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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 18.09.2009
Aktenzeichen: 5 U 52/09
Rechtsgebiete: BGB, VerbrKG


Vorschriften:

BGB § 123
BGB § 280
BGB § 311 Abs. 2
BGB § 488
VerbrKG § 9 Abs. 1
VerbrKG § 9 Abs. 3
1. Ein Anleger kann sich in Fällen institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der Bank berufen, wenn er bei Vertragschluss durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. im Fondsprospekt arglistig getäuscht wurde. Die Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers bzw. Fondsinitiators bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falls objektiv evident ist, sodass sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis von der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen (BGH WM 2009, 1028-1032 Tz. 36).

2. Die "objektive Evidenz" einer arglistigen Täuschung ist für eine Beweiserleichterung in Form einer widerleglichen Vermutung unverzichtbar. Was unter einer "evident grob falschen Angabe im Prospekt" zu verstehen ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und damit keine zu generalisierende Rechtsfrage. Eine Differenz zwischen einer der Bank vorliegenden Baukostenschätzung eines Planungsbüros und den im Verkaufsprospekt ausgewiesenen Baukosten von ca. 30 % (hier ca. 4,5 Mio. DM) reicht für eine objektiv evidente Falschangabe nicht aus. Toleranzen zwischen einer Kostenschätzung und den tatsächlichen Baukosten sind bei einem Großbauprojekt (hier Büro- und Geschäftshaus mit Tiefgarage auf gut 5000 qm) in einem Bereich von 25 - 30 % hinnehmbar.


5 U 52/09

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht , den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht am 18. September 2009 einstimmig beschlossen:

Tenor:

I. Der Beklagte wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert und deshalb beabsichtigt ist, sie aus den nachfolgenden Gründen ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

II. ....

III. ....

Gründe:

I.

Die Klägerin (eine Bank) nimmt den Beklagten auf Zahlung einer Restdarlehensforderung in Höhe von 10.157,27 € nebst Zinsen in Anspruch.

Aufgrund eines Angebots des Vermittlers E. vom 09.11.1993 unterzeichneten der Beklagte und seine damalige Ehefrau am 10.11.1993 das notarielle Angebot zum Eintritt in den u. a. von den Gebrüdern K. initiierten "Sachwert-Plus Fonds Nr. 1 S." GbR (einem geschlossenen Immobilienfonds mit dem Ziel der Finanzierung und Errichtung eines Geschäftszentrums in S.) mit einer Beteiligung von zwei Anteilen über insgesamt 100.000 DM sowie ein Angebot zum Abschluss eines Treuhandvertrages mit entsprechender Vollmacht für den von den Fondsinitiatoren vorgeschlagenen Treuhänder Rechtsanwalt M.

Mit Vertrag vom 08./21.12.1993 schlossen der Beklagte und seine damalige Ehefrau, jeweils vertreten durch den Treuhänder Rechtsanwalt M. zur Finanzierung dieser Beteiligung mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin (KSK S.) einen Darlehensvertrag über 111.111 DM (effektiver Jahreszins 8,71 %). Die Rückzahlung des Darlehens sollte erstmals am 30.12.2003 mit einer 1 %-igen Tilgung beginnen.

Wegen Zahlungsverzuges des Beklagten und seiner damaligen Ehefrau kündigte die Klägerin den Darlehensvertrag mit Schreiben vom 08.12.1998 fristlos. Aufgrund der Trennung und Scheidung von seiner damaligen Ehefrau wurde mit Wirkung zum 16.03.2000 eine Aufteilung der Restdarlehensforderung dahingehend vereinbart, dass der Beklagte und seine damalige Ehefrau jeweils die Hälfte der noch bestehenden Darlehensrestforderung übernahmen. Durch zwischenzeitig von dem Beklagten geleistete Zahlungen und die Verwertung von Sicherheiten (Lebensversicherung) konnte die Darlehenshauptforderung per 4.01.1999 auf 10.157,27 € zurückgeführt werden.

Bei der "Sachwert-Plus Fonds Nr. 1 S. GbR" handelt es sich um eine Publikumsgesellschaft mit mehr als 300 Gesellschaftern, die über insgesamt 530 Anteile verfügen. Zweck der von den Brüdern K. sowie dem Steuerberater L. durch Vertrag vom 24.02.1993 gegründeten Gesellschaft war die Errichtung und Vermietung eines Büro- und Geschäftshauses auf einem von der Gesellschaft zu erwerbenden Grundstück in S.. Zur Werbung von Kapitalanlegern wurde ein Verkaufsprospekt verwendet. Darin heißt es, dass das Gebäude "auf gut 5.000 m² Fläche Büros beherbergen" werde. Der Fonds hatte ein Volumen von 26.500.000 DM (530 Anteile á 50.000 DM). Nach dem in dem Prospekt aufgeführten "Investitionsplan/Mittelverwendung" waren für den Erwerb des Grundstücks mit Nebenkosten 2,277 Mio. DM und für Bau- inklusive Planungs-, Genehmigungs- und Baunebenkosten 19 Mio. DM sowie eine Liquiditätsreserve von 1,0 Mio. DM eingeplant. Die von den Gründern des Fonds mit der Planung des neu zu errichtenden Geschäftszentrums beauftragte A. GmbH schätzte die Baukosten nach DIN 276 am 17.10.1993 einschließlich Grunderwerbskosten auf insgesamt 16.995.500 DM. Davon entfielen auf die reinen Baukosten einschließlich Außenanlagen insgesamt 14.276.000 DM.

Nach Ziff. 2.2 des Gesellschaftsvertrages war vorgesehen, dass die Fondsgesellschaft unter Berücksichtigung allgemeiner Grundsätze ein überregional tätiges Bauunternehmen als Generalunternehmerin beauftragt. Gem. Ziff. I (4) des notariellen Beitrittsangebotes vom 10.11.1993 wurde der Anleger auf Folgendes hingewiesen:

"Die Gesellschaft beabsichtigt die Planung und Bebauung des erworbenen Grundstücks mit einem Geschäftszentrum. Insoweit wird mit einem überregional tätigen Bauunternehmen ein Generalunternehmensvertrag abgeschlossen werden; die ordnungsgemäße Erstellung wird möglicherweise zusätzlich durch die Einschaltung eines juristischen und technischen Bauprojektmanagements abgesichert werden".

Die Fondsgesellschaft schloss zunächst mit der zum Firmengeflecht der K.-Gruppe gehörenden Firma T. GmbH i. Gr. am 08.11.1993 einen Baubetreuungsvertrag, in dem Letztere eine Bausumme von maximal 19 Mio. DM garantierte (§ 9 Abs. 1 des Baubetreuungsvertrages). Als Betreuungsentgelt wurde die Differenz zwischen den tatsächlichen Nettobaukosten und der garantierten Bausumme (19 Mio. DM) vereinbart. Die später als S. GmbH firmierende Baubetreuerin schloss sodann am 20.05.1994 mit der Firma D-AG einen Generalbauunternehmervertrag über die schlüsselfertige Erstellung des Bürogebäudes einschließlich Außenanlagen zu einem Pauschalpreis von 13.150.000 DM. Zuvor, nämlich am 17.03.1994, schloss die T GmbH i. Gr. mit der Firma A. GmbH, deren Geschäftsführer ebenfalls die Gebrüder K. waren, eine Provisionsvereinbarung hinsichtlich der Vermittlung eines Projektmanagementvertrages mit einer Provision von 1,2 Mio. DM.

Der Gründungsgesellschafter D.K. wurde mit Urteil des Landgerichts W. - 5. Strafkammer - vom 27.03.2006 (Az. 5 KLs 711 Js 23537/04) wegen Betruges in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Die dagegen eingelegte Revision wurde mit Urteil des BGH vom 07.03.2006 (Az. 1 StR 379/05) verworfen.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 16.03.2007 die Anfechtung des Darlehensvertrages vom 08.12/21.12.1993 "aus allen in Betracht kommenden Rechtsgründen" erklärt und dies in der mündlichen Verhandlung vom 16.05.2007 dahingehend konkretisiert, dass die Anfechtung auf § 123 BGB beruhen solle. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klägerin sei zum Schadenersatz verpflichtet, da ein Verbundgeschäft vorliege und er über eine von der Klägerin gezahlte, aber nicht prospektierte Innenprovision nicht unterrichtet und über die Gesamtfläche der Fondsimmobilie getäuscht worden sei. Außerdem sei er auch über die Höhe der prospektierten Baukosten (19 Mio. DM) getäuscht worden.

Das Landgericht hat der Klage - bis auf einen geringfügigen Teil der Zinsforderung - stattgegeben.

Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klagabweisungsantrag weiter. Die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts L. seinen lückenhaft. Auf die Frage der tatsächlichen Baukosten komme es nicht an. Die Klägerin habe sich schadenersatzpflichtig gemacht, weil im Verkaufsprojekt hinsichtlich der prospektierten Baukosten objektiv evidente Falschangaben enthalten seien, die sie sich wegen der institutionalisierten Zusammenarbeit mit den Fondsinitiatoren zurechnen lassen müsse. Die Fondsinitiatoren hätten der Fondsgesellschaft vorsätzlich 4,5 Mio. DM durch Zwischenschaltung eigener "Baubetreuungsgesellschaften" entzogen, wodurch sie sich bereichert hätten. Die Anleger hätten deshalb nicht die im Prospekt beschrieben und gewünschte wertbeständige Kapitalanlage erhalten. Dies hätte der Klägerin schon aufgrund der Kostenschätzung der Firma A.GmbH vom 17.10.1993 nicht verborgen geblieben sein dürfen, jedenfalls greife insoweit eine widerlegliche Vermutung, dass diese Falschangaben der Klägerin bekannt gewesen seien bzw. sie die Augen davor verschlossen habe.

II.

Die Berufung des Beklagten hat gem. § 522 Abs. 2 ZPO keine Aussicht auf Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung nicht rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).

1. Der Darlehensvertrag vom 08./21.12.1993 ist wirksam. Es gibt keine Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit nach § 138 Abs. 1 BGB, insbesondere ist die Höhe des vereinbarten effektiven Jahreszinses von 8,71 % nicht zu beanstanden. Die erstmals mit Schriftsatz vom 16.03.2007 erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) ist unwirksam. Anhaltspunkte für eine arglistige Täuschung durch die Rechtvorgängerin der Klägerin (Kreissparkasse S.) im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung sind nicht dargelegt. Im Übrigen wäre ein Anfechtungsrecht nach § 124 BGB verfristet.

2. Die Beklagte kann der Klägerin auch keine Einwendungen unter dem Gesichtspunkt eines verbundenen Geschäfts im Sinne von § 9 Abs. 1 VerbrKrG (in der Fassung vom 17.12.1990) entgegenhalten.

Zwar liegt ein Verbundgeschäft im Sinne von § 9 VerbrKrG vor. Dies folgt bereits aus dem Vermerk der Kreditrevision der Beklagten vom 11.02.1994. Im Darlehensvertrag ist festgelegt, dass die Auszahlung der Darlehensvaluta unmittelbar an den Treuhänder erfolgen sollte. Die Fondsanteile wurden schließlich mit zeitgleichem Vertrag vom 21.12.1993 an die Klägerin verpfändet.

Allerdings ist der Beklagte nicht berechtigt, unter dem Gesichtspunkt des Verbundgeschäftes (§ 9 Abs. 1 und Abs. 3 VerbrKrG) der Klägerin Schadensersatzansprüche gegen die "Sachwert-Plus Fonds Nr. 1 S. GbR" oder gegen deren Initiatoren und Gründungsgesellschafter entgegen zu halten. Nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft kann eine GbR gem. c.i.c. (culpa in contrahendo) nicht für Pflichtverletzungen oder Täuschungshandlungen ihrer vertretungsberechtigten Mitgesellschafter in Anspruch genommen werden (BGH Urteil vom 21.07.2003 II ZR 387/02, WM 2003, 1762 = BGHZ 156, 46).

Die Klägerin hat auch nicht für mögliche Ansprüche des Beklagten gegen die Fondsinitiatoren, maßgebliche Betreiber, Gründungsgesellschafter und Prospektherausgeber wegen fehlerhafter oder täuschender Angaben im Prospekt selbst allein aus dem Gesichtspunkt des verbundenen Geschäftes ohne das Hinzutreten weiterer, ihr zurechenbarer Umstände in Anspruch genommen werden. Der BGH hat die Ablehnung entsprechender Einwendungen aus dem Gesichtspunkt eines Verbundgeschäftes gegen die Bank (entgegen der früheren Rechtsprechung des II. Zivilsenats des BGH, II ZR 411/02 = WM 2005, 843, 845) in mehreren Entscheidungen des XI Zivilsenates abgelehnt (Urteil vom 25.04.2006 WM 2006, 1066 = NJW 2006, 1955 ff; Urteil vom 21.11.2006, XI ZR 347/05 = WM 2007, 200 = NJW 2007, 1127 f Rdnr. 22; Urteil vom 24.03.2009, XI ZR 456/07 = WM 2009, 1028-1032 Rdnr. 33). In diesen Entscheidungen hat der BGH insbesondere darauf hingewiesen, dass aus der Haftungsbeziehung des Anlegers zu Fondsinitiatoren und Prospektverantwortlichen keine Entgeltforderung gegen den Anleger resultiert, die Gegenstand einer Finanzierung durch die Bank sein könnte. Es fehle insoweit an dem erforderlichen Finanzierungszusammenhang (BGH vom 24.03.2009, a. a. O., WM 2009, 1028-1032, Rdnr. 33).

3. Die Klägerin muss sich auch nicht das Verhalten des Anlagevermittlers (hier Finanz- und Wirtschaftsberatung E.) über § 9 Abs. 3 VerbrKrG entgegen halten lassen. Zwar kann bei einem verbundenen Geschäft der durch den Vermittler getäuschte Anleger auch den mit dem Anlagevertrag gem. § 9 Abs. 1 VerbrKrG verbundenen Darlehensvertrag nach § 123 BGB anfechten, wenn die Täuschung für dessen Abschluss kausal war, weil der Vermittler sowohl der Fondsbeteiligung als auch des Darlehensvertrages für die kreditgebende Bank nicht "Dritter" im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB ist. Insoweit müsste sich die Bank eine arglistige Täuschung und ein vorsätzliches Verschulden des Vermittlers zurechnen lassen (vgl. BGH NJW 2006, 1955 ff). Hier gibt es jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Vermittler E. den Beklagten bedingt vorsätzlich getäuscht hat. Dann müsste er die Unrichtigkeit von Prospektangaben gekannt oder für möglich gehalten haben. Dies aber wird weder behauptet noch gibt es nach Aktenlage irgendwelche Anhaltspunkte dafür.

4. Die Klägerin ist auch nicht wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht wegen institutionalisiertem Zusammenwirken mit den Fondsinitiatoren und den Gründungsgesellschaftern unter dem Gesichtspunkt der c.i.c. (= §§ 311 Abs. 2, 280 BGB n. F.) schadensersatzpflichtig und damit zur Rückabwicklung des Darlehensvertrages verpflichtet.

Nach der neueren Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH (Senatsurteile vom 17.10.2006, XI ZR 205/05 = WM 2007, 114 Tz. 17; vom 05.12.2006 XI ZR 341/05 = WM 2007 440 Tz. 29; vom 20.03.2007 XI ZR 414/04, WM 2007, 876 Tz. 53; vom 10. Juli 2007 XI ZR 243/05 WM 2007, 1831 Tz. 17; vom 24.03.2009 XI ZR 456/07 WM 2009, 1028-1032 Tz. 36; vom 23.06.2009 XI ZR 171/08 veröffentlicht in juris Tz. 17 m.w.N.) können sich die Anleger in Fällen institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprungs der Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen. Die Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers bzw. Fondsinitiators bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falls objektiv evident ist, sodass sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufdängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen (BGH a.a.O., WM 2009, 1028-1032 Rdnr. 36; BGH vom 23.06.2009, XI ZR 171/08, veröffentlicht in juris Tz. 17).

Nach Aktenlage ist hier von einem institutionalisierten Zusammenwirken der Rechtsvorgängerin der Klägerin (Kreissparkasse S.) mit den Fondsinitiatoren (B. und D. K. sowie L.) auszugehen. Dazu genügt die planmäßig übernommene Finanzierung einer Vielzahl von Anlegern, die nicht von sich aus mit einem Kreditwunsch an die Klägerin herangetreten sind, sondern denen - wie hier dem Beklagten - vom Vertrieb neben dem Fondsunterlagen auch die Finanzierungsunterlagen vorgelegt wurden (BGH vom 10.07.2007 XI ZR 243/05 = WM 2007, 1831 Tz. 17). Entsprechend einem Vermerk der Kreditrevision der Klägerin vom 11.2.1994 soll sogar eine Rahmenvereinbarung zwischen der Verkäuferin und der Bank wegen der Finanzierung und Vermittlung der Anlegerdarlehen existieren. Es fehlt jedoch an den weiteren Voraussetzungen dieses Schadenersatzanspruchs nach c.i.c.:

a) Die ursprüngliche Behauptung des Beklagten, die Klägerin habe bei Abschluss des Darlehensvertrages (08./21.12.1993) verschwiegen, dass sie an die Finanzierungsvermittlungsgesellschaft R. GmbH für die Anteilsfinanzierung Provisionen in Höhe von 2 % des Anlagevolumens gezahlt habe, wird mit der Berufung nicht weiterverfolgt. Im Übrigen ist eine Bank nicht verpflichtet, die Kalkulation ihrer Kreditkonditionen dem Kunden zu offenbaren. Es ist nicht ersichtlich, dass die Kreditkonditionen (nominal 6,9 %; 8,71 % effektiver Jahreszins) unüblich gewesen seien oder den damaligen Marktzins bei weitem übertroffen hätten.

b) Die weitere, ursprüngliche Behauptung des Beklagten, er sei ausweislich des Prospektes von den Prospektverantwortlichen über die Größe der Bürofläche getäuscht worden, wird ebenfalls mit der Berufung nicht mehr weiterverfolgt. Der Fondsprospekt enthält die Angabe, dass "im Zentrum der S. Innenstadt ein modernes, großzügig angelegtes Gebäude, das auf gut 5000 m² Fläche Büros beherbergen soll, in denen das Arbeiten Spaß macht" errichtet werden soll. Entsprechend dem Wortlaut dieser Formulierung sollen hiernach Büros auf "gut 5000 m² Fläche", nicht aber 5000 m² Bürofläche geschaffen werden. Insoweit ist diese Prospektformulierung - insbesondere auch unter Berücksichtigung ihres Anpreisungscharakters - nicht eindeutig. Wollte man diese Angaben - wie offenbar der Beklagte - verstehen, müsste man davon ausgehen, dass 5000 m² Bürofläche ohne Nebenflächen geschaffen werden sollten. Dagegen sprechen aber bereits die in dem Fondsprospekt enthaltenen Grundrisszeichnungen. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die Formulierung im Fondsprospekt evident falsch gewesen ist und hierdurch vorsätzlich der Eindruck einer falschen Größe der Vermietungsfläche geschaffen werden sollte.

c) Ein Schadensersatzanspruch lässt sich auch nicht mit einer arglistigen Täuschung über die behaupteten "überhöhten Baukosten" rechtfertigen. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass in mehreren Parallelverfahren auch andere Gerichte insoweit einen Schadensersatzanspruch verneint haben (OLG Koblenz vom 06.03.2008, Az. 2 U 918/06; OLG Bamberg Beschluss vom 21.07.2008, Az. 3 U 43/08; OLG Bamberg vom 25.03.2009, Az, 8 U 190/08; OLG Frankfurt/Main, Az. 3 U 133/08 vom 08.07.2009).

aa) Es fehlt bereits an einer nachvollziehbaren Darstellung, dass die im Prospekt enthaltenen Angabe zu den Baukosten inklusive Planungs-, Genehmigungs-, und sonstige Baunebenkosten in Höhe von 19 Mio. DM (Bl. 390 GA) tatsächlich falsch gewesen ist. Der Beklagte behauptet hierzu lediglich, der Klägerin hätten - vor Abschluss des Darlehensvertrages vom 08./21.12.1993 - Baukostenschätzungen der Firma A. GmbH vorgelegen (= Angebot der A. GmbH vom 09.08.1993 über 12 Mio. DM; Kostenschätzung der A. GmbH vom 17.10.1993 über insgesamt 16.995.500 DM netto). Die Schätzung von Baukosen lässt nicht ohne weiteres erkennen, inwieweit hierin auch sonstige Kosten (z.B. Baunebenkosten, Planungskosten) enthalten waren, die in dem prospektierten Investitionsplan ausdrücklich einkalkuliert waren. Nach Wertung des Senats handelt es sich bei den Angaben des Prospekts über die Höhe der Bau-, Planungs-, Genehmigungs- und sonstige Baunebenkosten nicht um eine unzulängliche Aufklärung. Auch wenn eine Bank hinsichtlich solcher Anlegermodelle möglicherweise erfahrener ist als ein Laie, betrifft die Frage der Baukosten nicht gerade den Kernbereich des Bankgeschäfts. Ein Wissensvorsprung der Bank ist deshalb - allein im Hinblick auf die als bekannt unterstellten Kostenschätzungen der A. GmbH - noch nicht zu vermuten.

Im Übrigen bestünde eine Aufklärungspflicht nur dann, wenn - infolge der fehlerhaften Angabe der prospektierten Baukosten - der erworbene GbR-Gesellschaftsanteil sittenwidrig und evident überteuert gewesen wäre, was voraussetzt, dass der Wert der Leistung doppelt so hoch ist, wie der Wert der Gegenleistung (OLG Koblenz vom 06.03.2008, Az. 2 U 318/06, S. 17 des Urteils; OLG Bamberg Beschluss vom 21.07.2008, Az. 3 U 43/08). Dies aber hat der Beklagte weder behauptet noch nachvollziehbar dargelegt. Letztlich kommt es auf eine Entscheidung dieser Rechtsfrage nicht an. Eine Divergenz zu der Entscheidung des BGH vom 24.4.2007 (Az.: XI ZR 340/05 = WM 2007,1257-1261) ist nicht erkennbar. Der BGH hat in der zitierten Entscheidung das Urteil der Vorinstanz (OLG Karlsruhe v. 5.1.2005, Az.: 14 U 212/00) aufgehoben und an das Berufungsgericht u.a. deshalb zurückverwiesen, weil es überhaupt nicht geprüft hat, ob ein Schadensersatzanspruch nach c.i.c. wegen eigenen Aufklärungsverschuldens der Bank in Betracht kommt (BGH, a.a.O. WM 2007,1257 ff., Tz. 38).

Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin - jedenfalls zum Zeitpunkt des Abschlusses des streitgegenständlichen Darlehensvertrages - bekannt war, dass die Fondsinitiatoren durch Zwischenschaltung von Gesellschaften der K. Gruppe (T. GmbH/S. GmbH; A. GmH) dem Fonds Kapital i.H. behaupteter 4,5 Mio. DM entzogen haben und sich dadurch bereichern wollten. Bei Abschluss der Darlehensvereinbarung (08./21.12.1993) war der Klägerin weder der Baubetreuungsvertrag zwischen der Fonds GbR und der T. GmbH (später S. GmbH) noch der Generalbauunternehmervertrag zwischen der S. GmbH und der D.-AG vom 20.05.1994 bekannt war. Dies folgt aus den Vermerken der Kreditrevision vom 11.12.1994 und vom 10.6.1994. Gleiches gilt für die Provisionsvereinbarung zwischen der T. GmbH i. Gr. und der Firma A. GmbH vom 15.03.1994.

bb) Selbst wenn man die Unrichtigkeit der prospektierten Baukosten einmal unterstellt, fehlt es an der objektiven Evidenz der Unrichtigkeit. Die objektive Evidenz einer arglistigen Täuschung ist für eine Beweiserleichterung in Form einer widerleglichen Vermutung unverzichtbar (BGH vom 22.01.2008, Az. XI ZR 6/06; BGH vom 24.03.2009, XI ZR 456/07, WM 2009, 1028-1032, Tz. 36). Die Evidenz muss sich aus den Umständen des Falles ergeben. Es muss sich nach allgemeiner Lebenserfahrung aufdrängen, dass sich die Bank der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen hat. Nur wenn diese Voraussetzungen festgestellt sind, greift die Vermutungswirkung. Allein die vom BGH verwendete Formulierung von "evident grob falschen Angeben im Prospekt" zeigt, dass auf eine Einzelfallprüfung abzustellen ist. Die Frage, ob die Unrichtigkeit der Prospektangaben nach den Umständen des Falles objektiv evident war, lässt sich nicht trennen von den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegenden objektiven Erkenntnismöglichkeiten der Bank. Gerade unter diesem Gesichtspunkt fehlt es jedoch an einer objektiv evidenten falschen Angabe der Baukosten im Prospekt.

Der Generalunternehmervertrag zwischen der S. GmbH mit der D-AG wurde erst am 20.05.1994, d. h. nach Zustandekommen des streitgegenständlichen Darlehensvertrages (08./21.12.1993), abgeschlossen. Der Baubetreuungsvertrag zwischen dem Fonds und der T. GmbH i. Gr. vom 08.11.1993, der unstreitig im Verkaufsprospekt nicht aufgeführt ist, ist der Klägerin unstreitig erst nachträglich im Laufe des Jahres 1994 bekannt geworden (vgl. Vermerke Kreditrevision vom 11.02.1994 und 16.06.1994). Der Beklagte ist bereits in seinem notariellen Treuhand- und Beitrittsangebot vom 10.11.1993 darauf hingewiesen worden, dass "die ordnungsgemäße Erstellung (des beabsichtigten Geschäftszentrums) möglicherweise zusätzlich durch die Einschaltung eines juristischen und technischen Bauprojektmanagements abgesichert werden" soll (Ziff. I Abs. 4 des Angebots). Abweichend von dem Verkaufsprospekt ist der Anleger damit bereits auf die beabsichtigte Zwischenschaltung einer sog. "Bauprojektmanagementfirma" hingewiesen worden. Schließlich hat auch die von der Baubetreuerin (T. GmbH i. Gr. bzw. S. GmbH) übernommene Baukostengarantie (bis zu einer Höhe von 19 Mio. DM netto als Festpreisgarantie; vgl. § 6 Abs. 3 des Baubetreuungsvertrages) angesichts von während der Bauphase durchaus auftretenden Baukostenrisiken (Material- und Lohnpreise) einen gewissen Wert.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass für das Bauvorhaben ursprünglich mit Verwaltungsratsbeschluss vom 09.11.1993 ein Bauträgerkredit von 14.417.000 DM zur Vorfinanzierung genehmigt worden war. Es mag zwar sein, dass die Schätzung der A. GmbH vom 17.10.1993 als Grundlage für die Höhe des Kredits diente. Der bewilligte Kreditbetrag besagt aber nichts darüber, welche Baukosten tatsächlich entstehen würden und in den Prospekt aufgenommen werden durften, ohne dass damit eine evidente Täuschung verbunden war. Unstreitig hat die Klägerin der GbR später den bewilligten Bauträgerkredit nicht ausgezahlt. Der Vorfinanzierungskredit der Bank wurde wegen der schnellen Aufbringung des Gesellschafterkapitals nicht mehr benötigt. Die Klägerin hat nur die Kapitalbeteiligungen der Anleger, nicht jedoch die Fonds GbR selbst finanziert.

Im Übrigen würde die Differenz zwischen der Baukostenschätzung der A. GmbH vom 17.10.1993 und den im Prospekt ausgewiesenen Baukosten (nach der Behauptung des Beklagten 4,5 Mio. DM) für eine objektiv evidente Falschangabe nicht ausreichen. Bei einer Kostenschätzung handelt es sich lediglich um eine überschlägige Ermittlung der Gesamtkosten, die eine vorläufige Grundlage für Finanzierungsüberlegungen darstellt. Rechtsprechung und Literatur halten insoweit Toleranzen zwischen einer Kostenschätzung und den tatsächlichen Baukosten in einem Bereich von 25 - 30 % für hinnehmbar (OLG Bamberg vom 25.03.2009, Az. 8 U 190/08 auf Seite 8 mit Hinweis auf OLG Stuttgart, BauR 1977, 426). Welchen Umfang die Toleranzen haben können, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich hier um eine Bank handelt bei der die Überprüfung von Baukosten einer Gewerbeimmobilie nicht zum Kernbereich des Geschäfts gehört. Es ist allgemein bekannt, dass der Bau eines Geschäftszentrums mit Tiefgarage über eine Fläche von gut 5000 m² mit erheblichen Unsicherheitsfaktoren hinsichtlich der Baukosten verbunden ist (z. B. unvorhergesehene Erhöhung von Lohn- und Materialkosten; erhöhter Gründungsaufwand; erhöhte Abbruchkosten wegen Entsorgung umweltbelastender Baustoffe; Gewährleistungsrisiken, Insolvenzrisiko der bauausführenden Firmen). Ein verantwortungsbewusster Bauherr kalkuliert deshalb von vornherein mit einem ausreichenden Sicherheitspolster, wenn er keinen finanzbedingten Baustillstand riskieren will. Aus objektiver Sicht war deshalb zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Ansatz von 19 Mio. DM für Bau-, Planungs-, Genehmigungs- und Baunebenkosten auch unter Berücksichtigung der eingeplanten Liquiditätsreserven von 1 Mio. DM nicht geeignet, eine evidente, arglistige Täuschung der Anleger darzustellen.

Es ist nicht dargelegt, dass der Klägerin bereits im Dezember 1993 die Interna der "Kaidel Gruppe" bekannt waren, wie sie sich später aus den Urteilen des Landgerichts W. vom 27.03.2006 (Az. KLs 711 Js 23537/04) und des BGH vom 07.03.2006, (Az. 1 StR 379/05) in der Strafsache gegen D. K. ergaben.

cc) Im Übrigen hält der Senat durch die Vermerke der Innenrevision der Klägerin vom 11.02.1994 und vom 20.06.1994 die Vermutung einer Kenntnis von einer Faschangabe der Baukosten im Prospekt für widerlegt. Der Klägerin waren -jedenfalls bis zum 11.02.1994- weder der Baubetreuungsvertrag vom 08.11.1993 (Anlage BK3) mit der T./S. GmbH) noch der Provisionsvertrag mit der A. GmbH vom 15.03.1994 bekannt.

5. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3 ZPO). Die Rechtssache wirft keine neue, entscheidungserhebliche Rechtsfrage auf, es geht lediglich um Tatsachenfragen.

Der Senat weicht auch nicht von der Rechtsprechung des BGH oder anderer Oberlandesgerichte ab. Aus den Entscheidungen des Oberlandesgerichts Dresden vom 15.06.2007 (Az. 12 U 1667/06) und des OLG Frankfurt/Mai vom 19.12.2008 (Az. 19 U 103/08) ergibt sich nichts anderes. Der Entscheidung des OLG Frankfurt liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde. Dort geht es um eine unmittelbare Klage der Fondsgesellschaft gegen den Anleger.

Soweit das OLG Dresden bei der Beurteilung eines vergleichbaren Sachverhalts zu einem anderen Ergebnis kommt, liegt eine divergierende Entscheidung nur dann vor, wenn der Beurteilung unterschiedliche Rechtssätze zugrunde liegen (BGH NJW RR. 2007, 1676). Das ist vorliegend jedoch gerade nicht der Fall, denn der Senat geht - wie übrigens auch das OLG Dresden- in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH (zuletzt vom 23.06.2009, Az. XI ZR 171/08, veröffentlicht in juris Tz. 17) von dem Erfordernis einer objektiv evidenten Täuschung für die widerleglich vermutete Kenntnis der Bank von einer arglistigen Täuschung aus. Der Senat gelangt nur bei der Beurteilung des tatsächlichen Sachverhalts zu einem abweichenden Ergebnis. Die Frage, was unter einer "evident grob falscher Angabe im Prospekt" zu verstehen ist, ist nach den Umständen des konkreten Falles zu beurteilen und damit eine Frage der Subsumtion im Einzelfall, mithin gerade keine zu generalisierende Rechtsfrage.

Nach alledem hat die Berufung keinen Erfolg.

Ende der Entscheidung

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