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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 20.05.2008
Aktenzeichen: 101 W 3/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 a
ZPO § 98
Wird in einem Teil-Vergleich vereinbart, dass die Kostenregelung der Schlussentscheidung vorbehalten sein soll, ist daraus nicht zu entnehmen, dass sie von der Kostenregelung in § 98 ZPO abweichen wollen.
Oberlandesgericht Stuttgart 101. Senat für Landwirtschaftssachen Beschluss

Geschäftsnummer: 101 W 3/08

In dem Rechtsstreit

wegen Herausgabe

hat der 101. Senat für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Späth Richterin am Amtsgericht Dr. Kienzle-Hiemer Richter am Oberlandesgericht Rast

gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 8 LwVG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts -Landwirtschaftsgericht- Heilbronn vom 28.03.2008 abgeändert:

Der Kläger trägt die durch die Anrufung des sachlich unzuständigen Landgerichts Heilbronn entstandenen Kosten. Im übrigen werden die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Streitwert des Beschwerdeverfahrens: bis 3.000,- €

Gründe:

I.

In der Verhandlung vor dem Amtsgericht Heilbronn haben die Parteien über die Klagforderung einen Teilvergleich geschlossen. Hinsichtlich der Kosten heißt es dort:

"5. Die Kostenregelung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

6. Damit hat sich der klägerische Anspruch erledigt."

Im weiteren Verfahren hat das Amtsgericht die Widerklage abgetrennt und mit Beschluss vom 28.03.2008 gemäß § 91 a ZPO dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstanden sind, auferlegt.

Gegen die am 4.4.2008 zugestellte Entscheidung hat der Beklagte ausweislich der Faxkennung des Amtsgerichts Heilbronn am 18.04.2008 sofortige Beschwerde eingelegt. Über die Kosten des Rechtsstreits habe nach § 98 ZPO entschieden werden müssen.

Der Kläger ist der Auffassung, im Teilvergleich sei eine von § 98 ZPO abweichende Regelung vereinbart worden.

Mit Beschluss vom 22.04.2008 hat das Amtsgericht die sofortige Beschwerde ohne Abhilfe dem OLG Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig und begründet.

1.

Die sofortige Beschwerde ist entsprechend §§ 48 LwVG, 91a Abs. 2 ZPO statthaft. Da das Amtsgericht seine Entscheidung auf § 91a ZPO gestützt hat, kann offen bleiben, ob diese Entscheidung überhaupt hätte ergehen dürfen. Nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz ist jedenfalls das nach § 91a Abs. 2 ZPO gegebene Rechtsmittel statthaft. Die sofortige Beschwerde ist auch gemäß §§ 99 Abs. 2 S. 2; 567 Abs. 2; 569 ZPO zulässig. Insbesondere übersteigt der Wert der Hauptsache den Wert gemäß § 511 ZPO und liegt der Beschwerdewert über 200 €.

2.

Hinsichtlich der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten fehlt es im Vergleich an einer ausdrücklichen Regelung der Parteien. Insoweit gilt die gesetzliche Vermutung der Kostenaufhebung gemäß § 98 Satz 2 ZPO.

Zwar kann § 98 Satz 2 ZPO von den Parteien nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend in der Weise abbedungen werden, dass über die Kosten des Rechtsstreits nach den allgemeinen Kostenvorschriften (insbesondere §§ 91 a, 269 Abs. 3, 516 Abs. 3 ZPO) zu entscheiden sei. Bei der Auslegung des vorliegenden Vergleiches ergeben sich jedoch keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass dies dem mutmaßlichen Willen der Parteien entsprechen würde.

Die Anwendung des § 91 a ZPO setzt im Ausgangspunkt voraus, dass eine gerichtliche Entscheidung zur Beendigung eines Kostenstreits der Parteien notwendig wird, was bei einem Vergleich dann nicht der Fall ist, wenn sich die Verteilung der Kosten des Rechtsstreits - entweder kraft einer ausdrücklichen Bestimmung oder auf Grund der gesetzlichen Vermutung des § 98 Satz 2 ZPO - aus dem Inhalt des Vergleichs selbst ergibt. Allerdings steht es den Parteien frei, die Kostenregelung einer Entscheidung des Gerichts unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu unterstellen. Hierzu muss dem Vergleich zumindest eine positive Andeutung dahin zu entnehmen sein, dass wegen der Kosten des Rechtsstreits eine sachbezogene Klärung durch das Gericht erwünscht ist. Eine Entscheidung nach § 91 a ZPO ist auf keinen Fall veranlasst, wenn die Parteivereinbarung zur Kostentragung nichts aussagt, denn dies ist der typische Anwendungsbereich des § 98 ZPO (BGH NJW-RR 2006, 1000, Juris RN 3 f).

Entgegen den Sachverhalten, bei denen der Bundesgerichtshof eine Anwendung des § 91 a ZPO in Abweichung von § 98 ZPO bejaht hat (BGH NJW 2007, 835; NJW 1965, 103, 104), wurde im Vergleich nicht vereinbart, dass sich die Schlussentscheidung des Gerichts hinsichtlich der Kosten der Klage nach § 91a ZPO zu bestimmen habe. Jedenfalls bei einem Teil-Vergleich kann dies auch nicht in die Vereinbarung, dass die Kostenregelung der Schlussentscheidung vorbehalten sein soll, hineingelesen werden. Wenn die Parteien feststellen, dass sie aufgrund der Notwendigkeit der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung in einem Teil-Vergleich über die Kosten des Rechtsstreits noch nicht endgültig und umfassend bestimmen können, und deshalb bezüglich der Kosten auf eine noch erforderliche abschließende Entscheidung des Gerichts verweisen, ist daraus noch keine gewollte Abweichung von § 98 ZPO zu entnehmen. Dies gilt auch, wenn sie von der Möglichkeit, dem Gericht hinsichtlich des durch den Teil-Vergleich erledigten Teils für die Verteilung der Kosten Vorgaben zu machen, keinen Gebrauch gemacht haben. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob den Parteien diese Möglichkeit nur nicht bekannt war oder ob sie hierauf bewusst verzichtet haben. Aus dem Hinweis auf die Notwendigkeit einer gerichtlichen Entscheidung über die Kosten des gesamten Rechtsstreits nach einem Teil-Vergleich wird ein Wunsch der Parteien noch nicht hinreichend deutlich, in Abweichung von § 98 ZPO eine sachliche Prüfung der Erfolgsaussichten von Klage und Verteidigung nach dem bisherigen Sach- und Streitstand mit einer Kostenentscheidung nach billigem Ermessen durch das Gericht vornehmen zu lassen. Im Zweifel hat es bei der Kostenaufhebung nach § 98 ZPO zu verbleiben. Danach sind hier die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten wegen der Anrufung des unzuständigen Landgerichts Heilbronn gegeneinander aufzuheben.

3.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 48 LwVG, 91 ZPO und Nr. 1810 KV/GKG.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens bemisst sich nach dem Kosteninteresse des Beklagten an einer Kostenaufhebung erster Instanz bei einem Streitwert von bis zu 13.000,- € (§§ 48 LwVG, 41 GKG).

Ende der Entscheidung

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