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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 30.07.2008
Aktenzeichen: 16 UF 61/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1435
BGB § 1450
Verwalten die Ehegatten trotz gemeinsamer Verwaltung ihre Bankkonten völlig selbstständig, liegt eine dem anderen Gatten stillschweigend erteilte Vollmacht vor, so dass das Verwaltungshandeln hinzunehmen ist.
Oberlandesgericht Stuttgart 16. Zivilsenat - Familiensenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 16 UF 61/08

vom 30. Juli 2008

In der Familiensache

wegen Güterrecht

hat der 16. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Amelung, der Richterin am Oberlandesgericht Hütter und der Richters am Oberlandesgericht Schindler

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird mangels Erfolgsaussicht zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Parteien, die am 28. Dezember 1979 geheiratet haben und seit 1. Juni 1999 rechtskräftig geschieden sind, streiten sich um Ausgleichszahlungen nach Beendigung ihrer Gütergemeinschaft, die sie durch Ehevertrag vom 1. Juli 1991 vereinbart haben. Von der Möglichkeit, Gegenstände zum Vorbehaltsgut eines Ehegatten zu erklären, wurde kein Gebrauch gemacht. Auch wurde die Verwaltung nicht geregelt. Ab 6. August 1996 haben die Parteien nach dem Auszug der Klägerin mit den Kindern getrennt gelebt.

Durch notariellen Vertrag vom 15.1.2002 haben die inzwischen geschiedenen Eheleute die Gütergemeinschaft durch eine Regelung bezüglich der Immobilien teilweise auseinandergesetzt. Eine weitergehende Einigung ist nicht erfolgt.

Die Parteien bezogen jeweils eigenes Einkommen, das auf Bankkonten überwiesen wurde. Die Klägerin war ab 1993 vollschichtig erwerbstätig, während der Beklagte als Polizeibeamter seit Januar 1991 eine Pension bezog und zusätzlich Einkommen als Gartengestalter und Kunsthandwerker. Jede Partei verwaltete ihre Bankkonten selbstständig.

Die geschiedenen Ehefrau hat vor dem Familiengericht Ravensburg Klage auf Zahlung von 29.828,11 € im Rahmen der Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft erhoben, das darauf den Beklagten durch Urteil vom 15.1.2008 verurteilt hat, in einen Plan zur Auseinandersetzung des Gesamtgutes einzuwilligen, nach dem der Beklagte an die Klägerin einen Betrag von 4.266,71 € nebst Zinsen zu zahlen hat. Im übrigen wurde die Klage abgewiesen.

Dabei ist das Familiengericht von einem Überschuss im Sinne des § 1446 BGB von 24.437,59 DM ausgegangen, von dem der Klägerin unter Berücksichtigung ihres Kontoguthabens ein Anteil von 4.266,71 € zustehe. Die vom Beklagten ohne Zustimmung der Klägerin vorgenommenen Verfügungen über das Gesamtgut seien dem Gesamtgut nicht zuzurechnen. Der Vortrag beider Parteien zu den Gepflogenheiten während der Ehe sei nur so zu verstehen, dass die Klägerin offenbar über Jahre hinweg bis zu ihrem Auszug im Jahre 1996 akzeptiert und gebilligt habe, dass Gelder etwa zur Bestreitung des Lebensunterhalts der Eheleute vom Beklagten abgehoben und "verwaltet" wurden.

Die Klägerin vertritt mit der beabsichtigten Berufung ihre Auffassung weiter, zum Gesamtgut seien auch die im Schriftsatz vom 3.1.2005 unter Ziff. II. 1. dargelegten Verfügungen zu Grunde zu legen, die der Beklagte während der Dauer der Gütergemeinschaft ohne Zustimmung der Klägerin vorgenommen habe.

Die im Schriftsatz vom 3.1.2005 unter Ziff.II.1. aufgeführten und in der dazu vorgelegten Einzelaufstellung spezifizierten, ohne Zustimmung der Beklagten (gemeint ist der Klägerin) vorgenommenen Verfügungen des Beklagten über die Guthaben auf den auf seinen Namen lautenden Konten bei der Postbank, der Leutkircher Bank und der Landesgirokasse müssten nach §§ 1476 Abs. 2, 1435 Satz 3 analog BGB bei der Ausgleichsberechnung berücksichtigt werden. Es handele sich dabei um 23 Einzelverfügungen zwischen 1.000 DM und 11.000 DM im Zeitraum vom 7.12.1994 bis 6.5.1999 über insgesamt 67.693,44 DM.

Die Parteien hätten die Alleinverwaltung der Gütergemeinschaft nicht stillschweigend vereinbart. Auch die Klägerin habe von dem auf sie lautenden Postbank-Konto ständig Beträge für den Lebensunterhalt der Familie der Parteien abgehoben.

Die Klägerin ziehe nur die im Schriftsatz vom 3.1.2005 aufgelisteten Kontoverfügungen in die Ausgleichsberechnung ein, weil die anderen Verfügungen möglicherweise dem Lebensunterhalt der Familie dienten und soweit nach §§ 1451, 1452 BGB die Mitwirkung der Klägerin hätte verlangt werden können. Die Klägerin habe sich erst auf Grund ihres Auskunftsverlangen im vorstehenden Rechtsstreit Einsicht in die auf den Beklagten lautenden Bankkonten verschaffen können. Eine Verwendung dieser Beträge für den Lebensunterhalt könne ausgeschlossen werden, da die Parteien eher bescheiden im eigenen Haus gelebt und der laufenden Lebensbedarf nicht über größere Abhebungen für längere Zeiträume abgedeckt worden sei.

Die Klägerin beantragt deshalb Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung mit dem Antrag, in Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Ravensburg vom 15.1.2008 den Beklagten zu verurteilen, in einen Plan zur Auseinandersetzung des Gesamtguts einzuwilligen, nach dem der Beklagte an die Klägerin einen Betrag von 21.572,27 € nebst Zinsen zu zahlen hat.

Der Beklagte verteidigt. Seine zur Fristwahrung eingelegte Berufung wurde inzwischen zurückgenommen.

II.

Die beantragte Prozesskostenhilfe kann nicht bewilligt werden, da die beabsichtigte Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, (§114 Abs. 1 ZPO).

Das Familiengericht Ravensburg hat richtig entschieden.

Die Ehegatten sollen in dem Ehevertrag, durch den sie die Gütergemeinschaft vereinbaren, bestimmen, ob das Gesamtgut von dem Mann oder der Frau oder von ihnen gemeinschaftlich verwaltet wird. Erhält der Ehevertrag keine Bestimmung herüber, so verwalten sie das Gesamtgut gemeinschaftlich, § 1421 BGB. Da die Parteien die Verwaltung ehevertraglich nicht geregelt haben, liegt eine gemeinschaftliche Verwaltung vor, die gemeinsame Verfügungen voraussetzt, vgl. § 1450 BGB.

Dennoch ist die langjährige Übung der Parteien von Bedeutung (BayObLG FamRZ 1990,411). Hat in der Vergangenheit nämlich trotz an sich gemeinschaftlicher Verwaltung nur einer der Ehegatten die Verwaltung ausgeübt, und der andere Ehegatte dies sehenden Auges geschehen lassen, ist dies als stillschweigend erteilte Vollmacht anzusehen, weshalb im Ergebnis das Verwaltungshandeln hinzunehmen ist (vgl. Schröder/Bergschneider, Familievermögensrecht, 2. Aufl., Rdnr. 4.601; Palandt/Brudermüller, BGB; 67.0 , Rdnr. 2 zu § 1450). Im vorliegenden Fall hat jeder Ehegatte mit der Kenntnis des anderen seine Einkünfte selbst verwaltet und zum Unterhalt der Familie beigetragen. Dabei war es jedem unbenommen, vom anderen Rechnungslegung zu verlangen. Der Senat ist der Auffassung, dass die Parteien sich gegenseitig stillschweigend entsprechende Vollmacht erteilt haben, weshalb keine ungenehmigten Verfügungen vorliegen.

Außerdem setzt ein Schadensersatz nach §1435 S. 3 BGB, der hier nur analog angewendet werden könnte, ein Verschulden des Handelnden voraus, wobei sich der Verschuldensmaßstab nach § 1359 BGB richtet. Insoweit fehlt es schon am Vortrag der Klägerin. Soweit sich aus der Akte ergibt, sie habe schon 1995 angenommen, ihr Ehemann überweise Gelder an seinen Bruder, einen Zahnarzt, wäre ihr vorzuhalten, dass sie sich im Rahmen ihres Verwaltungsrechtes bereits damals darum hätte kümmern müssen.

Ende der Entscheidung

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