Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 13.11.2008
Aktenzeichen: 19 U 115/08
Rechtsgebiete: GmbHG, HGB, InsO


Vorschriften:

GmbHG §§ 13 ff
GmbHG § 30
GmbHG § 31
GmbHG § 31 Abs. 1
GmbHG § 32 a
GmbHG § 32 b
HGB §§ 230 ff
HGB § 231 Abs. 2
InsO § 39 Abs. 1 S. 5
InsO § 39 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ellwangen vom 14.07.2008 - Az. 10 O 13/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages zuzüglich eines Aufschlages von 10 % abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich eines Aufschlages von 10 % leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Streitwert des Berufungsverfahrens: 300.000,00 EUR

Gründe: I.

Der Kläger fordert als Insolvenzverwalter eine der Beklagten ausgezahlte Gesellschaftereinlage zurück.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen die Klagabweisung wendet sich der Kläger mit der Berufung.

Das Landgericht habe die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Anwendung der Kapitalerhaltungsregeln nach dem GmbH-Gesetz auf einen an einer GmbH beteiligten stillen Gesellschafter fehlinterpretiert.

Der zwischen der Beklagten und der nachmaligen Insolvenzschuldnerin geschlossene Vertrag aus dem Jahre 2005 weise sowohl hinsichtlich der Einwirkungsmöglichkeiten als auch hinsichtlich der Vermögensbeteiligung der Beklagten Rechte zu, die weitgehend derjenigen eines GmbH-Gesellschafters gleichstünden. Dies folge schon aus der vereinbarten Nachrangklausel im Insolvenzfalle.

Zu Unrecht verneine das Erstgericht auch den eigenkapitalersetzenden Charakter durch "Stehenlassen" der Einlage.

Der Kläger beantragt:

Das am 14.07.2008 verkündete und am 18.07.2008 zugestellte Urteil des Landgerichts Ellwangen, 1. Kammer für Handelssachen, Az. 10 O 13/08, wird abgeändert:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 300.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. hieraus seit 16.01.2008 zu zahlen.

b) Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger weitere EUR 2.974,00 außergerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. hieraus ab Zustellung der Klage zu zahlen.

Die Beklagte beantragt

Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 30.10.2008 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

Das Landgericht hat der auf §§ 30, 31 Abs. 1, 32 a und b GmbHG gestützten Klage zu Recht nicht stattgegeben.

Entscheidungsrelevant ist allein die Frage, ob die stille Beteiligung der Beklagten an der Insolvenzschuldnerin (im Folgenden: Schuldnerin) weitgehend GmbH-Gesellschafter-ähnlich ausgestaltet ist, mit der Folge, dass die stille Beteiligung den Kapitalerhaltungsregeln der §§ 30 ff GmbHG unterliegen würde. Dies hat das Landgericht zutreffend verneint.

1. Dem Kläger steht kein Rückzahlungsanspruch gemäß §§ 30, 31 Abs. 1 GmbHG zu, da es an einer atypisch stillen Beteiligung der Beklagten fehlt.

a) Die auf einen GmbH-Gesellschafter zugeschnittenen §§ 30, 31 GmbHG finden auf den stillen Gesellschafter dann Anwendung, wenn dieser hinsichtlich seiner vermögensmäßigen Beteiligung und seines Einflusses auf die Geschicke der GmbH weitgehend einem GmbH-Gesellschafter gleichsteht (BGH Urteil vom 13.02.2006 - II ZR 62/04) bzw. - ähnlich wie dieser - die Geschicke der GmbH bestimmt sowie an Vermögen und Ertrag beteiligt ist (BGH Urteil vom 07.11.1988 - BGHZ 106, 7).

Von diesen Voraussetzungen geht - entgegen dem Berufungsvorbringen - auch das Landgericht aus.

Die Einordnung der jeweiligen stillen Beteiligung orientiert sich hierbei an den gesetzlichen Regeltypen "stille Beteiligung" nach §§ 230 ff HGB und der Stellung eines GmbH-Gesellschafters nach §§ 13 ff GmbHG.

b) Die Beklagte hatte keine weitgehend einem GmbH-Gesellschafter gleichgestellte vermögensmäßige Beteiligung.

Am Vermögen der Schuldnerin - einschließlich des Geschäftswertes und der stillen Reserven - war die Beklagte nicht beteiligt. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, dass in der GmbH-Praxis eine Beteiligung des Gesellschafters am gesamten Vermögen regelmäßig ausgeschlossen werde. Bei der Einordnung einer stillen Beteiligung kommt es auf die gesetzliche Ausgestaltung von Gesellschafterbefugnissen an, nicht auf abweichende Fallgestaltungen in der Praxis. Im Übrigen ist die vom Kläger behauptete, in der Praxis angeblich übliche Buchwertabfindung der GmbH-Gesellschafter problematisch (vgl. Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 18. Aufl., § 34 Rz. 35).

Gemäß § 231 Abs. 2 HGB ist der stille Gesellschafter zwingend am Gewinn zu beteiligen. Die Ergebnisbeteiligung der Beklagten betrug ausweislich § 7 des Gesellschaftsvertrages maximal 4 % und liegt damit deutlich unter der Gewinnbeteiligung, die der zitierten BGH-Entscheidung aus dem Jahre 2006 zu Grunde lag und die Hälfte des bilanzierten Jahresgewinnes betrug.

Schließlich wich die stille Beteiligung der Beklagten auch im Hinblick auf die - unstreitig - ausgeschlossene Verlustbeteiligung vom Modell einer atypisch stillen Beteiligung, wie sie den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu Grunde lagen, ab (vgl. auch § 231 Abs. 2 HGB).

[Der Gesellschaftsvertrag von 2005 enthält diesbezüglich zwar keine ausdrückliche Regelung. Der Vorgängervertrag zwischen der Treuhänderin der Beklagten und der Schuldnerin regelte die fehlende Teilhabe am Verlust in § 7 Abs. 3. Der Vortrag der Beklagten, der Ausschluss der Verlustübernahme sei nur deshalb in dem Gesellschaftsvertrag von 2005 {K 3} nicht mehr ausdrücklich geregelt worden, weil dies zwischen den Vertragsparteien selbstverständlich gewesen sei, wurde nicht bestritten. Im Übrigen spricht hierfür auch die Formulierung "externe stille Beteiligung ohne Verlustübernahme" auf S. 9 der Anl. 7 zum Prüfbericht bezüglich des Jahresabschlusses der Schuldnerin zum 31.12.2006].

Die gemäß § 39 Abs. 2 InsO in § 11 des Gesellschaftsvertrages vereinbarte Nachrangklausel ändert hieran nichts. Damit lehnte sich die Beklagte zwar an die Insolvenzstellung eines GmbH-Gesellschafters an, § 39 Abs. 1 S. 5 InsO. In den zitierten BGH-Entscheidungen von 1988 und 2006 waren die stillen Gesellschaften jedoch ohne Einschränkung an dem Ergebnis, dem Vermögen, den stillen Reserven und den Verlusten beteiligt.

Im Hinblick auf die fehlende Vermögensbeteiligung der Beklagten, die erheblich gedrosselte Gewinnberechtigung und den Ausschluss der Übernahme laufender Verluste vermag die Nachrangvereinbarung in § 11 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten keine Finanzierungsverantwortung wie ein GmbH-Gesellschafter zu verleihen.

c) Mangels einer den zitierten BGH-Entscheidungen entsprechenden Vermögensbeteiligung der Beklagten kommt es auf die Qualifizierung der Einflussmöglichkeit der Beklagten nicht mehr an. Beides - Vermögensbeteiligung und Einwirkungsrechte - müssen kumulativ vorliegen und weitgehend dem gesetzlichen Leitbild eines GmbH-Gesellschafters gleichstehen (BGHZ 106, 7 und BGH Urteil vom 13. Februar 2006 - II ZR 62/04; Münchener Kommentar-Ehricke, Insolvenzordnung, Bd. 1, 2. Aufl., § 39 Rz. 42 a.E.).

2. Zu Recht verneint das Landgericht auch einen Rückzahlungsanspruch aus § 32 a und b GmbHG.

Mangels GmbH-Gesellschafter-ähnlicher Ausgestaltung der stillen Beteiligung ist der Anwendungsbereich dieser Vorschriften nicht eröffnet (Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 18. Aufl., § 32 a Rz. 22).

Die ergänzende Begründung des Landgerichts, es handele sich bei der Einlage der Beklagten zudem nicht um Eigenkapitalersatz, weil diese nicht in der Krise der Gesellschaft gegeben wurde und die - irrige - Ansicht des Klägers, hierfür reiche das "Stehenlassen" der Einlage in der Krise, bedürfen deshalb keiner Erörterung mehr (vgl. hierzu Baumbach/Hueck a.a.O. § 32 a Rz. 40, 42, 43 und die zutreffenden Ausführungen in der Berufungserwiderung Bl. 116; insoweit fehlt es bereits am Stehenlassen einer fälligen Forderung).

3. Auf die weiteren Ausführungen in der Berufungsbegründung zum Vorliegen einer Unterbilanz bei oder durch die Auszahlung an die Beklagte kommt es demzufolge ebenfalls nicht mehr an.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück