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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 29.01.2004
Aktenzeichen: 5 U 106/03
Rechtsgebiete: AGBG


Vorschriften:

AGBG § 3
AGBG § 9
1. Der in einem formularmäßigen Vertrag über ein Bausparsofortdarlehen enthaltenen Formulierung "Rückzahlung: Das Bausparsofortdarlehen wird bis zur Zuteilung des Bausparvertrages gewährt und mit der zugeteilten Bausparsumme abgelöst" ist der Anfall einer Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Zuteilungsreife jedenfalls dann nicht zu entnehmen, wenn auch der Abschnitt "Kosten und Gebühren" einen entsprechenden Hinweis nicht enthält.

2. Gegenüber der erwähnten und den Eindruck der sachlichen Vollständigkeit erweckenden Formulierung ist eine in beigefügten "Allgemeinen Darlehensbedingungen" enthaltene Regelung über eine bei vorzeitiger Rückführung zu entrichtende Vorfälligkeitsentschädigung sowohl überraschend (§ 3 AGB-Gesetz, § 305 c BGB n.F.) als auch mit dem im Rahmen einer Inhaltskontrolle (§ 9 AGB-Gesetz, § 307 BGB n.F.) zu beachtenden Transparenzgebot nicht vereinbar.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil Im Namen des Volkes

5 U 106/03

Verkündet am: 29. Januar 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 23. Juli 2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Kiel - 6 O 138/03 - wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, der Rückführung des dem Kläger zu Vertragsnummer xxx (Vertragsausfertigung von 1998) gewährten Bausparsofortdarlehen durch den Kläger aus den zur gleichen Vertragsnummer angesparten Bausparguthaben sowie zugeteiltem Bauspardarlehen zuzustimmen, ohne die Zahlung eines Vorfälligkeitsentgelts zu verlangen oder ein derartiges einzubehalten.

Die Kosten beider Rechtszüge fallen der Beklagten zur Last.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger hatte bei der verklagten Bausparkasse sowohl einen Bausparvertrag abgeschlossen als auch ein Bausparvorausdarlehen in Anspruch genommen. Nachdem er durch Sonderzahlungen eine früherer Zuteilungsreife des Bauspardarlehens erreicht hatte, begehrte er eine vorzeitige Rückführung des Bausparsofortdarlehens aus den Bausparmitteln, ohne eine - von der Beklagten begehrte - Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen.

Die der Vertragsurkunde über das Bausparsofortdarlehen beigefügten "Allgemeinen Darlehensbedingungen" der Beklagten sehen für einen derartigen Fall unter I.1.6 und I.1.7 die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung vor. Gleichwohl heißt es in der Vertragsurkunde unter II. "Monatliche Zahlung, Zinsen, sonstige Kosten und Gebühren, Rückzahlung" :

"Kosten und Gebühren

Beleihungswertermittlungsgebühr ...........83,30 DM.

Die Kosten der dinglichen Sicherung (z.B. Notar- und Grundbuchgebühren für die Neueintragung, Änderung, Umwandlung, Abtretung und Löschung von Grundpfandrechten) sind nicht berücksichtigt; desgleichen für Feuerversicherung, Wertschätzung, selbstbeschaffte Sicherheiten/Bürgschaften usw.

Rückzahlung:

Das Bausparsofortdarlehen wird mit dem Bauspatguthaben und Bauspardarlehen nach Zuteilung zurückgezahlt."

Der Kläger ist der Auffassung, dass er angesichts dieser Formulierungen nicht mit einer Vorfälligkeitsentschädigung habe rechnen müssen.

Das Landgericht hat seine Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte Erfolg.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Ablösung eines Bausparsofortdarlehens, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen.

Die Parteien schlossen 1998 zu Nr. xxx einen "Darlehensvertrag über ein Bausparsofortdarlehen und ein Bauspardarlehen" (K 1), welcher zum einen über ein Bausparsofortdarlehen über 50.000 DM und zum anderen - in Kombination mit einem Bausparvertrag - aus einem Bauspardarlehen bestand. Der für das Bausparsofortdarlehen vereinbarte Zinssatz wurde unter der Rubrik A I. "Konditionen" der Vertragsurkunde bis zum 31. März 2004 auf 5,605 % festgeschrieben. Als monatliche Zahlung wurden insgesamt 386,42 DM festgelegt, wobei 150 DM zur Tilgung dienen sollten. Im Vertragsteil A. II. "Monatliche Zahlung, Zinsen, sonstige Kosten und Gebühren, Rückzahlung" heißt es unter der fettgedruckten Zwischenüberschrift "Kosten und Gebühren":

" Beweisermittlungsgebühr

83,83 DM

Die Kosten der dinglichen Sicherung (z. B. Notar- und Grundbuchgebühren für die Eintragung, Änderung, Umwandlung, Abtretung und Löschung von Grundpfandrechten) sind nicht berücksichtigt; desgleichen für Feuerversicherung, Wertschätzung, selbst beschaffte Sicherheiten/Bürgschaften usw.

Rückzahlung:

Das Bausparsofortdarlehen wird mit dem Bausparguthaben und Bauspardarlehen nach Zuteilung zurückgezahlt."

Dem Vertrag waren aber zusätzlich zu einer allgemeinen Verweisungsklausel am Ende des Vertragstextes auch die "Allgemeinen Darlehensbedingungen der BHW Bausparkasse AG I. Bausparsofortdarlehen und II. Zwischenkredite <im vereinfachten Verfahren>"(K 2) beigefügt, in denen es unter I. 1.6 unter der Überschrift "Ablösung" heißt:

"Das Bausparsofortdarlehen wird bis zur Zuteilung des Bausparvertrages gewährt und mit der zugeteilten Bausparsumme abgelöst. Dann endet auch die Verzinsung des Bausparguthabens.

Im Falle einer Konditionenfestschreibung gilt:

Das Bauspardarlehen kann grundsätzlich frühestens zum Ende des Festschreibungszeitraumes abgelöst werden. Der Darlehensnehmer ist in diesem Fall nicht verpflichtet, die Zuteilung vor Ablauf der Konditionenfestschreibung anzunehmen. Sofern der Darlehensnehmer bei Zuteilung des Bausparvertrages vor Ablauf der Konditionenfestschreibung eine vorzeitige Ablösung des Darlehens mit der zugeteilten Bausparsumme wünscht, hat der Darlehensnehmer wie im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung eine Entschädigung entsprechend Abs. 1.7 zu zahlen."

Nach Abschluss des Vertrages leistete der Kläger mehrfach Sonderzahlungen über die vereinbarte Bausparrate von 150 DM hinaus an die Beklagte. Als Folge dieser Sonderzahlungen wurde dem Kläger mit Schreiben vom 6. November 2002 der Bausparvertrag zum 2. Dezember 2002 vorzeitig zugeteilt. Zu einer vorzeitigen Ablösung des Bausparsofortdarlehens war die Beklagte aber nur gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 918,89 € bereit, was die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 14. Oktober 2002 auf dessen Anfrage vom 24. September 2002 mitgeteilt hatte.

Der Kläger vertritt in beiden Rechtszügen die Auffassung, dass die Beklagte nach Entgegennahme der Sonderzahlungen und hierdurch bewirkter Zuteilungsreife des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens verpflichtet sei, das Bausparsofortdarlehen auch ohne Vorfälligkeitsentschädigung abzulösen. Unter A.II. der das Bausparsofortdarlehen betreffenden Darlehensbestimmungen sei ihm ausdrücklich dessen Rückzahlung nach Zuteilung eingeräumt worden. Demgegenüber stelle Ziffer I. 1.6 der Allgemeinen Darlehensbedingungen eine überraschende Klausel im Sinne des § 3 AGBG dar, mit welcher er habe nicht rechnen müssen.

Die Beklagte hält demgegenüber die Aussagen des Darlehensvertrages und der Allgemeinen Darlehensbedingungen sowie deren Verhältnis zu einander für eindeutig. Auch sei der Kläger hinreichend erfahren, da - was der Kläger nicht bestritten hat - es sich bei dem streitgegenständlichen Bausparvertrag um den neunten Bausparvertrag für das bereits zweite Objekt gehandelt habe. Zudem - so hat die Beklagte im ersten Rechtszug vorgetragen - sei der Kläger auch über die Vertragsabläufe durch den Zeugen G. als Außendienstmitarbeiter beraten worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Regelungen des Bausparsofortdarlehens müssten dahin verstanden werden, dass dieses Darlehen erst nach Zuteilung der Bausparsumme, frühestens jedoch nach Ablauf der Festzinsvereinbarung vom 31. März 2002 zur Rückzahlung fällig gewesen sei, vorher aber nur bei Vereinbarung einer Vorfälligkeitsentschädigung, welche bei Festzinskrediten im Geschäftsverkehr üblich sei. Von daher sei die unter Ziffer I. 1.6 der Darlehensbedingungen enthaltene Klausel weder als überraschend noch als den Kläger unangemessen benachteiligend anzusehen.

Gegen dieses am 31. Juli 2003 zugestellte Urteil, auf welches hinsichtlich weiterer Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat der Kläger rechtzeitig beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht Berufung eingelegt und vertieft sein bisheriges Vorbringen.

Der Kläger beantragt,

in Abänderung des Urteils des Landgerichts Kiel die Beklagte zu verurteilen, das Bausparsofortdarlehen, Vertragsnummer 0048510 G 09 durch die Rückzahlung des aus gleichem Vertrag mit dem 2. Dezember 2002 zugeteilten Bausparguthabens ohne Erhebung eines Vorfälligkeitsentgelts mit Wirkung zum 2. Dezember 2002 abzulösen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 22. Januar 2004 hat die Beklagte behauptet, dass dem Kläger bekannt gewesen sei, dass bei vorzeitiger Ablösung von Darlehen Vorfälligkeitsentschädigungen zu zahlen seien (Beweis: Zeugnis G.).

Im Übrigen wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze einschließlich der jeweiligen Verweisungen auf Anlagen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Zu Recht begehrt der Kläger von der Beklagten - der Formulierung seines Antrags entsprechend - die Rückführung des Bausparsofortdarlehens aus den nach Ansparung des Bausparguthabens und Zuteilung des Bauspardarlehens zur Verfügung stehenden Mitteln ohne Entrichtung eines Vorfälligkeitsentgelts, sodass insoweit das angefochtene landgerichtliche Urteil entsprechend abzuändern war. Hierbei hat der Senat den Antrag des Klägers allerdings im Sinne eines Begehrens nach Abgabe der erforderlichen Willenserklärungen dahin ausgelegt, dass der Kläger von der Beklagten zwecks Durchführbarkeit der erforderlichen Verbuchungen von dieser letztlich deren Einverständnis mit der Entgegennahme der aus Bausparguthaben und zugeteiltem Bauspardarlehen zur Verfügung stehenden Mitteln als Erfüllung ihres Rückzahlungsanspruch aus dem Bausparsofortdarlehen begehrt.

Ein derartiger Anspruch steht dem Kläger unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Vertrages über das Bausparsofortdarlehen auch zu, ohne dass ihm der Regelungsinhalt des I. 1.6 der "Allgemeinen Darlehensbedingungen" der Beklagten entgegensteht. Denn in ihrer Verbindung mit den Bestimmungen des Vertrages über ein Bausparsofortdarlehen unter A. II. ("Kosten und Gebühren", "Rückzahlung") stellt die fragliche Bestimmung der Allgemeinen Darlehensbedingungen bereits eine im Sinne des § 3 AGBG "ungewöhnliche" und deshalb überraschende Klausel dar und ist deshalb nicht Bestandteil der zwischen den Parteien geltenden vertraglichen Vereinbarungen geworden (1.). Ungeachtet dessen benachteiligt diese Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot den Kläger unangemessen im Sinne des § 9 AGBG und wäre deshalb unwirksam (2.). Gegenüber diesem Ergebnis kann die Beklagte sich auch nicht auf ein im konkreten Fall anderweitiges Verständnis des Klägers berufen (3.).

1. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass - wie es auch das Landgericht gesehen hat - Vorfälligkeitsklauseln mit dem Ausweis entsprechender Vorfälligkeitsentschädigungen in der Kreditpraxis durchaus üblich sind und der Sache nach dem berechtigten Interesse des Kreditgebers an der Kalkulationssicherheit bei Aufstellung seiner Konditionen für den Fall eines im Kundeninteresse vom Normalfall abweichenden Kreditverlaufs Rechnung tragen. Gleichwohl wirkt die vertragstechnisch bewirkte Einbeziehung der in den "Allgemeinen Darlehensbedingungen" enthaltenen Klausel I. 1.6 in den zur Vertragsnummer xxx abgeschlossenen "Darlehensvertrag über ein Bausparsofortdarlehen und ein Bauspardarlehen" deshalb als "ungewöhnlich" im Sinne des § 3 AGBG, weil der Kläger vom Maßstab eines Durchschnittskunden aus nach Durchsicht der Bestimmungen des Darlehensvertrages jedenfalls für den Fall der vorzeitigen Rückzahlung des Bausparsofortdarlehens nicht mehr mit einer Vorfälligkeitsentschädigung rechnen musste.

Denn nicht nur erweckt die unter A. II. der vertraglichen Regelungen über das Bausparsofortdarlehen enthaltene Bestimmung "Rückzahlung: Das Bausparsofortdarlehen wird mit dem Bausparguthaben und Bauspardarlehen nach Zuteilung zurückgezahlt" bei einem unbefangenen Leser den Eindruck, dass hiermit dem Darlehensnehmer ein für jeden Fall der Zuteilung des Bauspardarlehens geltendes Tilgungsrecht eingeräumt wird, für den Fall vorzeitiger Zuteilung also letztlich ein Sondertilgungsrecht. Vielmehr wirkt bereits die fragliche Bestimmung derart vollständig und abgeschlossen, dass nach dem Dafürhalten des Senats der Durchschnittskunde nicht mit einer im wirtschaftlichen Ergebnis das generelle Tilgungsrecht doch wieder erheblich einschränkenden Regelung über Vorfälligkeitsentschädigungen in beigefügten Allgemeinen Geschäftsbedingungen rechnen muss. Dies gilt um so mehr, als die fragliche Bestimmung im Vertragstext räumlich unterhalb der fettgedruckten Überschrift "Kosten und Gebühren" angeordnet ist und sich auch aus dem übrigen Kontext des Abschnittes A. II. "Monatliche Zahlung, Zinsen, sonstige Kosten und Gebühren, Rückzahlung "Kosten und Gebühren" nichts für die mögliche Unvollständigkeit dieser Bestimmung entnehmen lässt.

2. Ungeachtet ihres überraschenden Charakters hält die Einbeziehung der eine Vorfälligkeitsentschädigung bestimmenden Klausel I.1.6 der Allgemeinen Darlehensbedingungen der Beklagten in die das Bausparvorausdarlehen betreffenden vertraglichen Vereinbarungen auch einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG nicht stand, weil das Verhältnis dieser Klausel zu den der Darlehensvertragsurkunde zu entnehmenden Bestimmungen nicht mit den Anforderungen an eine hinreichend transparente Vertragsgestaltung zu vereinbaren ist.

Insoweit ist zunächst davon auszugehen, dass nicht nur die unter I. 1.6 der Allgemeinen Darlehensbedingungen enthaltene Regelung, sondern - ungeachtet der jeweiligen Konditionen - auch die Bestimmungen der Darlehensurkunde nicht individuell ausgehandelt worden waren, sondern für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert sind und damit allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen (§ 1 Abs. 1 AGBG). Der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat jedoch nach Treu und Glauben nicht nur einzelne Klauseln, sondern gerade auch deren inhaltliche Bezüge zueinander möglichst klar und durchschaubar darzustellen ("Transparenzgebot", s. nur etwa BGH NJW 1989, 222, 224; BGH NJW 1995, 2286, 2287). Insbesondere ist es nicht Aufgabe des Kunden, die erforderliche Transparenz durch eine gedankliche Operation für sich erst herzustellen (BGH ZIP 1997, 496, 497). Vielmehr muss der Verwender den inhaltlichen Zusammenhang zwischen räumlich weit auseinanderstehenden Klauseln durch entsprechende Formulierungen und ggf. räumliche Anordnung oder anderweitige optische Hervorhebung selbst verdeutlichen (BGH NJW 1995, 2286, 2287; BGH ZIP 1997, 496, 497). Welche Anforderungen an die Transparenz hierbei zu stellen sind, entscheiden - wie im Falle des § 3 AGBG - nicht der Erwartungshorizont des Fachmannes, insbesondere eines Juristen, der sich eingehend mit dem betreffenden Klauselwerk beschäftigt hat, sondern die Verständnismöglichkeiten des Durchschnittskunden (BGH NJW 1989, 222, 224; BGH NJW 1995, 2286, 2286 f.).

Diesen Anforderungen genügt der zwischen den in der Vertragsurkunde enthaltenen formularmäßigen Formulierungen und der fraglichen Klausel I. 1.6 der Allgemeinen Darlehensbedingungen bestehende inhaltliche Bezug eindeutig nicht. Zwar mögen für den Bausparfachmann oder selbst den nur gelegentlich mit derartigen Fragen konfrontierten Geschäftsmann bereits die annehmbare Interessenlage der Beklagten die Möglichkeit einer inhaltlichen Unvollständigkeit der Bestimmungen in der Darlehensvertragsurkunde derart nahe legen, dass sich dieser Leserkreis zur zusätzlichen Lektüre der "Allgemeinen Darlehensbedingungen" veranlasst fühlen und auf die in I.1.6 enthaltene Bestimmung über ein Vorfälligkeitsentgelt stoßen wird. Indessen ist es nicht Aufgabe eines Durchschnittskunden, sich Gedanken über die von einer Bausparkasse verwandte Bauspartechnik und ihre Kalkulationsgrundlagen zu machen. Andere Anhaltspunkte auf die inhaltliche Unvollständigkeit der Formulierung: "Rückzahlung: Das Bausparsofortdarlehen wird mit dem Bausparguthaben und Bauspardarlehen nach Zuteilung zurückgezahlt" bestehen - wie zu 1. im Kontext mit § 3 AGBG bereits dargelegt - jedoch nicht. Für die Beklagte wäre es aber ein leichtes gewesen, die fragliche Formulierung etwa durch einen Zusatz zu ergänzen, der für den Fall vorzeitiger Zuteilung auf den möglichen Anfall eines Vorfälligkeitsentgelts hinweist.

3. Anders liegt es im vorliegend zu beurteilenden Fall auch nicht etwa deshalb, weil dem Kläger durch die Beklagte vor Vertragsschluss Inhalt und Verhältnis der erwähnten Bestimmungen im einzelnen erläutert worden wäre und deshalb dem Vertragsschluss ein beiderseitig gleiches Verständnis der vertraglichen Bestimmungen zugrunde gelegen hätte.

Denn insoweit fehlt es schon an einem hinreichenden Vortrag der Beklagten. Bereits im ersten Rechtszug hat die Beklagte nämlich lediglich vorgetragen, dass der Kläger schon mehrere Bausparverträge bei ihr abgeschlossen habe und ihr Außendienstmitarbeiter G. den Kläger über die Vertragsabläufe beraten habe. Schon dies ist erheblich zu pauschal und lässt auch nicht erkennen, dass der Kläger etwa bei früheren Bausparverträgen mit der Situation einer vorzeitigen Rückführung eines Vorausdarlehens gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung konfrontiert gewesen wäre. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte - auf diese Thematik nochmals angesprochen - ihren bisherigen Vortrag weder erläutern noch ergänzen können.

Aber auch mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 22. Januar 2004 hat die Beklagte ihren Vortrag nur nochmals bekräftigt und weiter lediglich eine generelle Kenntnis des Klägers von bei vorzeitiger Rückführung von Darlehen zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigungen behauptet. Selbst dies führt jedoch nicht weiter, da zum einen wiederum jede Substantiierung fehlt und zum anderen nicht die Kenntnis des Phänomens von Vorfälligkeitsentschädigungen schlechthin in Frage steht, sondern die Kenntnis einer entsprechenden Vertragspraxis gerade der Beklagten. Aus diesem Grund bestand für den Senat auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die aus den §§ 3 und 9 AGBG abzuleitenden Anforderungen inzwischen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung derart geklärt sind, dass dem Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung zukommt, noch die Rechtsfortbildung und die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.



Ende der Entscheidung

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