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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 23.02.2005
Aktenzeichen: 1 Ws 51/05
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 117 Abs. 2
Ist ein zulässiger Haftprüfungsantrag gestellt, so bleibt die eingelegte (weitere) Haftbeschwerde unzulässig, wenn der Haftprüfungsantrag später zurückgenommen wird.
Oberlandesgericht Stuttgart - 1. Strafsenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 1 Ws 51/05

81 Js 541/05 StA Stuttgart

vom 23. Februar 2005

in dem Strafverfahren gegen

wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges

Tenor:

Die (weitere) Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 11. Februar 2005 wird als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:

I.

Am 1. Februar 2005 wurde dem Beschuldigten der Haftbefehl des Amtsgerichts Stuttgart vom 19. Januar 2005 eröffnet. Daraufhin bevollmächtigte er am 2. Februar 2005 sowohl Rechtsanwalt K. als auch Rechtsanwältin T.. Nach Aktenlage ist davon auszugehen, dass er sich gleichzeitig durch zwei Wahlverteidiger vertreten lassen wollte. Rechtsanwalt K. legte am 7. Februar 2005 Haftbeschwerde gegen den Haftbefehl ein, Rechtsanwältin T. beantrage am selben Tag die mündliche Haftprüfung durch das Amtsgericht Stuttgart. Am 9. Februar 2005 gab Rechtsanwalt K. gegenüber der Staatsanwaltschaft und dem Amtsgerichtgericht Stuttgart an, dass sein Mandat das Mandat von Rechtsanwältin T. beendet habe und dass seine Haftbeschwerde, aber nicht der von Rechtsanwältin T. gestellte Haftprüfungsantrag aufrecht erhalten werde. Während das Amtsgericht daraufhin den bereits auf den 16. Februar 2005 anberaumten Haftprüfungstermin wieder aufhob, verwarf das Landgericht Stuttgart in dem angegriffenen Beschluss die von Rechtsanwalt K. eingelegte Beschwerde gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Stuttgart vom 19. Januar 2005 als unzulässig.

II.

Es kann dahin gestellt bleiben, ob die gegen diesen Beschluss des Landgerichts vom Beschuldigten eingelegte Beschwerde zulässig ist (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 22. März 1994 - 3 Ws 41/94 -, NStZ 1994, 401), sie ist jedenfalls unbegründet.

Denn unabhängig von der Frage, ob das Mandat von Rechtsanwältin T. tatsächlich beendet und der von ihr gestellte Haftprüfungsantrag wirksam zurückgenommen wurde - was sich nach den dem Senat vorliegenden Akten weder aus dem zeitlichen Ablauf der Bevollmächtigungen ergibt noch durch den Beschuldigten oder durch Rechtsanwältin T. bestätigt wird -, folgt die Unzulässigkeit der Haftbeschwerde aus § 117 Abs. 2 Satz 1 StPO, worauf bereits das Landgericht Stuttgart zutreffend hingewiesen hat. Aus dieser Regelung ergibt sich folgendes:

Ist ein zulässiger Antrag auf Haftprüfung gestellt, ist die gleichzeitig oder vor oder nach diesem Antrag eingelegte (weitere) Haftbeschwerde unzulässig, sofern mit der Beschwerde ebenfalls die Aufhebung des bestehenden Haftbefehls oder die Aussetzung seines Vollzuges erstrebt wird. Bei dieser Rechtsfolge bleibt es auch dann, wenn der Haftprüfungsantrag später zurückgenommen wird (OLG Hamm, Beschl. v. 14. September 1979 - 6 Ws 173/79 -, zit. n. juris; OLG Schleswig, Beschl. v. 29. Dezember 1987 - 1 Ws 824/87 -, SchlHA 1988, 109; OLG Düsseldorf, Beschl v. 18. April 1991 - 2 Ws 157/91 -, StV 1991, 526; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 27. November 1995 - 1 Ws 162/95 -, wistra 1996, 80; Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl. § 117 Rn 14; KMR/Wankel, StPO, § 117 Rn 17). Denn die durch die Stellung des Haftprüfungsantrages einmal bewirkte Unzulässigkeit eines Beschwerdeverfahrens kann nicht durch dessen Rücknahme wieder beseitigt werden (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13. Oktober 1993 - 3 Ws 197/93 -, NStE Nr 5 zu § 117 StPO; Löwe/Rosenberg/Wendisch, StPO, 24. Aufl. § 117 Rn 19; KK/Boujong, StPO, 5. Aufl. § 117 Rn 8; Pfeiffer, StPO, 5. Aufl. § 117 Rn 2).

Daraus folgt für die vorliegende Beschwerde, dass diese seit Eingang des Haftprüfungsantrages am 7. Februar 2005 unzulässig war, woran auch später das Schreiben vom 9. Februar 2005 nichts mehr ändern konnte. Das Landgericht Stuttgart hat deshalb diese Beschwerde zu Recht als unzulässig verworfen, die dagegen gerichtete weitere Beschwerde ist somit unbegründet.

Im Hinblick auf das weitere Verfahren wird ergänzend darauf hingewiesen, dass es derzeit keiner Entscheidung bedarf, ob der Beschuldigte nach einer wirksamen Rücknahme des Haftprüfungsantrages eine neue Beschwerde gegen den Haftbefehl einlegen könnte (so Löwe/Rosenberg/Wendisch, StPO, 24. Aufl. § 117 Rn 19; Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl. § 117 Rn 14), oder ob § 117 Abs. 2 Satz 1 StPO dazu führt, dass zunächst erneut eine erstinstanzliche Haftentscheidung in einem Haftprüfungsverfahren herbeigeführt werden muss, ehe der Beschwerdeweg beschritten werden kann (so OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13. Oktober 1993 - 3 Ws 197/93 -, NStE Nr 5 zu § 117 StPO; ähnlich OLG Stuttgart, Beschl. v. 22. März 1994 - 3 Ws 41/94 -, NStZ 1994, 401: "Haftbeschwerdeverfahren ... endgültig erledigt"; KK/Boujong, StPO, 5. Aufl. § 117 Rn 8: "Beschwerderecht lebt nicht wieder auf"; ebenso KMR/Wankel, StPO, § 117 Rn 17), denn hier hat der Verteidiger keine erneute Beschwerde gegen den Haftbefehl eingelegt, sondern ausdrücklich nur die von ihm bereits "eingelegte Haftbeschwerde ... aufrecht erhalten". Der Rechtsschutz des Beschuldigten wird in keinem Fall unzumutbar eingeschränkt, denn auch wenn eine erneute Beschwerde gegen den Haftbefehl unzulässig ist, kann der Beschuldigte unproblematisch nach § 117 Abs. 1 StPO jederzeit die Haftprüfung durch das Amtsgericht beantragen und gegen diese Entscheidung des Amtsgerichts - wenn dieses den Haftbefehl aufrecht erhält - eine Beschwerde einlegen, was von § 117 Abs. 2 Satz 2 StPO klar gestellt wird.



Ende der Entscheidung

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