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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 03.11.2009
Aktenzeichen: 18 UF 243/09
Rechtsgebiete: FamFG


Vorschriften:

FamFG § 57
FamFG § 58
FamFG § 61
FamFG § 81
Kostengrundentscheidungen können nach Inkrafttreten des FamFG ohne gleichzeitiges Rechtsmittel gegen die Hauptsache mit der regulären Beschwerde gem. §§ 58 ff. FamFG isoliert angegriffen werden, sofern die Beschwerdesumme von 600,- € gem. § 61 Abs. 1 FamFG überschritten wird.
Oberlandesgericht Stuttgart 18. Zivilsenat - Familiensenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 18 UF 243/09

Übergabe an die Geschäftsstelle am 09. November 2009

vom 3. November 2009

In der Familiensache

wegen elterliche Sorge

hier: Isolierte Beschwerde gegen Kostenentscheidung

hat der 18. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Roscher-Grätz, des Richters am Oberlandesgericht Kahl und des Richters am Oberlandesgericht Dr. Schach

beschlossen:

Tenor:

I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin Ziffer 1 gegen die Kostenentscheidung in Ziffer 4 des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Nagold vom 17.9.09 - 1 F 201/09 wird als unzulässig verworfen.

II. Von der Erhebung der Gerichtskosten wird in beiden Instanzen abgesehen. In der Beschwerdeinstanz trägt die Antragsgegnerin Ziffer 1 die außergerichtlichen Kosten und Auslagen sämtlicher Beteiligter einschließlich ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten und Auslagen.

Beschwerdewert: bis 600,- €

Gründe:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin Ziffer 1 ist zwar an sich statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 57, 58, 59, 63 FamFG). Sie ist jedoch deshalb unzulässig, weil die Beschwerdesumme im Sinne von § 61 Abs. 1 FamFG nicht erreicht ist und weil das Familiengericht die Beschwerde auch nicht zugelassen hat (§ 61 Abs. 2 FamFG.

I.

Durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Nagold vom 17.9.09 1 F 201/09 wurde die elterliche Sorge für die am XX.XX.1991 geborene X. bezüglich des Aufenthaltsbestimmungsrechts und bezüglich des Rechts zum Abschluss und zur Begründung eines Mietverhältnisses den Eltern entzogen und insoweit Ergänzungspflegschaft angeordnet. In Ziffer 4 des Beschlusses hat das Familiengericht den Eltern die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Mit ihrer Beschwerde vom 22.9.09 wendet sich die Mutter und Antragsgegnerin Ziffer 1 ausschließlich gegen die vorgenannte Kostenentscheidung. Die Begründung geht im wesentlichen dahin, dass sie die Zustimmung zum Abschluss des Mietvertrages und zur Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts erteilt hätte, wenn sie von der Tochter danach gefragt worden wäre bzw. ihr die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit der Tochter gegeben worden wäre.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin Ziffer 1 wurde zwar form- und fristgerecht eingelegt und ist auch an sich statthaft (§§ 57, 58, 59, 63 FamFG). Sie ist jedoch deshalb unzulässig, weil der Beschwerdewert von 600,-- € (§ 61 Abs. 1 FamFG) nicht erreicht wird und weil das Familiengericht die Beschwerde auch nicht zugelassen hat (§ 61 Abs. 2 FamFG).

1.

Aufgrund der unglücklichen Formulierung in der Kostenentscheidung in Ziffer 4 des Beschlusses vom 17.9.09 ist davon auszugehen, dass diese dahingehend zu verstehen ist, dass die Eltern als Gesamtschuldner für die gesamten Verfahrenskosten haften sollen.

Diese Kosten betragen:

Gerichtskosten gemäß FamKG KV 1410 in Kindschaftssachen eine ermäßigte Gebühr von 0,3 aus einem gemäß §§ 41, 45 FamGKG auf 1.500,-- € (nicht - wie das Familiengericht meint - 1.000,-- €) festzusetzenden Gegenstandswert = 0,3 x 65 € = 19,50 €;

sowie Anwaltsgebühren gemäß RVG KV 3100 in Höhe von jeweils 136,00 €, zuzüglich jeweils Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer ergibt 2 x 186,24 €, Kosten insgesamt 391,98 €..

2.

Damit ist aber die Beschwerdesumme, wie sie in § 61 Abs. 1 FamFG gefordert wird, nicht erreicht.

a) Kostengrundentscheidungen, die bisher gemäß § 20a FGG a. F. (ebenso wie § 99 ZPO) nur in den sich aus § 20a Abs. 1 Satz 2 FGG a. F. ergebenden Sonderfällen isoliert anfechtbar waren, können nunmehr nach Inkrafttreten des FamFG und damit nach dem ersatzlosen Wegfall vorgenannter Vorschrift ohne gleichzeitiges Rechtsmittel gegen die Hauptsache mit der regulären Beschwerde gemäß § 58 ff. FamFG isoliert angegriffen werden (vgl. hierzu BTDrs. 16 / 6308 S. 216, 272, 276; Schulte-Bunert.Weinreich FamFG-Kommentar, 1. Aufl. 2009, Vorbem. vor §§ 58 - 75 FamFG RN 20). Etwas anderes gilt wohl lediglich (auch das ist -soweit ersichtlich-nicht unbestritten) für die Ehe- und Familienstreitsachen, für die § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG auf die weiterhin unverändert anwendbaren Vorschriften der Zivilprozessordnung verweist.

b) Hieraus folgt, dass sich anders als bisher der Wert des Beschwerdegegenstandes bei der isolierten Anfechtung der Kostengrundentscheidungen nunmehr nach § 61 Abs. 1 FamFG bemisst. Dies bedeutet, dass das Rechtsmittel nur dann zulässig ist, wenn die sich aus § 61 Abs. 1 FamFG ergebende Beschwerdesumme mit 600,-- € überschritten wird (vgl. Schulze-Bunert.Weinreich a.a.O.; Meyer-Holz, in Keidel, FamFG, 1. Aufl. 2009 § 58 FamFG RN 98 und § 61 FamFG RN 21; Zimmermann in Keidel a.a.O. § 81 RN 81; Müther in Borg/Jakoby § 81 RN 21; a.A. Feskorn in Prütting Helms §81 RD 32 und Schneider in Friderici/Kemper § 82 RN 32). Nach den der Gesetzesreform zugrunde liegenden Materialien entspricht dies dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. hierzu auch Abramenko in Prütting.Helms, FamFG, 1. Aufl. 2009, § 61 RN 7).

Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Dies schon deshalb, weil eine Kostenentscheidung immer auch einen vermögensrechtlichen Aspekt beinhaltet und damit das vermögensrechtliche Interesse des Rechtsmittelführers berührt ist, welches wiederum für die Beschwer Ausschlag gebend ist.

Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers wie er sich in § 61 Abs. 1 FamFG manifestiert, ist ein Rechtsmittel nur dann zulässig, wenn die Beschwerdesumme von 600,-- € überschritten wird. Eine Ausnahme hiervon ist lediglich dann gegeben, wenn die Beschwer vermögensrechtlich nicht messbar ist, wie z.B. bei Entscheidungen über die elterliche Sorge oder den Umgang . Eine weitere Ausnahme bildet die Entscheidung über den Versorgungsausgleich, welche gem. § 228 FamFG in der Hauptsache ohne Beschwer anfechtbar ist. § 228 FamFG bestimmt jedoch ausdrücklich, dass die Beschwer gem. § 61 Abs. 1 FamFG dann erreicht sein muss, wenn lediglich die Kostenentscheidung angefochten wird (vgl. Rehme in Schulte-Bunert. Weinreich,a.a.O., § 228 RN 1 mit Hinweis auf AmtlBegr S 254). Auch dies stützt die Auffassung, wonach unabhängig davon, ob eine Vermögensrechtliche oder Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit vorliegt , im Fall der isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung das Rechtsmittel nur dann zulässig ist, wenn die Beschwerdesumme des § 61 Abs. 1 FamFG überschritten wird. III.

Von der Erhebung der Gerichtskosten erster Instanz wird abgesehen (§ 20 FamGKG). Denn die Entscheidung des Familiengerichts erging unter Verletzung des Rechts der Antragsgegnerin Ziffer 1 auf Gewährung von rechtlichem Gehör.

IV.

Auch für das Beschwerdeverfahren wurde von der Erhebung der Gerichtskosten abgesehen (§ 81 Abs. 1 FamFG). Im übrigen beruht die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren auf § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG.

V.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 40 FamGKG.

Ende der Entscheidung

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