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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 19.09.2006
Aktenzeichen: 18 WF 181/05
Rechtsgebiete: ZPO, SGB XII, SGB II


Vorschriften:

ZPO § 115
ZPO § 115 Abs. 1
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 127 Abs. 3
SGB XII § 2
SGB XII § 2 Abs. 1
SGB XII § 5
SGB XII § 82 Abs. 2
SGB II § 21 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Stuttgart - 18. Zivilsenat - - Familiensenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 18 WF 181/05

vom 19. September 2005

In der Familiensache

wegen Prozesskostenhilfe für die erste Instanz

hier: Rechtsmittel der Vertreterin der Staatskasse

hat der 18. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

der Vors. Richterin am OLG Roscher-Grätz, des Richters am OLG Dr. Motzer und des Richters am AG Kärcher

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Vertreterin der Staatskasse wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Reutlingen vom 24. Juni 2005 abgeändert.

Die Antragstellerin hat auf die ihr gewährte Prozesskostenhilfe (unter Beiordnung der Rechtsanwälte) ab 1. Oktober 2005 monatliche Raten in Höhe von 30,- € zu bezahlen.

Gründe:

Das gem. § 127 Abs. 3 ZPO zulässige Rechtsmittel ist auch begründet - die Antragstellerin ist zur Zahlung von Raten in Höhe von 30,- € aus ihrem monatlichen Einkommen in der Lage.

Gem. § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Nach Abs. 3 Nr. 1 dieser Vorschrift sind davon die in § 82 Abs. 2 SGB XII bezeichneten Beträge abzusetzen. Durch diese Verweisung nimmt § 115 Abs. 1 ZPO auf den sozialhilferechtlichen Einkommensbegriff Bezug, wie er im SGB XII definiert ist. Er verweist damit indirekt auch auf § 2 Abs. 1 SGB XII, wonach der Bezug von Sozialhilfe die anderen Träger von Sozialleistungen nicht entlastet. Aus diesem Grund bleibt die Hilfe zum Lebensunterhalt nach herrschender Meinung bei der Prüfung der PKH-Bedürftigkeit unberücksichtigt (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 115 Rn 18 m.w.N.), weil es sich bei der Prozesskostenhilfe ebenfalls um eine Sozialleistung des Staates handelt.

Eine entsprechende Anwendung dieser Grundsätze auf Leistungen nach dem SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) scheidet aus. Auf das SGB II wird in § 115 ZPO gerade nicht verwiesen. Auch enthält dieses Gesetzeswerk in § 5 eine von § 2 SGB XII abweichende Regelung des Verhältnisses zu anderen Leistungen. Der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II schließt die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des SGB XII (von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen) grundsätzlich aus (vgl. Bundestagsdrucksache 15/1516, Seite 51). Dies verbietet es zwar nicht, Beziehern solcher Leistungen PKH zu gewähren, diese Leistungen sind jedoch als Einkommen zu behandeln, weil dem Antragsteller der gleichzeitige Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB XII (welche regelmäßig zu ratenfreier PKH-Bewilligung führt) versagt werden müsste. Leistungen nach dem SGB II sind daher auch wenn der Kreis der anspruchsberechtigten Personen erweitert wurde wie frühere Arbeitslosenhilfe zu behandeln und damit als ratenpflichtiges Einkommen i.S. von § 115 Abs. 1 ZPO einzusetzen (siehe LG Koblenz, FamRZ 2001, 1153).

Eine derartige Differenzierung zwischen Arbeitslosengeld II nach dem SGB II und Sozialhilfe nach dem SGB XII findet sich im Übrigen auch bei der Behandlung als unterhaltspflichtiges oder nicht unterhaltspflichtiges Einkommen gem. Ziffer 2.2 und 2.10 der Süddeutschen Leitlinien.

Diese Grundsätze gelten auch für den der Antragstellerin hier gewährten Mehrbedarfszuschlag für Alleinerziehende gem. § 21 Abs. 3 SGB II. Zwar entspricht diese Regelung der Mehrbedarfsregelung der Sozialhilfe für alleinerziehende Personen (vgl. Bundestagsdrucksache 15/1516 Seite 57), dennoch handelt es sich nicht um eine Sozialhilfeleistung sondern um eine Leistung im Rahmen des SGB II, die nicht allein der Sicherung des Existenzminimums dient, welches im vorliegenden Fall wegen des Bezugs von Erziehungsgeld ohnehin nicht tangiert ist.

Zu Recht weist die Bezirksrevisorin auch darauf hin, dass das Kindergeld in voller Höhe mit 154,- € zu berücksichtigen ist. Die frühere Rechtsprechung der Familiensenate des Oberlandesgerichts ist durch die Entscheidung des BGH vom 26.1.2005 (FamRZ 05, Seite 605) obsoled geworden. Danach ist das Kindergeld zum Einkommen eines Elternteils zu rechnen, wenn es nicht zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts des minderjährigen Kindes verwendet wird. Dies ist hier nicht der Fall, nachdem das Kind E. im Rahmen der Leistungen nach SGB II mit einem Bedarf von 246,- € berücksichtigt ist und im Übrigen der Wohnbedarf des Kindes durch die Übernahme der Unterkunftskosten im Rahmen der Leistungen nach SGB II gedeckt ist.

Damit erweist sich die Berechnung der Bezirksrevisorin in ihrer Stellungnahme vom 11.8.2005 als richtig, wonach von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.124,- € auszugehen ist (bestehend aus Arbeitslosengeld, Kindergeld und Unterhaltsvorschuss) wovon abzuziehen sind der Eigenbedarf mit 308,- €, der Unterhalt für das Kind mit 266,- €, die Miete mit 300,- € sowie Heizkosten und allgemeine Nebenkosten, wonach ein einzusetzendes Nettoeinkommen von 78,- € verbleibt, sodass gem. § 115 ZPO eine monatliche Rate von 30,- € zu zahlen ist.

Ende der Entscheidung

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