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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 24.11.2008
Aktenzeichen: 10 U 97/08
Rechtsgebiete: BGB, VOB/A, VOB/B


Vorschriften:

BGB § 145
BGB § 147
BGB § 150 Abs. 2
VOB/A § 3 b Nr. 1 c)
VOB/A § 19 Nr. 2
VOB/A § 19 Nr. 4
VOB/B § 2 Nr. 5
1. Im Verhandlungsverfahren nach § 3 b Nr. 1 c) VOB/A darf der Bieter Modifikationen seines Angebots während der Bindefrist vorlegen, solange und soweit der Auftraggeber auf die Bindung hinsichtlich einzelner Punkte des Angebots verzichtet hat.

2. Der Verzicht auf die Bindungswirkung eines Teils des Angebots und dessen Modifikation können in einer Einigung des Auftraggebers und des Bieters in einer Verhandlung zusammenfallen.

3. Genügt dem Bieter die Reichweite des Verzichts des Auftraggebers auf die Bindungswirkung seines Angebots nicht, um ein modifiziertes Angebot abzugeben, wahrt er seine Interessen nicht, wenn er im vom Auftraggeber gewünschten Umfang ein modifiziertes Angebot abgibt und sich im übrigen die Geltendmachung weiterer Ansprüche vorbehält.

4. Gegenstand des Zuschlags im Verhandlungsverfahren ist das Angebot in der Form der letzten Modifikation. Für die Bauausführung wesentliche Umstände wie z.B. Bauzeitverschiebungen, die zum Zeitpunkt der Abgabe der letzten Modifikation des Angebots im Verhandlungsverfahren eingetreten waren, rechtfertigen keine (analoge) Anwendung der Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage oder von § 2 Nr. 5 VOB/B.


Oberlandesgericht Stuttgart 10. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 10 U 97/08

Verkündet am 24. November 2008

In dem Rechtsstreit

wegen Werklohnforderung

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 03. November 2008 mit Schriftsatzrecht für beide Parteien nach § 139 Abs. 5 ZPO bis 14.11.2008 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Kober Richterin am Oberlandesgericht Wagner Richter am Oberlandesgericht Rast

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 23.05.2008, Az. 34 O 17/08 KfH, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollsteckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 3.805.462,30 €

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Erstattung von Mehrkosten wegen Steigerung der Stahlpreiskosten zwischen Abgabe des Angebots bis zur Erteilung des Auftrags der Tieferlegung der Bahnhofanlage in Neu-Ulm.

Die Beklagte hatte das streitgegenständliche Baulos öffentlich europaweit ausgeschrieben. Es sollte eine EU-Vergabe nach VOB / A Abschnitt 4 im Verhandlungsverfahren stattfinden. Die Frist für die Einreichung der Angebote war auf den 19.9.2003, 10.00 Uhr bestimmt. Nach Ziffer 7 der Bewerbungsbedingungen durften Angebote bis zum Ablauf der Angebotsfrist zurückgezogen werden. Als Ende der Zuschlags- und Bindefrist wurde der 19.3.2004 angegeben.

Mit Schreiben vom 1.10.2003 reichte die Klägerin für die Bietergemeinschaft Z. / M. ein Angebot ein, an das sich nach dessen Ziffer 3 die Bietergemeinschaft bis 6 Monate binden wollte. Dieser Teil des Angebots wurde von der Klägerin am 2.10.2003 unterzeichnet.

Es folgte am 11.11.2003 ein erstes Aufklärungsgespräch, in dem der Baubeginn auf Anfang Januar 2004 und die Fertigstellung der Leistungen bis 13.11.2007 festgelegt wurden. Als Folge dieses Gesprächs reichte die Bietergemeinschaft mit Schreiben vom 19.11.2003 ein entsprechend den Vorgaben der Beklagten überarbeitetes Angebot ein. Darin wurden die aktualisierten Bauablaufpläne bestätigt. Am 28.11.2003 fand ein zweites Aufklärungsgespräch statt, in dem dem Bieter die Möglichkeit gegeben wurde, bis 4.12.2003 sein Angebot hinsichtlich Nachlass und / oder Skonto zu korrigieren. Daraufhin erfolgte am 4.12.2003 eine Ergänzung des Angebots der Klägerin.

Am 22.12.2003 fand ein weiteres Gespräch statt, in dem mitgeteilt wurde, dass der Baubeginn am 19.1.2004 sein und voraussichtlich am 12.1.2004 die schriftliche Auftragserteilung stattfinden solle.

Aufgrund eines Vergabenachprüfungsverfahrens, das von einem Mitbewerber veranlasst wurde, verzögerten sich die Zuschlagserteilung und der Baubeginn. Es fand deshalb am 2.3.2004 zwischen den Parteien ein weiteres Gespräch statt, in dem vereinbart wurde, dass der geänderte Bauablaufplan der Firma Z. vom 27.2.2004 umgesetzt werden solle und dieser den bisherigen Bauablaufplan ersetzt. Hinsichtlich der durch den verschobenen Baubeginn und optimierten und geänderten Bauablaufplan zusätzlich anfallenden Kosten einigten sich die ARGE Z. / M. und die Beklagte auf eine Pauschalvergütung von 250.000,-- € netto. Damit sollten laut Protokoll sämtliche Mehraufwendungen und zusätzliche Kosten der ARGE abgegolten sein, die ihre Ursache in dem verschobenen Baubeginn und den geänderten und optimierten Bauablauf zur Einhaltung der vorgenannten Termine anfallen mit Ausnahme von Massenänderungen und anderer, einzeln genannter Kosten (Ziffer 2 des Protokoll über die Besprechung vom 2.3.2004). Unter Ziffer 4 des Besprechungsprotokolls vom 2.3.2004 heißt es darüber hinaus: "Die ARGE macht darauf aufmerksam, dass durch die verzögerte Vergabe im Hinblick auf den ursprünglich vorgesehenen Baubeginn eine erhebliche Preiserhöhung im Bereich der Materialkosten Stahl eingetreten ist und kündigt hieraus resultierende Mehrkosten an. Der AG weist diese Mehrkostenforderung mit Blick auf die Preisbindung aus dem Angebot des AN zurück."

Mit Schreiben vom 8.3.2004, das erst per Fax am 15.3.2004 bei der Klägerin eingegangen ist, wurde der Klägerin der Zuschlag auf der Grundlage der Angebote vom 1.10.2003, 19.11.2003 und 4.12.2003 erteilt. Nach den Unterschriften befindet sich auf Seite 3 des Schreibens eine Aufzählung von Anlagen und Anhängen, unter denen sich als Anhang 1 auch das Vergabeprotokoll vom 2.3.2004 wiederfindet. Die Klägerin sandte dieses Schreiben per Telefax am 16.3.2004 an Herrn H., dem Sachbearbeiter der Beklagten, mit verschiedenen handschriftlichen Anmerkungen, versehen mit zwei Unterschriften für die Bietergemeinschaft, zurück. Zu den Anhängen auf Seite 3 des Schreibens vom 8.3.2004 wurde eine handschriftliche Fußnote angebracht, die lautet: "Es war vereinbart, dass diese Vertragsbestandteil sind". Mit Schreiben vom 18.3.2004 bestätigte die Bietergemeinschaft den Empfang des Auftragsschreibens vom 8.3.2004 und bestätigte das Einverständnis mit dem Inhalt des Auftragsschreibens nebst Anlagen und Anhängen sowie der Angebote vom 3.10.2003, 19.11.2003 und 4.12.2003.

Mit Schreiben vom 8.4.2004 wiederholte die Bietergemeinschaft ihre Mehrforderung wegen gestiegener Stahlpreise, weil der Bietergemeinschaft durch den verzögerten Baubeginn die Möglichkeit genommen worden sei, die Stahlpreise mit den Lieferanten auf dem damaligen Niveau "festzuzurren".

Im weiteren schied die Firma M. aus der ARGE aus.

Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 23.5.2008 verwiesen.

Mit diesem Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit Erteilung des Zuschlags im Vergabeverfahren am 15.3.2004 sei zwischen den Parteien ein Vertrag mit dem Inhalt des Angebots der Klägerin vom 1.10.2003 mit den entsprechenden Abänderungen aus November und Dezember 2004 zustande gekommen. Dies ergebe sich aus der Bestätigung der Klägerin am 18.3.2004. Die vorherige Mehrkostenanmeldung der Klägerin habe die Beklagte wirksam zurückgewiesen. Dabei sei die Zurückweisung der Mehrforderung nicht lediglich Ausdruck einer Rechtsmeinung, sondern sie sei eine Parteierklärung. Weil die Bauzeitverschiebung bereits Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung gewesen sei, scheide ein Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B aus. Die Beklagte habe das Angebot der Klägerin nicht uneingeschränkt angenommen, sondern die Bauzeiten angepasst. Selbst wenn am 2.3.2004 eine endgültige Einigung über einen Baubeginn am 15.3.2004 noch nicht zustande gekommen sei, habe die Beklagte durch die Bezugnahme auf den neuen Bauzeitenplan das ursprüngliche Angebot der Klägerin abgelehnt und einen neuen Antrag auf Abschluss eines Vertrages mit im übrigen unveränderten Bedingungen abgegeben. Diesen Antrag auf Vertragsabschluss habe die Klägerin mit Schreiben vom 18.3.2004 angenommen. Daher sei nicht ein Baubeginn am 24.11.2003, sondern am 15.3.2004 vereinbart worden. Die Ziffer 4 des Protokolls vom 2.3.2004 habe kein neues oder "letztes" Angebot enthalten.

Ein Anspruch aus § 313 Abs. 1 BGB n. F. auf Vertragsanpassung in Höhe der aus der Preisentwicklung entstandenen Mehrkosten stehe der Klägerin nicht zu. Diese Preiserhöhung falle in den Risikobereich der Klägerin.

Soweit die Klägerin sich auf eine "überlange" Bindefrist berufe, hätte sie dies bei Vertragsabschluss rügen müssen. Heute sei sie damit ausgeschlossen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils des Landgerichts Stuttgart Bezug genommen.

Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre ursprüngliche Forderung weiter verfolgt.

Das Landgericht habe sein Urteil nicht ausreichend begründet, weshalb das Urteil aufzuheben sei.

Durch den verschobenen Baubeginn habe sich die Kalkulation der Klägerin im Hinblick auf den Einkauf von Stahl geändert. Ein Angebot oder eine Annahme der Klägerin, zur neuen, vorab besprochenen Bauzeit zu unveränderten Einheitspreisen zu bauen, gebe es nicht. Sowohl das ursprüngliche Angebot als auch die Abänderung von November und Dezember 2004 hätten eine Bauzeit ab Januar 2004 mit einer Zuschlagserteilung spätestens in Dezember 2003 zum Gegenstand gehabt. Hierfür habe die Klägerin ihre Einheitspreise kalkuliert und daran wolle sie sich auch festhalten lassen. Aus dem Protokoll der Besprechung vom 2.3.2004 ergebe sich die Mehrkostenanmeldung der Klägerin, über die eine Einigung nicht erzielt worden sei.

Ausweislich des Zuschlagschreibens vom 8.3.2004 habe sich der Zuschlag nur auf die Angebote vom 1.10., 19.11. und 4.12.2003 bezogen. Damit könnten Punkte, die im Protokoll vom 2.3.2004 enthalten seien, nur einseitige nachträgliche Änderungsanordnungen der Beklagten sein. Im übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte nur durch die Zuschlagserteilung auf die alten Angebote, an die die Klägerin ja noch gebunden gewesen sei, erreichen konnte, dass sofort ein Vertrag zustande kam und die Klägerin nicht mehr ausbrechen konnte.

Die Beklagte habe die Mehrkostenforderung nur deshalb zurückgewiesen, weil sie geglaubt habe, die Klägerin sei im Hinblick auf die neue Bauzeit nach wie vor an die angebotenen Einheitspreise gebunden. Mit der Äußerung habe die Beklagte zugestanden, dass Mehrkosten zu ersetzen seien, falls die eigene Rechtsauffassung nicht halte. Das Schreiben der Klägerin vom 8.4.2004 zeige, dass sie nie die Absicht gehabt habe, auf ihre Mehrkostenforderungen zu verzichten. Gegenüber diesem Anliegen habe die Beklagte Verständnis gezeigt. Mit der Einbeziehung des Protokolls vom 2.3.2004 habe die Klägerin ihre Mehrkostenforderung aufrecht erhalten und nicht auf diese verzichten wollen. In dem Antwortschreiben auf das erwähnte Schreiben vom 8.4.2004 habe sich die Beklagte nochmals auf die im Protokoll vom 2.3.2004 vermerkte Äußerung berufen. Sie habe sich damit nicht darauf berufen, dass aufgrund der vertraglichen Vereinbarung durch die Auftragsbestätigung oder den Zuschlag eine die Mehrforderung ausschließende Situation geschaffen worden sei. Vielmehr habe die Beklagte mit der Klägerin auch noch nach Vertragsabschluss u.a. im Zusammenhang mit dem Nachtrag 2, der die Mehrkosten von Stahl betreffe, verhandelt, was nicht notwendig gewesen wäre, wenn eine diese Mehrkosten ausschließende vertragliche Regelung nach dem Verständnis der Parteien vorhanden gewesen wäre. Dies sei bei der Auslegung der gegenseitigen Erklärungen zu berücksichtigen.

Das Landgericht habe gegen die Dispositionsmaxime im Zivilprozess verstoßen, weil die Beklagte überhaupt nicht vorgetragen habe, dass die Klägerin auf Mehrkosten durch ihr Schreiben vom 18.3.2004 verzichtet habe.

Eine Bindung an die alten Preise für eine neue Bauzeit gebe es nicht. Weil die vorgesehenen Termine durch ein Nachprüfungsverfahren überschritten gewesen seien, sei der Anwendungsbereich des § 2 Nr. 5 VOB/B eröffnet. Entgegen dem Landgericht sei § 2 Nr. 5 VOB / B nicht ausgeschlossen. Durch die Inbezugnahme des Protokolls vom 2.3.2004 sei hinsichtlich der ursprünglich ausgeschriebenen Bauzeiten eine Änderungsanordnung erfolgt. Jedenfalls liege ein Sachverhalt vor, der in Anlehnung an § 2 Nr. 5 VOB/B zu lösen sei. Dafür spreche, dass erst auf Seite 3, nach den Unterschriften des Zuschlagschreibens, auf das Vergabeprotokoll vom 2.3.2004 Bezug genommen worden sei. Dies bedeute, dass bereits das Zuschlagschreiben den Vertrag zustande gebracht habe gemäß dem Angebot der Klägerin in der Fassung vom 4.12.2003. Erst danach, wenn auch in demselben Schreiben, sei die einseitige Anordnung der Beklagten, die Bauzeit entsprechend der Besprechung vom 2.3.2004 zu ändern, erfolgt. Auch die Beklagte gehe davon aus, dass die Besprechung am 2.3.2004 nicht die unbedingte Auftragserteilung betroffen habe, sondern eine davon zu trennende Nachtragsbeauftragung über Beschleunigungsmaßnahmen, was allerdings ausweislich des Protokolls auch nicht richtig sei, weil es auch um eine Bauzeitverschiebung gegangen sei.

Hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 2 Nr. 5 VOB / B müsse auch berücksichtigt werden, dass die Entscheidung über den noch zu erteilenden Zuschlag längst gefallen gewesen sei. Es habe für die Zuschlagserteilung lediglich der Abschluss des Nachprüfungsverfahrens eines Konkurrenten noch abgewartet werden müssen. Eine Teileinigung über bestimmte Mehrkosten durch eine Veränderung der Bauzeit sei möglich gewesen und tatsächlich geschehen. Nicht geeinigt habe man sich allerdings am 2.3.2004 im Hinblick auf den Stahl. Ziffer 4 des Protokolls sei eine weitere Ausnahme im Geltungsbereich der Teileinigung, die unter Ziffer 2 des Protokolls festgehalten worden sei.

Eine neue Angebotslegung wäre mit der Gefahr verbunden gewesen, dass die Klägerin nicht annimmt und dann neu ausgeschrieben werden muss. Die Beklagte habe jedoch keine Zeit verlieren wollen. Deshalb seien die Änderungsvorgaben bereits mit der Zuschlagserteilung erfolgt. Bei teleologischer Auslegung hätte sich die Beklagte, wenn sie mit dem Zuschlag ein neues Angebot abgegeben hätte, genau in die Gefahr begeben, die sie durch die überlange Bindefrist habe umgehen wollen. Die Beklagte habe schnellstmöglich und ohne weiteres, insbesondere ohne weitere Willenserklärung der Klägerin, den Vertrag zustande bringen wollen. Dies habe sie nur durch die Bezugnahme auf die bis Dezember 2003 unterbreiteten Angebote geschafft. Damit sei der Weg über § 2 Nr. 5 VOB / B eröffnet.

Sollte § 2 Nr. 5 VOB / B nicht zumindest entsprechend angewendet werden, müssten die gestiegenen Stahlpreise über § 632 Abs. 2 BGB vergütet werden, weil sich die Parteien über die Kosten für den Stahl nicht geeinigt hätten. Auf eine solche Mehrforderung habe die Klägerin nicht verzichtet. An das Vorliegen eines entsprechenden Verzichts seien hohe Anforderungen zu stellen.

Wenn dem nicht so sei, müsse das Zuschlagsschreiben als Ablehnung der Angebote der Klägerin angesehen werden, weil hier eine neue Bauzeit vorgegeben worden sei. Dieses Angebot habe die Klägerin jedenfalls nicht im Hinblick auf die inzwischen entstandenen Mehrkosten für Stahl angenommen. Durch den eigenen Verweis der Klägerin auf das Protokoll über die Besprechung vom 2.3.2004 sei klar zum Ausdruck gebracht worden, dass sie an der Mehrkostenforderung festhalte. Hinsichtlich der Einheitspreise sei deshalb eine Einigung nicht zustande gekommen.

Zu Unrecht habe das Landgericht die von der Klägerin herangezogenen Entscheidungen anderer Gerichte nicht für vergleichbar gehalten.

Das Landgericht habe nicht dargelegt, warum eine Preiserhöhung in den Risikobereich der Klägerin falle und § 313 Abs. 1 BGB nicht anwendbar sei. Nach herrschender Auffassung fielen Preiserhöhungen infolge einer Veränderung der Bauzeit in den Risikobereich des Auftraggebers. Ob für die Beklagte erkennbar gewesen sei, wie die Klägerin ihren Einheitspreis auf der Grundlage der Kosten von Stahl kalkuliert habe, sei unerheblich. Ein Auftraggeber müsse wissen, dass ein größeres Unternehmen keine Angebote ohne bereits vorab eingeholte Subunternehmerangebote abgebe.

Im übrigen sei ein Besteller aus dem vorvertraglichen Vertrauensverhältnis verpflichtet, ein hinsichtlich der Vergütung modifiziertes Angebot des Unternehmers anzunehmen, wenn er keinen triftigen Grund habe, es abzulehnen. Insoweit verweist die Klägerin auf die Entscheidung des OLG Hamm, BauR 2004, 878. Die Klägerin habe zumindest mit ihren Nachtragsangeboten Angebote im Sinne dieser Rechtsprechung unterbreitet, die die Beklagte angesichts ihrer Kooperationsverpflichtung habe annehmen müssen. Diese Verpflichtung bestehe weiterhin.

Trotz der langen Bindefrist, die über den angegebenen Baubeginn hinaus gereicht habe, sei im Hinblick auf die Vertragsfrist zu kalkulieren gewesen. Die Klägerin habe nicht mit einer in Wirklichkeit variablen Bauzeit rechnen müssen. Eine überlange Bindefrist sei wie das Prozedere des Abfragens von Bindefristverlängerungen und Bindefristverlängerungserklärungen durch die Bieter zu behandeln. Derjenige, der ausschreibt und wolle, dass der Bieter auch bei Verzögerungen und einer dadurch hervorgerufenen Änderung der Bauzeit an seine alten angebotenen Einheitspreise gebunden sein solle, müsse dies in den Ausschreibungsbedingungen präzise und unmissverständlich angeben. Dies sei hier jedoch nicht erfolgt. Durch die überlange Bindefrist werde dem Bieter ein ungewöhnliches Wagnis auferlegt, das er letztlich nicht kalkulieren könne. Davon müsse aber kein Bieter ausgehen.

Die Klägerin habe ihre Preise anhand der Indizes, die die Marktentwicklung wieder gebe, fortgeschrieben. Sie habe daher auf der Grundlage der ursprünglich angebotenen Preise neu kalkuliert. Bei dieser Berechnungsweise ergebe sich der eingeklagte Mehrpreis für Stahl.

Die Klägerin beantragt:

Das Urteil des Landgerichtes Stuttgart, 34. Kammer für Handelssachen, AZ: 34 O 17/08 KfH, verkündet am 23.5.2008, wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 3.805.462,30 nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Begründung des landgerichtlichen Urteils. Es werde weiterhin bestritten, dass es der Klägerin nicht möglich gewesen sei, den Stahl zu Preisen einzukaufen, die sie beim ursprünglich vorgesehenen Baubeginn hätte zahlen müssen. Die Beschaffung des Materials zu den kalkulierten Preisen sei ureigenes Unternehmerrisiko. Eine verzögerte Zuschlagserteilung liege nicht vor. Der Zuschlag sei innerhalb der Zuschlags- und Bindefrist erteilt worden. Die in der Ausschreibung genannten Ausführungstermine seien noch keine Vertragstermine gewesen. Erst mit dem Zuschlag seien Vertragstermine vereinbart worden.

§ 2 Nr. 5 VOB/B könne während des Laufs der Angebotsfrist keine Anwendung finden.

Dem Protokoll von der Besprechung am 2.3.2004 sei eine Zurückweisung der Ansprüche der Klägerin deutlich zu entnehmen.

Das Zuschlagsschreiben lasse eine Auslegung, es enthalte eine nachträgliche Anordnung im Sinn des § 2 Nr. 5 VOB/B, nicht zu. Auch aus der vorbehaltlosen Bestätigung der Klägerin ergebe sich, dass die auf S. 3 des Zuschlagsschreiben erwähnten Anlagen und Anhänge Gegenstand des Zuschlags seien. Angesichts der zeitlichen Vorgabe Beginn Winter 2003/2004 und der Zuschlagsfrist 19.03.2004 habe die Klägerin mit einer Zuschlagserteilung erst Mitte März 2004 rechnen müssen. Das Landgericht habe keine Veranlassung gehabt, Urteile von anderen Gerichten zu anderen Fallkonstellationen heranzuziehen, nachdem der Zuschlag innerhalb der Bindefrist erteilt worden sei.

Das Landgericht habe bei der Auslegung des Protokolls über die Besprechung vom 2.3.2004 keine Auslegungsfehler begangen.

Die in den auf S. 3 des Zuschlagsschreiben enthaltenen inhaltlichen Vertragsänderungen seien das erlaubte Ergebnis des vorliegenden Verhandlungsverfahrens. Es sei Sinn des Verhandlungsverfahrens, Angebote weiterzuentwickeln. Ein solcher Prozess verlange längere Bindefristen. Nach Abschluss des Nachprüfungsverfahrens hätten die Parteien weiterverhandelt und die Verhandlung am 2.3.2004 abgeschlossen. Das Protokoll vom 2.3.2004 habe das letzte Angebot der Klägerin vom Dezember 2003 modifiziert. Dieses neue Angebot habe die Beklagte angenommen.

Preiserhöhungen während der Bindefrist fielen in den Risikobereich der Klägerin. Die Klägerin sei sehenden Auges die von ihr selbst angebotene Bindefrist eingegangen. Eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB komme nur in Betracht, wenn die Zumutbarkeitsgrenze überschritten sei. Dies sei angesichts des Verhältnisses der Klagforderung zum Auftragswert nicht der Fall. Im übrigen gebe es keine Änderung während der Vertragslaufzeit, was Voraussetzung für die Anwendung des § 313 BGB sei.

Am 30.4.2008 hätten die Parteien eine Vereinbarung zur Erledigung aller Ansprüche aus den eingetretenen Behinderungen und durchgeführten Beschleunigungsmaßnahmen getroffen und durch Zahlung eines Betrages von 6.512.717,75 € abgegolten. Diese Vereinbarung enthalte auch einen Ausgleich für gestiegene Stahlkosten, was bei der Höhe der Klagforderung zu berücksichtigen sei.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

1.

Soweit mit der Berufungsbegründung formelhaft wiederholend die Aufhebung des Urteils des Landgerichts wegen vorgeblicher Begründungsmängel verlangt wird, widerspricht dies dem Berufungsantrag der Klägerin, der auf Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zielt. Darüber hinaus führt im Berufungsverfahren ein nicht ausreichend begründetes erstinstanzliches Urteil nicht zu dessen Aufhebung oder Abänderung, wenn es inhaltlich zutreffend ist. Dementsprechend hat das Berufungsgericht gemäß § 538 Abs. 1 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden.

2.

Dem Vertragsverhältnis der Parteien ging eine Ausschreibung nach der EG-Sektorenrichtlinie voraus, auf die die Vergabebestimmungen der VOB/A-SKR zur Anwendungen kommen sollten. Die Beklagte hatte jedoch nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 VgV i.V.m. §§ 98 Nr. 2 GWB, 8 Nr. 4 c) VgV (vgl. Heiermann / Riedl / Rusam, VOB 11. Aufl., § 98 GWB RN 41; jurisPK-VergR / Zeiss, VT 8 zu § 98 GWB RN 2 ) die Bestimmungen des 3. Abschnitts der VOB/A anzuwenden. Dies geht einer eventuellen Anwendung der VOB/A-SKR nach §§ 98 Nr. 4 GWB, 7 Abs. 2 Nr. 2 VgV vor (Kapellmann / Messerschmidt, VOB Teile A und B 2. Aufl., § 8 VgV RN 4). Gemäß § 1b VOB/A sind ergänzend zum 3. Abschnitt der VOB/A angesichts des Auftragsumfangs die Basisparagraphen der VOB/A anzuwenden.

Die Beklagte hat hier das Verhandlungsverfahren nach § 3 b Nr. 1 c) VOB/A gewählt. Bei diesem Verfahren wendet sich der Auftraggeber an ausgewählte Unternehmer und verhandelt mit einem oder mehreren dieser Unternehmer über den Auftragsinhalt, gegebenenfalls nach Aufruf zum Wettbewerb. Sinn und Zweck des Verhandlungsverfahrens ist es, unter weniger strengen Anforderungen ein annehmbares Angebot und damit eine Auftragsvergabe zu ermöglichen. Verhandeln heißt in diesem Zusammenhang, dass der Auftraggeber und der potentielle Auftragnehmer den Auftragsinhalt und die Auftragsbedingungen so lange besprechen, bis klar ist, wie die Leistungen ganz konkret beschaffen sein sollen, zu welchen Konditionen der Auftragnehmer diese liefert und grundsätzlich insbesondere auch, zu welchem Preis geliefert wird (Franke / Kemper / Zanner / Grünhagen, VOB, 2. Aufl., § 3a VOB/A RN 17; Kapellmann / Messerschmidt, a.a.O. § 3a VOB/A RN 65).

Das Verhandlungsverfahren tritt an die Stelle der freihändigen Vergabe nach § 3 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A. (Motzke / Pietzcker / Prieß, VOB Teil A vor Abschnitt 4 RN 43;).

Da der Vertragsschluss im Verhandlungsverfahren ebenfalls auf der Grundlage von Angebot und Annahme zustande kommt, kommt der Vorgabe einer Bindefrist im Verhandlungsverfahren besondere Bedeutung zu. Die Beklagte hatte hier in ihrer Ausschreibung eine Bindefrist von 6 Monaten bis 19.3.2004 vorgesehen.

a) Nach § 19 Nr. 2 VOB/A ist die Dauer der Zuschlags- und damit auch der Bindefrist so kurz wie möglich und nicht länger als zur Prüfung und Wertung der Angebote nötig zu bemessen. Dies gilt gemäß § 19 Nr. 4 VOB/A entsprechend auch für das freihändige Verfahren, an dessen Stelle hier das Verhandlungsverfahren getreten ist (Kapellmann / Messerschmidt, a.a.O. § 19 VOB/A RN 26; Heiermann / Riedl / Rusam, a.a.O.. A § 19 RN 11). Die Vorgabe einer möglichst kurzen Zuschlags- und Bindefrist entspringt den allgemeinen Grundsätzen der Gleichbehandlung, der Transparenz und der Verhältnismäßigkeit. Ob angesichts der konkreten Umstände - Umfang und Dauer des Bauvorhabens, Unwägbarkeiten bei der Dauer der Verhandlungen im Rahmen des Verhandlungsverfahrens - die in der Ausschreibung vorgegebene Zuschlags- und Bindefrist von 6 Monaten wirksam und verbindlich war und bei der Bestimmung von deren Dauer insbesondere die Gefahr von Nachprüfungsverfahren berücksichtigt werden durfte, kann dahingestellt bleiben. Die Klägerin hat mit ihrem Angebot erklärt, wie lange sie sich an dieses binden will (Bindefrist), nämlich für sechs Monate, gerechnet ab dem 2.10.2003. An diese eigene Erklärung (Kapellmann/Messerschmidt, a.a.O. § 19 VOB/A RN 11) bleibt sie gebunden, auch wenn das Verlangen der Beklagten nach einer solchen Bindefrist unwirksam gewesen sein sollte.

b) Daneben findet eine Überprüfung der in der Ausschreibung vorgegebenen Binde- und Zuschlagsfrist im Rahmen einer AGB-rechtlichen Kontrolle nach §§ 307, 308 Nr. 1 BGB statt, wenn der Auftraggeber formularmäßig eine unangemessen lange Zuschlags- (und damit Binde-)frist verlangt (Heiermann / Riedl / Rusam, a.a.O. RN 9; Kapellmann/Messerschmidt, a.a.O. RN 12; Motzke / Pietzcker / Prieß, VOB Teil A § 19 RN 2). Es ist hier jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Vorgabe der Zuschlags- und Bindefrist in der Ausschreibung formularmäßig erfolgt wäre. Dass die Beklagte die Klausel gleichermaßen gegenüber allen Anbietern verwendet hat, ist unerheblich. Nach § 305 Abs. 1 BGB ergibt sich die Eigenschaft als Allgemeine Geschäftsbedingung aus der Vorformulierung für viele Verträge, nicht für die Ausschreibung gegenüber mehreren Bietern, die auf den Abschluss nur eines Vertrages abzielt (BGH NJW 1997, 135, Juris RN 10).

Die Bindung des Bieters an sein Angebot kollidiert mit dem Verhandlungsverfahren, wenn aufgrund von Verhandlungen der Auftraggeber den Bieter auffordert, ein modifiziertes Angebot gemäß dem (Zwischen-)Ergebnis der Verhandlungen vorzulegen. Der Widerspruch zwischen Angebotsbindung und Verhandlungsverfahren ist dadurch aufzulösen, dass der Auftraggeber gemäß dem Ergebnis der Verhandlungen und nach seinen Vorgaben auf die Bindung hinsichtlich einzelner Punkte des Angebots verzichtet und der Bieter im Umfang dieses Verzichts auf die Bindungswirkung modifizierte Angebote vorlegen kann. Der Auftraggeber öffnet auf diese Weise ein "Fenster", innerhalb dessen der Bieter Modifikationen seines Angebots abgeben kann, aber nicht muss.

3.

Ob der Klägerin der geltend gemachte Mehrvergütungsanspruch zusteht, bestimmt sich in erster Linie nach dem Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrags. Maßgeblich hierfür ist insbesondere der Inhalt des Angebots der Klägerin zum Zeitpunkt der Annahmeerklärung mit Schreiben vom 8.3.2004. Dazu hat der Senat die von den Parteien vorgetragenen Erklärungen zu würdigen und auszulegen. Entgegen der Berufungsbegründung ist dem Senat insbesondere durch die Dispositionsmaxime, die für den Umfang des Verfahrens in § 308 ZPO ihren Niederschlag gefunden hat, nicht im Hinblick auf das Auslegungsergebnis gebunden. Auch der Verhandlungsgrundsatz begrenzt das Auslegungsergebnis nicht. Die Auslegung hat auf der Grundlage des von den Parteien vorgebrachten Prozessstoffes zu erfolgen. Der Verhandlungsgrundsatz gilt daher nicht, soweit es sich nicht um die Stoffsammlung handelt, also bei der Rechtsanwendung, der Beweiswürdigung, der rechtlichen Würdigung des Parteivorbringens und den Schlussfolgerungen, die das Gericht daraus zieht (vgl. Thomas / Putzo, ZPO, 29. Aufl., Einleitung I RN 4).

a) Am 2.3.2004 haben die Parteien im Rahmen des Verhandlungsverfahrens über die Vertragstermine, den Baubeginn sowie einen optimierten und geänderten Bauablauf sowie die Vergütung für diese Veränderungen verhandelt und eine Einigung erzielt. Nachdem es Sinn und Zweck des Verhandlungsverfahrens ist, ein annehmbares Angebot herbeizuführen, ist im Zweifel durch diese Einigung das letzte (modifizierte) Angebot der Klägerin erneut abgeändert und ergänzt worden. Durch die erzielte Einigung hat die Beklagte auf die Bindungswirkung des letzten Angebots teilweise verzichtet und die Klägerin konkludent den Gegenstand der Einigung zu einem Teil ihres Angebots gemacht. Dabei hat die Klägerin ihre Willenserklärung nicht von der Verpflichtung einer Erstattung von Mehrkosten für Stahl abhängig gemacht. Das steht für den Senat schon aufgrund der Bindungswirkung des Tatbestandes der erstinstanzlichen Entscheidung (dort S. 4 oben) fest (§ 314 ZPO) und entspricht auch dem Vortrag der Parteien in der Berufungsinstanz. Der neue Inhalt des Angebots ergab sich im übrigen nicht aus den Gesprächen am 2.3.2004, sondern aus deren Ergebnis, wie es im Protokoll über diese Besprechung in der Art eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens festgehalten worden ist. Darin fehlt sowohl nach dem Aufbau des Protokolls als auch nach dessen Inhalt eine Abhängigkeit der in Ziff. 1 und 2 des Protokolls dokumentierten Einigung von der unter Ziff. 4 erwähnten Forderung der Klägerin auf die Erstattung von Mehrkosten für Stahl.

Im Hinblick auf die Weitergabe der Preiserhöhungen im Bereich der Materialkosten Stahl hat die Beklagte jedoch auf die Bindung der Klägerin an ihr letztes Angebot nicht verzichtet, so dass eine Erstattung dieser Mehrkosten nicht Inhalt des Angebots werden konnte. Das ursprüngliche Angebot mit den darin beinhalteten Preisen, auch soweit sie die Materialkosten für Stahl abdeckten, blieb für die Klägerin bindend. Die dagegen von der Klägerin im Schriftsatz vom 5.11.2008 erhobenen Einwendungen überzeugen nicht. Die Klägerin war in der Disposition über ihr Angebot angesichts von dessen Bindung nicht frei.

Im übrigen wollten die Parteien, insbesondere die Beklagte, im Zweifel ein nicht angreifbares Angebot erwirken, was im Rahmen einer Auslegung zu berücksichtigen ist. Hätte die Beklagte eine Ergänzung des Angebots um eine allgemeine, unbezifferte Verpflichtung der Erstattung von Mehrkosten für Stahl erlaubt, hätte sie gegen die vergaberechtlichen Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung verstoßen.

b) Dieses um die neuen Vertragstermine, den optimierten und geänderten Bauablauf sowie die pauschale Vergütung für diese Abänderungen ergänzte Angebot der Klägerin hat die Beklagte mit dem Schreiben vom 8.3.2004 innerhalb der Bindefrist angenommen.

Dem steht nicht entgegen, dass das Vergabeprotokoll vom 2.3.2004 als Anhang diesem Annahmeschreiben vom 8.3.2004 erst nach den Unterschriften beigefügt ist. Angesichts der Ergebnisse der Verhandlungen im Rahmen des Verhandlungsverfahrens waren die Angebote vom 1.10., 19.11. und 4.12.2003, die eingangs des Schreibens vom 8.3.2004 genannt worden sind, nur noch modifiziert um das gemeinsam gefundene Ergebnis der Besprechung vom 2.3.2004 vorhanden und konnten nur so angenommen werden. Zum anderen waren auch die Anlagen und Anhänge zum Schreiben vom 8.3.2004, auch wenn sie erst nach den Unterschriften aufgelistet sind, Gegenstand dieses Schreibens und damit der Auftragserteilung. Dies ergibt sich schon aus der Wortwahl "Anlagen" und "Anhänge", die neben der Seitenzählung einen hinreichenden Bezug unmittelbar zur Auftragserteilung haben. Dass dies auch gemeinschaftlicher Wille der Parteien, insbesondere der Klägerin war, ergibt sich darüber hinaus aus dem handschriftlichen Vermerk unter *)3 der Bietergemeinschaft auf dem Telefax vom 16.3.2004, wonach die Vergabeprotokolle und der Fragenkatalog in den Anhängen nach den Vereinbarungen der Parteien Vertragsbestandteil sein sollten. Diese Auslegung wird gestützt durch das Schreiben der Klägerin vom 18.3.2004, dem über eine Auslegungshilfe hinaus im Hinblick auf den Vertragsschluss keine unmittelbare rechtliche Bedeutung mehr zukam.

Durch die Bezugnahme auf das Protokoll im Zuschlagsschreiben wurde die darin dokumentierte, ausweislich des Protokolls von der Erstattung für Mehrkosten für Stahl nicht abhängige Einigung über Änderungen der Bauzeiten, des Bauablaufs und eine Entschädigung für diese Veränderungen gegenüber dem bisherigen Angebot Inhalt des Bauvertrags.

c) Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass die Beklagte erstinstanzlich der Auffassung war, durch die Einigung vom 2.3.2004 sei ein Nachtrag, der nicht Inhalt der Ausschreibung war, geschaffen worden. Das Ergebnis der Auslegung unterliegt nicht der Bindung des Verhandlungsgrundsatzes (s.o. vor Ziff. 3 a)). Im übrigen beruft sich die Beklagte in der Berufungserwiderung auf die hier vertretene Auslegung. d) Wenn ein Bieter/Auftragnehmer Leistungen zu Einheitspreisen ohne eine Stoffpreisgleitklausel anbietet, trägt er grundsätzlich das Risiko der Beschaffung der für die Herstellung des Werks notwendigen Materialien, also auch das Risiko einer Preissteigerung. Nur in Ausnahmefällen kann es zu einer rechtlich erheblichen Störung der Geschäftsgrundlage kommen (§ 313 BGB). Vor diesem Hintergrund stünde der Klägerin aus dem Vertrag nur eine Forderung auf Erstattung eines Mehrpreises für Stahl zu, wenn sie eine Einigung mit der Beklagten hierüber vorgetragen und bewiesen hätte.

aa) Die Auffassung der Klägerin, beide Parteien seien übereinstimmend nicht davon ausgegangen, dass Mehrkosten für den einzubauenden Stahl durch den Vertragsschluss ausgeschlossen seien, überzeugt angesichts des unstrittigen Widerspruchs der Beklagten gegen die Mehrforderung der Klägerin wegen Stahlpreiserhöhungen am 2.3.2004, der auf die Bindungswirkung des Angebots gestützt wurde, nicht. Eine sog. "falsa demonstratio" liegt nicht vor.

Die Klägerin hat zuletzt mit Schriftsatz vom 27.10.2008, S. 8, behauptet, sie habe angesichts der unbekannten Höhe der Mehrkosten für Stahl in den Verhandlungen vom 2.03.2004 lediglich klar machen können, diese Mehrkosten verlangen zu wollen, und hat hierzu Zeugenbeweis angeboten. Diese Behauptung und der Vortrag der Klägerin, die Parteien seien nicht davon ausgegangen, sich über die Nichtansatzfähigkeit der Mehrkosten geeinigt zu haben, genügt für die Begründung einer Mehrforderung nicht, sondern bestätigt gerade die Bindung der Klägerin an die Einheitspreise ihres Angebots. Die hierzu von der Klägerin benannten Zeugen sind nicht zu hören. Gleiches gilt für den Vortrag, die Beklagte habe der Klägerin in der Besprechung vom 8.4.2004 signalisiert, ihr im Hinblick auf den Stahl-Mehrpreis entgegen zu kommen.

Dabei ist die Auffassung der Klägerin, der Widerspruch der Beklagten sei hinfällig, wenn die Prämisse einer Preisbindung aus dem Angebot nicht stimme, nicht überzeugend. Nach der unter Ziffer 4 des Protokolls festgehaltenen Stellungnahme der Beklagten hat diese der Mehrkostenforderung widersprochen und für diesen Widerspruch eine Begründung abgegeben. Die Begründung ist nach den obigen Ausführungen tragfähig. Selbst wenn sie dies nicht wäre, bliebe der Widerspruch weiter erhalten. Darüber hinaus würde der Klägerin nicht der Wegfall des Widerspruchs allein helfen, sondern sie hätte für eine entsprechende Mehrkostenforderung eine zustimmende Willenserklärung der Beklagten gebraucht, die weiterhin fehlt. Angesichts der vorangegangenen abschließenden Einigung hatte die Klägerin auch bei Berücksichtigung des Kooperationsgebots keinen Anspruch auf ein Einverständnis der Beklagten in eine Zusatzvergütung wegen der Mehrkosten für Stahl.

Letztlich hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 27.10.2008, S. 17, eingeräumt, dass es Wille der Beklagten in den gesamten Besprechungen gewesen sei, Mehrkosten nur zu erstatten, wenn eine Bindung der Klägerin an ihre alten Einheitspreise nicht bestehe. Nachdem sich die Klägerin mit der Beklagten am 2.3.2004 auf eine Verschiebung der Bauzeit und eine Bauablaufänderung geeinigt hat und versäumt hat, ihre Zustimmung dazu von einer Einigung über die Mehrkosten beim Baustahl abhängig zu machen, sondern sich mit einer einseitig gebliebenen Mehrforderung begnügt hat, ist die Bindung an die alten Preise, wie oben ausgeführt, bestehen geblieben. Die missliche Situation der Klägerin beruht daher auf einem eigenen Verhandlungsversäumnis, nämlich der Zustimmungserklärung zu Änderungen des Angebots ohne eine Einigung über alle für sie wesentlichen Fragen. Sie war nicht verpflichtet, ihr Angebot hinsichtlich Bauablauf und -zeit ohne Berücksichtigung ausreichend bestimmter Mehrkosten für Stahl zu modifizieren. Für die mangelhafte Wahrnehmung eigener Interessen kann sie von der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Ausgleich verlangen.

bb) Die Ausführungen der Klägerin zu den Anforderungen an einen Verzicht sind nicht weiterführend. Die Klägerin hatte nach den obigen Ausführungen keinen Anspruch, auf den sie verzichten konnte. Die Klägerin hat nicht einen Verzicht im Hinblick auf die Mehrkosten für Stahl abgegeben, sondern es versäumt, eine Forderung nicht nur in den Verhandlungen mit der Beklagten geltend zu machen, sondern davon auch den Abschluss der Vereinbarung vom 2.3.2004 abhängig zu machen.

cc) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte zum Zeitpunkt der 8. Abschlagsrechnung davon ausgegangen war, über den Stahlpreis sei eine vertragliche Vereinbarung noch nicht erzielt worden. Zum einen bindet, wie bereits ausgeführt, ein bestimmtes Parteiverständnis nicht bei der Auslegung, sondern kann die Auslegung im Einzelfall bei Würdigung aller Umstände nur beeinflussen oder zu einer "falsa demonstratio" führen. Zum anderen deutet die Äußerung, die Anspruchsgrundlage bei den Nachträgen sei noch nicht geklärt, nicht auf ein Verständnis der Beklagten hin, das auf das sichere Bestehen einer Vertragsgrundlage hinweisen könnte.

Gespräche und Verhandlungen nach Vertragsschluss über den Nachtrag 2, der die Stahlpreiserhöhungen zum Gegenstand hat, führten ohne eine Einigung nicht zu einer Abänderung des geschlossenen Vertrags und damit zu keiner Anspruchsgrundlage für die Erstattung der Mehrkosten für Stahl. Allein aus diesen Gesprächen ist nicht der Schluss zu ziehen, die Parteien hätten beim Vertragsabschluss übereinstimmend die Stahlpreise ausgeklammert. Nachverhandlungen über bereits vertraglich festgezurrte Positionen sind nicht zwingend ausgeschlossen und können insbesondere durch ein Vertrauensverhältnis der Parteien oder rechtliche Unsicherheiten motiviert sein. Hier spielte nach dem Vortrag der Klägerin für die Gespräche der Parteien eine rechtliche Zweifelsfrage, nämlich der Umfang der Bindungswirkung des Angebots, eine wesentliche Rolle. Die hierzu benannten Zeugen müssen, da dies als wahr unterstellt werden kann, nicht vernommen werden.

dd) Eine spätere, nach Vertragsschluss begonnene Übung der Beklagten, wegen der Preisänderungen bei Baustahl eine Stoffpreisgleitklausel zu vereinbaren, rechtfertigt weder eine neue Auslegung des Vertrags noch eine Ergänzung des bestehenden Vertrags. Zur Wahrung ihrer Interessen im Fall steigender Stahlpreise hätte die Klägerin eine Anpassung der Vertragsfristen von der Aufnahme eine Stoffpreisgleitklausel abhängig machen müssen.

4.

Es liegt keine nach Vertragsschluss eingetretene Änderung der Preisgrundlagen vor, die nach § 2 Nr. 5 VOB/B in unmittelbarer oder analoger Anwendung zu einem zusätzlichen Vergütungsanspruch führen könnte.

Aufgrund des Ergebnisses des Verhandlungsverfahrens, in dem eine neue Bauzeit übereinstimmend festgelegt wurde, ist im Zuschlag nicht die Ablehnung eines Angebots und die Unterbreitung eines neuen Angebots nach § 150 Abs. 2 BGB zu erkennen. Die Fallgestaltung weicht deshalb von derjenigen ab, über die der Bundesgerichtshof (BGHZ 162, 259; vgl. auch OLG Hamm BauR 2007, 878) zu entscheiden hatte. Angesichts des Ergebnisses der Verhandlungen ist hier trotz einer zeitlichen Überholung der Vertrag nicht mit den ursprünglich ausgeschriebenen Ausführungsfristen zustande gekommen, so dass die Entscheidung des OLG Hamm (NZBau 2008, 508) hier ohne Aussagekraft ist.

Nachdem die Parteien einvernehmlich die Abänderung der Ausführungsfristen in der Besprechung vom 2.3.2004 vor Vertragsabschluss neu festgelegt haben, kommen die Erwägungen des OLG Jena (NZBau 2005, 341) sowie der vorangegangenen Entscheidung des Landgerichts Erfurt (BauR 2005, 564) nicht zum Zug. Ergänzend ist auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu verweisen, wonach sich ein Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B nicht ergibt, wenn die Bauzeitverschiebung bereits Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung war (BGHZ 162, 259, Juris RN 31).

5.

a) Nach Vertragsschluss hat sich die Geschäftsgrundlage im Hinblick auf den hier zu beurteilenden Lebenssachverhalt nicht mehr geändert hat. Zwar kann § 313 Abs. 1 BGB auch schon vor Vertragsschluss auf unvorhersehbare Ereignisse nach einem bindenden Vertragsangebot angewendet werden (Heiermann / Riedl / Rusam, a.a.O. B § 2 RN 26). Auf diese Angebotsbindung hat sich die Beklagte hinsichtlich der Einheitspreise noch in der Besprechung vom 2.3.2004, also nach Eintritt der Stahlpreiserhöhungen, berufen. Hier haben die Parteien jedoch am 2.3.2004 über die eingetretenen Änderungen seit Ausschreibungsbeginn und Angebotsabgabe eine einvernehmliche Regelung getroffen, ohne dass die Klägerin ihr Einverständnis von einer Vereinbarung zu den gestiegenen Materialkosten für Stahl abhängig gemacht hätte. Wenn die Klägerin versäumt hat, rechtzeitig in den Verhandlungen ihre Interessen an der Weitergabe der Stahlpreiserhöhungen durchzusetzen und bei einer Abänderung ihres Angebots mitwirkt, kann sie sich auf ihr bekannte Änderungen der Geschäftsgrundlage bis zur Abänderung ihres Angebots nicht mehr berufen. Danach ist eine wesentliche Störung der Geschäftsgrundlage nach dem Vortrag der Klägerin nicht mehr eingetreten.

b) Ein Fehlen der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 2 BGB) ist nicht ersichtlich. Ein gemeinschaftlicher Irrtum über die Entwicklung der Stahlpreise ist nicht ausreichend dargelegt. Der Vortrag der Klägerin, die Beklagte sei sich schon der Preissteigerungen bei Stahl bewusst gewesen und habe deshalb später in andere Verträge eine Stoffpreisgleitklausel aufgenommen, spricht vielmehr gegen einen solchen gemeinschaftlichen Irrtum. Jedenfalls ist ein gemeinsamer Irrtum durch den Inhalt der Gespräche am 2.3.2004, in denen die Mehrkosten für Stahl bei unterschiedlichen Auffassungen über die rechtlichen Konsequenzen erörtert wurden, widerlegt. Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass die Klägerin gehalten gewesen wäre, die erkannte Änderung bei den Beschaffungspreisen für Stahl in die Verhandlungen über eine Veränderung der Bauzeiten und des -ablaufs einzubringen und eine Einigung von der Erstattung der Mehrkosten abhängig zu machen.

Vor diesem Hintergrund spielt auch eine lange Zeit zwischen Angebotsabgabe und Vertragsschluss keine Rolle. Ohne nachträgliche Anordnung nach § 2 Nr. 5 VOB/B oder einen ganz neuen Vertragsschluss nach § 150 Abs. 2 BGB konnte die Beklagte nur über eine einvernehmliche Abänderung des Angebots der Klägerin im Verhandlungsverfahren eine Anpassung der Vertragsfristen und des Bauablaufs erreichen. Durch die dabei notwendige Mitwirkung der Klägerin ist auf den Zeitraum zwischen der Besprechung am 2.3.2004 mit der Abänderung des Angebots und dem Zuschlag am 15.3.2004 abzustellen. Die zwischen diesen beiden Terminen liegende Frist ist unbedenklich.

6.

Ein Anspruch der Klägerin auf Preisanpassung oder auf Schadensersatz wegen einer vorvertraglichen Pflichtverletzung ergibt sich nicht aus der langen Bindefrist, die die Beklagte vorgegeben hat.

Aufgrund der Ausschreibung kommt zwischen dem Auftraggeber und den Bietern ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis zustande, das gegenseitige Verpflichtungen begründet, deren Verletzung zu Schadensersatzansprüchen aus Verschulden bei Vertragsschluss führen kann.

a) Der von der Klägerin herangezogene § 9 Abs. 2 VOB /A gilt zwar für das vorliegende Vergabeverfahren. Ein Verstoß gegen das Verbot, dem Auftragnehmer kein ungewöhnliches Wagnis aufzuerlegen, führt aber nicht in jedem Fall zu einem Anspruch auf Schadensersatz aus Verschulden bei Vertragsschluss (§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB). Kommt ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen fehlerhafter Ausschreibung in Betracht, so ist nicht schon der Verstoß gegen eine drittschützende Vorschrift der VOB/A haftungsbegründend. Die VOB/A begründet als Verwaltungsvorschrift im Außenverhältnis keine unmittelbaren Vertragspflichten. Das gilt auch für Vorschriften der VOB/A, die auch oder vorwiegend dem Schutz des Bieters dienen sollen. Demgemäß hat der Bundesgerichtshof es abgelehnt, selbst im Falle der Überwälzung eines ungewöhnlichen Risikos auf einen Bieter vertragliche Haftungsansprüche unmittelbar aus der VOB/A herzuleiten (BGHZ 124, 64, Juris RN 18 m.w.N.). Soweit die ausschreibende Stelle Vorschriften der VOB/A verletzt, die wenigstens auch dem Schutz des Bieters zu dienen bestimmt sind, ist vielmehr zu prüfen, ob der konkrete Verstoß gegen die VOB/A im Einzelfall die Anwendung einer anspruchsbegründenden Rechtsnorm zu vermitteln geeignet ist. Dafür kommt hier das Rechtsinstitut des Verschuldens bei Vertragsschluss in Frage. Dies gilt aber nicht in der Weise, dass allein der schuldhafte Verstoß gegen die VOB/A eine anspruchsbegründende Schutzpflichtverletzung darstellt. Vielmehr ist für einen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss erst haftungsbegründend, dass der Bieter in seinem schutzwürdigen Vertrauen auf die Einhaltung der VOB/A enttäuscht worden ist (BGH a.a.O., Juris RN 22 m.w.N.; BauR 2007, 120, Juris RN 15; Palandt-Grüneberg, BGB 67. Auf. § 311 RN 37). Ein Vertrauen in diesem Sinne ist nur gegeben, wenn der Bieter den maßgeblichen Verstoß gegen die VOB/A nicht erkannt hat. Darüber hinaus muss sein Vertrauen schutzwürdig sein. Das ist in der Regel nicht der Fall, wenn er den Verstoß bei der ihm im jeweiligen Fall zumutbaren Prüfung hätte erkennen können.

Die lange Dauer der Bindefrist hat die Klägerin gekannt und sich in ihrem Angebot zu eigen gemacht. Die damit verbundenen Gefahren, die ein ungewöhnliches Wagnis im Sinn des § 9 Nr. 2 VOB/A begründen konnten, muss die Klägerin erkannt haben, so dass ein schützenswertes Vertrauen der Klägerin nicht vorlag.

Die Klägerin hat im übrigen nicht vorgetragen, dass ihr auch bei ordnungsgemäßer Durchführung des Vergabeverfahrens der Zuschlag hätte erteilt werden müssen. Es fehlt also Vortrag, wie der Lauf der Dinge sich bei einer fehlerfreien Ausschreibung entwickelt hätte und welcher Schaden ihr danach verblieben ist. Ein Schaden wäre danach nur ersatzfähig, wenn die Ausschreibung so geändert worden wäre, dass eine Stoffpreisgleitklausel von allen Bietern aufgenommen werden durfte, und die Klägerin danach immer noch das günstigste Gebot abgegeben hätte.

b) Allerdings soll der Ausschluss von Preisgleitklauseln bei Bauverträgen mit langer Laufzeit die Überbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses auf den Auftragnehmer bedeuten können (Heiermann / Riedl / Rusam a.a.O. A § 9 RN 18). Insoweit wäre eine Stoffpreisgleitklausel möglicherweise notwendig gewesen (vgl. Heiermann / Riedl / Rusam a.a.O. RN 24). Angesichts der Einigung vom 2.3.2004 muss die Frage eines Anspruchs auf eine Stoffpreisgleitklausel für die Dauer der Zuschlags- und Bindefrist aber nicht abschließend beantwortet werden. Der Zeitraum zwischen der Einigung vom 2.3.2004 über die Abänderung des Angebots der Klägerin und des Zuschlags am 15.3.2004 bedurfte sicher keiner Stoffpreisgleitklausel.

Obwohl die gesamte Dauer des Bauvorhabens 4 Jahre betragen sollte, hatte die Klägerin in den Gesprächen im Rahmen des Verhandlungsverfahrens trotz der geplanten Dauer der Bauarbeiten auf eine Stoffpreisgleitklausel vor dem 2.3.2004 nicht gedrängt. In diesem Zusammenhang wird auch heute kein Anspruch geltend gemacht.

Im übrigen wird auf die Ausführungen oben unter Ziff. 6 a) zu der Frage einer anspruchsausschließenden Kenntnis der Klägerin vom Fehlen einer Stoffgleitklausel und der damit zusammenhängenden Gefahren sowie zum Fehlen der Darlegung und des Nachweises eines ersatzfähigen Schadens verwiesen.

7.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.

Nachdem das Verfahren im Hinblick auf die Behandlung von Änderungen während einer Vergabe nach dem Verhandlungsverfahren und deren rechtliche Auswirkungen grundsätzliche Bedeutung hat, wird die Revision zugelassen (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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