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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 30.06.2009
Aktenzeichen: 17 WF 137/09
Rechtsgebiete: FGG, ZPO, SGB XII


Vorschriften:

FGG § 14
ZPO § 115 Abs. 1 Nr. 1 a
ZPO § 127 Abs. 2
SGB XII § 82 Abs. 2 Nr. 1
SGB XII § 82 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Abänderungs- und Teil-Abhilfebeschluss des Amtsgerichts Backnang - Familiengericht - vom 2.2.2009 (5 F 307/07) abgeändert und dem Beschwerdeführer raten- und beitragsfreie Prozesskostenhilfe für den 1. Rechtszug unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin M. V. bewilligt.

Gründe: I.

Die zulässige, insbesondere gem. §§ 14 FGG, 127 Abs. 2 S. ZPO statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Beschwerdeführers ist begründet.

II.

Der Beschwerdeführer kann ausnahmsweise nicht darauf verwiesen werden, die Kosten der Prozessführung aus seinem Vermögen aufzubringen. Als solches stehen nach Lage der Akten nur die Rückkaufswerte der Lebensversicherungen bei der D.-W., bei der W. Versicherung sowie bei der G. in einem Gesamtvolumen von rund 35.000,- EUR zur Verfügung, allerdings erst nach Kündigung der Versicherungsverträge. Andere freie Vermögensmassen, die zur Deckung der Prozesskosten herangezogen werden könnten, hat das Amtsgericht nicht festgestellt und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Das Amtsgericht hat auch keine der Behauptung des Beschwerdeführers widersprechenden Feststellungen getroffen, dass die Lebensversicherungen dem Aufbau der Altersvorsorge dienten, weil der Beschwerdeführer in der gesetzlichen Rentenversicherung nur unzureichend abgesichert sei und wegen seiner selbständigen Tätigkeit auch keine weiteren Anwartschaften in der gesetzlichen Lebensversicherung hinzuerwerben. Jedenfalls letzteres lässt sich aus den vorgelegten Verdienstbescheinigungen belegen.

Es ist demnach davon auszugehen, dass die Lebensversicherungen den Mangel einer Altersvorsorge aus einer gesetzlichen Rentenversicherung ausgleichen soll.

III.

Vor diesem Hintergrund ist dem Beschwerdeführer die Verwertung der genannten Lebensversicherungen nicht zuzumuten.

Aus der Wertung des § 115 Abs. 1 Nr. 1 a) ZPO i. V. m. § 82 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII lässt sich entnehmen, dass die Kosten der angemessenen Altersvorsorge bei der Ermittlung des für die Prozessführung einzusetzenden Einkommens nicht zu berücksichtigen ist. Dabei erwähnt § 82 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII nur Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung, setzt also (u. a.) Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung voraus. Wie die Fälle zu behandeln sind, in denen die betroffene erwerbstätige Person keine Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlt, weil sie nicht sozialversicherungspflichtig erwerbstätig ist, aber dennoch private Altersvorsorge betreibt, ist in § 82 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII nichts ausgeführt. Vielmehr ist auf diese Personen § 82 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII anwendbar, so dass die Beiträge zur privaten Altersvorsorge im Rahmen der Angemessenheit zu berücksichtigen sind.

Die vom Beschwerdeführer abgeschlossenen Lebensversicherungen stellen solche angemessene Maßnahmen zur Altersvorsorge dar. Die monatlichen Beiträge erreichen nicht die Höhe von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteilen im Falle eines sozialversicherungspflichtigen Bruttoeinkommens in der Höhe, in der es der Beschwerdeführer erzielt.

Die Abzüge der monatlichen Lebensversicherungsbeiträge sind deshalb nicht zu beanstanden. Als zwangsläufige Folge und anders als in der gesetzlichen Rentenversicherung führen diese Beitragszahlungen allerdings zur Bildung eines Deckungskapitals, das rechtlich unmittelbar dem Vermögen des Beschwerdeführers zuzuordnen ist. Während die Ansprüche gegen die gesetzliche Rentenversicherung auf Zahlung einer monatlichen Altersrente gerichtet sind, vollzieht sich die Altersvorsorge des Beschwerdeführers durch die Kapitalbildung, die ihm zum Fälligkeitszeitpunkt in einer Einmalzahlung zufließt. Damit stellen sich die jetzigen Rückkaufswerte der Lebensversicherungen nur als die Kapitalisierung dessen dar, was in der gesetzlichen Rentenversicherung dem aktuellen Stand der bislang erworbenen Anwartschaften entspräche. Damit ist dieser Kapitalstock nicht anders zu behandeln als die Anwartschaften, die ein gesetzlich Versicherter in der Rentenversicherung erworben hat. Sowenig wie Letztgenannter verpflichtet ist, diese Anwartschaften für die Prozessführung einzusetzen, so wenig kann dies dem nicht gesetzlich Versicherten abverlangt werden, der auf diese Art und Weise Altersvorsorge betreibt.

Der Beschwerdeführer braucht die Rückkaufswerte auch nicht durch Beleihung einzusetzen, da auch ein in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherter seine Anwartschaften nicht zu verpfänden braucht.

IV.

Dem Beschwerdeführer können auch keine Raten aus seinem Einkommen auferlegt werden, die er an die Staatskasse auf die Prozesskosten zu entrichten hätte. Wie sich aus der Beschwerdebegründung im Verfahren 17 WF 146/09 ergibt und dort belegt ist, hat der Beschwerdeführer Kostenbeiträge für die Heimunterbringung von C. ab Dezember 2008 i. H. v. monatlich 635,- EUR, für die von R. ab Januar 2009 monatlich i. H. v. 380,- EUR aufzubringen. Durch diese zusätzlichen Kosten ist die Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers, Raten auf die Prozesskosten zu bezahlen, erschöpft. Wegen der Einzelheiten wird auf das Berechnungsblatt in der Anlage verwiesen (gem. § 127 Abs. 1 S. 3 ZPO nur für den Beschwerdeführer bestimmt).

V.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO)

Ende der Entscheidung

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