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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 20.02.2001
Aktenzeichen: 6 U 79/00
Rechtsgebiete: UWG, EnWG


Vorschriften:

UWG § 1
EnWG § 6
EnWG § 10
Ein Stromversorgungsunternehmen darf gegenüber einem durch Kündigung ausgeschiedenen Verbraucher keine Angaben machen und keine Anstalten unternehmen, um ihm dem neuen Versorger auszuspannen.

SchlHOLG, 6. ZS, Urteil vom 20. Februar 2001, - 6 U 79/00 -,


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U Kart 79/00 14 O Kart 122/00 Landgericht Kiel

Verkündet am: 20. Februar 2001

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

Verfügungsklägerin und Berufungsklägerin,

- Prozessbevollmächtigte:

gegen

die Stadt

Verfügungsbeklagte und Berufungsbeklagte,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2001 durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts und die Richter am Oberlandesgericht und für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das am 13. September 2000 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen I des Landgerichts Kiel - 14 O Kart 122/00 - teilweise geändert.

Die Verfügungsbeklagte wird über den vom Landgericht tenorierten Umfang hinaus auch verurteilt, es zu unterlassen, sich gegenüber Kunden, die persönlich oder durch Bevollmächtigte schriftlich gegenüber der Verfügungsbeklagten erklärt haben, zukünftig mit elektrischer Energie der Verfügungsklägerin beliefert zu werden, wörtlich oder sinngemäß wie in dem Schreiben vom 24. Juli 1999 an die Eheleute S. in E. zu äußern, nämlich:

" Der Ordnung halber weisen wir Sie darauf hin, dass die Firma ... bislang weder eine vertragliche Regelung zur Nutzung unseres Versorgungsnetzes, noch die Art der Messung bzw. Meßvorrichtung zur Erfassung ihres Verbrauches einschl. des Leistungsbezuges mit den Stadtwerken vereinbart hat. Es ist somit kein Vertrag zwischen den Stadtwerken als Netzbetreiber und dem neuen Stromhändler zustandegekommen.

Wir haben die Firma ... angeschrieben und entsprechende Vorschläge gemacht, aber leider bis heute keine Antwort erhalten.

Um weiterhin eine reibungslose Stromlieferung zu gewährleisten, bieten wir an, Sie bis zu einer endgültigen Erklärung weiterhin zu unseren Allgemeinen Tarifpreisen zu beliefern. Falls Sie dieses Vertragsangebot nicht annehmen, erbitten wir Ihren Bescheid, möglichst schriftlich."

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Verfügungsbeklagten ein Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den vertretungsberechtigten Werkleitern, angedroht.

Im Übrigen werden der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung (Antrag zu 1) der Verfügungsklägerin) und die weitergehende Berufung der Verfügungsklägerin zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt Unterlassung von Äußerungen gegenüber Beziehern von elektrischer Energie.

Beide Parteien bieten u. a. im Stadtgebiet der Beklagten Verbrauchern die Belieferung mit elektrischer Energie an. Nachdem einige Verbraucher im Zuge der Liberalisierung des Energiemarktes aufgrund des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) die bis dahin mit der Beklagten als Monopolversorger abgeschlossenen Verträge in der ersten Jahreshälfte 2000 gekündigt und mit der Klägerin Versorgungsverträge abgeschlossen hatten, ist eine Nutzung des Stromnetzes der Beklagten durch die Klägerin bisher aus zwischen den Parteien streitigen Gründen und Rechtsauffassungen gescheitert. Die Beklagte versorgt Verbraucher, die mit der Klägerin einen Vertrag geschlossen haben, weiterhin mit eigenem Strom, weil sie der Klägerin bisher den Netzzugang nicht gewährt.

Zu den Verbrauchern, an die die Beklagte wegen der Versorgung mit Strom aus ihrem Netz schriftlich herangetreten ist, gehören u. a. die Eheleute S. in E.. Diese erhielten von der Beklagten unter dem 24.07.2000 ein Schreiben, dessen Inhalt u. a. die im Tenor aufgeführten Passagen enthält.

Bei einem anderen Verbraucher, einem Herrn M. in E., buchte die Beklagte die für die Stromlieferung aus ihrem Netz berechneten Kosten auch nach dem Wirksamwerden der Kündigung des Verbrauchers aufgrund von dessen vor der Kündigung erteilten Einzugsermächtigung weiterhin vom Girokonto ab.

Die Verfügungsklägerin (Klägerin) hat darüber hinaus behauptet, die Verfügungsbeklagte (Beklagte) habe den Eheleuten M. nach Wirksamwerden der Kündigung weiterhin Mahn-, Sperrandrohungs- und sonstige Schreiben zugesandt.

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, sie habe einen Anspruch auf einen Zugang zum Versorgungsnetz der Beklagten aufgrund des § 6 EnWG sowie aus § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB. Die Beklagte habe den Zugang bisher unzulässigerweise abgelehnt. Die von der Beklagten gestellten Bedingungen seien rechtlich unzulässig bzw. unzumutbar. Die Beklagte sei verpflichtet, die Vertragspartner der Klägerin mit ihrem, der Klägerin, Strom zu beliefern, den die Klägerin, wie sie behauptet hat, ständig bereitstellt. Wenn die Beklagte in einer solchen Situation ihre ehemaligen und jetzigen Vertragspartner der Klägerin weiterhin mit Strom aus ihrem - der Beklagten - eigenen Netz beliefere, und zudem die Verbraucher auch noch schriftlich wie mit dem Schreiben vom 24.07.2000 geschehen, in einer die Klägerin als Wettbewerberin diskriminierenden Weise darauf aufmerksam mache, verhalte sie sich wettbewerbswidrig im Sinne der §§ 1, 14 UWG.

Die Klägerin hat beantragt,

der Beklagten unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel zu untersagen,

1. gegenüber Kunden, die persönlich oder durch Bevollmächtigte schriftlich gegenüber der Beklagten erklärt haben, zukünftig mit elektrischer Energie der Klägerin beliefert zu werden, geltend zu machen oder den Eindruck zu erwecken, der Kunde werde von der Beklagten mit elektrischer Energie versorgt,

2. gegenüber vorstehendem Kundenkreis wörtlich oder sinngemäß zu behaupten:

(es folgt die Wiedergabe der letzten 4 Absätze des Schreibens vom 24.07.2000).

Die Beklagte hat beantragt,

den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, sie sei rechtlich befugt, mit der Klägerin über den Netzzugang zu verhandeln. Die von ihr insoweit schriftlich unterbreiteten Angebote seien nicht zu beanstanden. Die Klägerin habe auf ihr, der Beklagten, letztes Schreiben grundlos nicht mehr reagiert, so dass die fehlende Vereinbarung über einen Netzzugang allein in ihren, der Klägerin, Verantwortungsbereich falle.

Die Beklagte hat sich für berechtigt gehalten, wegen der nicht geklärten Frage des Netzzuganges die Vertragspartner der Klägerin weiterhin mit Strom aus dem eigenen Netz zu beliefern und, um auch die Bezahlung dieser Lieferungen zu sichern, die Kunden wie geschehen, anzuschreiben.

Die von der Klägerin behaupteten Androhungen gegenüber den Eheleuten M. hat die Beklagte bestritten.

Das Landgericht hat die Klage im wesentlichen abgewiesen. Der Beklagten ist lediglich untersagt worden, Kunden, die persönlich oder durch Bevollmächtigte gegenüber der Verfügungsklägerin erklärt haben, zukünftig mit elektrischer Energie der Verfügungsklägerin beliefert zu werden, im Zusammenhang mit laufenden Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien über die Netznutzung und das Nutzungsentgelt auf eigene, neue, extrem günstige Strompreise hinzuweisen; das bezieht sich auf den vierten und letzten Absatz in dem Schreiben vom 24.07.2000.

Im Übrigen ist die Klage mit der Begründung abgewiesen worden, die Beklagte bewege sich mit ihren Äußerungen gegenüber Verbrauchern im Rahmen des Erlaubten, § 1 UWG sei nicht berührt.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin den Klagantrag zu 1) und denjenigen zu 2), soweit ihm das Landgericht nicht entsprochen hat, weiter. Sie wiederholt ihr Vorbringen und vertieft es insbesondere insoweit, als sie die bisherige Weigerung der Beklagten, den Netzzugang für die Klägerin zu eröffnen, als rechtswidrig, insbesondere kartellrechtswidrig, unter Anführung von Einzelheiten aus den Vertragsverhandlungen einstuft.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet.

Vor dem Hintergrund der rechtlichen Verhältnisse zwischen dem Stromverbraucher, dem bisherigen Vertragspartner und dem neuen Vertragspartner des Stromverbrauchers (dazu unter 1.) und des durch die Anträge der Klägerin festgelegten Streitgegenstandes dieses Rechtsstreits (dazu unter 2.) besteht hinsichtlich des Antrags zu 1) kein Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 1 UWG (3 a)). Der Antrag zu 2) ist dagegen aus § 1 UWG begründet, soweit ihm bisher nicht entsprochen worden ist.

(3. b)).

Ein Anspruch aus § 14 UWG besteht hinsichtlich der Anträge, soweit sie zurückgewiesen worden sind, nicht (4.).

1. Für die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Stromverbraucher, dem bisherigen Vertragspartner und dem neuen Vertragspartner des Stromverbrauchers gilt zusammengefasst folgendes (vgl. Micklitz/Rott, die rechtliche Stellung des Verbrauchers bei der Durchleitung von Strom, Verbraucher und Recht 2000, S. 389 ff.):

Wählt der Verbraucher statt des bisherigen Monopolanbieters einen dritten Anbieter, schließt er mit diesem einen Stromlieferungsvertrag in Form eines Kaufvertrages.

Bleibt es für den Verbraucher bei dem Anschluss an das Versorgungsnetz seines bisherigen Vertragspartners, bedarf es eines Anschlussvertrages zwischen dem Netzbetreiber und dem Verbraucher. Der bisherige Versorgungsvertrag mit dem Monopolanbieter und Netzbetreiber ist in einen Anschlussvertrag umzuwandeln. Dazu ist der Netzbetreiber gem. § 10 EnWG gezwungen.

Schließlich bedarf es zwischen dem Drittanbieter und dem Netzbetreiber des Abschlusses eines sogenannten Durchleitungsvertrages, der gesetzlich nicht geregelt ist; Einzelheiten des Vertragsschlusses sind bisher umstritten.

Aus dieser Dreiecksbeziehung folgt, dass Voraussetzung der Kündigung des Stromlieferungsvertrages mit dem bisherigen Monopolanbieter mit gleichzeitigem Abschluss eines Neuvertrages mit einem Drittanbieter ist, dass der Netzbetreiber, an den der Verbraucher angeschlossen ist, den Strom des Drittanbieters überhaupt und gegen ein angemessenes Entgelt durchzuleiten bereit ist. In der Regel wird der Stromanbieter nicht bereit sein, einen Stromlieferungsvertrag mit dem Verbraucher zu schließen, bevor die Frage der Durchleitung mit dem Netzbetreiber geklärt ist.

Einen eigenen Anspruch, die Durchleitung von Strom durchzusetzen, hat der Verbraucher nicht. Als Nebenpflicht aus dem Anschlussvertrag mit dem Netzbetreiber hat dieser allerdings Strom durchzuleiten, von welchem Anbieter, ist gleichgültig. § 10 EnWG verpflichtet Energieversorgungsunternehmen, für Gemeindegebiete, in denen sie die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern durchführen, jedermann an ihr Versorgungsnetz anzuschließen und zu versorgen. Diese Verpflichtung erfüllt der Netzbetreiber auch, wenn er eigenen Strom oder Strom eines von ihm selbst gewählten Anbieters liefert. Das Vertragsverhältnis des angeschlossenen Verbrauchers mit einem anderen Stromanbieter über die Versorgung kann in solchen Fällen Schadensersatzansprüche des Verbrauchers gegen den Netzbetreiber auslösen; der Anspruch ist auf Ersatz der Differenz zwischen den tatsächlichen Stromlieferungskosten und den Stromlieferungskosten, die bei dem vertraglich gewählten Anbieter unter Zugrundelegung eines angemessenen Durchleitungsentgelts zu bezahlen wären, gerichtet (a. a. O., S. 394 unter 1) und S. 404 unter D).

Daraus folgt nach Auffassung des Senats, dass das durch die Kündigung beendete Versorgungsvertragsverhältnis zwischen dem Verbraucher und dem bisherigen Stromlieferer und Netzbetreiber mit Eintritt der Kündigungswirkung faktisch in einen Anschlussvertrag umgewandelt wird, bzw. dass dann die Pflicht des bisherigen Lieferanten entsteht, einen Anschlussvertrag abzuschließen. Die bisherige Hauptpflicht, den Verbraucher mit Strom zu versorgen, wird im Rahmen des Anschlussvertrages zur Nebenpflicht. Stellt der Netzbetreiber und Vertragspartner des Anschlussvertrages dem Verbraucher mangels Durchleitung nicht den Strom zur Verfügung, den der neue Versorgungsvertragspartner zu liefern hat, kann das Schadensersatzverpflichtungen des Netzbetreibers auslösen. 2. Streitgegenstand des Verfügungsrechtsstreits ist aufgrund des Antragsprogrammes der Klägerin (nur), ob sich die Beklagte in der beanstandeten Weise gegenüber Stromverbrauchern äußern darf. Damit liegt ein wettbewerbsrechtlicher Streitgegenstand vor.

Die Gründe, aus denen die Klägerin noch keinen Netzzugang hat und die Frage, ob sie oder die Beklagte dafür rechtlich einzustehen hat, können im Wettbewerbsprozess, in dem es um das Verhalten der Beklagten gegenüber den Verbrauchern geht, nicht geklärt werden. Die Klägerin hätte vielmehr versuchen müssen bzw. muss versuchen, ihren Durchleitungsanspruch in einem Verfahren mit entsprechendem Streitgegenstand durchzusetzen. Allerdings ist die Durchsetzung des Anspruchs unklar, weil die gemäß § 6 Abs. 2 EnWG vorgesehene Rechtsverordnung über die Gestaltung der Durchleitungsverträge und Kriterien zur Bestimmung von Durchleitungsentgelten bisher nicht erlassen worden ist und die Rechtsprechung - bisher liegen wohl nur Entscheidungen der ersten Instanz vor - hinsichtlich der Durchsetzung des Anspruchs unterschiedliche Auffassungen vertritt (vgl. Theobald/Zenke, Zugang zu Strom- und Gasnetzen: Eine Rechtsprechungsübersicht, WuW 2001, 19 ff. und dieselben, Aktuelle Rechtsprechung zu Fragen der Nutzung von Stromnetzen, Verbraucher und Recht 2000, 405 ff.).

Diese Fragen sind, wie ausgeführt, in einem anderen Prozess mit einem anderen Streitgegenstand zu klären und nicht in einem Wettbewerbsprozess, schon gar nicht in einem auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten Wettbewerbsverfahren.

3. Für das Verhältnis der Beklagten zu ihren bisherigen Kunden unter Berücksichtigung des Wettbewerbsverhältnisses zur Klägerin sind die Grundsätze maßgebend, die im Rahmen des § 1 UWG zum sogenannten Ausspannen von Kunden entwickelt worden sind.

Das Ausspannen von Kunden gehört zum Wesen des Wettbewerbs, und zwar auch dann, wenn es zielbewußt und systematisch geschieht. Wettbewerbswidrig wird das Ausspannen erst durch das Hinzutreten besonderer Umstände, die den Wettbewerb verfälschen (vgl. Baumbach/Hefermehl, 21. Aufl., RdZiff. 597 zu § 1 UWG m. w. N.). Besondere Umstände, die das Ausspannen von Kunden als wettbewerbswidrig erscheinen lassen, sind u. a. die Verleitung zum Vertragsbruch, die Anschwärzung des Mitbewerbers bei einem Kunden und sonstige irreführende Praktiken (a. a. O., RdZiff. 598).

a) Soweit die Klägerin mit dem Antrag zu 1) der Beklagten untersagen lassen will, gegenüber Kunden, die von der Klägerin versorgt werden wollen, geltend zu machen oder den Eindruck zu erwecken, sie würden von der Beklagten versorgt, ist die Klage unbegründet.

Die Beklagte versorgt in den Fällen, in denen der Verbraucher vor dem Abschluss eines Durchleitungsvertrags zwischen den Parteien den Versorgungsvertrag mit der Beklagten gekündigt hat, diesen Verbraucher aufgrund der Nebenpflicht aus dem Anschlussvertrag in Verbindung mit § 10 EnWG tatsächlich mit eigenem Strom. Dann darf die Beklagte auch, ohne dass dies sittenwidrig im Sinne von § 1 UWG wäre, den Verbrauchern gegenüber erklären, sie würden von der Beklagten mit elektrischer Energie versorgt. Sie muss es sogar dem Verbraucher gegenüber klarstellen, um diesem die Möglichkeit zu geben, daran rechtliche Überlegungen anzuknüpfen, ob und gegenüber wem er welche Ansprüche wegen des bereits mit der Klägerin abgeschlossenen Versorgungsvertrages herleiten will. Verwerflich und wettbewerbswidrig wäre es, wenn die Beklagte beim Verbraucher den Eindruck erwecken oder aufrechterhalten würde, er würde jetzt mit Strom der Klägerin versorgt.

Die angegriffene Verhaltensweise der Beklagten ist also nicht irreführend, sondern aufklärend. Dass die Beklagte berechtigt und sogar verpflichtet ist, Strom aus welcher Quelle auch immer, zur Verfügung zu stellen, ist bereits ausgeführt worden.

b) Die Berufung ist begründet, soweit sich die Beklagte Verbrauchern gegenüber wie in dem Schreiben an die Eheleute S. vom 24. Juli 2000 äußert, soweit ihr der Hinweis auf ein eigenes billiges Stromangebot in dem Schreiben nicht ohnehin schon vom Landgericht untersagt worden ist. Denn die Beklagte führt den Stromverbraucher durch die im Tenor zitierten Passagen des Schreibens irre und verstößt damit gegen § 1 UWG.

Die Beklagte darf in der bereits oben angeführten Situation - Kündigung des Verbrauchers, Versorgungsvertrag mit einem anderen Versorger, ungeklärte Durchleitung des Stromes des anderen Versorgers - gegenüber dem Verbraucher keine Angaben machen und keine Anstalten unternehmen, die darauf hinauslaufen, ihn der Klägerin in wettbewerbswidriger Weise wieder auszuspannen.

Diesen Anforderungen genügt das Schreiben der Beklagten nicht. So wird mit dem Hinweis darauf, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten keine vertragliche Regelung zur Nutzung des Versorgungsnetzes der Beklagten vereinbart worden sei, in der konkreten Formulierung der Eindruck erweckt, dies läge ausschließlich an der Klägerin. Die Beklagte weist nämlich darauf hin, dass die Klägerin bislang eine vertragliche Regelung nicht vereinbart habe. Die Beklagte erklärt ferner, sie habe die Klägerin angeschrieben und "entsprechende Vorschläge gemacht, aber leider bis heute keine Antwort erhalten". Damit nimmt die Beklagte für sich in Anspruch, dass das Scheitern einer vertraglichen Regelung allein im Verantwortungsbereich der Klägerin liegt, obwohl die Rechtslage hinsichtlich des Anspruchs auf Durchleitung wie aufgezeigt alles andere als klar ist.

Mit dem anschließenden Hinweis auf eine "weiterhin .. reibungslose Stromlieferung" erweckt die Beklagte den Eindruck, dass die Stromlieferung wegen der fehlenden Vereinbarung einer Durchleitung gefährdet sei, der Verbraucher möglicherweise bald ohne Strom dastehen könnte. Die Beklagte verschweigt, dass sie aufgrund des Anschlussvertrages mit dem Verbraucher in Verbindung mit § 10 EnWG verpflichtet ist, Strom zu liefern. Sie suggeriert darüber hinaus, dass die Klägerin zur Stromlieferung nicht in der Lage ist.

Indem die Beklagte in diesem Zusammenhang dem angeschriebenen Verbraucher ein Vertragsangebot macht, versucht sie, ihn zum erneuten Abschluss eines Stromlieferungsvertrages zu bewegen. Käme es zu einem entsprechenden Vertragsschluss, wäre der Verbraucher möglicherweise später nicht mehr oder nur unter erschwerten Voraussetzungen in der Lage, Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend zu machen, wenn sich deren Verweigerung der Durchleitung als rechtswidrig herausstellen sollte. Das verwässert zudem die korrekte Darstellung des rechtlichen Verhältnisses des Verbrauchers zur Klägerin. Der Verbraucher gewinnt den Eindruck, dass seine vertragliche Bindung an die Klägerin vernachlässigenswert sei, er ohne Rücksicht darauf mit der Beklagten kontrahieren könne.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die beanstandeten Formulierungen nicht durch das berechtigte Interesse der Beklagten gedeckt, den von ihr gelieferten Strom auch bezahlt zu bekommen. Dieses Interesse rechtfertigt es nicht, in der konkreten irreführenden Form an die Verbraucher heranzutreten und bei diesen den Eindruck zu erwecken, sie, die Beklagte, sei allein durch die Belieferung mit eigenem Strom zu einer ordnungsgemäßen Versorgung in der Lage.

4. Die Voraussetzungen des von der Klägerin auch in Anspruch genommenen § 14 UWG liegen jedoch noch nicht vor. Die Beklagte führt den Verbraucher im Sinne des § 1 UWG zwar irre, ihr Schreiben enthält aber keine unwahren Tatsachenbehauptungen, die geeignet sind, den Betrieb des Geschäfts der Klägerin oder den Kredit ihres Inhabers zu schädigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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