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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 21.02.2002
Aktenzeichen: 2 U 150/01
Rechtsgebiete: MarkenG, BGB, UWG, ZPO


Vorschriften:

MarkenG § 15
MarkenG § 5
BGB § 12
UWG § 1
UWG § 3
ZPO § 91
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
1. Die Bezeichnung "Herstellerkatalog" ist als Firmenbestandteil für ein Unternehmen, das einen Katalog vertreibt, in dem verschiedene Unternehmen ihre Produkte anbieten, nicht unterscheidungskräftig.

2. Die Verwendung des Begriffs "Herstellerkatalog" als Domain-Name ist ohne Hinzutreten besonderer Unlauterkeitskriterien nicht Wettbewerbswidrig.


Oberlandesgericht Stuttgart - 2. Zivilsenat - im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 2 U 150/01

Verkündet am: 21. Februar 2002

In Sachen

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2002 unter Mitwirkung

des Vors. Richters am OLG Dr. Lütje, des Richters am OLG Prof. Dr. Fezer und des Richters am OLG Rzymann

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 02.07.2001 - 11 KfH O 48/01 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 7.000,-- Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 50.000,-- Euro.

Gründe:

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Unterlassung der Benutzung einer Internet-Domain mit dem Wortbestandteil "H" in Anspruch. Die Klägerin ist seit 1978 unter der Bezeichnung "H" bzw. "H" und nunmehr unter der Firma "H" im Handelsregister eingetragen. Sie hat bis 1980 einen Katalog mit dem Titel "Der H" vertrieben, in dem verschiedene Unternehmer ihre Produkte präsentierten. Nach Abmahnung durch einen Mitbewerber hat die Klägerin den Titel in "H und H" geändert. Der Beklagte ist Inhaber der beiden Internet-Domains "www.h" und "www.H" unter denen eine Vielzahl von Unternehmen und ihre Produkte aufgerufen werden können. Streitig ist, ob in den unter der Domain "www.H" aufrufbaren Seiten auch Unternehmen aufgeführt sind, die nicht Hersteller der dort zu erwerbenden Produkte sind.

Die Klägerin sieht in der Benutzung der Bezeichnung "H" in der Domain des Beklagten eine Verletzung ihrer an der Bezeichnung "H" bestehenden Namens- und Kennzeichenrechte, ferner eine Irreführung des Verkehrs, da unter dieser Domain auch Werbung für Produkte erscheint, die nicht von dem jeweiligen Unternehmen hergestellt würden.

Die Klägerin hat beantragt für Recht zu erkennen:

1. Dem Beklagten wird untersagt, den Begriff "H" in der Domain "www.h" zu verwenden

hilfsweise:

Dem Beklagten wird untersagt, unter dem Domainnamen "www.h" die Werbung von Unternehmen zu veröffentlichen, die nicht ausschließlich Hersteller sind, sondern für den Verkauf von Waren werben, mit denen sie nur Handel treiben, ohne auf diesen Umstand schon im Zusammenhang mit dem Wort "H" hinzuweisen.

2. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 500.000,-- DM (ersatzweise Ordnungshaft) und Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass die Bezeichnung "H" nicht unterscheidungskräftig sei, weshalb die Klägerin für sich keinen kennzeichen- oder namensrechtlichen Schutz in Anspruch nehmen könne. Im übrigen fehle es auch an einem Wettbewerbsverhäitnis, da die Klägerin einen Print-Katalog und er einen IT-Katalog verbreite.

Das Landgericht hat dem Hauptantrag durch Urteil vom 02.07.2001 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Begriff H als Unternehmenskennzeichen eigentümlich sei, weil dieser nicht unmittelbar den Geschäftszweck beschreibe weshalb der Klägerin ein Unterlassungsanspruch nach § 15 MarkenG zustünde.

Gegen das am 10.07.2001 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 31.07.2001 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.

Der Beklagte macht geltend, dass es sich bei der Bezeichnung "H" um eine reine Gattungsbezeichnung handele, die von der Klägerin seit Jahren im Geschäftsverkehr nicht mehr benutzt werde und damit keine Namensfunktion erfülle.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.07.2001 (11 KfH O 48/01) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hilfsweise beantragt die Klägerin

dem Beklagten zu untersagen, unter dem Domain-Namen www.h die Werbung von Unternehmen zu veröffentlichen, die für den Verkauf von Waren werben, mit denen diese nur Handel treiben, ohne dass auf diesen Umstand im Zusammenhang mit den in der Werbung genannten, aber nicht selbst hergestellten Produkten hingewiesen wird.

Die Klägerin hält das Urteil des Landgerichts für zutreffend und vertieft ihre erstinstanzlichen Ausführungen zur Unterscheidungskraft der Bezeichnung "H".

Den Hilfsantrag begründet die Klägerin damit, dass die Nennung von Produkten unter der Domain - "www.h" von Unternehmen, die damit nur Handel treiben, irreführend sei, sofern auf diesen Umstand nicht hingewiesen werde.

Der Beklagte sieht hierin eine unzulässige Klagänderung und bestreitet den dem Hilfsantrag zugrundeliegenden Vortrag.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und auch begründet.

Der Klägerin stehen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsansprüche zu.

1.

Hauptantrag

Ein Schutz des Firmenbestandteils "H" nach §§ 5, 15 MarkenG kann die Klägerin für sich nicht in Anspruch nehmen, da es sich hierbei um keine unterscheidungskräftige Bezeichnung handelt und eine Verkehrsgeltung dieses Begriffs nicht geltend gemacht wird. Bei einer Kombination von beschreibenden oder an beschreibende Angaben angelehnte Worte zu einem einheitlichen Begriff ist eine ausreichende Unterscheidungskraft anzunehmen, wenn die Kombination dieser Wortbestandteile eine namensmäßig und unterscheidend wirkende Kennzeichnung von individueller Eigenart ergibt (BGH WRP 1997, 1091 - "Immo-Data"; GRUR 1997, 468 - "Netcom"; GRUR 1957, 428 - "Bücherdienst"). Ob ein Firmenbestandteil eine derartige Unterscheidungskraft besitzt, ist davon abhängig, ob der Verkehr in ihm eine mehrdeutige Angabe sieht oder damit eine bestimmte, den Geschäftszweck beschreibende Aussage verbindet. Ausgehend hiervon ist der Begriff H als beschreibend und damit nicht als unterscheidungskräftig anzusehen. Auch wenn dieser Begriff nicht all zu geläufig ist, wird dieser nach dem allgemeinen Sprachverständnis dahin verstanden, dass es sich um einen Katalog handelt, in dem verschiedene Hersteller und deren Waren aufgeführt sind. Die Wortzusammensetzung ist in ähnlicher Weise wie von dem Bundesgerichtshof zu beurteilenden Bezeichnungen "COTTON LINE" (GRUR 1996, 68) "VIDEO-RENT" (WRP 1986, 671) und "Bücherdienst" ( aaO ) allgemein verständlich und hat daher beschreibenden Inhalt, weshalb der Begriff H als Firmenbezeichnung für einen Geschäftsbetrieb, der u.a. einen Hersteller- und Lieferantenkatalog vertreibt, keine Unterscheidungskraft besitzt.

Unabhängig von der fehlenden Unterscheidungskraft scheitert ein Schutz der Klägerin nach §§5, 15 MarkenG jedenfalls daran, dass die Bezeichnung "H" sich im Verkehr nicht als schlagwortartiger Hinweis durchgesetzt hat und daher nicht als Name des Unternehmens der Klägerin wirkt (vgl. BGH GRUR 1996, 68, 69 "COTTON LINE"). Der Beklagte hat unwidersprochen im einzelnen dargetan, dass die Klägerin weder im Internet noch im Adress- und Telefonbuch den Begriff "H" verwendet, sondern unter der Bezeichnung G bzw. G auftritt. Es kann daher ausgeschlossen werden, dass der Verkehr den Begriff H als Hinweis auf die Klägerin versteht. Ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung H log ergibt sich daher nicht aus §§ 5, 15 MarkenG.

Mangels Namensfunktion kommt auch kein Anspruch aus § 12 BGB in Betracht.

In der Verwendung des Begriffs "H" als Domain-Name ist auch kein wettbewerbswidriges Verhalten i.S.v. § 1 UWG zu sehen. Der naheliegende Umstand, dass der Beklagte den streitigen Domain-Namen für sich hat registrieren lassen, um gewisse Suchgewohnheiten von Internet-Nutzern aufzugreifen, nämlich vor der Inanspruchnahme von Suchmaschinen zunächst einmal den Suchbegriff einzugeben, ist für sich allein wettbewerbsrechtlich nicht anstößig (BGH MDR 2002, 45 - mitwohnzentrale.de; OLG Stuttgart WRP 2001, 971, 972 "dtp.de"). Dass ein Teil der Kunden wegen der Kanalisierungswirkung zunächst auf das Angebot des Beklagten gelenkt wird, ist Folge des bei der Eintragung von Domain-Namen geltenden Prioritätsprinzips und kann ohne Hinzutreten besonderer Unlauterkeitsmerkmale nicht als wettbewerbswidrig beanstandet werden.

Etwas anderes könnte gelten, wenn der Domain-Name des Beklagten dem Internet-Nutzer den Eindruck vermitteln würde, dass es sich bei dem Beklagten um den einzigen oder doch einen größeren Verband von H handelt und dieser deswegen nach weiteren Angeboten nicht sucht (vgl. BGH MDR 2002, 45, 47 - mitwohnzentrale.de). Hierfür bestehen jedoch keine Anhaltspunkte, sodass der Hauptantrag unbegründet ist.

2.

Hilfsantrag:

Der zuletzt gestellte Hilfsantrag der Klägerin, wonach dem Beklagten untersagt werden soll, unter dem Domain-Namen "www.h" die Werbung von Unternehmen für den Verkauf von Waren zu veröffentlichen, mit denen diese nur Handel treibt, ohne dass auf diesen Umstand im Zusammenhang mit den in der Werbung genannten, aber nicht selbst hergestellten Produkten hingewiesen wird, ist zulässig, jedoch unbegründet. Die hierin liegende Klageänderung ist sachdienlich und somit zuzulassen, da der bisherige Streitstoff eine verwertbare Entscheidungsgrundlage bleibt und die Zulassung die endgültige Beilegung des Streits fördert und einen neuen Prozess vermeidet (BGH NJW-RR 1987, 58).

Der Klägerin steht jedoch der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. Dabei kann dahinstehen, ob der Verkehr allem aufgrund des Domain-Namens "www.h" annimmt, dass die dort verzeichneten Firmen und die aufgeführten Waren ausnahmslos von diesen hergestellt und nicht nur vertrieben werden. Selbst wenn die Gefahr einer Irreführung i.S.v. § 3 UWG bestünde, könnte diese durch entsprechende Gestaltung und Hinweise auf der Homepage des Beklagten, wie z.B. die Bezeichnung als H und H oder durch eine entsprechende Präsentation des einzelnen Unternehmens ausgeräumt werden.

Mit dem Hilfsantrag soll jedoch unabhängig von dem jeweiligen Internet-Auftritt des Unternehmens die Werbung für nicht selbst hergestellte Waren unter der Domain www.h untersagt werden. Ein derartiges Verbot lässt sich jedoch nicht aus § 3 UWG ableiten, da das Vorliegen einer Gefahr der Irreführung von der Gestaltung der Homepage und dem Auftritt des Unternehmens abhängt. Aus diesem Grund kann dem Hilfsantrag der Klägerin auch nicht eingeschränkt stattgegeben werden.

Insgesamt erweist sich daher die Klage als unbegründet.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. Der vorliegend zu beurteilende Rechtsstreit beinhaltet keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung und hat keine über den Einzelfall hinausgehende Wirkung.

Ende der Entscheidung

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