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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 16.01.2002
Aktenzeichen: 10 W (Lw) 2/2001
Rechtsgebiete: GrdstVG, LwVG, KostO


Vorschriften:

GrdstVG § 9
GrdstVG § 9 Abs. 5
GrdstVG § 9 Abs. 1 Nr. 1
LwVG § 44
LwVG § 45
LwVG § 34 Abs. 2
LwVG § 36 Abs. 1
KostO § 20
1. Die Absicherung durch eine Auflassungsvormerkung in der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts stellt jedenfalls dann keine schädliche Bedingung dar, wenn für den Erwerber bereits eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ist.

2. Die Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts hat die selbe Wirkung wie ein die Genehmigung nach § 9 GrdstVG versagender Bescheid. Erfolgt die Mitteilung fristgerecht jedoch aus anderen Gründen formal unwirksam, sind die Voraussetzungen der Genehmigungsversagung wie nach einem die Genehmigung versagenden Bescheid zu prüfen.


Oberlandesgericht Stuttgart - 10. Zivilsenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 10 W (Lw) 2/2001

vom 16.01.2002

In der Landwirtschaftssache betreffend die Genehmigung des notariellen Kaufvertrages vom 20.12.2000 ...

hat der Senat für Landwirtschaftssachen beim Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortigen Beschwerde der Beteiligten Ziff. 3 und 4 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Ravensburg vom 10.07.2001 abgeändert. Die Anträge auf gerichtliche Entscheidung über die Erklärung des Vorkaufsrechts werden abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Antragsteller (Verfahrensbeteiligte Ziff. 1a-1c. und Ziff. 2).

Beschwerdewert: 613.550,26 € (1.200.000,- DM).

Gründe:

I.

1.

Bezüglich des Sachverhalts wird auf Ziff. I der Gründe des angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Ravensburg vom 10.07.2001 Bezug genommen.

2.

Weiter beteiligt am Verfahren ist, aufgrund Anwaltsschriftsatz vom 13.08.2001 (Bl. 94-95 d.A.), die Beteiligte 1d als Miterbin des Erblassers. Beteiligt im amtsgerichtlichen Verfahren war bereits auch die Beteiligte Ziff. 3, im Beschwerdeverfahren jetzt zusätzlich die Beteiligte Ziff. 4.

II.

Die Beteiligten Ziff. 1a - 1c und 2 hatten die gerichtliche Entscheidung beantragt. Das Amtsgericht hat im angefochtenen Beschluss die Anträge für zulässig und begründet erklärt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

a)

Den Antragstellern Ziff. 2 sei nicht darin zu folgen, dass die Genehmigung schon deshalb nicht versagt werden durfte, weil die Genehmigungsfristen bereits abgelaufen seien, bevor die Genehmigung versagt worden sei. Denn die Zwischenbescheide vom 22.01.2001 und 14.02.2001 hätten die Genehmigungsfrist auf insgesamt 3 Monate verlängert.

b)

Auch den weiteren Einwendungen, dass der erwerbswillige Landwirt P. nur bereit gewesen sei, die Hofstelle mit Zubehör zu übernehmen, was sich auch in dem Schreiben des A Ravensburg vom 16.03.2001 niedergeschlagen habe, könne nicht gefolgt werden. Es habe sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lediglich um einen Schreibfehler gehandelt.

c)

Der erwerbswillige Landwirt P. sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auf die Flächen angewiesen.

Darauf komme es im Ergebnis jedoch nicht an.

d)

Der Einwand der Antragsteller, dass das Vorkaufsrecht durch die Landsiedlung Baden-Württemberg GmbH in ihrer Erklärung vom 01.03.2001 nicht wirksam ausgeübt worden sei, sei berechtigt. Unzulässig und unwirksam sei eine Erklärung der Ausübung des Vorkaufsrechts, in der der Berechtigte es zugleich ablehne, die sich aus der Ausübung des Vorkaufsrechts ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen. Die Erklärung sei unwiderruflich und bedingungsfeindlich. Nach diesen Kriterien sei die erfolgte Ausübung des Vorkaufsrechts unwirksam. Denn im notariellen Kaufvertrag sei die Zahlungsfälligkeit des Kaufpreises dahingehend geregelt, dass der Kaufpreis nach Vorliegen bestimmter Bedingungen vor der Auflassung zu bezahlen sei. Dagegen wolle die Landsiedlung Baden-Württemberg GmbH den Kaufpreis erst nach erfolgter Auflassung bezahlen. Dies stelle eine wesentliche Abweichung von den Zahlungsmodalitäten des Kaufvertrags dar.

e)

Die nicht wirksame Ausübung des Vorkaufsrechts müsse dazu führen, dass die Belange, welche an sich zur Ausübung des Vorkaufsrechts geführt hätten, bei der weiteren Entscheidung insoweit nicht mehr zu berücksichtigen seien. Konkret bedeutet dies, dass bei der Entscheidung nicht mehr davon ausgegangen werden dürfe, dass ein konkreter erwerbswilliger und erwerbsfähiger Landwirt vorhanden sei.

f)

Der Stellungnahme des A Ravensburg vom 05.07.2001 sei zu entnehmen, dass diese Behörde in diesem Fall die grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung erteilt hätte.

III.

Hiergegen wenden sich die Beteiligten Ziff. 3 und 4 mit ihren an sich statthaften und zulässigen, weil form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden. Sie greifen die Ausführungen des angefochtenen Beschlusses bezüglich der Unwirksamkeit der Vorkaufsrechtsausübung an und vertreten die Rechtsauffassung, die Ausübung sei nicht mit einer unzulässigen Bedingung verknüpft gewesen.

Sie rügen formale Mängel im Ablauf des Verfahrens beim Landwirtschaftsgericht wegen Nichtladung der Genehmigungsbehörde als Beteiligte.

Hilfsweise machen sie geltend, dass die Genehmigung aufgrund von § 9 Abs. 5 GrdstVG zu versagen sei. Eine unwirksame Ausübung des Vorkaufsrechts stehe der Nichtausübung gleich. Das Landwirtschaftsgericht hätte deshalb prüfen müssen, ob die Genehmigung zu Recht versagt worden ist. Die Genehmigung wegen ungesunder Verteilung des Grund und Bodens könne auch dann versagt werden, wenn das Siedlungsunternehmen das Vorkaufsrecht nicht ausübe. Die Genehmigung sei nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG zu versagen, wenn - wie hier - an einen Nichtlandwirt landwirtschaftliche Grundstücke veräußert werden, an deren Erwerb ein hauptberuflicher Landwirt mit aufstockungsbedürftigem Betrieb interessiert sei und Bereitschaft bestehe, den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen. Diese Voraussetzungen seien beim Vollerwerbslandwirt P. gegeben.

IV.

Die Beschwerden sind sowohl in der Hauptbegründung - wirksame Ausübung des Vorkaufsrechts - als auch in der Hilfsbegründung - fehlende Genehmigungsfähigkeit - begründet; jeder dieser Gründe führt für sich allein bereits dazu, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung abzulehnen ist.

1.

Die Landsiedlung Baden-Württemberg GmbH hat in der Vorkaufsrechtsausübung vom 01.03.2001 formuliert: "Nach der Auflassung und nachdem alle im Kaufvertrag vereinbarten Voraussetzungen gegeben sind, wird der Kaufpreis wie im Kaufvertrag vereinbart, ausbezahlt".

Diese Formulierung stellt im konkreten Zusammenhang des hier in Rede stehenden Kaufs keine die Wirksamkeit der Vorkaufsrechtsausübung ausschließende Bedingung dar. Hierbei kann offen bleiben, ob generell die Absicherung durch eine Auflassungsvormerkung in der Ausübung des Vorkaufsrechts eine schädliche Bedingung darstellt. Die Beteiligte Ziff. 3 weist in ihrer Beschwerdebegründung vom 12.09.2001 sowie in ihrem Schriftsatz vom 25.09.2001 mit Recht darauf hin, dass im hier zu entscheidenden Fall die Situation eine andere als die übliche war. Seit 21.12.2000 war für die Beteiligten Ziff. 2 im Grundbuch des Amtsgerichtsbezirks Leutkirch bereits eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom 20.12.2000 eingetragen. Damit bestand die Gefahr des Eigentumsübergangs auf die Beteiligten Ziff. 2 nach Bezahlung durch die Landsiedlung und es bedurfte einer Regelung, die auch der Handhabung des Kaufvertrages mit den Beteiligten Ziff. 2 entsprach: Nämlich vor Bezahlung die Eintragung einer Auflassungsvormerkung; bezahlt werden sollte sofort nach bzw. Zug um Zug mit der Erteilung der Auflassung, so dass die Verkäuferseite nicht schlechter stand als gemäß dem Kaufvertrag mit den Beteiligten Ziff. 2.

2.

Letztlich kann diese Frage jedoch dahinstehen. Denn der Antrag auf gerichtliche Entscheidung war auch abzulehnen, weil der Kaufvertrag nicht genehmigungsfähig war.

Die insoweit getroffenen Feststellungen des Landwirtschaftsgerichts, wonach der Vollerwerbslandwirt P. erwerbswillig ist und aus seiner Sicht die Grundstücke benötigt sind, ist nicht zu beanstanden. Ihnen folgt der Senat.

Demgegenüber müssen die Beteiligten Ziff. 2 als Nichtlandwirte mit ihrem Erwerbswunsch zurücktreten. Unterstellt man bei der Beurteilung dieser Frage den vom Landwirtschaftsgericht vertretenen Rechtsstandpunkt einer unwirksamen Ausübung des Vorkaufsrechts als zutreffend, ist die vom Landwirtschaftsgericht hieraus gezogene Schlussfolgerung, bei der weiteren Entscheidung sei die Erwerbswilligkeit eines Vollerwerbslandwirts in diesem Fall nicht zu berücksichtigen, unzutreffend. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 1991, 1481) kann auch im Falle der Nichtausübung des Vorkaufsrechts nach § 9 GrdstVG eine Versagung der Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrstVG bei der Veräußerung eines landwirtschaftlichen Betriebs erfolgen. Hier geht es nicht darum, dass die für die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts zuständige Institution die Fristen versäumt hätte; diese sind vielmehr, wie das Landwirtschaftsgericht zutreffend im angefochtenen Beschluss ausführt, eingehalten, sondern es geht um die in der Ausübung des Vorkaufsrechts zugleich enthaltene Versagung der Genehmigung. Insoweit vertritt der Senat ständig die Auffassung (veröffentlicht in RdL 1984, 221), die der o.g. Rechtsprechung des BGH folgt und an der festgehalten wird, dass die Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts die selbe Wirkung wie ein versagender Bescheid habe. Das Landwirtschaftsgericht hat im angefochtenen Beschluss bereits zutreffend ausgeführt, und hierauf wird Bezug genommen, dass die Ausübung fristgerecht erfolgt ist wegen wirksamer zweifacher Fristverlängerung. Die übrigen Voraussetzungen für die Genehmigungsversagung angesichts des erwerbswilligen Vollerwerbslandwirts sind gegeben.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG. Der Beschwerdewert bestimmt sich nach den §§ 34 Abs. 2, 36 Abs. 1 LwVG i.V.m. § 20 KostO.

V.

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde kam nicht in Betracht, da die Rechtssache wegen der bereits seit langem geklärten zugrunde liegenden Rechtsfragen keine grundsätzliche Bedeutung hat.

Ende der Entscheidung

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