Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 08.11.2000
Aktenzeichen: 9 U 104/99
Rechtsgebiete: HGB, AGBG


Vorschriften:

HGB § 354 a
AGBG § 9
AGB-Regelungen, wonach Abtretungsanzeigen unter Verwendung eines vorgedruckten Formblattes des Schuldners erfolgen müssen, sind nach § 9 Abs. 1 AGBG nichtig.

9. ZS, Urteil vom 08. November 2000, - 9 U 104/99 -


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

9 U 104/99 10 O 538/98 LG Lübeck

Verkündet am: 8. November 2000

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

der Stadt G, vertreten durch den Magistrat, dieser vertreten durch den Bürgermeister,

Beklagten und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Jensen und Dietz in Schleswig,

gegen

die A GmbH & Co., vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin, die A Verwaltungsgesellschaft mbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer

Klägerin und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Dr. Elsner, Zarnekow, Soblik, Dr. Wolter, Rüping und Dr. Hansen in Schleswig,

hat der 9. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 6. September 2000 unter Berücksichtigung der nachgereichten Schriftsätze durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht sowie die Richter am Oberlandesgericht und

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 20. September 1999 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 27.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer der Klägerin beträgt 865.071,77 DM.

Tatbestand

Die Klägerin macht aus einem ihr von dem Bauunternehmen F abgetretenen Recht Schadensersatz nach § 6 Nr. 6 VOB/B geltend. Die Beklagte hatte diesem Bauunternehmen am 24. März 1994 für rund 6.300.000 DM den Zuschlag für Bauarbeiten an der Integrierten Gesamtschule in G erteilt. Dem Vertrag lagen die Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführungen von Bauleistungen - ZVB - zugrunde. Nach Ziffer 32.1 ZVB können Forderungen des Auftragnehmers gegen den Auftraggeber ohne Zustimmung des Auftraggebers nur abgetreten werden, wenn die Abtretung sich auf alle Forderungen in voller Höhe aus dem genau bezeichneten Auftrag einschließlich aller etwaiger Nachträge erstreckt. In Ziffer 32.2 erster Spiegelstrich ZVB ist bestimmt, daß eine Abtretung von Forderungen des Auftragnehmers gegen den Auftraggeber gegenüber dem Auftraggeber erst wirkt, wenn sie ihm vom alten Gläubiger (Auftragnehmer) und vom neuen Gläubiger unter genauer Bezeichnung der auftraggebenden Stelle und des Auftrags unter Verwendung des vorgegebenen Formblattes des Auftraggebers schriftlich angezeigt worden ist. In der Schlußrechnung vom 23. Januar 1996 verlangte die Firma F von der Beklagten wegen "Bauzeitverlängerung" 444.434,11 DM, wegen "Störfaktoren" 307.802,22 DM, brutto insgesamt 865.071,77 DM. Die Beklagte bestritt die Berechtigung dieser Forderung und verweigerte die Zahlung. Ein Vergleichsangebot der Beklagten auf Zahlung von 120.000 DM nahm die Firma F nicht an. Ende März 1998 vereinbarte sie schriftlich mit der Klägerin, daß die Forderung an diese abgetreten werde. Die Klägerin hat über die Forderung den der Beklagten am 7. April 1998 zugestellten Mahnbescheid des Amtsgerichts Bad Schwartau vom 1. April 1998 erwirkt. Die Beklagte hat gegen den Mahnbescheid am 14. April 1998 Widerspruch erhoben. Die Anspruchsbegründung ist am 11. Dezember 1998 bei dem Amtsgericht Bad Schwartau eingegangen und der Beklagten zusammen mit dem als Anlage beigefügten Schreiben der Klägerin vom 26. März 1998 und der undatierten Abtretungsvereinbarung (Anlage K 1) am 18. Januar 1999 zugestellt.

Die Klägerin hat behauptet, ihr Schreiben vom 26. März 1998 und die Abtretungsvereinbarung seien der Beklagten noch im März 1998 zugegangen. Ziffer 32 ZVB weiche von § 354 a Satz 1 HGB ab und sei unwirksam. Die Verjährung sei nicht vollendet. Die Beklagte schulde den verlangten Schadensersatz.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 865.071,77 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 7. April 1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, daß ihr das Schreiben vom 26. März 1998 und die Abtretungsvereinbarung vor dem 18. Januar 1999 zugegangen sind. Ziffer 32 ZVB sei wirksam. Die Regelung sei nicht nach § 9 AGBG unwirksam und werde von dem erst nach Abschluß des Vertrages am 1. August 1994 in Kraft getretenen § 354 a HGB nicht erfaßt. Die Verjährung sei vollendet. Schadensersatz schulde sie nicht.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, ausgesprochen, daß die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt sei. Ein in Ziffer 32 ZVB enthaltenes Abtretungsverbot weiche von § 354 a Satz 1 HGB ab und sei unwirksam. Die geltend gemachte Forderung sei erst nach Inkrafttreten dieser Bestimmung entstanden und werde von ihr erfaßt. Die Verjährung sei nicht vollendet.

Gegen das ihr am 24. September 1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 19. Oktober 1999 beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht in Schleswig eingereichten Schriftsatz Berufung eingelegt und sie nach Fristverlängerung bis 21. Februar 2000 mit einem am 15. Februar 2000 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte wendet sich weiter gegen die Annahme, daß § 354 a Satz 1 HGB Rückwirkung entfalte. Das sehe das Gesetz nicht vor. Maßgeblich sei, daß das Schuldverhältnis vor Inkrafttreten der Neuregelung begründet sei. Es handele sich ohnehin um eine nach Ziffer 32.1 ZVB von ihrer Zustimmung abhängige Teilabtretung. Die Verjährung sei vollendet. Durch den nicht von der Berechtigten erwirkten Mahnbescheid sei die Verjährung nicht unterbrochen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Es sei unbeachtlich, daß die Beklagte den vorprozessualen Zugang des Schreibens vom 26. März 1998 bestreite. Da die Klägerin die Bauarbeiten mit der Firma F in stiller Arbeitsgemeinschaft durchgeführt habe, sei bei interessengerechter Abwägung eine vorbehaltlose Genehmigung der Abtretung durch die Beklagte anzunehmen. Die abgetretene Forderung sei erst nach Inkrafttreten des § 354 a Satz 1 HGB entstanden und deshalb frei abtretbar. Ihr Anspruch sei nicht verjährt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Berufungsbegründung vom 8. Februar 2000, die Berufungserwiderung vom 31. Juli 2000, die Schriftsätze vom 11. und 28. August 2000, den Berichterstattervermerk über die mündliche Verhandlung vom 6. September 2000, sowie die Schriftsätze vom 26. September 2000 und 24. und 25. Oktober 2000 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Beklagte ist nach § 222 Abs. 1 BGB berechtigt, die Leistung zu verweigern. Die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs ist vollendet. Die Klägerin begehrt Schadensersatz nach § 6 Nr. 6 VOB/B. Dieser Anspruch verjährt nach § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB in zwei Jahren (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 12. Aufl., B § 6 Rn. 152, 155; BGH, NJW 1968, 1234). Die Verjährung begann nach §§ 201 Satz 1, 198 Satz 1 BGB mit dem Schluß des Jahres 1996. In diesem Jahr ist die prüfbare Schlußrechnung vom 23. Januar 1996 (Anlage K 20) erteilt und ein Anspruch fällig geworden. Die Prüfbarkeit der Schlußrechnung ziehen die Parteien zu Recht nicht in Zweifel. Die Beklagte hat die Schlußrechnung tatsächlich auch geprüft (Anlage K 21).

Die Verjährung ist nicht am 7. April 1998 nach § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB durch die Zustellung des Mahnbescheides unterbrochen. Dieser ist nicht von der Berechtigten erwirkt (vgl. zu diesem Erfordernis: Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 209 Rn. 9). Nach Ziff. 32.2 ZVB erster Spiegelstrich wirkt die Abtretung der Forderung gegenüber der Beklagten erst, wenn sie ihr von dem alten Gläubiger und dem neuen Gläubiger schriftlich angezeigt worden ist. Die Beklagte bestreitet, das Schreiben der Klägerin vom 26. März 1998 nebst Abtretungsvereinbarung (Anlage K 1) vor Zustellung des Mahnbescheides erhalten zu haben. Die Klägerin hat den ihr obliegenden Beweis für den rechtzeitigen Zugang nicht angetreten. Ihr Vortrag zur rechtzeitigen Absendung (insbesondere Schriftsatz vom 25. Oktober 2000) genügt nicht (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 130 BGB Rn. 21). Ihre Ansicht, das Bestreiten des Zugangs sei unbeachtlich und maßgeblich sei eine bereits im Werkvertrag begründete Zustimmung zur Abtretung, trifft nicht zu (insbesondere auch nicht wegen der von der Klägerin angeführten Entscheidung BGH, BauR 1999, 394). Der Mahnbescheid selbst genügt den in Ziffer 32.2 ZVB vereinbarten Erfordernissen an eine Abtretungsanzeige nicht, da die Anzeige danach auch durch den alten Gläubiger, die Firma Freytag, erfolgen mußte. Die Verjährung ist weiter nicht nach § 209 Abs. 1 BGB, 270 Abs. 3 ZPO dadurch unterbrochen, daß die Klägerin am 11. Dezember 1998 die am 18. Januar 1999 zugestellte Anspruchsbegründung eingereicht hat. Auch zu diesem Zeitpunkt hatten die Klägerin und die Firma F die Abtretung der Beklagten noch nicht schriftlich angezeigt. Das ist erst mit Zustellung der Anspruchsbegründung nebst den Anlagen K 1 geschehen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten hatte die Abtretungsvereinbarung keine Teilabtretung im Sinne von Ziffer 32.1 ZVB zum Gegenstand. Es handelte sich - nachdem alle sonstigen Differenzen zur Schlußrechnung zwischen der Firma F und der Beklagten im Zuge der Vergleichsverhandlungen ausgeräumt waren und die Beklagte die entsprechenden Zahlungen geleistet hatte - um die einzig noch offenen Posten, so daß kein sonstiger Teil verblieb. Der Standpunkt der Beklagten, Ziffer 32.1 ZVB solle sie auch davor bewahren, sich nacheinander mit verschiedenen Gläubigern über denselben Gegenstand auseinandersetzen müssen, geht fehl. Das kann die Bestimmung gegenüber einer ersten Abtretung, die sich auf alle Forderungen in voller Höhe erstreckt, nicht leisten.

Die in Ziffer 32.2 ZVB erster Spiegelstrich getroffene Vereinbarung über das Erfordernis einer schriftlichen Abtretungsanzeige ist nicht nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. So liegt es bei Ziffer 32.2 ZVB erster Spiegelstrich allenfalls insoweit, als dort die Verwendung eines vorgegebenen Formblattes vorgeschrieben ist. Das läßt sich kaum rechtfertigen (vgl. Coester-Waltjen, in: Staudinger, AGBG, 13. Bearbeitung, § 11 Nr. 16 Rn. 9; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 3. Aufl., § 11 Nr. 16 Rn. 16; Basedow, in Münchner Kommentar, 3. Aufl., § 11 Nr. 16 AGBG; Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., AGBG § 11 Rn. 94 ff.). Verstößt der Inhalt einer AGB-Klausel teilweise gegen § 9 Abs. 1 AGBG, so ist die Klausel grundsätzlich im ganzen unwirksam. Enthält die Klausel aber inhaltlich unbedenkliche, aus sich heraus verständliche sprachliche und inhaltlich teilbare Bestimmungen, bleiben diese auch dann wirksam, wenn die den gleichen Sachkomplex betreffen. Voraussetzung für die Zerlegung ist, daß die unwirksame Bestimmung einfach weggestrichen werden kann (vgl. BGH, NJW 1998, 2284; vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Vorbem v AGBG § 8 Rn. 9). So liegt es hier. Man kann "unter Verwendung des vorgegebenen Formblattes des Auftraggebers" einfach streichen. In der dann verbleibenden Notwendigkeit der schriftlichen Anzeige einer Abtretung durch den alten Gläubiger und den neuen Gläubiger liegt keine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben, zumal bei Verwendung der Bestimmung gegenüber einem Kaufmann oder Unternehmer. Der Verwender und Schuldner hat ein berechtigtes Interesse an einer solchen, sehr leicht zu erbringenden Anzeige. Die Klägerin und die Firma F haben sich ja auch widerstandslos an diese Bestimmung halten wollen, und zwar einschließlich der sonstigen Erklärungserfordernisse gemäß dem zweiten Spiegelstrich.

Ziff. 32.2 erster Spiegelstrich ZVB ist nicht nach § 354 a Satz 3 HGB als von Satz 1 dieser Bestimmung abweichende Vereinbarung unwirksam. Die Vereinbarung wird von § 354 a Satz 1 HGB tatbestandlich und zeitlich nicht erfaßt.

Dort ist bestimmt: "Ist die Abtretung einer Geldforderung durch Vereinbarung mit dem Schuldner gemäß § 399 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeschlossen und ist das Rechtsgeschäft, das diese Forderung begründet hat, für beide Teile ein Handelsgeschäft, oder ist der Schuldner eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich rechtliches Sondervermögen, so ist die Abtretung gleichwohl wirksam". § 399 BGB gilt auch dann, wenn die Parteien die Wirksamkeit der Abtretung von einer Zustimmung des Schuldners oder von einer Abtretungsanzeige abhängig gemacht haben (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 399 Rn. 8). Wortlaut und Systematik könnten so dafür sprechen, daß entsprechende Vereinbarungen auch von § 354 a Satz 1 HGB abweichen.

Mit der Entstehungsgeschichte des durch Artikel 2 Nr. 11 des Gesetzes zur Änderung des D-Markbilanzgesetzes und anderer handelsrechtlicher Bestimmungen vom 25. Juli 1994 (BGBl I, S. 1682; D-Markbilanzgesetz) eingefügten § 354 a HGB und seinem Sinn und Zweck ist ein solches Verständnis für bloße Abtretungsanzeigen aber nicht zu vereinbaren. Nach der Begründung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zu § 354 a HGB (abgedruckt in: ZIP 1994, 1650 ff.) gab zu der Neuregelung Anlaß, daß Forderungen bei einem Abtretungsverbot nicht als Finanzierungsinstrument genützt werden könnten. Die Geltendmachung der Rechte aus einem Abtretungsverbot könne als Instrument der Ausübung von Marktmacht angesehen werden. Der Schuldner habe es in der Hand, Liquiditätsschwierigkeiten seines Lieferanten zu steigern. Die Gesetzesänderung stelle sicher, daß eine Forderung der Kreditfinanzierung wieder zugänglich gemacht werde, schutzwürdige Interessen des Schuldners gewahrt seien, Rechtsklarheit und Rechtssicherheit gewährleistet seien und der Regelungsbereich nicht über das erstrebte Ziel hinausgehe. Die Rechtssicherheit werde erhöht, da es nicht mehr der freien Entscheidung des Schuldners überlassen bleibe, durch seine Zustimmung zu bestimmen, wer bei mehreren Abtretungen entgegen dem Abtretungsverbot Forderungsberechtigter werden soll. All diese Gründe treffen auf eine Vereinbarung, daß die Abtretung dem Schuldner vom alten Gläubiger und vom neuen Gläubiger nur schriftlich angezeigt werden muß, nicht zu. Eine solche Vereinbarung trägt dem berechtigten Informationsinteresse des Schuldners Rechnung und hindert einen Gläubiger nicht, seine Forderung zur Refinanzierung zu nutzen (ohne nähere Begründung anderer Ansicht: Busche, in: Staudinger, BGB, §§ 397 - 432, 13. Bearbeitung 1999, § 399 Rn. 70; Wagner, WM 1994, 2093, 2094 und NJW 1995, 180; in einem obiter dictum OLG Celle, NJW-RR 1999, 618, 619).

Die Parteien haben die in Ziff. 32.2 erster Spiegelstrich ZVB enthaltene Vereinbarung vor Inkrafttreten des § 354 a Satz 1 HGB getroffen. Dabei hatten sie das zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäfts in Geltung stehende Recht "vor Augen". Aus diesem Grund wird die Vereinbarung von der Neuregelung auch zeitlich nicht erfaßt. Grundsätzlich ist nicht anzunehmen, daß neues Recht für die unter früherem Recht begründeten Schuldverhältnisse gilt. Eine Geltung neuen Rechts auch für solche Schuldverhältnisse muß ausdrücklich bestimmt werden oder doch eindeutig dem neuen Gesetz entnommen werden können. Fehlt es daran, so kommen die allgemeinen Grundsätze über die zeitliche Geltung der Gesetze zur Anwendung. Hierzu gehört der in Art. 170 EGBGB ausgesprochene, über das Anwendungsgebiet des Einführungsgesetzes hinaus allgemein anerkannte Grundsatz, daß Schuldverhältnisse in Bezug auf Inhalt und Wirkung dem Recht unterstehen, das zur Zeit der Verwirklichung ihres Entstehungstatbestandes galt. Denn es ist, wie es in den Motiven zu Art. 170 EGBGB heißt, zu berücksichtigen, daß "die Parteien das zur Zeit der Vornahme (des Rechtsgeschäfts) in Geltung stehende Recht vor Augen gehabt haben, und diese Regel hat zu entscheiden". Ein Gesetz kann seine zeitliche Geltung in den Grenzen des Art. 14 GG abweichend von dem Grundsatz des Art. 170 EGBGB regeln. Ein solcher Geltungswille muß aber eindeutigen Ausdruck finden (vgl. zu allem BGHZ 44, 192, 195; vgl. weiter BGHZ 10, 391, 394; Palandt/Heinrichs, a.a.O., Einl v § 241 Rn. 29). Ein derartiger Geltungswille hat im D-Markbilanzgesetz hinsichtlich Artikel 2 Nr. 11 nicht eindeutig Ausdruck gefunden. Das Gegenteil ist der Fall. Nach Artikel 5 Satz 1 des D-Markbilanzgesetzes tritt dieses Gesetz am Tage nach der Verkündung in Kraft. Nach Artikel 5 Satz 2 des Gesetzes dürfen die gemäß Artikel 2 Nr. 2 und 7 geänderten Bestimmungen des Handelsgesetzbuches jedoch auf alle Geschäftsjahre angewendet werden, die nach dem 31. Dezember 1990 beginnen. Diese Übergangsregelung und das Unterlassen einer Übergangsregelung für § 354 a HGB lassen den Schluß zu, daß diese Vorschrift keine Rückwirkung haben sollte. Den erforderlichen eindeutigen Ausdruck hat ein dahingehender Geltungswille des Gesetzgebers, daß auch vor Inkrafttreten des D-Markbilanzgesetzes begründete Schuldverhältnisse von der Neuregelung erfaßt werden sollen, auch nicht in der Begründung zu Artikel 5 des Gesetzes vom 25. Juli 1994 gefunden. Dort (vgl. ZIP 1994, 1652) heißt es: "Bezüglich der Regelung in Artikel 2 Nr. 11 ist auf folgendes hinzuweisen: Soweit Geldforderungen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes entstehen, können rechtsgeschäftliche Abtretungsverbote, auch wenn sie vorher vereinbart wurden, nur dazu führen, daß die Abtretung dem Schuldner gegenüber unwirksam ist". Einem derartigen Hinweis des Berichterstatters des Rechtsausschusses kann die erforderliche Eindeutigkeit des Geltungswillens des Gesetzgebers nicht entnommen werden. Andernfalls wäre die zeitliche Reichweite des § 354a HGB auch nicht derart umstritten (vgl. OLG Köln, BB 1997, 2021, 2022: Anwendbarkeit auf vor dem 30. Juli 1994 vereinbarte Abtretungsverbote, wenn die Forderung nach diesem Zeitpunkt entstanden ist; OLG Braunschweig, WM 1997, 1214: Anwendbarkeit auf vor dem 1. August 1994 vereinbarte Abtretungsverbote, wenn die Forderung nach diesem Zeitpunkt entstanden ist; Wagner, NJW 1995, 180: Anwendbarkeit für nach dem 30. Juli 1994 entstehende Forderungen; Koller/Roth/Morck, HGB, 2. Aufl., § 354 a HGB Rn. 5: Anwendbarkeit auf vor dem 30. Juli 1994 vereinbarte Abtretungsverbote, wenn die Forderung nach diesem Zeitpunkt entstanden ist [anders noch die Vorauflage]; OLG Hamm, NJW-RR 1998, 1248, 1249: Keine Anwendbarkeit auf vor dem 25. Juli 1994 vereinbarte Abtretungsverbote, auch wenn die Forderung nach diesem Zeitpunkt entstanden ist; OLG Rostock, OLGR 1998, 363: Keine Anwendbarkeit auf Abtretungsverbote, die vor Inkrafttreten des § 354 a HGB vereinbart sind, wenn die Forderung vor diesem Zeitpunkt entstanden ist; LG Bonn, WM 1996, 930: Keine Anwendbarkeit auf vor dem 1. August 1994 vereinbarte Abtretungsverbote; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 399 Rn. 9: Keine Anwendbarkeit auf vor dem 29. Juli 1994 vereinbarte Abtretungsverbote; Busche, a.a.O., Rn. 72: Keine Anwendbarkeit auf vor dem 30. Juli 1994 vereinbarte Abtretungsverbote; Grub, ZIP 1994, 1650: Keine Anwendbarkeit auf vor dem 30. Juli 1994 vereinbarte Abtretungsverbote).

Ein Schuldverhältnis ist von einer Forderung aus diesem Schuldverhältnis zu trennen. Frei sind die Vertragsparteien nur bei der Begründung des Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft. Nur dabei können sie frei entscheiden, ob und zu welchen Bedingungen sie bereit sind, sich zu verpflichten. Nach Abschluß des Vertrages sind sie gebunden und müssen die Forderungen aus dem Schuldverhältnis erfüllen. Entscheidend für die rechtlichen Rahmenbedingungen eines Vertrages ist deshalb der Zeitpunkt der Begründung des Schuldverhältnisses. Eine später in Kraft tretende gesetzliche Regelung kann in das privatautonom begründete Schuldverhältnis allenfalls dann eingreifen, wenn der Gesetzgeber einen dahingehenden Geltungswillen eindeutig zum Ausdruck bringt. Daran fehlt es in jeder Hinsicht.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück