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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 13.06.2005
Aktenzeichen: 5 U 196/00 (1)
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 42
ZPO § 139
ZPO § 563 Abs. 2
1. Die Rechtsauffassung, ein Berufungsgericht sei an eine Revisionsentscheidung abweichend von § 563 Abs. 2 ZPO nicht gebunden, wenn sie aus Sicht des Berufungsgerichts auf einer verfassungswidrigen, unzulässigen Rechtsfortbildung contra legem beruht, ist schlechterdings nicht vertretbar und begründet die Besorgnis der Befangenheit im Sinne von § 42 ZPO.

2. Werden erhebliche Bedenken gegen die Bindungswirkung einer Revisionsentscheidung in einer prozessleitenden Verfügung anlässlich der Terminsladung geäußert, so rechtfertigt dies aus der Sicht einer ruhigen, besonnenen und vernünftig denkenden Partei (noch) nicht die Besorgnis der Befangenheit im Sinne von § 42 ZPO.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss

5 U 196/00

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf den Antrag der Beklagten vom 5. Mai 2005 am 13. Juni 2005 beschlossen:

Tenor:

Das Ablehnungsgesuch der Beklagten gegen Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht A. und die Richter am Oberlandesgericht B. und. C. wird für unbegründet erklärt.

Gründe:

I.

Gegenstand des Rechtsstreits ist eine Klage der Klägerin auf Rückzahlung eines Darlehens, mit dem die Beklagten ihren Beitritt zu einer Fondsgesellschaft finanzierten. Die Beklagten fordern widerklagend Rückgewähr der an die Klägerin gezahlten Zinsen, der Beklagte zu 2) darüber hinaus die Rückabtretung der der Klägerin sicherheitshalber abgetretenen Rechte und Ansprüche aus einer Lebensversicherung. Mit Urteil vom 21. Februar 2002 hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts das die Klage abweisende und der Widerklage teilweise stattgebende Urteil des Landgerichts Kiel vom 3. November 2000 geändert. Er hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 372/02 - das Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, die Beklagten bräuchten der Klägerin keine weiteren Zahlungen zu leisten und hätten umgekehrt gegen sie Anspruch auf Rückgewähr ihrer bereits erbrachten Leistungen. Dies ergebe sich aus § 9 Abs. 3, Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG in seiner hier anzuwendenden bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung. Da nicht festgestellt sei, ob und in welchem Umfang die Beklagten Vermögensvorteile aus der Gesellschaftsbeteiligung erlangt hätten, werde das Berufungsgericht dem Vortrag der Klägerin nachzugehen haben, den Beklagten seien bereits während der Bauphase Zwischenfinanzierungszinsen zurückgezahlt worden. Es werde dabei zu klären haben, in welchem Umfang der Treuhänder Ausschüttungen des Fonds an die Klägerin weitergeleitet habe und ob die Beklagten in den Genuss von Steuervorteilen gekommen seien, denen keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamtes gegenüberstünden und die deshalb im Rahmen des Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen seien.

Mit Verfügung vom 20. April 2005 hat Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht A. Termin zur mündlichen Verhandlung und evtl. Beweisaufnahme vor dem Senat anberaumt auf Donnerstag den 9. Juni 2005 und zugleich folgenden Hinweis erteilt:

"a) Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat erhebliche Bedenken gegen die Bindungswirkung des Urteils des II. Zivilsenats hat wegen verfassungswidriger, unzulässiger Rechtsfortbildung contra legem.

b) Dies gilt auch im Hinblick auf die Verjährung der Ersatzansprüche.

c) Den Parteien wird Gelegenheit gegeben Stellung zu nehmen zum - Wert der Geschäftsanteile.

Den Beklagten wird aufgegeben, zu den Steuervorteilen durch Vorlage der Steuerbescheide 1996 ff. vorzutragen, zu den Zwischenfinanzierungszinsen sowie zum Umfang der Ausschüttungen des Fonds an die Beklagten (BGH Urteil zu b II (S. 7/8)."

Mit Schriftsatz vom 5. Mai 2005 haben die Beklagten gegen die im Tenor genannten Richter einen Ablehnungsantrag wegen Besorgnis der Befangenheit gestellt. Zur Begründung haben sie sich auf Ziffer 2 a) der Terminsladung bezogen. Ferner haben sie sich darauf berufen, dass die abgelehnten Richter in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2005 in der gleichgelagerten Sache 5 U 162/01 eine Bindungswirkung ebenfalls abgelehnt und außerdem gesagt hätten, sie hätten deswegen auch eine Anrufung des Bundesverfassungsgerichts erwogen, hiervon wegen rechtlicher Bedenken aber letztlich Abstand genommen. Sie meinen, die abgelehnten Richter verstießen mit ihrer Auffassung gegen § 563 Abs. 2 ZPO. Die dort geregelte Bindungswirkung von Revisionsentscheidungen gelte auch für die Rechtsfortbildung contra legem. Von einer Vorlage zum Bundesverfassungsgericht hätten die abgelehnten Richter abgesehen, weil sie nach rechtlicher Prüfung festgestellt hätten, dass das Bundesverfassungsgericht die vom Gesetzgeber angeordnete uneingeschränkte Bindungswirkung nicht als verfassungswidrig ansehen werde.

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht A. hat in seiner dienstlichen Stellungnahme vom 9. Mai 2005 ausgeführt: "Mit der prozessleitenden Verfügung vom 20. April 2005 bin ich meiner mir nach § 139 ZPO obliegenden Pflicht nachgekommen, die Parteien auf ein Problemfeld hinzuweisen, das bislang noch nicht erörtert worden ist, im Termin vom 9. Juni aber Gegenstand der mündlichen Verhandlung sein sollte. Die Parteien müssen die Gelegenheit zu rechtlichem Gehör erhalten, Art. 103 GG." Die Richter am Oberlandesgericht B. und. C. haben in einer gemeinsamen dienstlichen Stellungnahme vom 9. Mai 2005 ausgeführt: "Die mit Verfügung des Vorsitzenden vom 20. April 2005 mitgeteilten rechtlichen Bedenken entsprechen der vorläufigen Rechtsauffassung des Senates im Parallelverfahren 5 U 162/01. Eine weitergehende Vorberatung des vorliegenden Verfahrens steht noch aus."

Die Beklagten meinen, das in der dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht A. genannte "Problemfeld" existiere nur, weil er die vom Gesetzgeber in § 563 Abs. 2 ZPO angeordnete Bindungswirkung des BGH-Urteils nicht akzeptieren wolle. Die beisitzenden Richter bestätigten mit ihrer Stellungnahme ihre Befangenheit mit dem Hinweis auf eine "vorläufige Rechtsauffassung", von der sie sich nicht lösen wollten.

II.

Die Befangenheitsanträge sind nicht begründet.

Gemäß § 42 ZPO kann ein Richter wegen Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Entscheidend ist, ob genügend objektive Gründe vorliegen, die aus der Sicht einer ruhigen, besonnenen und vernünftig denkenden Partei in der Lage der Beklagten geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des abgelehnten Richters zu rechtfertigen. Nicht erforderlich ist, dass der Richter tatsächlich befangen ist. Die Befangenheitsablehnung ist grundsätzlich kein Instrument zur Fehler- und Verfahrenskontrolle. Verfahrensverstöße im Rahmen der Prozessleitung oder fehlerhafte Entscheidungen stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar, es sei denn, dass Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die Fehlerhaftigkeit auf Willkür beruht (Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 42 Rn 9, 24, 28). Dies ist anzunehmen, wenn die Verhaltensweise des Richters oder seine Rechtsauffassung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist, so dass sich der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht (BVerfG NJW 1996, 1336). Keinen Ablehnungsgrund bilden allerdings vorläufige Meinungsäußerungen, durch die sich der Richter nicht abschließend festgelegt hat (Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 42 Rn 26).

1) Dies vorausgesetzt ist der Ablehnungsantrag gegen Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht A. nicht begründet. Die Rechtsauffassung, ein Berufungsgericht sei an eine Revisionsentscheidung abweichend von § 563 Abs. 2 ZPO nicht gebunden, wenn sie aus Sicht des Berufungsgerichts auf einer verfassungswidrigen, unzulässigen Rechtsfortbildung contra legem beruht, ist zwar schlechterdings nicht vertretbar (a). Sie ist aber aus Sicht der betroffenen Partei, hier der Beklagten, nicht in einer die Besorgnis der Befangenheit begründenden Weise vertreten worden (b).

a) Die Rechtsauffassung, ein Berufungsgericht sei an eine Revisionsentscheidung abweichend von § 563 Abs. 2 ZPO nicht gebunden, wenn sie aus Sicht des Berufungsgerichts auf einer verfassungswidrigen, unzulässigen Rechtsfortbildung contra legem beruht, ist schlechterdings nicht vertretbar. Nach § 563 Abs. 2 ZPO hat das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Der Wortlaut sieht Ausnahmen nicht vor. Die wortlautgetreue Anwendung der Vorschrift entspricht auch ihrem Sinn und Zweck. Sie sichert zum einen den Instanzenzug, zum anderen das Vertrauen des Bürgers in die Justiz. Zweck der Vorschriften zur Bindungswirkung, wie sie sich mit dem § 563 Abs. 2 ZPO entsprechenden Inhalt in allen Verfahrensordnungen finden, ist es zu verhindern, dass die endgültige Entscheidung der Sache dadurch verzögert oder gar verhindert wird, dass sie ständig zwischen Vorinstanz und Revisionsgericht hin- und hergeschoben wird, weil keines der beiden Gerichte seine Rechtsauffassung ändert. Es handelt sich um eine gesetzlich angeordnete und daher zulässige Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Richter bei der Gesetzesanwendung nur an das Gesetz und an sein Gewissen gebunden ist. Die Vorinstanz darf das in Betracht kommende Recht in dieser Sache nur in der Auslegung anwenden, die das Revisionsgericht für zutreffend hält. § 563 Abs. 2 ZPO institutionalisiert die sich ohnehin aus dem Instanzenzug ergebende Autorität des übergeordneten Gerichts. Es soll vermieden werden, dass sich die Vorinstanz im Einzelfall nicht an die der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung des Revisionsgericht hält (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluß vom 6. Februar 1973 - GmS-OGB 1/72 - BGHZ 60, 392 = NJW 1973, 1273). Zweck der Regelung ist es, die Autorität der Gerichte zu wahren und das Vertrauen des Bürgers in die Stetigkeit der Rechtsprechung in derselben Streitsache nicht zu enttäuschen (BVerwG MDR 1978, 342). Man würde sonst eine vom Gesetzgeber nicht gewollte, weitere rechtsmittelartige Überprüfung ermöglichen (BGH NJW 1994, 2956).

Eine Ausnahme davon, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung die der Aufhebung zugrunde gelegte rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen hat, wird für das Berufungsgericht nur für den Fall bejaht, dass das Revisionsgericht inzwischen selbst seine Rechtsauffassung geändert und dies bekannt gegeben hat. Ein Urteil auf eine Rechtsauffassung zu stützen, die mit einer neuen, geläuterten oberstgerichtlichen Rechtsprechung nicht in Einklang steht, wird als nicht vertretbar angesehen. Denn in den Augen der Rechtssuchenden genießt eine neue Rechtsprechung des Revisionsgerichts gegenüber seiner inzwischen aufgegebenen Rechtsprechung die höhere Autorität und wird nunmehr als zutreffende Auslegung des Rechts angesehen. (Gms-OGB a.a.O.). Der genannte Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben. Es mag sein, dass der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Sache anders entschieden hätte. Dies bedarf jedoch keiner Vertiefung. Wenn die Spruchkörper des Revisionsgerichts zu einer Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen vertreten, liegt gerade nicht der Fall vor, dass aus Sicht der Rechtssuchenden eine neue, geläuterte oberstgerichtliche Rechtsprechung die höhere Autorität im Sinne der Entscheidung des Gemeinsamen Senats genießt. Im Gegenteil müsste der Bürger den Eindruck gewinnen, zum Spielball einer justizinternen Uneinigkeit zu werden, wenn man wegen unterschiedlicher Rechtsauffassung in den Senaten des Revisionsgerichts eine Bindungswirkung der revisionsgerichtlichen Entscheidung verneinen wollte.

Eine Ausnahme von der Bindungswirkung der Revisionsentscheidung für das Berufungsgericht wird nicht für den Fall bejaht, dass das Revisionsgericht seiner Entscheidung eine verfassungswidrige Auslegung des Gesetzes zugrunde legt. Im Gegenteil sieht das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung Vorlagen von Instanzgerichten nach Art. 100 GG als unzulässig an, die nach rechtskräftiger Zurückverweisung einer Sache darauf gestützt sind, die Auslegung einer Vorschrift durch das Obergericht verstoße gegen die Verfassung (BVerfGE 65, 132; BVerfGE 2, 406). Hiervon wird auch der Fall erfasst, dass das Berufungsgericht abweichend vom Revisionsgericht meint, die Rechtsauffassung beruhe nicht auf einer Auslegung des Gesetzes, sondern auf einer Rechtsfortbildung contra legem.

Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass aus der in § 563 Abs. 2 ZPO festgelegten Bindung an die der Aufhebung zugrunde gelegten rechtlichen Beurteilung folgt, dass das Gericht, an das eine Sache zurückverwiesen wurde, nur an den unmittelbaren Aufhebungsgrund gebunden und im Übrigen bei seiner anderweitigen Entscheidung, zu der die Sache zurückverwiesen wurde, völlig frei ist (BGH BGHZ 51, 131; OLG München MDR 2003, 952). Dies gilt insbesondere für Hinweise auf das weitere Verfahren (OLG München a.a.O.) und für den Fall, dass sich in der Tatsacheninstanz ein neuer Sachverhalt ergibt (BGH BGHZ 51, 131; BGH NJW-RR 2005, 185). Darum geht es aber bei dem unter a.) mitgeteilten prozessleitenden Hinweis nicht. Er betrifft - aus der maßgeblichen Sicht der Parteien - die Bindungswirkung im Sinne von § 563 Abs. 2 ZPO.

b) Aus Sicht einer ruhigen und vernünftigen Partei an der Stelle der Beklagten hat der abgelehnte Richter sich bislang nicht in einer die Besorgnis der Befangenheit begründenden Weise in Widerspruch zu der der Aufhebung zugrunde gelegten Beurteilung des Revisionsgerichts gesetzt. Entsprechendes wird in der Rechtsprechung bejaht, wenn das Gericht, an das eine Sache zurückverwiesen worden ist, in der mündlichen Verhandlung den Hinweis erteilt, es werde die Bindungswirkung nicht anerkennen (OLG Frankfurt MDR 1984, 408 und MDR 1988, 415; OLG Köln OLGR 1998, 281).

Der abgelehnte Vorsitzende Richter hat in der Terminsverfügung nicht ausdrücklich die Auffassung vertreten, dem Urteil des II. Zivilsenats komme keine Bindungswirkung zu. Er hat vielmehr die Parteien zu Ziffer 2 a) der Verfügung auf erhebliche Bedenken des Senats gegen die Bindungswirkungen des Urteils wegen verfassungswidriger, unzulässiger Rechtsfortbildung contra legem hingewiesen. Diese Formulierung haben die Beklagten dahin verstanden, dass der Senat erhebliche Bedenken gegen die Bindungswirkung der die Aufhebung tragenden rechtlichen Beurteilung hat. Dieses Verständnis ist zutreffend, was daraus folgt, dass die abgelehnten Richter in ihren dienstlichen Stellungnahmen dem nicht entgegen getreten sind. Es stellt sich deshalb die Frage, ob ein Richter bereits eine schlechterdings unvertretbare Rechtsauffassung vertritt, wenn er Bedenken gegen die Bindungswirkung nach § 563 Abs. 2 ZPO in einem Fall äußert, in dem die einzige anerkannte Ausnahme von der Bindungswirkung - ersichtlich auch nach seiner eigenen Auffassung, denn auf diese Ausnahme wird weder in der Terminsverfügung noch in der dienstlichen Stellungnahme Bezug genommen - nicht vorliegt. Dies kann nur angenommen werden, wenn diese Rechtsauffassung so offensichtlich fehlerhaft ist, dass sie nicht einmal erörterungswürdig ist. Dies ist aus der maßgeblichen Sicht einer ruhigen und besonnenen Partei jedenfalls dann zu verneinen, wenn die erheblichen Bedenken gegen die Bindungswirkung in einer prozessleitenden Verfügung anlässlich der Terminsladung geäußert werden. Es entspricht üblicher Verfahrensweise bei Gerichten, dass die Meinungsbildung innerhalb eines Spruchkörpers zum Zeitpunkt der Ladung nicht abgeschlossen ist. Sie unterliegt ständiger Entwicklung in der Bearbeitung durch den Berichterstatter, in der Vorberatung des Senats und in der Erörterung in der mündlichen Verhandlung. Aus anlässlich der Ladung geäußerten "erheblichen Bedenken" auf eine feststehende Rechtsauffassung des Gerichts zu schließen, hieße die mündliche Verhandlung mit der gesetzlich vorgesehenen streitigen Verhandlung und Erörterung der Rechtssache, vgl. § 279 ZPO, als solche in Frage zu stellen und als bloße Förmelei anzusehen. Es ist stets die Möglichkeit einzubeziehen, dass der rechtliche Hinweis auf Vorüberlegungen des Gerichts beruht, die sich bei anschließender Befassung mit einschlägiger Rechtsprechung und Literatur noch ändern können. Für diese Annahme bestand vorliegend auch gerade deshalb Anlass, weil der Vorsitzende - was andernfalls bloße Förmelei gewesen wäre - mit den Auflagen unter c) der Terminsverfügung den Vorgaben des Bundesgerichtshofs Rechnung getragen hat. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass einer Partei die Abläufe bei Gericht nicht bekannt sind. Für die Frage der Befangenheit muss davon ausgegangen werden, dass, jedenfalls in einem Anwaltsprozess, eine ruhige und besonnene Partei, die Anstoß an rechtlichen Hinweisen in der Ladung nimmt, sich zunächst von ihrem Rechtsanwalt über die bei Gericht üblichen Verfahrensabläufe aufklären lässt, bevor sie einen Befangenheitsantrag stellt. Eine ruhige und besonnene Partei wird deshalb zunächst davon ausgehen, dass das Gericht bei der vor einer mündlichen Verhandlung gebotenen Befassung mit Gesetz, Rechtsprechung und Literatur zu der Auffassung gelangen wird, dass es an die Entscheidung des Revisionsgerichts auch dann gebunden ist, wenn es sie für verfassungswidrig hält. Dass im Hinblick auf die Besorgnis der Befangenheit etwas anderes dann gilt, wenn das Gericht in der mündlichen Verhandlung erhebliche Bedenken äußert oder gar die Bindungswirkung ausdrücklich verneint, versteht sich von selbst. Angesichts dessen, dass ein Befangenheitsantrag noch in der mündlichen Verhandlung gestellt werden kann, rechtfertigt allein die Sorge, die mit der Ladung geäußerten erheblichen Bedenken würden trotz weiterer Bearbeitung und Vorberatung bestehen bleiben bzw. sich sogar zu einer wie zu a) dargelegt gesetzeswidrigen Rechtsauffassung verdichten, aus der Sicht einer ruhigen und besonnenen Partei zu dem Zeitpunkt (noch) nicht die Besorgnis der Befangenheit. Sie hat gerade aufgrund des rechtzeitig erteilten Hinweises, mit dem das Gericht seinen ihm nach § 139 ZPO obliegenden Pflichten nachkommt, die Möglichkeit, auf die Entscheidungsfindung des Gerichts einzuwirken.

Die Besorgnis der Befangenheit ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die abgelehnten Richter nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung in dem Parallelverfahren 5 U 162/01 die Auffassung vertreten haben, sie seien nicht gebunden. Es handelte sich um einen Termin in einem Verfahren, an dem die Beklagten dieses Rechtsstreits nicht beteiligt sind, mag auch in jenem wie in diesem Rechtsstreit für die jeweiligen Darlehensnehmer derselbe Prozessbevollmächtigte tätig geworden sein. Eine vernünftige und besonnene Partei wird deshalb den Richtern zugestehen, bis zur mündlichen Verhandlung in ihrer eigenen Sache aufgrund ihres Vortrages zu einer anderen Rechtsauffassung zu kommen. Es wäre deshalb Sache der Beklagten gewesen, die unter Nr. 1 a) dargelegte Rechtslage darzulegen und den Senat auf die Unhaltbarkeit seiner vorläufigen Bedenken hinzuweisen, statt vor Erörterung in der mündlichen Verhandlung schon jetzt Befangenheit geltend zu machen.

2) Aus Vorstehendem folgt zugleich, dass die Ablehnungsanträge gegen die beisitzenden Richter nicht begründet sind.

Ende der Entscheidung

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