststellung der Forderung als Insolvenzforderung, da die rechtliche Einordnung der Forderung nicht Streitgegenstand gewesen sei. Er beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 114.026,84 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen EZB-Basiszinssatz seit dem 03.05.2001 zu zahlen,

hilfsweise

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Kiel zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er folgt der Auffassung des Landgerichts. Da es sich bei einer insolvenzrechtlichen Feststellungsklage um eine echte Feststellungsklage handele, die vor den ordentlichen Gerichten zu erheben sei, beurteile sich deren Rechtskraft nach § 322 ZPO. Die Frage der rechtlichen Einordnung sei damit im Vorprozess Streitgegenstand gewesen, da laut Klagantrag habe festgestellt werden sollen, dass es sich bei der streitigen Forderung um eine nicht nachrangige Insolvenzforderung handele.

Auch mache der Kläger bezüglich der Monate Februar und März 1999 ohnehin, wie sich aus der Klagbegründung ergebe, eine Insolvenzforderung geltend, da es sich bei Mietforderungen um persönliche Forderungen gegen den Schuldner handele. Hinsichtlich der Mietzinsforderung ab April 1999 sei weiter zu berücksichtigen, dass der Kläger im fraglichen Zeitraum Einnahmen aus der Weitervermietung des Objekts habe realisieren können. Zudem handele es sich bei dem klägerischen Anspruch um einen Schadensersatzanspruch, mithin eine Insolvenzforderung, da durch die Weitervermietung das Mietverhältnis beendet worden sei. - Der Beklagte trägt weiter zu den bereits im Vorverfahren und nunmehr erneut in diesem Verfahren zur Aufrechnung gestellten Forderungen vor, wobei er allerdings die Sachaufwendungen auf 337.566,96 DM und die Personalkosten auf 162.000,00 DM beschränkt.

Im Übrigen wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil sowie die im 2. Rechtszug gewechselten Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO n. F.).

II. Die Berufung hat im angegebenen Umfang Erfolg.

1. Zur Zulässigkeit

a) Soweit der Kläger mit der vorliegenden Klage einen Betrag in Höhe des Mietzinses für die Monate Februar und März 1999 von 28.750,00 DM gem. den §§ 50 Abs. 1, 170 InsO geltend macht, bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage. Der Kläger stützt seinen Anspruch auf das Vermieterpfandrecht, das er für die vorgenannten Monate mit Schreiben vom 09.03.1999 und 12.03.1999 gegenüber dem Beklagten geltend gemacht hatte. Dem steht nicht die Entscheidung im Vorprozess 17 O 193/00 entgegen, da dort nicht über ein etwaiges Vermieterpfandrecht des Klägers, sondern lediglich über eine Vorfrage, nämlich die Höhe des zugrundeliegenden Mietzinsanspruchs, entschieden worden ist.

Es handelt sich auch nicht, wie der Beklagte meint, um eine persönliche Forderung (und damit um eine Insolvenzforderung) gegen den Schuldner. Dies ergibt sich gerade nicht aus der Klagschrift. Im Gegenteil wird der Anspruch dort ausdrücklich auf das Absonderungsrecht des Klägers gestützt.

b) Die Klage ist auch bezüglich der Mietzinsforderung für die Monate April bis September 1999, die der Kläger gem. § 55 InsO als Masseforderungen geltend macht, zulässig.

Denn im vorliegenden Fall hat das in der Sache 17 O 193/00 ergangene Urteil nicht die Folge, dass die Masseforderung des Klägers zu einer Insolvenzforderung geworden ist, so dass ihm lediglich ein Anspruch in Höhe der Insolvenzquote zustünde. Die Rechtskraft des vorgenannten Urteils umfasst diese Feststellung nicht.

aa) Der Umfang der Rechtskraft bestimmt sich nach dem Streitgegenstand (Zöller-Vollkommer, ZPO, 24. Aufl. vor § 322, Rn. 35 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Eine Bindungswirkung tritt nur ein, wenn der Streitgegenstand des Erstprozesses in einem zweiten Prozess erneut zur Entscheidung steht. Das ist hier jedoch insoweit nicht der Fall, da Streitgegenstand des Vorprozesses nicht die Frage war, ob es sich um eine im Insolvenzverfahren geltend zu machende Forderung handelte, sondern Streitgegenstand war, ob die Forderung dem Grunde und der Höhe nach besteht. Dabei handelte es sich um ein Verfahren nach den §§ 179 ff. InsO, früher § 146 KO. Gegenstand eines solchen Feststellungsverfahrens ist die Forderung lediglich im Hinblick auf den gegen sie erhobenen Widerspruch, der sich auf den Grund der Forderung, die Höhe, das angemeldete Vorrecht oder die Anmeldbarkeit der Forderung im Insolvenzverfahren beziehen kann (Kilger/K.Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl., § 144 Anm. 1; RGZ 116, 368, 372 ff.). Anderenfalls bestünde kein Feststellungsinteresse (Kuhn-Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 146, Rn 20). Denn Sinn und Zweck der Feststellungsklage ist allein die Beseitigung der im Prüfungstermin erhobenen Widersprüche ( RGZ 84, 235; 116, 368, 372; OLG Stuttgart, NJW 1962, 1018). Vor diesem Hintergrund kann die Feststellungsklage auch nur auf den Rechtsgrund gestützt und auf den Betrag gerichtet werden, welcher in der Anmeldung oder im Prüfungstermin angegeben ist (BGH MDR 2001, 1438; RG JW 1902, 397). Der Widerspruch muss deshalb auch gem. § 145 Abs. 1 KO/§ 178 Abs. 2 S. 1, 2 InsO erkennen lassen, ob die Forderung nach Grund, Betrag, hinsichtlich des beantragten Vorrechts oder in seiner Eigenschaft als Insolvenzforderung bestritten ist (Kilger/K.Schmidt, aaO. § 145 Anm. 1). Aus diesem Grund ist für den Feststellungsprozess auch die vorschriftsmäßige Anmeldung und Prüfung der Forderung eine notwendige, von Amts wegen zu berücksichtigende Voraussetzung; dem Anmelder und Kläger ist deshalb auch von Amts wegen ein beglaubigter Auszug aus der Tabelle zu erteilen (Kilger/K.Schmidt, aaO., § 146 Anm. 2; RGZ 85, 71). Der Sinn dieser Regelung besteht darin, sicherzustellen, dass sich der Gegenstand des Feststellungsprozesses mit dem des Prüfungsverfahrens deckt (Kuhn-Uhlenbruck, aaO. § 146, Rn. 20).

bb) Streitgegenstand des Vorprozesses war hier allein das Bestehen der Mietforderungen und der Schadensersatzansprüche des Klägers, gegenüber denen der Beklagte mit streitigen Forderungen seinerseits aufrechnete. Gegenstand war nicht die Frage, ob es sich bei der Forderung des Klägers um eine Insolvenzforderung handelte. Wenn sich auch der genaue Inhalt des Widerspruchs des Beklagten - gegebenenfalls fehlerhaft - nicht hinreichend aus der Insolvenztabelle ergibt (Bl. 7, 8 in 17 O 193/00 LG Kiel), so begründete der Beklagte spätestens in seiner Klagerwiderung im Vorverfahren, dass die Forderung im vorgenannten Umfang dem Grunde und der Höhe nach bestritten wird bzw. mit Forderungen gegen sie aufgerechnet wird. Es ging gerade nicht um die Qualifikation der Forderung als Insolvenzforderung. Dem entsprach auch der weitere Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Parteien, die letztendlich zu der antragsgemäßen Entscheidung des Gerichts führten. Weder von Seiten der Parteien noch des Gerichts ist die Frage, ob es sich überhaupt um eine Insolvenzforderung handelte, berührt worden.

Dies hätte auch den Rahmen dieser Feststellungsklage nach §§ 178 InsO /146 KO überschritten, nämlich den Widerspruch zu beseitigen, der sich gerade nicht auf die Qualifizierung der Forderung als Insolvenzforderung bezog. Eine Erweiterung der Klage bezüglich dieses Punktes wäre auch unzulässig gewesen, da insoweit die Voraussetzungen des §§ 178 InsO/146 KO, nämlich ein Widerspruch des Insolvenzverwalters im Prüfungstermin hinsichtlich dieses Punktes, nicht vorlagen (vgl. LG Berlin, JW 1936, 1152; BGH LM § 146 KO, Nr. 2).

cc) Aufgrund des Vorstehenden ist auch unerheblich, dass der Tenor des vorangegangenen Urteils die Forderung des Klägers als Insolvenzforderung bezeichnet. Der Tenor ist anhand der Entscheidungsgründe auszulegen (BGH LM, § 146 KO, Nr. 9; vgl. auch BGH MDR 1995, 320). Denn der Wortlaut für sich begründet noch keine Rechtskraft, soweit die Urteilsgründe keinen Zweifel daran lassen, dass eine entsprechende Feststellung nicht Gegenstand des Rechtsstreits war. Aus den Urteilsgründen ergibt sich hier jedoch ohne jeden Zweifel, dass die Frage der Qualifizierung der Forderung als Insolvenzforderung nicht streitgegenständlich war und auch nicht problematisiert worden ist, obwohl der Zahlungsanspruch von 114.257,72 DM in der Klagschrift S. 4 ausdrücklich als Masseforderung bezeichnet worden war.

dd) Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Feststellungsverfahren ohnehin lediglich dazu dient, im Prüfungstermin erhobene Widersprüche gegen Insolvenzforderungen zu beseitigen, nicht aber z. B. allgemein Masseforderungen von Insolvenzforderungen abzugrenzen. In einem solchen Verfahren kommt deshalb der Bezeichnung einer Forderung als Insolvenzforderung keine eigenständige Bedeutung zu, solange nicht gerade letztere Frage Gegenstand des Widerspruchs und damit des Rechtsstreits war.

ee) Die Tatsache, dass die klägerische Forderung im vorangegangenen Verfahren nach den §§ 179 ff. InsO festgestellt und damit der Widerspruch des Beklagten gegen Grund und Höhe der Forderung beseitigt wurde, hindert den Kläger nach alledem nicht, diese Forderung nunmehr im Wege der Leistungsklage gegenüber dem Beklagten als Masseforderung gem. § 50 InsO bzw. Forderung gem. § 53 InsO geltend zu machen. Da weder durch Anmeldung gem. § 178 InsO noch durch Geltendmachung im Feststellungsverfahren die Forderung zu einer Insolvenzforderung geworden ist - aus den vorstehenden Gründen ist die Feststellungswirkung im Urteil des Vorprozesses bezüglich der Formulierung im Tenor (als "Insolvenzforderung") gerade nicht in Rechtskraft erwachsen - ist die hier geltend gemachte Forderung aber Forderungen gleichzusetzen, die ohne vorangegangenes Feststellungsverfahren in die Tabelle eingetragen werden und für die nach allgemeiner Meinung gilt, dass die Feststellungswirkung des §§ 178 Abs. 3 InsO/ 145 Abs. 2 KO jedenfalls insoweit nicht eintritt, als nicht ausgeschlossen ist, diese Forderung noch als Masseforderung geltend zu machen (vgl. Kilger/K.Schmidt, aaO. § 145 Anm. 4 mwN.). Auch das Kammergericht hat bereits in der Entscheidung OLGE 1919, 214 bestätigt, dass ein Massegläubiger durch die Feststellung seines Anspruchs als Konkursforderung im Feststellungsverfahren nicht seine bevorzugte Rechtsstellung verliert und auch in diesem Falle die spätere Geltendmachung als Masseforderung ohne weiteres zugelassen.

c) Die Zulässigkeit der Klage scheitert auch nicht daran, dass die geltend gemachte Forderung zunächst als Insolvenzforderung in die Tabelle eingetragen war, mithin bereits formal ein Vollstreckungstitel vorlag, § 178 Abs. 3 InsO. Denn die Eintragung einer Forderung in die Insolvenztabelle hindert nicht deren Geltendmachung als Masseforderung (s.o). Zudem hat der Kläger zwischenzeitlich bezüglich der hier geltend gemachten Forderungen seinen Antrag zurückgenommen, die Tabelle ist insoweit berichtigt worden.

2. Zur Begründetheit

a) Forderungen des Klägers

aa) Zwischen den Parteien ist in diesem Verfahren unstreitig, dass ein Mietzinsanspruch des Klägers für den Zeitraum Februar und März 1999 in Höhe des Betrages, hinsichtlich dessen er abgesonderte Befriedigung begehrt, bestand. Aus den oben angeführten Gründen ist dieser Anspruch auch nicht auf den Betrag reduziert, der dem Kläger lediglich nach der Quote für die entsprechende Insolvenzforderung zustehen würde.

bb) Letzteres gilt auch für den in diesem Verfahren geltend gemachten Mietzinsanspruch für die Zeit ab April 1999. Auch bezüglich dieses Zeitraums ist der Kläger aufgrund der Entscheidung in der Sache 17 O 193/00 nicht lediglich auf den Betrag zu verweisen, der ihm nach der Insolvenzquote zustehen würde.

cc) Der Beklagte kann dem Anspruch auch nicht entgegenhalten, ein Mietzinsanspruch in geltend gemachter Höhe bestehe deshalb nicht, weil der Kläger im fraglichen Zeitraum durch Weitervermietung Mieteinnahmen in Höhe von 5.730,00 DM habe realisieren können, sodass diese von seiner Klagforderung abgezogen werden müssten. Zudem sei durch die Weitervermietung ohnehin dem Beklagten das Mietobjekt entzogen worden und damit ein Mietzinsanspruch entfallen, sodass allenfalls ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden könne, der aber eine Insolvenzforderung darstelle.

Denn insoweit ist durch das Urteil in der Sache 17 O 193/00 rechtskräftig festgestellt, dass dem Kläger ein Mietzinsanspruch in Höhe des geltend gemachten Betrages zusteht. Dies ergibt sich sowohl aus Tenor als auch Entscheidungsgründen der vorgenannten Entscheidung. Danach ist ausdrücklich ein Mietzinsanspruch des Klägers in vorgenannter Höhe für den Zeitraum vom 01.04. bis 30.09.1999 nach der sogenannten Hofmann'schen Methode errechnet und festgestellt. Etwaige Einschränkungen des Anspruchs enthält das vorgenannte Urteil nicht, obwohl der Vortrag des Beklagten bezüglich der Realisierung weiterer Mieteinkünfte durch den Kläger auch schon Gegenstand des Vorverfahrens war. Der Beklagte ist der Feststellung des Anspruchs auch insofern nicht entgegengetreten, als er Rechtsmittel gegen das feststellende Urteil nicht eingelegt hat.

Dem Urteil ist hinsichtlich dieses Punktes auch nicht nur eine eingeschränkte Rechtskraft zuzubilligen. Denn die Parteien haben gerade auch unter diesem Gesichtspunkt über das Bestehen des Mietzinsanspruchs im Vorverfahren gestritten (und nicht über dessen Qualifizierung als Insolvenzforderung, s.o.), auf Grund des Widerspruchs des Beklagten gegen diesen Anspruch aus den vorgenannten Gründen ist der Vorprozess angestrengt worden. Da es sich bei der insolvenzrechtlichen Feststellungsklage um eine echte Feststellungsklage handelt (MüKo-Schmacher, Insolvenzordnung, § 179 Rn 5; Kilger/K.Schmidt, aaO., § 146 Anm. 2a;Kuhn-Uhlenbruck, aaO., § 146 Rn 6 ), die vor ordentlichen Gerichten zu erheben ist, beurteilt sich die materielle Rechtskraft des Feststellungsurteils allein nach § 322 ZPO. Hat mithin eine positive Feststellungsklage Erfolg und wird das Urteil rechtskräftig, so bindet dies auch in anderen Verfahren dahingehend, dass das im Urteil bezeichnete Recht oder Rechtsverhältnis besteht, und zwar unabhängig davon, ob diese Entscheidung richtig ist oder das Gericht alle einschlägigen Aspekte hierbei berücksichtigt hat (Zöller-Vollkommer aaO., § 322 Rn 6).

b) Gegenansprüche des Beklagten (Aufrechnung)

Die Sache ist hinsichtlich der vom Beklagten zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche noch nicht entscheidungsreif und deshalb gem. § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO a. F. insoweit an das Landgericht zurückzuverweisen, als die Klage als unzulässig abgewiesen worden ist.

Auch bezüglich des als unbegründet abgewiesenen Teils bedarf es der Zurückverweisung, da der Beklagte gegenüber der klägerischen Forderung auch in diesem Verfahren mit Gegenforderungen aufgrund der vertraglich vereinbarten Fertigstellung des Mietgegenstandes durch den Gemeinschuldner in Höhe von insgesamt 499.566,96 DM (337.566,96 DM Sachaufwendungen sowie 162.000,00 DM Personalkosten) aufrechnet.

Zwar hat der Beklagte gegenüber den klägerischen Forderungen im Verfahren 17 O 193/00 bereits mit einem Betrag von 617.354,02 DM, der auch die vorgenannten Beträge mit umfasst, aufgerechnet. In jenem Verfahren ist seine Aufrechnung aber mit der Begründung zurückgewiesen worden, die Forderungen seien von ihm nicht hinreichend und vor allem auch nicht fristgerecht substanziiert vorgetragen worden. Dabei hat sich das Gericht in den nachfolgenden Ausführungen ausführlich mit der Prozessführung des Beklagten und seinem Vortrag zu seinen Forderungen auseinandergesetzt. Aus diesen Ausführungen folgt, dass auch hinsichtlich des zur Aufrechnung gestellten Betrages § 322 Abs. 2 ZPO gilt, allerdings nur bis zur Höhe der klägerischen Forderungen, die niedriger als die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen waren. Aus der Begründung des Landgerichts ergibt sich, dass die Aufrechnung als unbegründet zurückgewiesen wurde, denn eine nicht hinreichend substanziierte Darlegung der Aufrechnungsforderung, von der das Landgericht auf Grund seiner Ausführungen ausgeht, ist - entsprechend einer unschlüssigen Klage - als unbegründet und nicht als unzulässig zurückzuweisen; dasselbe gilt bei einer Zurückweisung gem. § 296 a ZPO (Zöller-Greger aaO. § 145 Rn 16).

Nachdem der Beklagte in diesem Prozess indessen seine Gegenforderung (statt bisher 617.345,02 DM) mit nur noch 499.566,96 DM beziffert hat, ist von einer durch Aufrechnung im Vorprozess nicht verbrauchten und damit von der Rechtskraft nicht erfassten Spitze von

- Aufrechnungsforderung: 499.566,96 DM abzügl. - Vorprozess 460.627,65 DM 38.939,31 DM

für den vorliegenden Rechtsstreit auszugehen.

Ob dem Beklagten überhaupt ein Erstattungsanspruch gegen den Kläger zusteht, wird das Landgericht zu entscheiden haben, voraussichtlich nach einer umfassenden Beweisaufnahme. Da die Gegenforderung, sollte sie begründet sein, schon zum Erlöschen der Mietzinsansprüche für Februar und März 1999 führen kann, möglicherweise aber auch einen Teil der weitergehenden Mietzinsansprüche erfasst, bedarf es einer Aufhebung des angefochtenen Urteils insgesamt.

Dabei wird das Landgericht gegebenenfalls die Spitze von 38.939,31 DM quotal den in diesem Rechtsstreit noch geltend gemachten Sachaufwendungen einerseits und den Personalkosten andererseits in die Gesamtabrechnung einzustellen haben.

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil zu der unter II.1. abgehandelten Rechtskraftproblematik eine höchstrichterliche Entscheidung für diese Fallgestaltung nicht vorliegt, die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO daher aus Sicht des Senats erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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