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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 23.03.2005
Aktenzeichen: 7 U 8/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB a.F. § 254
BGB a.F. § 823
BGB a.F. § 844
BGB a.F. § 847
1. Keine Haftung des Bauleiters der Generalunternehmerin für die Folgen des Umkippens eines Teleskopladers, der im Rahmen eines Richtfestes zum Anbringen der Richtkränze eingesetzt und von einem Mitarbeiter einer Subunternehmerin abredewidrig geführt wird.

2. Zur Darlegungs- und Beweislast für das Mitverschulden der durch einen umstürzenden Teleskoplader Verletzten bzw. Getöteten.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 8/04

verkündet am: 23. März 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 03. März 2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufungen der Kläger wird das am 27. Juni 2003 verkündete Grund- und Teilurteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die materiellen und immateriellen Schadensersatzansprüche der Klägerin zu 1. und des Klägers zu 2. sowie die materiellen Schadensersatzansprüche der Kläger zu 3. und 4. gegen den Beklagten zu 1. werden dem Grunde nach zu 100 % für gerechtfertigt erklärt.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1. verpflichtet ist, den Klägern zu 1. und 2. den weiteren materiellen und immateriellen Schaden, der ihnen durch den Unfall vom 03. Februar 2000 auf dem Betriebsgelände der Firma A.-GmbH in B. zukünftig entsteht zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden;

Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1. verpflichtet ist, den Klägern zu 3. und 4. den zukünftigen materiellen Schaden zu ersetzen, der ihnen durch den Unfall vom 03. Februar 2000 auf dem Betriebsgelände der Firma A-GmbH in B. entsteht, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

Die Klagen gegen den Beklagten zu 2. werden abgewiesen, die weitergehenden Berufungen der Kläger werden zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten des Berufungsrechtszuges tragen die Klägerin zu 1. 21,53 %, der Kläger zu 2. 16,13 %, der Kläger zu 3. 2,405 %, der Kläger zu 4. 9,93 %; im Übrigen trägt sie der Beklagte zu 1..

Von den außergerichtlichen Kosten des Berufungsrechtszuges trägt der Beklagte zu 1.

- von denjenigen der Klägerin zu 1. 21,53 %,

- von denjenigen des Klägers zu 2. 16,13 %,

- von denjenigen des Klägers zu 3. 2,405 %,

- und von denjenigen des Klägers zu 4. 9,93 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. in beiden Instanzen tragen die Klägerin zu 1. 43,07 %, der Kläger zu 2. 32,26 %, der Kläger zu 3. 4,81 % und der Kläger zu 4. 19,86 %.

Im Übrigen tragen die Parteien die außergerichtlichen Kosten des Berufungsrechtszuges selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Kostenbetrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Kostenbetrages leistet.

Gründe:

Die Kläger machen im Wege der objektiven Klagehäufung materielle (alle Kläger) und immaterielle (Kläger zu 1. und 2.) Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten geltend aufgrund eines Unfalles vom 03. Februar 2000, der sich im Zuge des Richtfestes für eine Produktionshalle auf dem Gelände der Firma A-GmbH in B. ereignet hat.

An diesem Richtfest nahmen rund 120 geladene Gäste teil, darunter die Kläger zu 1., 2. und 4.; ebenfalls anwesend war die Ehefrau des Klägers zu 4., die Mutter des Klägers zu 3., die bei dem Unfall zu Tode kam.

Der Beklagte zu 2. war zu jenem Zeitpunkt Bauleiter der Generalunternehmerin, der Firma C-Bau aus D., der Beklagte zu 1. war Vorarbeiter einer Subunternehmerin der C-Bau.

Die Beklagten hatten es für die Bauherrin unternommen, das Anbringen der Richtkränze sowie die sonstigen Üblichkeiten eines Richtfestes durchzuführen. Den Richtspruch sollte ein weiterer Mitarbeiter der Firma C-Bau, der Zeuge E, halten.

Dabei war ursprünglich vorgesehen, dass der Richtkranz am Korb eines Teleskopladers, der vom Beklagten zu 1. geführt wurde und seiner Arbeitgeberin gehörte, aufgehängt werden sollte. Vom Korb des Teleskopladers aus sollte auch der Richtspruch gehalten werden. Als sich herausstellte, dass die Gäste des Richtfestes weitere Richtkränze mitgebracht hatten, wurde die ursprüngliche Planung umgestellt. Die Richtkränze sollten sodann mit Hilfe des Teleskopladers an der neuen Produktionshalle befestigt werden, in dem Tragkorb des Teleskopladers befanden sich zum Zwecke des Aufhängens der Richtkränze drei Personen, unter anderem der Zeuge E.

Der Beklagte zu 1. sollte mit dem von ihm geführten Teleskoplader unter Benutzung einer parallel zur Halle verlaufenden befestigten Baustraße, die einen "Abzweiger" zum Eingangsbereich der Halle, über dem die Richtkränze befestigt werden sollten, rechtwinklig an die Halle heranfahren. Dies hätte gewährleistet, dass die vier Stützarme des Teleskopladers, sogenannte "Pratzen", auf festem Grund gestanden hätten. Statt dessen fuhr der Beklagte zu 1. den Teleskopladers schräg an die Halle heran mit der Folge, dass nur die linken Stützen des Laders auf festem Grund standen, während die rechten lockeren Kies unter sich hatten. Während der Beklagte zu 2. abredegemäß damit befasst war, die Gäste des Richtfestes aus dem Bereich der vorgesehenen Anfahrtsroute des Teleskopladers zu entfernen, fuhr der Beklagte zu 1. - wobei Einzelheiten streitig sind - den Teleskoparm bereits aus. Dabei beabsichtigte er, durch Drehen des Korbes die Befestigung der Richtkränze an dem vorgesehenen Platz zu ermöglichen.

Beim Hochfahren des Teleskoparmes geriet das Gefährt - bedingt dadurch, dass zwei der "Pratzen" auf unbefestigtem Grund standen - aus dem Gleichgewicht und kippte zur Seite um. Dies wurde noch dadurch begünstigt, dass die automatisch Überlastwarneinrichtung, die ein weiteres Ausfahren des Teleskoparmes automatisch verhindert, wenn der Lader aus dem Gleichgewicht gerät, nicht eingeschaltet war; die akustische und die optische Warneinrichtung, die den Fahrer auf ein drohendes Umkippen des Gefährts hinweisen sollen, waren ebenfalls defekt bzw. nicht eingeschaltet.

Der herabstürzende Korb schlug in einem Bereich unmittelbar vor der Halle ein, aus dem der Beklagte zu 2. die Gäste noch nicht entfernt hatte.

Die Klägerin zu 1. verlor durch den herabstürzenden Korb ihren rechten Fuß, der rechte Unterschenkel musste ihr unterhalb des Knies amputiert werden. Der Kläger zu 2. erlitt eine erhebliche Kopfplatzwunde sowie einen Knöchelbruch. Die Ehefrau des Klägers zu 4. wurde von dem Transportkorb erschlagen, damit verlor der Kläger zu 3. seine ihm nach seinem Vorbringen unterhaltspflichtige Mutter.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil nebst darin enthaltener Verweisungen Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Grund- und Teilurteil die Klagen gegen den Beklagten zu 2. abgewiesen; hinsichtlich des Beklagten zu 1. hat es den materiellen und immateriellen Zahlungsansprüchen der Kläger dem Grunde nach zu zwei Dritteln bzw. unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils von einem Drittel stattgegeben, entsprechend auch den jeweiligen Feststellungsanträgen.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, ein Verschulden des Beklagten zu 2. sei nicht feststellbar. Der Beklagte zu 1. habe zwar fahrlässig die Körperverletzungen der Klägerin zu 1. und des Klägers zu 2. sowie den Tod der Ehefrau des Klägers zu 4. bzw. der Mutter des Klägers zu 3. verursacht; die Klägerin zu 1., den Kläger zu 2. und die Getötete treffe aber ein Mitverschulden. Den Verletzten bzw. der Getöteten hätte klar sein müssen, dass das Ausfahren eines Teleskoparmes gefährlich ist, so dass ein Mitverschuldensanteil von einem Drittel gerechtfertigt sei.

Mit ihren Berufungen verfolgen die Kläger ihre erstinstanzlichen Anträge gegen beide Beklagte vollen Umfanges weiter, während die Beklagten auf Zurückweisung der Berufungen antragen.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten zu 1., mit der dieser die Klage auch gegen sich abgewiesen sehen wollte, hat der Senat vorab durch Beschluss vom 25. Oktober 2004 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Der Senat hat ergänzend die Kläger zu 1., 2. und 4. sowie den Beklagten zu 1. persönlich gemäß § 141 ZPO angehört. Wegen des Inhalts wird auf den Berichterstattervermerk über den Termin vom 03. März 2005 Bezug genommen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Berufungen der Kläger sind begründet, soweit sie eine volle Haftung des Beklagten zu 1. dem Grunde nach sowie die entsprechenden Feststellungen erstreben, im Übrigen sind die Rechtsmittel der Kläger unbegründet und zurückzuweisen.

Nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht gemäß §§ 301, 304 ZPO vorgegangen ist. Die geltend gemachten Ansprüche auf materiellen und immateriellen Schadensersatz sind nach Grund und Höhe streitig, über die Höhe der Ansprüche wird eine umfängliche Beweisaufnahme erforderlich sein.

Soweit die Kläger nach der Formulierung ihrer Feststellungsanträge auch die Feststellung der Ersatzpflicht für bereits entstandene Schäden begehren, legt der Senat die Feststellungsanträge so aus, dass sie lediglich zukünftige Schäden betreffen. Ihre bereits entstandenen Schäden haben die Kläger beziffert und entsprechend umfangreich dargelegt, die Feststellungsanträge sind inhaltlich offensichtlich nur auf die Zukunft gerichtet, wären ansonsten teilweise unzulässig.

Das angefochtene Grund- und Teilurteil beruht, soweit das Landgericht die Haftung des Beklagten zu 1. um einen Mitverschuldensanteil zu Lasten der Kläger gekürzt hat, auf einer Rechtsverletzung im Sinne der §§ 546, 513 Abs. 1 ZPO, denn das Landgericht hat die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Mitverschuldens verkannt.

Die volle Haftung des Beklagten zu 1. für die geltend gemachten materiellen Schäden dem Grunde nach ergibt sich nicht aus § 18 StVG a.F.. Diese in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ist - zu Recht - im Zuge des Rechtsstreits nicht weiter problematisiert worden, denn es gilt § 8 StVG a.F., wonach § 7 StVG a.F. - und entsprechend § 18 StVG a.F. - dann nicht zur Anwendung kommt, wenn der Unfall durch ein Fahrzeug verursacht wurde, das auf ebener Bahn mit keiner höheren Geschwindigkeit als 20 km/h fahren kann. Aus dem im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren eingeholten Gutachten der F. erschließt sich, insbesondere aus den Fotografien über das Fahrzeug, dass es sich bei dem Teleskoplader um eines handelt, das bauartbedingt mit keiner höheren Geschwindigkeit als 20 km/h fahren kann.

Gleichwohl stehen den Klägern die verschuldensabhängigen Ansprüche gemäß §§ 823, 844, 847 BGB a.F. gegen den Beklagten zu 1. vollen Umfanges zu.

Denn der Beklagte zu 1. hat jedenfalls fahrlässig die Körperverletzungen der Kläger zu 1. und 2. und den Tod der Mutter bzw. Ehefrau der Kläger zu 3. und 4. verursacht.

Er hat nicht nur ohne Vorhandensein bzw. Aktivierung der Überlasteinrichtung und der akustischen und optischen Warneinrichtung den Teleskoparm ausgefahren, vielmehr hat er dies nach seiner eigenen Einlassung getan, ohne übersehen zu können, ob ggf. Personen gefährdet wären; zudem hatte er die vor dem Ausfahren des Teleskoparmes notwendig herabzulassenden Stützen ("Pratzen") teilweise auf unbefestigtem Grund abgestellt, was angesichts der Nichtfunktionsfähigkeit sämtlicher Schutz- und Warneinrichtungen des Teleskopladers beim Ausfahren des Teleskoparmes fast schon zwangsläufig zu dem Umstürzen führen musste. Dass all dies schuldhaft und unfallursächlich seitens des Beklagten zu 1. war, ergibt sich aus seinem eigenen Vorbringen, wonach er drei von ihm zu vertretende maßgebliche Fehler - nämlich die vorgenannten - eingeräumt hat.

Ein Mitverschulden hingegen ist den Klägern zu 1. und 2. bzw. der Getöteten nicht anzulasten. Weder der Beklagte zu 1. noch der Beklagte zu 2. haben Hinreichendes zu einem Mitverschulden der Kläger dargelegt, Feststellungen dazu hat das Landgericht folgerichtig auch nicht getroffen, auch in der Berufungsinstanz behaupten die Beklagten lediglich ein Mitverschulden ohne konkreten Tatsachenvortrag oder gar Beweisantritte.

Individuelle Feststellungen eines etwaigen Mitverschuldens der Kläger zu 1. und 2. sowie der Getöteten hat das Landgericht nicht getroffen, auch gar nicht treffen können. Die pauschale Begründung für ein Mitverschulden, den Verletzten bzw. der Getöteten hätte klar sein müssen, dass der Betrieb eines Teleskopladers gefährlich sein könne, trägt nicht. Dies würde zumindest voraussetzen, dass sich die Kläger zu 1. und 2. und die Getötete bewusst im Gefahrenbereich des in Betrieb befindlichen Fahrzeuges aufgehalten hätten. Sowohl in ihrer persönlichen Anhörung vor dem Landgericht als auch vor dem Senat haben die Klägerin zu 1. und der Kläger zu 2. glaubhaft angegeben, von den ganzen Vorbereitungen für das Aufhängen der Richtkränze an der Halle nichts mitbekommen zu haben, da sie sich noch im Gespräch mit anderen Gästen auf dem Weg zur Halle befunden hätten. Auch der Kläger zu 4. hat glaubhaft geschildert, dass seine getötete Ehefrau, die sich im Übrigen im Gespräch mit dem Kläger zu 2. befand, weder von den Vorbereitungen zum Befestigen der Richtkränze noch gar von dem Umkippen des Teleskopladers etwas bemerkt hätte. Damit scheidet ein Mitverschulden unabhängig davon, dass es ohnehin vom Beklagten zu 1. zu beweisen wäre, von vornherein aus. Denn ein Grundsatz, dass Richtfeste grundsätzlich gefährlich sind und Gäste mit Verletzungen bis hin zu tödlichen Verletzungen bei derartigen Veranstaltungen rechnen müssen, lässt sich schlechterdings - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht aufstellen.

Hingegen haben die Kläger ein Verschulden des Beklagten zu 2. an dem Unfall nicht beweisen können.

Zwar war der Beklagte zu 2. als Bauleiter tätig und damit insgesamt für "Sicherheit und Ordnung" auf das Baustelle zuständig. Da er es über seinen Arbeitgeber, die Generalunternehmerin, auch übernommen hatte, den "offiziellen Teil" des Richtfestes zu organisieren, traf ihn auch dafür die Verantwortlichkeit als Bauleiter. Dabei ist es im Verhältnis zu den Klägern haftungsrechtlich unerheblich, ob dies im Innenverhältnis zum Bauherrn eine Gefälligkeit darstellte.

Gleichwohl trifft den Beklagten zu 2. kein haftungsbegründendes Verschulden.

Denn zum einen hatte auch er nicht bemerkt, dass der Beklagte zu 2. - unstreitig abredewidrig - den Teleskoparm ausgefahren hatte, zum anderen konnte und musste der Beklagte zu 2. mit einem solchen Verhalten des Beklagten zu 1. auch nicht rechnen. Der Beklagte zu 2. hatte dem Beklagten zu 1. die Anweisung erteilt, im rechten Winkel an die Halle heranzufahren. Dies sollte erfolgen, nachdem der Beklagte zu 2. den Anfahrtsweg von Besuchern des Richtfestes freigemacht hätte. Nach den in ihrer Anhörung vor dem Senat weitgehend übereinstimmenden Ablaufschilderungen durch den Beklagten zu 2. und den Kläger zu 4. verhielt es sich nun so, dass der Beklagte zu 1. aus der schräg zur Halle hin gerichteten Warteposition, nachdem er allenfalls noch ein kleines Stück vorgefahren war - nach Angaben des Klägers zu 4. vielleicht noch einen Meter - den Teleskoparm mit dem Mannkorb, in dem sich drei Personen befanden, ausfuhr. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte zu 2. damit beschäftigt, Besucher von dem vorgesehenen Anfahrtsweg wegzuschicken, so dass er das Fahrzeug im Rücken hatte. Nachdem der Beklagte zu 1. den Teleskoparm ausgefahren und den schräg zur Halle hängenden Mannkorb gedreht hatte, stürzte kurze Zeit danach das Fahrzeug um. Nach seinen unwiderlegten Angaben hatte der Beklagte zu 2. das Ausfahren des Teleskoparmes erst bemerkt, als der Arm bereits voll ausgefahren war und alsbald danach das Fahrzeug umkippte.

Zwar trafen den Beklagten zu 2. aus seiner Stellung als verantwortlicher Bauleiter heraus gegenüber den Besuchern des Richtfestes gesteigerte Sorgfaltspflichten, denn grundsätzlich ist ein Bauleiter insgesamt für "Sicherheit und Ordnung" auf der Baustelle verantwortlich; dies gilt im gesteigerten Maße, wenn - wie hier - eine Vielzahl von Besuchern mit einer per se gefahrträchtigen Baumaschine in räumlichen Kontakt kommen kann. Dieser Problematik war sich der Beklagte zu 2. auch offensichtlich bewusst, denn durch den dem Beklagten zu 1. vorgegebenen Anfahrtsweg und das vorherige Räumen dieses Weges sollten etwaige Risiken minimiert werden, wobei diese vom Beklagten zu 2. getroffenen Maßnahmen dazu geeignet und auch ausreichend waren. Nicht hingegen konnte gefordert werden, dass der Beklagte zu 2. bei dem Teleskoplader verblieb und die Räumung des Anfahrtsweges einem anderen Mitarbeiter übertrug, denn eine Notwendigkeit dazu bestand nicht. Nach dem insoweit maßgeblichen Wissensstand des Beklagten zu 2. war es nämlich so, dass der Teleskoplader notwendig in dem abgesprochenen rechten Winkel an die Halle heranfahren musste, damit vom Mannkorb aus die Richtkränze angebracht werden konnten. Dem Beklagten zu 2. war nämlich nicht bekannt, dass es sich bei dem Teleskoplader um einen solchen handelte, der es bauartbedingt zuließ, den am ausgefahrenen Arm befindlichen Korb zu drehen. Nach seiner insoweit unwiderlegten Einlassung waren ihm aus seiner Firma nur Teleskoplader bekannt, die über eine solche Möglichkeit nicht verfügten. Von daher konnte und musste er auch nicht damit rechnen, dass der Beklagte zu 1. aus der unsicheren und schrägen Position den Arm ausfahren würde, um durch Drehen des Korbes am ausgefahrenen Teleskoparm ein Befestigen der Richtkränze an der dafür vorgesehenen Stelle zu bewerkstelligen. Hätte der Beklagte zu 2. von dieser Möglichkeit gewusst, hätte er - da ihm der Beklagte zu 1. persönlich nicht bekannt war und er auch nichts über dessen fachliche Qualifikationen wusste - zusätzliche Anweisungen erteilen müssen und/oder weitergehend das Verhalten des Beklagten zu 1. überwachen müssen. So aber gab es aus Sicht des Beklagten zu 2., ohne dass ihm dies vorzuwerfen wäre, keinerlei Anlass zu der Annahme, dass der Beklagte zu 1. sich nicht an die getroffenen Absprachen halten würde.

Als der Beklagte zu 2. bemerkte, dass der Beklagte zu 1. weisungswidrig den Teleskoparm ausgefahren hatte, war es - das ergibt sich sowohl aus der Anhörung des Beklagten zu 2. als auch aus der Anhörung des Klägers zu 4. - für ein den Unfall mit Sicherheit abwendendes Eingreifen des Beklagten zu 2. schon zu spät. Denn zu diesem Zeitpunkt war der Teleskoparm schon ausgefahren, der Korb gedreht. Alsbald darauf, nach Angaben des Beklagten zu 2. rund eine halbe Minute, nachdem er sich umgedreht und bemerkt hatte, dass sich der Beklagte zu 1. absprachewidrig verhalten hatte, kippte der Teleskoplader um. Wie der Beklagte zu 2. dies noch hätte verhindern können, ist weder dargetan noch ersichtlich, waren zu dem Zeitpunkt, als er sich umdrehte und die Lage bemerkte, doch schon all die Voraussetzungen erfüllt, die zum Umkippen des Teleskopladers führen mussten.

Der Beklagte zu 2. hat demnach weder fahrlässig gehandelt, noch schuldhaft das Ergreifen gebotener, das Unglück mit Sicherheit verhindernder Maßnahmen unterlassen.

Für die den Klägern entstandenen materiellen und immateriellen Schäden haftet er daher ebenso wenig wie für die zukünftigen Schäden.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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