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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 28.12.2007
Aktenzeichen: 15 UF 240/07
Rechtsgebiete: BGB, VAÜG, ZPO


Vorschriften:

BGB §§ 1587 ff.
VAÜG § 2 Abs. 1 S. 2
ZPO § 621 e Abs. 3
1. Kann der Versorgungsausgleich derzeit noch nicht durchgeführt werden, weil in der Folge des Urteils des BGH vom 14.11.2007 - IV ZR 74/06 - die Startgutschriften rentenferner Versicherter bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder neu zu bestimmen sind, ist der Versorgungsausgleich in Anwendung des § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG enthaltenen Rechtsgedankens bis zu einer Neuregelung über die Startgutschriften rentenferner Jahrgänge auszusetzen.

2. Unterblieb die Aussetzung in erster Instanz, ist die Sache durch das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, um den Parteien nicht eine Tatsacheninstanz zu nehmen. Ein Antrag der Parteien ist dafür nicht erforderlich.


Oberlandesgericht Stuttgart 15. Zivilsenat - Familiensenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 15 UF 240/07

vom 28. Dezember 2007

In der Familiensache

wegen Versorgungsausgleichs

hat der 15. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. Maurer Richter am Oberlandesgericht Maier Richter am Oberlandesgericht Thran

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Beteiligten Nr. 1 wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Ulm vom 28. August 2007 in Nr. 2 der Entscheidungsformel aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht - Familiengericht - Ulm zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 1.000 €

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Beteiligten Nr. 1 führt zur Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich und zur Zurückverweisung der Sache insoweit an das Familiengericht.

Der Versorgungsausgleich kann derzeit nicht durchgeführt werden, weil in der Folge des Urteils des BGH vom 14.11.2007 - IV ZR 74/06 - die Startgutschriften rentenferner Versicherter bei der Beteiligten Nr. 1 neu zu bestimmen sind. Voraussetzung dafür ist die verfassungskonforme Änderung der Übergangsregelungen für rentenferne Versicherte durch die Tarifvertragsparteien und die entsprechende Änderung der Satzung der Beteiligten Nr. 1. Bis wann dies gelungen sein wird, ist heute noch nicht absehbar.

Die Situation ist damit vergleichbar mit dem in § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG geregelten Fall, wonach der Versorgungsausgleich vorbehaltlich bestimmter Ausnahmefälle auszusetzen ist, solange die Einkommensverhältnisse in den neuen und alten Bundesländern noch nicht angeglichen sind (§ 1 Abs. 1 VAÜG), wenn im Beitrittsgebiet erworbene Anwartschaften mit solchen aus den alten Ländern auszugleichen sind.

Bis wann die Lebensverhältnisse in Ost und West angeglichen sind, ist eine ebenso offene Frage, wie die, bis wann eine Neuregelung der Startgutschriften geschaffen ist. Der in § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG enthaltene Rechtsgedanke, den Versorgungsausgleich auszusetzen, sofern er aus Gründen, die dem Einfluss der Verfahrensbeteiligten entzogen sind, auf unabsehbare Zeit nicht durchführbar ist, kann daher ohne weiteres auf die Problematik der Neuregelung der Startgutschriften übertragen werden. In Anwendung dieses Rechtsgedankens ist es nach Auffassung des Senats geboten, das Verfahren über den Versorgungsausgleich auszusetzen, bis die Neuregelung über die Startgutschriften rentenferner Jahrgänge vorliegt.

Für die vergleichbaren Fälle der Aussetzung nach dem VAÜG ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Entscheidung der ersten Instanz aufzuheben und die Sache zurückverweisen ist, wenn die Aussetzung des Versorgungsausgleichs in erster Instanz zu Unrecht unterblieb (so etwa OLG Bamberg, FamRZ 2000, 291). Auch dieser Rechtsgedanke kann auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Zwar ist die Entscheidung des BGH, die die Neuregelung der Startgutschriften erzwingt, erst nach dem Urteil des Familiengerichts ergangen, das die Problematik daher noch nicht berücksichtigen konnte. Das ändert aber nichts daran, dass die Sache aufgrund der erhobenen Beschwerde jedenfalls jetzt auszusetzen ist. Die Zurückverweisung hat dann zu erfolgen, um den Parteien, nicht eine Tatsacheninstanz zu nehmen. Ein Antrag der Parteien ist dafür nicht erforderlich, da § 621e Abs. 3 ZPO nicht auf § 538 ZPO verweist, der ein solches Antragserfordernis vorsieht (OLG Dresden FamRZ 2004, 209; OLG Köln FamRZ 2005, 1921; Musielak/Borth, ZPO, 5. Aufl., § 621e, Rn. 26; a.A. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 621e Rn. 77).

Daher war der Rechtsstreit im Umfang der Aufhebung an das Familiengericht zurück zu verweisen, das das Verfahren auszusetzen haben und erst wieder aufnehmen wird, sobald die Höhe der Startgutschrift des Antragstellers geklärt ist.

Ende der Entscheidung

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