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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 30.09.1999
Aktenzeichen: 7 U 196/98
Rechtsgebiete: VOB/B, BGB


Vorschriften:

VOB/B § 2 Nr. 7 Abs. 1
VOB/B § 13 Nr. 1 (anerkannte Regeln der Technik)
BGB § 320
Ein Pauschalpreis bindet den Handwerker auch dann, wenn die tatsächlichen Kosten um 10 % höher liegen.

Zusätzliche Leistungen sind zusätzlich zu vergüten.

DIN-Normen lassen regelmäßig vermuten, daß sie den anerkannten Regeln der Technik entsprechen.

Der Auftraggeber kann regelmäßig den dreifachen Wert der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten gegenüber der Werklohnforderung zurückbehalten.


7 U 196/98 2 O 198/97 LG Flensburg

Verkündet am: 30. September 1999

Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht

Urteil

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit

des Herrn - Inhaber der Firma,

Beklagten und Berufungsklägers,

- Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte -

gegen

Herrn,

Kläger und Berufungsbeklagten,

- Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte -

hat der 7. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 09. September 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 22. September 1998 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 14.241,01 DM nebst 5 % Jahreszinsen vom 01. Januar bis zum 02. Februar 1997 sowie 8,5 % Jahreszinsen seit dem 03. Februar 1997 sowie weitere 22.800,00 DM Zug um Zug gegen Beseitigung der mangelhaften Ausbildung des Traufpunktes im gesamten Gesimskastenbereich (durchhängende Unterspannbahn/Folienrinne) des Bungalowneubaus in zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen; die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszugs trägt der Kläger 63 % und der Beklagte 37 %.

Von den Kosten des zweiten Rechtszugs trägt der Kläger 55 % und der Beklagte 45 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert den Kläger im Wert von 18.833,07 DM und den Beklagten im Wert von 15.241,01 DM.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist teilweise begründet; dem Kläger steht eine fällige Restwerklohnforderung in Höhe von 14.241,01 DM zu, weitere 22.800,00 DM sind ihm nur Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung zuzusprechen; Zinsen kann er nur auf die fällige Restwerklohnforderung beanspruchen, dabei zunächst nur in der gesetzlichen Höhe von 5 % (§ 352 Abs. 1 HGB) und entsprechend der eingereichten Zinsbescheinigung in Höhe von 8,5 % seit dem 03. Februar 1997.

Die Höhe der klägerischen Restforderung beträgt 36.041,01 DM (52.00,00 DM pauschal + 833,75 DM für den Stahlträger + 1.541,00 DM für den Fenstereinbau - 18.333,74 DM Abschlagszahlung).

Wenn als Vergütung der Leistung eine Pauschalsumme vereinbart worden ist, bleibt grundsätzlich die Vergütung unverändert; nur wenn die ausgeführte Leistung von der vertraglich vorgesehenen Leistung so erheblich abweicht, daß ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht zumutbar ist (§ 242 BGB), ist ein Ausgleich zu gewähren; bei einer Dachfläche von 237 m² statt 211,8 m² bzw. einem Differenzbetrag von rund 2.000,00 DM (bei 54.374,00 DM zu 56.448,00 DM) ist es für den Kläger nicht unzumutbar, wenn er an der Pauschalpreisvereinbarung festgehalten wird, zumal die von ihm berechneten 56.448,00 DM noch nach unten zu korrigieren wären (die Mehrleistung kann nicht nach Einheitspreisen abgerechnet werden, sondern muß sich an dem vereinbarten Pauschalpreis orientieren).

Hinzu kommt, daß nach den Ausführungen des Sachverständigen es in der Praxis üblich ist, daß der Dachdecker die ihm überreichten Zeichnungen und Pläne vor Ort überprüft, bevor der Pauschalpreis vereinbart wird; daß der Kläger das nicht getan hat, fällt mithin in seinen Risikobereich. Daß er die Zeichnungen und Pläne erhalten hat, hat er bei seiner Anhörung vor dem Senat nicht ausgeschlossen; der Beklagte hat dargetan, daß dem Kläger die Zeichnungen und Pläne geraume Zeit vor Vertragsschluß überreicht worden sind.

Zu dem Restwerklohnbetrag von 36.041,01 DM kommen die vom Sachverständigen im Senatstermin genannten rund 1.000,00 DM für die DIN-gerechte Anbringung des Traufblechs. Das Traufblech war in der Ausschreibung nicht gefordert, ansonsten hätte der Kläger den Betrag in seine Pauschalpreiskalkulation miteinbezogen; das wäre auch bei einem Hinweis nicht anders gewesen, so daß die Pauschalpreisvereinbarung das "zusätzliche" Traufblech nicht erfassen kann. Insoweit handelt es sich um "Sowieso-Kosten", weil es sich um eine Leistung handelt, die der Kläger nach dem Vertrag nicht zu erbringen hatte, dann aber (weil zur ordnungsgemäßen Ausführung nötig) zusätzlich erbringen muß; solche Kosten hat der Beklagte als Besteller auch bei einem Vertrag mit pauschaler Festvergütung zu tragen (Grundsatz des Vorteilsausgleichs).

Die Arbeiten des Klägers sind mangelhaft; der Sachverständige hat zwar ausgeführt, daß es für die Funktionsfähigkeit des Dachs nicht nötig sei, es insgesamt aufzumachen, um die Folie auf weiteres Durchhängen zu überprüfen; er hat aber eingeräumt, daß der Kläger nicht DIN-gerecht gearbeitet habe, daß nach der DIN eine Nachbesserung nötig sei: "So wie die Folie liegt, ist es nicht DIN-gerecht;... Es werden für die Durchlüftung etwa 160 - 170 cm² je m Traufe erreicht; es ist richtig, daß gegenüber der DIN-Norm ein Defizit besteht. Man kann die 200 cm² wie folgt erreicht: Folie strammziehen und ein anderes Element (Aero-Element) aufbringen, dann ist es DIN-gerecht."

Daß im Norden im Dachdeckergewerbe teilweise anders gearbeitet werde, kann der Leistung des Klägers nicht den Mangel nehmen; wenn nicht DIN-gerecht hergestellt wird, sind die allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht beachtet worden; die DIN-Normen haben die Vermutung für sich, die allgemein anerkannten Regeln der Technik wiederzugeben; wenn nicht nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik hergestellt wird, ist das ein Mangel des Gewerks; ein Bauherr kann verlangen, daß nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik gearbeitet wird; dann hat er die sichere Gewähr der Ordnungsmäßigkeit und Mängelfreiheit.

Der Sachverständige hat Nachbesserungskosten von rund 7.200,00 DM und 400,00 DM für die Anbringung des Aero-Elements genannt, mithin insgesamt von rund 7.600,00 DM. Für die dem Beklagten zustehende Einrede aus § 320 BGB (beim Werkvertrag begründet der Nachbesserungsanspruch als Erfüllungsanspruch rechtstechnisch die Einrede und nicht ein Zurückbehaltungsrecht) ist der Betrag von 7.600,00 DM zu verdreifachen, so daß sich 22.800,00 DM errechnen, die dem Kläger nur Zug um Zug gegen Beseitigung der mangelhaften Ausbildung des Traufpunktes im gesamten Gesimskastenbereich zuzusprechen sind; 14.241,01 DM sind ihm als fällige Restwerklohnforderung unbedingt zuzuerkennen (36.041,01 DM + 1.000,00 DM - 22.800,00 DM).

Der dreifache Wert der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten ist ausreichend. Das Leistungsverweigerungsrecht als Druckmittel gegen den Auftragnehmer, den Mangel schnellstmöglich und ordnungsgemäß zu beseitigen, hat sich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwischen dem einbehaltenen Teil der Vergütung und dem Kostenanteil für die Behebung des Mangels zu orientieren; eine Übersicherung des Auftraggebers ist zu vermeiden; die Verhältnisse des Einzelfalls sind unter Berücksichtigung von Treu und Glauben maßgebend: Weil der Streit der Parteien nur um einen Mangelpunkt geht, der Mangel nur in der nicht DIN-gerechten Erstellung besteht und nach den Ausführungen des Sachverständigen in Kürze nachgebessert werden kann, ist der dreifache Wert ausreichend.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO; die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 546 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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