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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 25.05.2005
Aktenzeichen: 9 W 92/05
Rechtsgebiete: ZPO, InsO


Vorschriften:

ZPO § 104
InsO § 209
InsO § 210
Der Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschluss ist nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 210 InsO bei Masseverbindlichkeiten nach § 209 Abs. 1 Ziff. 3 InsO mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. - Anschluss an BGH, Beschluss vom 17. März 2005 - IX ZB 247/03 -.
9 W 92/05

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 8. März 2005 gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Lübeck vom 22. Februar 2005 durch den Einzelrichter am 25. Mai 2005 beschlossen:

Tenor:

I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 8. März 2005 werden der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Lübeck vom 22. Februar 2005 aufgehoben und die Kostenfestsetzungsanträge der Antragstellerin vom 2. Dezember 2003 und vom 5. Oktober 2004 abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert in Höhe von 7.766,62 EUR zu tragen

Gründe:

I.

Die Antragstellerin hat gegen die inzwischen insolvent gewordene KG (Schuldnerin) mit Klageschrift vom 28. Januar 2002 - zugestellt bei der Schuldnerin am 1. März 2002 - vor dem Landgericht Lübeck Feststellungsklage erhoben. Nach Umstellung der Klage auf einen Leistungsantrag ist die Schuldnerin durch Urteil des Landgerichts Lübeck März 2003 unter Auerlegung der Kosten des Rechtsstreits zur Zahlung von 160.858,36 EUR verurteilt worden.

Ihre gegen dieses Urteil eingelegte Berufung ist durch Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht vom 21. November 2004 auf ihre Kosten zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen worden. Die Schuldnerin hat mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 22. Dezember 2003 beim Bundesgerichtshof Nichtzulassungsbeschwerde erhoben.

Mit Beschluss des Amtsgericht Lübeck vom 12. Januar 2004 - 53a IN 306/03 - wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Antragsgegner zum Insolvenzverwalter bestellt.

Der Antragsgegner zeigte mit seinem Schreiben vom 14. Januar 2004 dem Amtsgericht Lübeck die Masseunzulänglichkeit des Vermögens der Schuldnerin an.

Mit Verfügung des Bundesgerichtshof vom 1. März 2004 ist zunächst die Unterbrechung des Rechtsstreits gemäß § 240 ZPO wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin festgestellt worden.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20. April 2004 den Rechtsstreit gemäß § 250 ZPO wieder aufgenommen. Der vorgenannte Schriftsatz ist dem Antragsgegner nicht zugestellt worden.

Nachdem der Antragsgegner der Feststellung der Hauptforderung der Antragstellerin nebst Zinsen und Kosten zur Insolvenztabelle zuerst widersprochen hatte, hat er mit Schreiben vom 13. Mai 2004 die Forderung in voller Höhe unter Vorbehalt des Ausfalls anerkannt und festgestellt.

Mit Beschluss des Bundesgerichtshof vom 14. September 2004 ist die Nichtzulassungsbeschwerde verworfen worden. Durch den Berichtigungsbeschluss des Bundesgerichtshof vom 5. Oktober 2004 ist das Passivrubrum des Beschluss vom 14. September 2004 dahingehend berichtigt worden, dass im Rubrum des Beschlusses vom 14. September 2004 die Prozessbevollmächtigten des Antraggegners gestrichen worden sind.

Mit den Kostenfestsetzungsanträgen ihrer Prozessbevollmächtigten vom 2. Dezember 2003 und vom 5. Oktober 2004 hat die Antragstellerin wegen der Kosten des Berufungsrechtszugs sowie des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einen Erstattungsanspruch von insgesamt 7.766,62 EUR geltend gemacht.

In dem Kostenfestsetzungsverfahren sind dem Antragsgegner die Beschlüsse des Bundesgerichtshof vom 14. September 2004 und vom 15. Oktober 2004 mit Verfügung vom 9. Februar 2005 zu verfügt worden. Der Antragsgegner hat hierauf nicht reagiert.

Mit Beschluss vom 22. Februar 2005, dem Antragsgegner zugestellt am 25. Februar 2005, hat die Rechtspflegerin des Landgerichts Lübeck die Kosten gegen den Antragsgegner antragsgemäß festgesetzt.

Hiergegen wendet sich dieser mit seiner sofortigen Beschwerde vom 8. März 2005.

Er ist der Auffassung, dass eine Kostenfestsetzung nicht in Betracht komme, da er die Masseunzulänglichkeit nach Rechtshängigkeit bei dem Amtsgericht Lübeck angezeigt habe. Die Kosten, die in dem Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde bei dem Bundesgerichtshof entstanden seien, könnten gegen ihn ohnehin nicht festgesetzt werden, da er jenes Verfahren nicht aufgenommen habe.

II.

Die nach §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet.

Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben.

1. Soweit sich der Antragsgegner dagegen wendet, dass die von dem Bundesgerichtshof in dem Beschluss vom 14. September 2004 getroffene Kostengrundentscheidung unzutreffend sei, ist - unabhängig von einem möglichen Verfahrensmangel - diese Entscheidung für das Kostenfestsetzungsverfahren bindend (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 25. Auflage, § 104, Rn. 21 - Stichwort: Bindungswirkung). Eine Korrektur kann im Kostenfestsetzungsverfahren nicht erfolgen.

2. Die sofortige Beschwerde des Antraggegners hat aber im Übrigen Erfolg.

Nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit ist der Erlaß eines Kostenfestsetzungsbeschlusses zugunsten eines Altmassegläubigers - wie der Antragstellerin - unzulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2005 - IX ZB 247/03, Juris Nr.: K0RE313192005 -; OLG München, Beschluss vom 29. September 2003 - 11 W 1353/02, ZIP 2003, 2318 f; OLG München, Beschluss vom 5. August 2004 - 11 W 1399/04, ZIP 2004, 2248 f.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Oktober 2002 - 10 W 91/02, ZInsO 2003, 713; Thüringer LAG, Beschluss vom 3. September 2004 - 8 Ta 67/04 -, Rpfleger 2005, 219 f.; a.A. OLG Naumburg, Beschluss vom 27. Dezember 2001 - 13 W 430/01, Rpfleger 2002, 332).

Der Antragstellerin fehlt das Rechtschutzbedürfnis für den Erlaß eines Kostenfestsetzungsbeschluss, da gemäß § 210 InsO wegen der bei dem Amtsgericht durch den Antragsgegner angezeigten Masseunzulänglichkeit die Vollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss unzulässig wäre.

Es ist anerkannt, dass im Erkenntnisverfahren Forderungen, die unter § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO fallen, nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit nicht mehr mit einer Leistungsklage verfolgt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2003, Az: IX ZR 101/02, BGHZ 154, 358 ff.). Dieses gilt auch für das Kostenfestsetzungsverfahren, welches wegen derselben Zielsetzung - einen zur Vollstreckung geeigneten Titel zu schaffen - ebenso zu behandeln ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2005 - IX ZB 247/03, Juris Nr.: K0RE313192005).

Bei den mit den Anträgen vom 2. Dezember 2003 und vom 5. Oktober 2004 verfolgten Kostenerstattungsansprüchen der Antragstellerin handelt es sich um Masseverbindlichkeiten nach § 209 Abs. 1 Ziff. 3 InsO, denn durch die Erhebung der Klage sind die Kostenerstattungsansprüche der Antragstellerin aufschiebend bedingt begründet worden (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1988 - IX ZR 7/88, WM 1988, 1391). Die Ansprüche sind demnach vor der Anzeige der Masseunzulänglichkeit mit dem Schreiben vom 14. Januar 2004 begründet worden.

3. Schließlich ist die Verpflichtung des Antragsgegners zur Kostenerstattung der von der Antragstellerin bezifferten und in der Höhe von dem Antragsgegner nicht angegriffenen Kosten nicht festzustellen.

Dabei kann es offen bleiben, ob ein Feststellungsanspruch überhaupt zulässig ist (ablehnend OLG München, Beschluss vom 30. November 1999 - 11 W 3090/99, ZIP 2000, 555 zu § 57 KO; bejahend OLG München, Beschluss vom 29. September 2003 - 11 W 1353/02, ZIP 2003, 2318 f; OLG München, Beschluss vom 5. August 2004 - 11 W 1399/04, ZIP 2004, 2248 f; offen gelassen in BGH, Beschluss vom 17. März 2005 - IX ZB 247/03, Juris Nr.: K0RE313192005), weil das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse nicht besteht. Die Antragstellerin hat ihre Kostenerstattungsansprüche nach Aktenlage zur Insolvenztabelle angemeldet und der Antragsgegner hat, nachdem er die Ansprüche der Antragstellerin zunächst bestritten hatte, diese Ansprüche mit Schreiben vom 13. Mai 2004 unter Vorbehalt des Ausfalls anerkannt, mithin sind die angemeldeten Ansprüche zur Insolvenztabelle festgestellt worden.

.....

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

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