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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 16.06.2009
Aktenzeichen: 12 U 206/08
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 4347
HGB § 377
Der Käufer, der vom Zulieferer bezogene Teile in ein von ihm hergestelltes Endprodukt einbaut, ist nach § 377 Abs. 3 HGB im Rahmen der Zumutbarkeit verpflichtet, diese Teile - erneut - zu untersuchen, wenn der Endabnehmer Mängel anzeigt und der Verdacht besteht, dass diese auf Fehler der vom Zulieferer bezogenen Teile beruhen.
Oberlandesgericht Stuttgart 12. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 12 U 206/08

Im Rechtsstreit

wegen Forderung

Verkündet am: 16. Juni 2009

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2009 unter Mitwirkung von

Richter am Oberlandesgericht Fischer Richterin am Oberlandesgericht Dr. Gröner Richter am Amtsgericht Seichter

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2008 - 22 O 423/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Streithelferin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte oder Streithelferin jeweils vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Streitwert: 46.901,82 €

Gründe:

A.

Die Klägerin begehrt im Wesentlichen die Feststellung eines Schadensersatzanspruches wegen der Lieferung von aus ihrer Sicht mangelhafter Buchsenkontakte.

1.

Mit Schreiben vom 25.11.2005 bestellte die Klägerin bei der Beklagten Buchsenkontakte und Buchseneinsätze. Die Beklagte lieferte am 04.05.2006 190.000 Kontakte und am 31.07.2006 200.000 Kontakte sowie 3.000 Einsätze. Die Klägerin hat die von der Beklagten gelieferten Teile zu Steckern verarbeitet und mit Kabeln verbunden. Bei der Steckerherstellung wurden die Kontakte nach dem Crimpvorgang manuell in die Einsteckbuchsen eingefügt.

Am 10.10.2006 teilte die Fa. P. der Klägerin mit, dass die ihr gelieferten Kabel mangelhaft seien. In dem Schreiben heißt es unter der Überschrift Problembeschreibung:

"Der Kunde bemängelt bei einigen Kabeln, dass keine vollständige Verbindung besteht bzw. Kabel Wackelkontakte aufweisen. Bei einer stichprobenartigen Überprüfung konnte der Fehler bestätigt werden. Wackelkontakt bei Anschluss 48. Ursache: Der Einzelkontakt war nicht fest im D-SUB Gehäuse verrastet und hatte sich beim Stecken zugedrückt. Produktionsdatum: August 2005 ..."

Daraufhin sandte die Fa. P. 1.705 Kabel zurück, die die Klägerin am 23.10.2006 erhielt. Zwischen dem 25.10.2006 und dem 29.11.2006 hat die Klägerin die Kabel nachgearbeitet bzw. einen Teil auch neu hergestellt und erneut an die Fa. P. geliefert. Am 01.12.2006 meldete die Fa. P. weitere Ausfälle und verlangte die Rücknahme aller Lagerbestände. Daraufhin begann die Klägerin am 07.12.2006 mit Untersuchungen der Kabel. Am 11.12.2006 informierte sie die Beklagte, dass die gelieferten Waren wohl mangelhaft seien, woraufhin es am 15.12.2006 zu einem Gespräch der Beteiligten kam. Mit E-Mail vom 20.12.2006 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass aus ihrer Sicht die Hauptursache für die Beanstandungen die mangelhaften Kontakte seien. Die Beklagte lehnte eine Verantwortung ab. In einem von der Klägerin in Auftrag gegebenen Gutachten kam die Fa. M. am 08.02.2007 zu dem Ergebnis, dass die Kabel mangelhaft montiert seien. In einem weiteren Gutachten vom 14.03.2007 führte die Fa. M. aus, dass mit einem Teil der Kontakte keine hochwertigen Stecker produziert werden könnten.

2.

Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, dass in den von der Fa. P. beanstandeten Kabeln die von der Beklagten gelieferten Kontakte eingebaut worden seien. Diese Kontakte seien mangelhaft, da ein Teil nicht korrekt verrasten würde, so dass die hergestellten Kabel Wackelkontakte aufwiesen. Dieser Fehler sei erst erkennbar gewesen, nachdem die Kabel hergestellt waren. Nach Rücklieferung der Kabel am 23.10.2006 sei man zunächst von einem Verarbeitungsfehler ausgegangen. Bei der im Dezember 2006 erfolgten Untersuchung habe man Stichproben genommen und am Stecker durch leichten Gegendruck die Beweglichkeit getestet. Zudem sei eine mikroskopische Untersuchung der Kontakte erfolgt. Dabei sei dann der Fehler festgestellt worden.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, die der Klägerin aus der Lieferung von mangelhaften Buchsenkontakten LS 101835 Art.-Nr. 116-CR-26/28-10K-FD-SUB-HD Buchsenkontakt AWG26/18 BW GS 3 am 04.05.2006 und 31.07.2006 entstanden ist und noch entstehen wird,

2. die Beklagte zu verurteilen, 2.349 Stück Buchseneinsätze LS 101834 Art.-Nr. 116-HD-CR-62-2-0D-SUB-HD-62pol Buchseneinsatz BW Crimp und 94.466 Stück Kontakte LS 101835 Art.-Nr. 116-CR-26/28-10K-FD-SUB-HD Buchsenkontakt AWG26/28 BW GS 3 von der Klägerin zurückzunehmen,

3. festzustellen, dass die Beklagte mit der Rücknahme der in Ziffer 2 genannten Teile im Annahmeverzug ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass bei den von der Fa. P. gerügten Kabeln keine von ihr gelieferten Kontakte eingebaut worden seien. Unabhängig davon seien die von ihr gelieferten Kontakte auch nicht mangelhaft. Zudem habe die Klägerin ihren Untersuchungs- und Rügepflichten nicht genügt.

Die Streithelferin, von der - was in der ersten Instanz unstreitig war - die Beklagte die Einsätze und Kontakte bezogen hat, ist dem Rechtsstreit beigetreten und hat sich dem Antrag der Beklagten angeschlossen. Sie hat ergänzend vorgebracht, dass kein Verschulden der Beklagten vorliege, da sie als Zwischenhändlerin nicht verpflichtet sei, die Ware zu untersuchen.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

3.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Klägerin stünden die geltend gemachten Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche nicht zu.

Es sei schon auffällig, dass die Mängelrüge der Fa. P. auf ein Produktionsdatum verweise, dass vor den streitgegenständlichen Lieferungen liege. Daher könne sich die Mängelrüge nicht auf die von der Beklagten gelieferten Kontakte beziehen.

Jedenfalls gelte die Ware nach § 377 HGB als genehmigt. Die Klägerin habe gegen die sie treffenden Untersuchungs- und Rügepflichten verstoßen. Nach ihrem eigenen Vortrag habe sich aufgrund eines einfachen Tests der Beweglichkeit durch leichten Gegendruck feststellen lassen, dass ca. 40% der von der Beklagten gelieferten Kontakte fehlerhaft seien. Eine derartige Überprüfung hätte die Klägerin bereits bei der Anlieferung der Ware vornehmen müssen. Jedenfalls sei die Klägerin verpflichtet gewesen, die von der Beklagten gelieferten Ware unverzüglich nach Erhalt der Mängelrüge der Fa. P. zu untersuchen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.

4.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 04.11.2008 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 27.11.2008, der am 28.11.2008 bei Gericht eingegangen ist, Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist am 04.02.2009 eingegangen, nachdem zuvor die Frist bis zu diesem Tag verlängert worden war.

Die Klägerin verfolgt ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Sie ist der Auffassung, das Landgericht habe zu Unrecht Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte verneint.

Die Feststellung, dass bei den von der Fa. P. gerügten Kabel keine von der Beklagten gelieferten Kontakte eingebaut worden seien, sei nicht verfahrensfehlerfrei getroffen. Das Landgericht hätte auf diesen Gesichtspunkt hinweisen müssen. Im Übrigen sei die Feststellung auch unzutreffend. Es seien die von der Beklagten gelieferten Kontakte eingebaut worden. Soweit die Fa. P. in ihrer Mängelrüge das Produktionsdatum August 2005 angegeben habe, beziehe sich dies auf andere Teile.

Ein Verstoß gegen die Untersuchungspflicht liege nicht vor. Die Klägerin habe nach der Fertigung geprüft, ob die Kontakte eingerastet seien. Diese Prüfung habe keine auffälligen Fehlerquoten ergeben. Zur Durchführung der im Dezember 2006 erfolgten Untersuchung hätten die Kabel wieder auseinander gebaut werden müssen. Eine solche Untersuchung sei weder branchenüblich noch tunlich. Daher habe die Klägerin die Fehler bei der Anlieferung nicht entdecken können. Die im Dezember 2006 erfolgte Rüge sei auch vor dem Hintergrund der Rücksendung der Waren durch die Fa. P. am 23.10.2006 nicht verspätet. Die Klägerin sei nicht verpflichtet gewesen, einen Mangelverdacht zu rügen. Bei der gebotenen Untersuchung habe sie sich zunächst darauf beschränken können, den Verarbeitungsprozess zu überprüfen, nachdem der Produktionsvorgang fehleranfällig sei. Nachdem bei der Warenausgangskontrolle keine auffälligen Fehlerquoten festgestellt worden seien, sei man von einem Verarbeitungsfehler ausgegangen. Insbesondere sei die Klägerin nicht zur sofortigen mikroskopischen Untersuchung verpflichtet gewesen.

Im Übrigen ergebe sich der Schadensersatzanspruch auch unter dem Gesichtspunkt der Produkthaftung. Durch die fehlerhaften Kontakte sei das Endprodukt beschädigt worden. Ein Verschulden der Beklagte sei darin zu sehen, dass sie die Ware nicht dahingehend überprüft habe, ob sie den gelieferten Mustern entsprächen. Im Falle einer Prüfung hätte die Beklagte feststellen können, dass die Maße der gelieferten Kontakte zwischen 1,53 mm und 1,57 mm gelegen haben, während bei der Musterlieferung keine solchen Abweichungen vorhanden gewesen seien. Vor diesem Hintergrund werde bestritten, dass die Beklagte die Ware nur von der Streithelferin bezogen habe.

Die Klägerin beantragt, das Urteil das Landgerichts Stuttgart - Az. 22 O 423/07 - vom 25.09.2008 abzuändern und

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, die der Klägerin aus der Lieferung von mangelhaften Buchsenkontakten LS 101835 Art.-Nr. 116-CR-26/28-10K-FD-SUB-HD Buchsenkontakt AWG26/18 BW GS 3 am 04.05.2006 und 31.07.2006 entstanden ist und noch entstehen wird,

2. die Beklagte zu verurteilen, 2.349 Stück Buchseneinsätze LS 101834 Art.-Nr. 116-HD-CR-62-2-0D-SUB-HD-62pol Buchseneinsatz BW Crimp und 94.466 Stück Kontakte LS 101835 Art.-Nr. 116-CR-26/28-10K-FD-SUB-HD Buchsenkontakt AWG26/28 BW GS 3 von der Klägerin zurückzunehmen,

3. festzustellen, dass die Beklagte mit der Rücknahme der in Ziffer 2 genannten Teile im Annahmeverzug ist.

Die Beklagte und die Streithelferin beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen unter Vertiefung und Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrages das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die von ihnen vorgelegten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 12.05.2009 verwiesen. Der Klägerin wurde in der mündlichen Verhandlung nachgelassen, zu den beiden Beklagtenschriftsätzen vom 30.04.2009 und 09.05.2009 sowie zu den in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweisen des Senats bis zum 28.05.2009 Stellung zu nehmen. Wegen dieser Stellungnahme wird auf den Schriftsatz vom 27.05.2009 verwiesen.

B.

I.

Die zulässig Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

1.

Der Feststellungsantrag ist zulässig. Ein Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor, da der Schadensverlauf noch nicht abgeschlossen ist. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

a)

Der Klägerin steht - wie das Landgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat - kein Schadensersatzanspruch nach den §§ 434, 437, 440, 281 BGB zu. Dabei kann offen bleiben, ob bei den von der Firma P. beanstandeten Kabeln die von der Beklagten gelieferten Buchsenkontakte eingebaut wurden und ob diese Kontakte mangelhaft sind. Der Annahme von Gewährleistungsansprüchen steht entgegen, dass die Ware nach § 377 Abs. 3 HGB als genehmigt gilt. Dabei braucht nicht entschieden zu werden, ob die - bei diesem Prüfungspunkt zu unterstellenden - Mängel der Kontakte im Rahmen einer nach § 377 Abs. 1 HGB gebotenen Untersuchung erkennbar waren oder ob es sich um einen verdeckten Mangel handelt. Die Genehmigungswirkung folgt jedenfalls aus § 377 Abs. 3 HGB, weil die Mängelrüge vom 11.12.2006 nicht unverzüglich erfolgt ist.

aa)

Die Rügepflicht des § 377 Abs. 3 HGB setzt nach dem Wortlaut der Bestimmung voraus, dass der Mangel entdeckt ist. Daher ist - worauf die Klägerin zu Recht hinweist - der Käufer nicht verpflichtet, einen Mangelverdacht mitzuteilen (BGH DB 1959, 1082). Somit war die Klägerin nicht verpflichtet, die Mangelrüge der Fa. P. vom 10.10.2006 der Beklagten unverzüglich mitzuteilen, da die Rüge der Fa. P. unberechtigt sein konnte und - falls die beanstandeten Wackelkontakte tatsächlich vorlagen - als Ursache auch eine fehlerhafte Verarbeitung in Betracht kam.

bb)

Ein Käufer kann aber nicht zuwarten, bis ein Mangel zu tage tritt. § 377 Abs. 1 bis 3 HGB bezweckt, den Verkäufer über den Verlauf des Geschäfts nicht länger als notwendig im Ungewissen zu lassen, ihn vielmehr möglichst bald in den Stand zu setzen, die durch die Beanstandung der Ware wegen Mangelhaftigkeit gebotenen Maßnahmen zu treffen (BGH DB 1959, 1082, 1083). Daher muss er, wenn sich im späteren Verlauf Anhaltspunkte für einen Mangel zeigen, die Ware nochmals untersuchen (BGH DB 1959, 1082, 1083; Wagner in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 2. Auflage, § 377 Rn. 42). Dabei muss der Käufer im Rahmen der Zumutbarkeit auch einem Verdacht nachgehen (OLG München NJW 1955, 1560; Münchener Kommentar/Grunewald, HGB, § 377 Rn. 70; Staub/Brüggemann, HGB, 4. Auflage, § 377 Rn. 124 f.; Müller in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 377 Rn. 92). Hiervon ausgehend hätte die Klägerin die von der Beklagten gelieferten Waren nach Erhalt der Kabel von der Fa. P. am 23.10.2006 untersuchen müssen. Nachdem die Fa. P. Wackelkontakte gerügt hatte, kam als Ursache nur in Betracht, dass ein Verarbeitungsfehler vorliegt oder dass die von der Beklagten gelieferten Kontakte mangelhaft sind. Daher war es für die Klägerin - auch wenn man unterstellt, dass aus ihrer Sicht ein Verarbeitungsfehler näher lag - zumutbar, nicht nur die Verarbeitung nachzubessern sondern parallel auch die Kontakte zu prüfen. Eine solche Überprüfung ist unstreitig zunächst nicht erfolgt.

cc)

Wenn mit der Untersuchung nach Erhalt der beanstandeten Ware Ende Oktober 2006 begonnen worden wäre, hätte der Mangel spätestens Mitte November 2006 gerügt werden können, so dass die am 11.12.2006 vorgebrachte Rüge nicht mehr unverzüglich war. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass sie die am 07.12.2006 begonnenen Untersuchungen der Kontakte innerhalb von zwei Wochen abschließen konnte. Anders als die Klägerin meint, war die im Dezember 2006 erfolgte Untersuchung auch nach § 377 Abs. 3 HGB erforderlich. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, der Mangel habe bereits dadurch entdeckt werden können, dass am Stecker durch leichten Gegendruck die Beweglichkeit getestet worden sei. Ausgehend hiervon stand somit ein unaufwendiges Prüfverfahren zur Verfügung. Eine andere Beurteilung ist auch dann nicht geboten, wenn man den klägerischen Vortrag dahingehend versteht, dass eine hinreichende Gewissheit erst durch eine mikroskopische Untersuchung erreicht werden konnte. Allein der Umstand, dass für eine Untersuchung technische Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, befreit den Käufer von der Untersuchungspflicht nicht (OLG Naumburg v. 03.04.2001 - 9 U 8/01; OLG Köln v. 14.07.1986 - 13 U 20/86; vgl. auch Staub/Brüggemann, a.a.O., § 377 Rn. 124). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass im Falle eines Mangelverdachts höhere Anforderungen an die Untersuchung bestehen, da in diesem Fall auch der Käuferin an einer eigenen sorgfältigen Prüfung gelegen sein muss (vgl. auch BGH v. 17.09.2002 - X ZR 248/00). Anhaltspunkte, dass die vorgenommene Untersuchung gleichwohl nicht tunlich war, ergeben sich aus dem Vortrag der insoweit beweisbelasteten Klägerin (vgl. hierzu BGHZ 93, 338, 347) nicht.

dd)

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung BGH DB 1959, 1082. Zwar hat der BGH in diesem Fall den verzögerten Beginn der Untersuchung als unerheblich erachtet. Dem lag aber - wie der BGH auch betont - die besondere Fallge-staltung zu Grunde, dass aufgrund der erforderlichen aufwendigen Untersuchungen auch bei einem unverzüglichen Beginn innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten keine Gewissheit erlangt worden wäre. So liegt der vorliegende Fall aber - wie dargelegt - nicht.

b)

Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB zu. Dabei kann offen bleiben, ob eine Eigentumsverletzung vorliegt, da es jedenfalls an einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf Seiten der Beklagten fehlt.

aa)

Die Beklagte hat die Kontakte nicht hergestellt sondern ihrerseits erworben. Als Zwischenhändlerin haftet sie jedoch grundsätzlich nicht für Konstruktions- oder Fabrikationsfehler. Die Klägerin behauptet selbst nicht, dass der Mangel ohne weiteres erkennbar war. Eine Pflicht des Händlers zur Untersuchung der vertriebenen Ware auf Fehler besteht nur im Ausnahmefall, insbesondere wenn bereits Schadensfälle bei der Produktverwendung bekannt geworden sind oder wenn die Umstände des Falles eine Überprüfung nahe legen (BGH NJW 1994, 517, 519; OLG Celle NJW-RR 2006, 526, 527; OLG Hamm VersR 2005, 1444; vgl. für vertragliche Ansprüche auch BGH NJW 1968, 2238). Dies kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden.

bb)

Allein der Umstand, dass die Beklagte zunächst Muster geliefert hat, verpflichtete diese unter dem Gesichtspunkt der deliktsrechtlichen Verkehrssicherungspflichten nicht zu einer Überprüfung, ob die Ware dem Muster entspricht. Eine entsprechende vertragliche Verpflichtung, mit dem Muster identische Ware zu liefern, kann für sich allein noch keine deliktische Pflicht zur Gefahrenabwehr begründen. Die deliktische Verkehrssicherungspflicht folgt gerade nicht aus den vertraglichen Pflichten des Händlers (vgl. auch BGH NJW 1994, 517, 519). Dabei kann offen bleiben, ob ausnahmsweise eine andere Beurteilung geboten ist, wenn der Händler die Waren von verschiedenen Lieferanten bezogen hat. Es war in der ersten Instanz zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte die gelieferten Kontakte ausschließlich von der Streithelferin bezogen hat. Daher ist das erstmalige Bestreiten durch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Ein Grund, den Vortrag zuzulassen, liegt nicht vor. Die Streithelferin hat - was der Beklagten mangels eines entgegenstehenden Willens zuzurechnen ist (BGHNJW 2006, 773) - bereits in der ersten Instanz dargelegt, dass eine Produktprüfungspflicht des Händlers nicht besteht. Daher bedurfte es keines gerichtlichen Hinweises an die Klägerin, näher zum Verschulden vorzutragen. Selbst wenn man das Vorbringen noch zuließe, würde dies der Klägerin nicht zum Erfolg verhelfen, da sie insoweit beweisbelastet ist und keinen Beweis angetreten hat.

cc)

Auch der Vortrag der Klägerin, der Inhaber der Beklagten habe im Dezember 2006 mitgeteilt, es sei schon einmal zu Schwierigkeiten wegen der Kontakte gekommen, vermag eine Verkehrssicherungspflichtverletzung nicht begründen. Es ist schon nicht dargetan, dass er von diesen Schwierigkeiten bereits zum Zeitpunkt der Lieferung der streitgegenständlichen Kontakte Kenntnis hatte.

dd)

Hinzu kommt, dass auch gar nicht ersichtlich ist, welche Art von Überprüfung die Bekl. hier konkret hätte vornehmen müssen. Die Klägerin trägt selbst vor, dass der Produktfehler erst nach der Produktion des Kabels erkennbar war. Eine Pflicht des Zulieferers, zur Überprüfung seiner Ware das Endprodukt herzustellen, kann nicht angenommen werden.

2.

Aus den zum Schadensersatzanspruch genannten Gründen scheidet auch ein Anspruch auf Rückgabe der Ware aus.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind hinreichend geklärt. Eine Divergenz zur Entscheidung BGH DB 1959, 1082 liegt aus den oben genannten Gründen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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