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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 20.06.2002
Aktenzeichen: 2 U 209/01
Rechtsgebiete: BGB, HOAI


Vorschriften:

BGB § 635
HOAI § 15
Der Architekt, dem die Leistungsphasen 8 und 9 übertragen sind, muss den Bauherrn nicht über Einzelheiten einer gegen einen Sonderfachmann (hier: Statiker) drohenden Verjährung belehren. Ist eine Verantwortlichkeit des Statikers nicht fernliegend und ist eine Verjährung möglicher Ansprüche gegen diesen aber denkbar, so hat der Architekt den Bauherrn auf das Risiko einer Verjährung hinzuweisen und die Einholung von Rechtsrat dringlich zu empfehlen, statt einem weiteren Nachbesserungsversuch, dem keine verjährungshemmende oder gar -unterberechende Wirkung zukommt, das Wort zu reden. Verstößt er gegen diese Beratungspflicht, macht er sich schadensersatzpflichtig und hat im Falle der Mängelverantwortlichkeit des Statikers und des Eintritts der Verjährung gegen diesen dem Bauherrn für den Entgang des richtigen Haftenden im Umfang dessen Haftung selbst einzustehen.
Oberlandesgericht Stuttgart - 2. Zivilsenat - Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 2 U 209/01

Verkündet am: 20.06.2002

In Sachen

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 03.06.2002 unter Mitwirkung

des Vors. Richters am Oberlandesgericht Dr. Lütje, des Richters am Oberlandesgericht Holzer, des Richters am Landgericht Kittel

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Grundurteil des Vorsitzenden der 9. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 28. September 2001 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung der Kläger wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 16.700,00 € abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Sicherheiten können auch durch unwiderrufliche, unbefristete, unbedingte und selbstschuidnerische schriftliche Bürgschaft einer deutschen Bank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: bis 185.000,00 €

Tatbestand:

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht entschied durch Grundurteil einschränkungslos zu Gunsten der Kläger. Es sah die vollumfänglich beauftragten Beklagten in zweifacher Hinsicht als haftbar an: sie hätten ihrer Koordinierungspflicht nach Lph 5 zuwidergehandelt, indem sie das notwendige Zusammenspiel von Außenwandstärken und auflastenden und druckabfangenden Decken mit zurückgesetzter Gebäulichkeit (Penthaus) und den Einsatz von Dehnfugen pflichtwidrig mit dem Statiker nicht abgeklärt hätten, obgleich die Statikerdeckenvorgaben ihren eigenen Planungen widersprochen hätten und auffällig dünn ausgefallen wären. Zum anderen seien sie entsprechend der Betreuungspflicht nach Lph 9 verpflichtet gewesen, bei der in unverjährter Zeit erfolgten Besprechung am 08.07.1994 auf grundlegende Klärung und Anspruchsicherung hinzuwirken, zumal als Ursache schon damals die mangelnde Deckenstärke in Rede gestanden habe, statt eine nur provisorische Maßnahme zu befürworten, die nicht gegriffen und deren Einschub den Anspruchsverlust gegen den Statiker herbeigeführt habe. Dem Grundanspruch stünde auch nicht die Einrede der Verjährung entgegen, zumal Ziff. 10.2 der AVA (5 Jahre ab Beendigung der Leistungsphase 8) gemäß § 11 Nr. 10 f AGBG unwirksam sei. Ein quotenmäßiger Abschlag wegen der Mitverantwortung des von den Klägern selbst bestellten Statikers finde nicht statt.

Dagegen wendet sich die Berufung der Beklagten,

welche rügen, dass die Entscheidung schon an einer Unzulässigkeit des Grundurteilsausspruchs leide. Das Verfahren werde von drei Streitgegenständen (Koordinationsfehler/Evidenz des Statikerfehlers, ungesicherte Sanierungsempfehlung und unterlassener Hinweis auf Anspruchssicherung gegen Statiker) bestimmt. Ohne Klärung einer Anspruchsreihenfolge habe das Landgericht nur einzelne Streitgegenstände verbeschieden. Ohne Verbescheidung aller Teilansprüche sei aber ein Grundurteil nicht zulässig. Der Sache nach liege ein Koordinierungsfehler nicht vor, weil die Beklagten auf die Vorgaben des Statikers, eines Sonderfachmannes, hätten vertrauen dürfen. Die Fehlsamkeit der falschen Tragwerksplanung habe sich keineswegs aufdrängen müssen, zumal komplexe Wirkungszusammenhänge betroffen gewesen seien und im Übrigen auch der Prüfstatiker keine Beanstandungen ausgesprochen habe. Dessen Kompetenz müsse der Architekt nicht übertreffen. Die Besprechung vom 08.07.1994 habe erkennen lassen, dass die Sanierungsmaßnahme bloß einen Versuch darstelle, nur ein Gutachten könne Gewissheit bringen. Ein solches hätten die Kläger aber aus Kostengründen gescheut. Der Statiker habe vor Ort beteuert, sein Gewerk noch einmal kontrolliert zu haben, ein Fehler scheide aus. Daran habe niemand gezweifelt. Doch selbst wenn die Beklagten Versäumnisse des Statikers angenommen und Ansprüche der Bauherrschaft gegen diesen in Betracht gezogen hätten, wären sie nur auf die dreijährige Verjährungsfrist im Statikervertrag gestoßen, die damals schon längst abgelaufen gewesen sei.

Die Beklagten beantragen:

Das Grundurteil des Landgerichts Stuttgart - 9 O 188/2001 - vom 28.09.2001 wird abgeändert und die Klage abgewiesen,

hilfsweise,

das Urteil des Landgerichtes wird abgeändert und festgestellt, daß der Klageanspruch aus dem Vorgang des Jahres 1989/90 wegen (erkennbarem) Statikfehler dem Grunde nach in Höhe maximal 1/5 berechtigt ist, im übrigen wird die Klage abgewiesen,

höchst hilfsweise,

das Urteil des Landgerichtes wird aufgehoben und zur Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Kläger beantragen:

Die Berufung der Beklagten/Berufungskläger wird zurückgewiesen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung als richtig.

Die Akten

LG Stuttgart 9 OH 9/97

9 OH 13/98

9 O 551/00

waren beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Streithelferin Ziff. 1 als Zeugin zur Frage, ob die Verkürzung der Verjährungsfrist im Vertrag zwischen Kläger und Statiker, ihrem Ehemann, individualvertraglich geschehen ist. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Vernehmungsniederschrift Bezug genommen.

Bezüglich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig, der Sache nach ohne Erfolg.

A

Unzulässigkeit des Grundurteils.

1.

a) Die Beklagten stellen im Ansatz zutreffend auf den hinsichtlich Grundurteilen anerkannten Grundsatz ab, dass bei Alternativität von Anspruchsgrundlagen ein Grundurteil zur Voraussetzung hat, dass die denkbaren Anspruchsgrundlagen den geltend gemachten Zahlungshetrag rechtfertigen und inhaltlich dieselben (und alle) Anspruchspositionen betreffen (BGH NJW 01, 224, 225). Das Grundurteil muss grundsätzlich sämtliche Klagegründe erledigen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 304, 8).

b) Werden (nur) unterschiedliche Anspruchsgrundlagen geltend gemacht, kann ein Grundurteil ergehen, wenn (beide) denkbaren Anspruchsgrundlagen den geltend gemachten Zahlungsbetrag voll rechtfertigen können und inhaltlich dieselben (und alle) Schadenspositionen betreffen (BGHZ 137, 89 f = NJW 98, 378, 379 [unerlaubte Handlung oder § 267 Abs. 1 BGB]; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 304, 10; Musielak in Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 304, 28; derselbe in MK/ZPO, 2. Aufl., § 304, 31; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann a.a.O. § 304, 9; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPR, 15. Aufl., § 59 IV 2 i).

c) Bei einem Klagebegehren, das sich aus mehreren Teilansprüchen zusammensetzt, kann ein einheitliches Grundurteil nur ergehen, wenn feststeht, dass jeder Teilanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt ist (BGH NJW 94, 1791, 1792 [Pflichtteilsergänzungsanspruch und Anspruch wegen unberechtigten Zugriffs auf Kontengelder]; Z 139, 116, 117 [selbstständige Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche]; NJW 84, 1226, 1227 [Beteiligtenhaftung für Personen- und Sachschäden bei Demonstration]; Musielak a.a.O. § 304, 26 und derselbe in MK a.a.O. § 304, 27; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 304, 32 und 33; Rosenberg/Schwab/Gottwald a.a.O. 2 k; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 304, 18; Zöller/Vollkommer a.a.O. § 304, 12).

d) Macht der Kläger einen Haupt- und einen Hilfsanspruch geltend (eventuelle Klagehäufung), so ist ein alternativ Haupt- und Hilfsanspruch umfassendes Grundurteil wegen der Unklarheit der Rechtskraft unzulässig (BGH NJW 69, 2241 [Schadensersatz in Naturalersatz und hilfsweise in Geld]; Musielak a.a.O. § 304, 27; ausführlicher derselbe in MK a.a.O. § 304, 27; Leipold a.a.O. § 304, 39; Zöller/Vollkommer a.a.O. § 304, 13 a; vgl. auch zum Grundurteil über den Hilfsantrag vor Verbescheidung der Abweisung des Hauptantrages: Reichold a.a.O. § 304, 19; Zöller/Vollkommer a.a.O. § 304, 13 a).

e)

aa) Kommt für einen einheitlichen Zahlungsanspruch etwa ein Auseinandersetzungsanspruch auf der Grundlage einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes und eine Klagforderung aus mehreren selbstständigen Ansprüchen (aus fortwährender Arbeitnehmerüberlassung) in Betracht, so kann ein einheitliches Grundurteil nur ergehen, wenn feststeht, dass jeder der Ansprüche dem Grunde nach gerechtfertigt ist (BGH NJW 01, 224, 225; Leipold a.a.O. § 304, 36).

bb) Wird dagegen der eingeklagte Betrag als Teil eines Gesamtanspruchs auf mehrere selbstständige Forderungen in bestimmter Reihenfolge gestützt und sind einzelne davon schlechthin unbegründet, so kann Grundurteil ergehen, wenn zu erwarten ist, dass dem Kläger jeweils auf die anderen Forderungen im Nachverfahren ein Betrag zuzusprechen sein wird (BGH NJW 93, 1779, 1782 [Teilklage mit vorgegebener Reihenfolge, gestaffelte Ansprüche aus mehreren selbstständigen Forderungen]; Zöller/Vollkommer a.a.O. 13; Reichold a.a.O. 18). Stützt der Kläger seinen Anspruch auf verschiedene Schadenspositionen, die zudem die Klagesumme übersteigen, und führt er ferner die Vermögensnachteile aus unterschiedlichen Pflichtverletzungen des Beklagten an, welche der Kläger in Form von Haupt- und Hilfsansprüchen als prozessual verschiedene Streitgegenstände eingeführt hat, so hat das Gericht diese vom Kläger gesetzte Reihenfolge auch bei Erlass eines Grundurteils zu beachten. Sie hat zur Folge, dass über lediglich hilfsweise eingeführte Ansprüche auch eine Entscheidung zum Grunde erst dann ergehen darf, wenn und soweit feststeht, dass die vorrangig geltend gemachten Forderungen nicht begründet sind (BGH NJW-RR 92, 290 [I]).

2.

Der vorliegende Sachverhalt kommt der zuletzt behandelten Fallgestaltung nahe. Das Landgericht hat den in Ziff. 1 e, aa wiedergegebenen Grundsatz beachtet, indem es die für die Schadensersatzforderung einheitlich zur Begründung herangezogenen Lebenssachverhalte: Koordinierungsfehler 1989 und Hinweisdefizit bezüglich wegen Verjährungseintritts möglicherweise gebotener Anspruchssicherung gegen den Statiker 1994 vollständig geprüft, jeweils einschränkungslos bejaht und auf beide Gesichtspunkte gestützt sein Grundurteil erlassen hat. Die von den Beklagten beanstandete Verfahrensbehandlung kann danach nur bezüglich der dritten (eigenständigen) Anspruchsbegründung: Veranlassung zu ungeeigneter Sanierungsmaßnahme Bedeutung gewinnen. Der dort insoweit angeführte und durch Klageerhöhung in den Rechtsstreit eingeführte Schaden ist zugleich aber Schadensfolge der letztgenannten, vom Landgericht behandelten Pflichtverletzung. Denn hätten die Beklagten zu Verjährungsunterbrechenden Maßnahmen gegen den Statiker geraten (Beweis[sicherungs]verfahren), wäre die Ursache, wie im vorliegenden Rechtsstreit geschehen, geklärt worden, was zugleich die Ungeeignetheit der 1994 befürworteten Sanierungsmaßnahmen geoffenbart und sie verhindert hätte. Hinsichtlich der landgerichtlichen Entscheidung stellt sich danach nur hinsichtlich dieses Gesichtspunktes die Frage, ob ohne Grundentscheidung zu diesem Sachkomplex ein Grundurteil hat ergehen dürfen. So wie aber über einen Hauptantrag durch Grundurteil erkannt werden kann, ohne zugleich auch eine gleichartige Klärung für den Hilfsantrag herbeizuführen, kann über eine Anspruchsbegründung, jedenfalls wenn sie den Anspruch vollkommen oder am weitesten gehend abdeckt, durch Grundurteil entschieden werden, zumal wenn dieser eigenständig zur Entscheidung gestellte Pflichtverletzungstatbestand in einem Stufenverhältnis zu den übrigen Anspruchsbegründungen steht und an erste Stelle gestellt ist. Eine solche Mehrheit von Begründungen ist zulässig (Schumann in Stein/Jonas a.a.O. § 260, 18). Dies kann auch in sog. Eventualhäufung geschehen. Sie bietet dem Kläger die Möglichkeit, dem Gericht die Reihenfolge der Antragsprüfung vorzuschreiben. Sie ist für das Gericht dann bindend (BGH NJW-RR 92, 290 [I]; Schumann a.a.O. § 260, 15). So wie eine Antragsverfehlung dadurch geheilt wird, dass der Kläger, dessen Antrag entgegen § 308 ZPO vom Gericht nicht zutreffend aufgegriffen worden ist, das Urteil im Rahmen der Berufung des Gegners verteidigt und die Zurückweisung der Berufung verlangt (vgl. BGH NJW 99, 61, 62; WRP 98, 303, 305), so, staffelt das Gericht im Zuge eines Grundurteils die zur Entscheidung gestellten Pflichtverletzungen, wird auch diese vom Gericht vorgegebene Eventualhäufung gerechtfertigt, wenn sie der Kläger gelten lässt und sich gegen die Berufung des Gegners verteidigt und erst recht, wenn er diese Stufung - wie hier (Bl. 213, 230) - ausdrücklich aufnimmt und dem Gericht (nun) auch vorgibt.

Danach ist die Zulässigkeit des Grundurteils gegeben.

Aber auch dem Berufungsgericht ist danach eröffnet, sich vorrangig nur mit dem Lebenssachverhalt zu befassen, der vom Kläger als erstrangiger Verletzungstatbestand zur Entscheidung gestellt ist, insbesondere dann, wenn sich diese Prüfungsstruktur mit der vom Landgericht im Grundurteil eingehaltenen deckt.

B

Pflichtverletzung: Unterlassene Hinwirkung auf Anspruchssicherung gegen Statiker.

1.

Mit den Beklagten bestand vorliegend ein sog. Vollarchitektenvertrag, also einer, der auch die Leistungsphasen 8 und 9 gemäß § 15 HOAI eingeschlossen hat. Danach schuldeten sie als Sachwalter des Bauherrn die unverzügliche und umfassende Untersuchung sichtbar gewordener Baumängel sowie die sachkundige Unterrichtung des Bauherrn vom Ergebnis der Untersuchung und der sich daraus ergebenden Rechtslage, selbst wenn sie dabei eigene Fehler hätten offenbaren oder an deren Aufklärung hätten mitwirken müssen (BGH NJW 85, 328, 330; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl., Rdn. 1508).

a) Denn nach der Lph 8 ist dem Architekten die Auflistung der Gewährleistungsfristen übertragen. Dies kann im Einzelfall eine schwierige und mit Rechtsfragen verbundene Aufgabe sein (Locher/Koeble/Frik [im Folgenden kurz: LKF], HOAI, 8. Aufl. [2002], § 15, 220), was alles in allem eine äußerst risikoreiche Leistung darstellt (Pott/Dahlhoff/Kniffka, HOAI, 7. Aufl. [1996], § 15, 35 a). Dabei wird er nicht selbst in eine schwierige rechtliche Prüfung einzutreten haben. Er muss aber den Auftraggeber auf Zweifel hinsichtlich des Verjährungsbeginns und des Verjährungsablaufs hinweisen (LKF a.a.O. § 15, 220). Er muss dabei selbst geringste Zweifel hinsichtlich der Rechtsauslegung von Klauseln oder bei der rechtlichen Bewertung von Tatsachen dem Auftraggeber - ggf. schriftlich - zur Kenntnis bringen und die Zuziehung eines Baurechtskundigen empfehlen, um sonst drohenden Haftungsrisiken zu entgehen (Pott/Dahlhoff/Kniffka a.a.O. § 15, 35 e). Diese Pflicht erstreckt sich auch auf Sonderfachleute (Pott/Dahlhoff/Kniffka a.a.O. 35 a; Locher BauR 91, 135, 138). War er - wie nicht selten - an der Vergabe dieser Leistungen gar nicht beteiligt, hat er sich die entsprechenden Vertragsunterlagen vom Bauherrn zur Einsichtnahme geben zu lassen (Pott/Dahlhoff/Kniffka a.a.O. 35 a; Korbion in Hesse/Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 5. Aufl. [1996], § 15, 180).

b) Die Tätigkeit nach der Lph 9 geht dahin, Ansprüche des Auftraggebers während der Gewährleistungsfrist gegenüber dem Unternehmer festzustellen und bei Vorliegen von Mängeln deren Beseitigung zu veranlassen und zu überwachen (LKF a.a.O. § 15, 222). Da der Architekt im Rahmen der Lph 8 die Gewährleistungsfristen aufgelistet hat, ist es ihm möglich, den Ablauf der Gewährleistungsfristen rechtzeitig festzustellen (LKF a.a.O. 223). Er muss bei der Untersuchung und Behebung von Mängeln beratend tätig werden und darauf achten, dass dem Auftraggeber nicht Schäden infolge falscher Maßnahmen entstehen (BGH NJW 85, 328, 330; BauR 85, 232, 233; LKF a.a.O. 22G). Regelmäßig setzt die Mängelbeseitigung die Klärung der Maßnahmen und die darauf beruhende Bestimmung des oder der gewährleistungspflichtigen Baubeteiligten voraus (Pott/Dahlhoff/Kniffka a.a.O. § 15, 36). Die Überwachung hat die tatsächliche Sicherstellung der nachhaltigen und vollständigen Beseitigung aller festgestellten Mängel zum Ziel; ggf. hat der Architekt einschlägig fachlich beteiligte Sonderfachleute zuzuziehen, um die Erfüllung dieser Verpflichtung zu gewährleisten, falls er selbst in der Beurteilung unsicher ist (Pott/Dahlhoff/Kniffka a.a.O. § 15, 40 a) oder er muss dem Auftraggeber anraten, ein Beweissicherungsverfahren durchführen zu lassen oder ein Privatgutachten eines zugelassenen Sachverständigen einzuholen, wenn der Architekt selbst nicht zu einer hinreichend klaren und abschließenden Bewertung, vor allem im Hinblick auf die Mängelursachen, in der Lage ist (Korbion a.a.O. 197,181 und 216). Es muss in diesen Fällen genügen, aber auch geschehen, dass der Architekt den Auftraggeber darauf hinweist, dass die Regelgewährleistungsfrist durch das entsprechende Ereignis tangiert sein kann und dass hier eine nähere Prüfung erforderlich ist (Locher BauR 91, 135, 136; Korbion a.a.O. 180). Kann er sichere Klärung nicht selbst und sei es unter Hinzuziehung von Sonderfachleuten leisten, so muss er dem Auftraggeber anraten, ein Beweissicherungsverfahren durchführen zu lassen, um so die Ansprüche seines Auftraggebers zu sichern (Korbion a.a.O. 197).

c) Kommt der Architekt den in den Leistungsphasen 8 und 9 beschriebenen Tätigkeiten nicht nach, so haftet er dem Bauherrn auf Schadensersatz (Locher/Koeble/Frik a.a.O. § 15, 235; Pott/Dahlhoff/Kniffka a.a.O. § 15, 35 und 35 e; Locher BauR 91, 135, 138, 139). Wird eine Gewährleistungsfrist aus dem Architekten nach dem Gesagten vorwerfbaren Gründen versäumt und erhebt der betreffende, an sich gewährleistungspflichtige Unternehmer mit Erfolg die Verjährungseinrede, macht sich der Architekt gegenüber dem Auftraggeber gemäß § 635 BGB schadensersatzpflichtig, was zumindest die Verpflichtung zur Tragung von Nachbesserungskosten bedeuten kann (Korbion a.a.O. 180 und 215; Locher a.a.O. 139). Hat der Architekt nicht die Gewährleistungsfristen aufgelistet und/oder über solche nicht aufgeklärt, trägt er die Beweislast dafür, dass der Bauherr auch bei richtigem Architektenverhalten bezüglich der Gewährleistungsfristen die Verjährung hätte eintreten lassen (Locher a.a.O. 139). Insoweit spricht eine Vermutung für beratungsgerechtes Verhalten, wenn nach der Lebenserfahrung bei vertragsgemäßer Leistung des Beraters lediglich ein bestimmtes Verhalten nahe gelegen hätte (BGH NJW 87, 2743, 2746; so zur interessengleichen Lage im Rahmen der Anwaltshaftung: BGH NJW 98, 1860, 1863; Fischer in Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung [1999], Rdn. 1054, 1055). Der Architekt ist von seiner Pflicht, die Ursachen von Baumängeln aufzuklären und dem Bauherrn eigene Planungs- und/oder Bauaufsichtsfehler gar zu offenbaren, nur ausnahmsweise befreit, nämlich wenn er darauf vertrauen durfte, dass andere vom Bauherrn beauftragte Personen der von diesen eingesetzte Sachverständige diese Aufgabe übernehmen und den Bauherrn ausreichend beraten (Korbion a.a.O. 187).

d) Bei Verstößen gegenüber Pflichten, die als Leistungsbilder in den Leistungsphasen 8 und 9 niedergelegt sind, kommt ein Mitverschulden des Bauherrn in der Regel nicht zum Tragen. Der Architekt ist insoweit die zum Schutz vor solchen Risiken zugezogene und vergütete Beratungsperson. Es würde das Profil gegenseitiger werkvertraglicher Pflichten auf den Kopf stellen, wenn der Auftraggeber für verpflichtet gehalten würde, eine in der HOAI normierte Grundleistung "abzufragen", die Beratung also ausdrücklich abzurufen (Locher a.a.O. 140).

e) Ebenso wenig kommt dem Architekten über §§ 278, 254 BGB zugute, dass der Statiker der eigentliche Verursacher der schadensstiftenden Vorgänge war und vom Bauherrn selbst angestellt und zugezogen worden ist. Denn ähnlich wie bei der Bauüberwachung (Lph 8) - dort umgekehrt [Bauherrnüberwachungspflicht keine Pflicht zu Gunsten des mangelhaft arbeitenden Bauunternehmers, insoweit keine Gesamtschuldnerstellung und kein Ausgleich dieser Beteiligten: BGH NJW-RR 89, 86, 89; NJW 73, 518, 519; Korbion a.a.O. 186; Werner/Pastor a.a.O. 1975, 2458, 2463) - ist der Architekt - wie aufgezeigt - gerade in der Lph 9 zur Abwehr bautypischer, von anderen Baubeteiligten ausgehender Gefahren vom Bauherrn eingeschaltet; verwirklicht sich diese Gefahr durch Nachlässigkeit des Architekten und verschließt er sich, wie hier, in besonderem Maße der Wahrnehmung der Pflicht, so kommt ihm der am Anfang der Schadenskette stehende Verstoß eines anderen Erfüllungsgehilfen des Bauherrn nicht (teilweise) zugute. So ist denn auch in der Rechtsprechung anerkannt, dass der bauleitende Architekt dem Bauherrn nicht Planungsfehler des planenden Architekten gemäß § 254 BGB entgegenhalten kann, weil dieser nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherrn ist. Es ist nämlich nicht die Verpflichtung des Bauherrn, dem bauleitenden Architekten mangelfreie Pläne zur Verfügung zu stellen, um Baumängel zu verhindern. Vielmehr ist es die eigentliche Aufgabe des bauleitenden Architekten, für die mangelhafte Errichtung des Bauwerkes zu sorgen (OLG Düsseldorf [22. ZS] NJW-RR 98, 741, 742; OLG Köln NJW-RR 97, 597, 598; OLG Bamberg NJW-RR 92, 91; a.A. Werner/Pastor a.a.O. 1975; LKF a.a.O. Einl. 112; Löffelmann/ Fleischmann, ArchitektenR, 4. Aufl., Rdn. 553). Der nämliche Grundsatz muss auch gelten im Verhältnis bauleitender Architekt zum Statiker. Dies gilt umso mehr, wenn die eigenständige Aufgabe des Architekten gerade darin besteht, Ansprüche des Bauherrn gegen erkennbare oder nahe liegend fehlsame planerische Vorleistungen anderer am Bau Beteiligter nachhaltig und erfolgreich zu sichern. Griffen dagegen stets der Ausgleichseinwand und dann eine Quotelung nach Verursachungs- und Verantwortlichkeitsbeiträgen, so käme der fehlerhaften planerischen Vorleistung als der eigentlichen Schadensursache immer das Übergewicht zu und die eigenständige Architektenpflicht, den Bauherrn gerade vor Folgen dieses Verstoßes zu schützen, verkäme zur stets nachgeordneten Randpflicht des Architekten. Zwischen diesen Pflichtenkreisen fehlt denn auch die notwendige Voraussetzung für ein Gesamtschuldverhältnis, danach ein Ausgleichsanspruch und dessen Einwendbarkeit in diesem Verhältnis, nämlich die planmäßige Zweckgemeinschaft zwischen diesem Leistungs(vor)erbringer und dem Architekten. Der eigenständige Aufgabenkreis des Architekten hebt ihn über den anderen Baubeteiligten, insoweit ist er Schutzgarant für den Bauherrn. Seine Aufgabe ist nicht jener Vorleistung bautechnisch angegliedert und schreibt diese nicht bautechnisch fort, sondern ist eine andere, nämlich die einer reinen Rechtssicherung.

2.

Diese gesicherten Grundsätze auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet:

a) Dass Ursache des Schadensbildes ist, dass beide Decken statisch falsch berechnet worden sind, legen die Parteien überstimmend selbst zu Grunde (etwa Bl. 238). Anderes wird im Berufungsrechtszug nicht mehr ins Feld geführt. Im Übrigen ergibt sich diese Einschätzung auch überzeugend und zuverlässig aus den Ausführungen des Sachverständigen N.

b) Als sich die Beteiligten am 08.07.1994 zu einer Ortsbesichtigung trafen, hat der Beklagte Ziff. 1 durch paralleles Diktat (vgl. Bl. 125) den dortigen Baustellenbericht erstellt und dabei u.a. als wesentliche Feststellung aufgenommen (K 3 = Bl. 14 bis 16):

"I Im Bereich Wohnen / Essen an Küchenecke Durchleuchtung. Hier zeigen sich außen horizontale Risse (Rissbreite ca. 0,5 -1 mm).

...

1.) Bei den aufgetretenen Rissen handelt es sich um Putzrisse in der Oberfläche, die bedingt durch Bewegungen in der Deckenplatte sowie im Mauerwerk, sich in den Stoß- und Lagerfugen des Poroton-Mauerwerks zeigen.

...

3.) ...

Natürlich beinhaltet auch eine solche Maßnahme immense Mehrkosten.

II Starker Horizontalriss an Westseite im Bereich Musikzimmer / Penthouse, starke Durchleuchtung der Wand, sowie kompletter horizontaler Riss an Außen- und Innenwand sichtbar.

Starke Durchfeuchtung an der Innenwand (Rissbreite ca. 1,5-2 mm).

Stellungnahme aller Beteiligten:

1.) Hier wurden unterschiedliche Ursachen für diesen Horizontalriss vorgebracht.

Eindeutig ist, daß ... dies sicherlich ein Riss ist in der Lagerfuge des porosierten Außenmauerwerks.

Möglichkeit 1: Starke Bewegungen der Decke und Verbund der Decke mit der obersten Steinlage, so daß ein Abriss erst in der zweiten Steinlage sichtbar wird.

Möglichkeit 2: Setzungen im Bereich unterer Decke des Penthouses, bedingt durch Gebäudebewegungen und Benutzung (z.B. punktuelle Mehrbelastungen).

...".

Danach hat der Beklagte selbst als Ursachenmöglichkeit "Bewegungen in der Deckenplatte sowie im Mauerwerk, [die] sich in den Stoß- und Lagerfugen des Poroton-Mauerwerks zeigen" und "starke Bewegungen in der Decke", "bedingt durch Gebäudebewegungen ..." ausgemacht. Schon diese eigene Ursacheneinschätzung hätte dem Beklagten, da damit schon massivste Beeinträchtigungen im statischen Gefüge des Gesamtgebäudes greifbar angesprochen worden waren, Anlass sein müssen, seine vertraglich übernommene Pflicht wahrzunehmen, nämlich auf eine verlässliche Ursachenforschung, ggf. unter Beiziehung von Sonderfachleuten, hinzuwirken und - vor allem und eigenständig - die Kläger nachdrücklich, ggf. schriftlich, um die Nachdrücklichkeit eines solchen Hinweises auch zu unterstreichen, darauf hinzuweisen, dass Gewährleistungsfristen gegen den Statiker auslaufen könnten und die Kläger je nach Gestaltung ihrer vertraglichen Beziehungen damit akut Gefahr laufen, Gewährleistungsansprüche gegen ihn als möglichen Verursacher dieser auch nach Einschätzung des Architekten massiven Gebäudestörung mit erkennbar hohen Folgekosten verlustig zu gehen. Auch wenn man der Wendung in seinem Bericht (Bl. 16)

"Möglichkeit 3: ...

Die endgültige Ursache für diesen Abriss, kann nur durch einen entsprechend fachlich geschulten Gutachter festgestellt werden. ..."

nicht - wie vom Landgericht der Vernehmung des Zeugen N jun. verlässlich entnommen (vgl. zum Gegenbeweis im Berufungsrechtszug Bl. 185) - die Bedeutung beimisst, die Zuziehung eines Sachverständigen habe nur der Feststellung des genauen Schuldigen, nicht aber der Festlegung einer verlässlichen Sanierungsmaßnahme gedient - eine Aussage, die in Bezug auf das hier begründete Aufklärungsdefizit für die Klägerseite eher nachteilig sein könnte -, so entlastet der Gutachterverweis im Bericht die Beklagten nicht. Die Beklagten durften nicht bloß auf Aufklärungsmöglichkeiten (entweder hinsichtlich Ursache oder verantwortlicher Person) hinweisen, sie mussten vielmehr ihren Auftraggebern die ihnen drohende Gefahr eines Anspruchsverlustes gegen einen möglicherweise (Allein-)Verantwortlichen nachdrücklich vor Augen führen, ihnen als sicheren Weg ein Beweis(sicherungs-)verfahren gegen den Statiker anraten oder die nachdrückliche Empfehlung aussprechen, sich zur Vorbereitung einer Anspruchssicherung gegen den Statiker fachkundigen Rechtsrates zu versichern. Bewegungen und Setzungen in der Decke und Rissbilder in der Lagerfuge lassen auch einen nur mäßig mit Bauschäden Vertrauten sogleich an Leistungsdefizite im statischen Bereich denken. Dass vor Ort bei jener Baubesprechung der Statiker auf Befragen erklärt habe, er habe noch alles einmal nachgerechnet, alles stimme, an seinem Gewerk könne es nicht liegen - was die Beklagten im Berufungsrechtszug unter Beweis stellen, wogegen aber die eigene Einlassung des Beklagten Ziff. 1 vor dem Landgericht steht [Bl. 132 unten] -, zeigt zum einen, dass sich Erwägungen hinsichtlich einer Verantwortlichkeit des Statikers im Ansatz geradezu aufgedrängt hatten, zum ändern durften sich die Beklagten mit solchen, sich selbst freisprechenden Angaben eines üblichen Verdächtigen nicht zufrieden geben. Dass jemandem, der einen Fehler gemacht hat, bei der Überprüfung der gleichen Aufgabe der nämliche Fehler wieder unterläuft, ist ebenso allgemeine Lebenserfahrung wie, dass mancher, stellt er einen eigenen Fehler fest, geneigt ist, diesen zu vertuschen und jegliche Schuld von sich zu weisen. Selbst wenn - so der Beweisantritt - alle Beteiligten dem Statiker Glauben geschenkt haben sollten, läge in dieser leichtfertigen Leichtgläubigkeit der Beklagten eine unvertretbare Missachtung der Bauherrninteressen, welche sie unbedingt wahrzunehmen hatten. Für die Beklagten war, wie sie selbst in ihrem Bericht angaben, ein Statikerfehler damit ein substanzieller Schaden des Gebäudes mit weitreichenden, auch wirtschaftlichen Folgen für die Kläger nicht fern liegend. Ihre Aufgabe war dann, die Kläger vor einem Anspruchsverlust gegen diesen am Bau Beteiligten zu sichern, indem sie dieses Risiko den Klägern nachhaltig vor Augen führten und, kannten sie selbst nicht das rechtliche Arsenal zur Anspruchssicherung, die Kläger nachdrücklich an einen Baurechtskundigen zu verweisen.

Dies nicht getan zu haben, sondern sich, wenngleich unter gewissen Vorbehalten, zum Fürsprecher eines - letztlich untauglichen - Sanierungsmodells zu machen, war pflichtwidrig und gereicht ihnen zum Verschuldensvorwurf.

c) Ein Mitverschulden der Kläger kommt vorliegend nicht zum Tragen. Die Beklagten waren von den Klägern auch gerade dafür eingesetzt, sie vor einem solchen Rechtsverlust zu bewahren. Dieser Pflichtenzuschnitt und das damit verbundene Gefalle zwischen Pflichtigem und zu Betreuendem schließt zwar einen Mitverschuldensvorwurf nicht von vornherein grundsätzlich aus, gibt aber zu bedenken, dass die Anforderungen an die Selbstsicherung durch denjenigen, der sich eine Fremdsicherung erkauft hat, nicht überspannt werden dürfen. Zwar wird nicht verkannt, dass die Beklagten durch eine - wie sie es sehen: salvatorische - Wendung in ihrem Bericht (K 3 = Bl. 16, dort I.) des Inhalts:

"Die endgültige Ursache für diesen Abriss, kann nur durch einen entsprechend fachlich geschulten Gutachter festgestellt werden"

darauf hingewiesen haben, dass eine endgültige Ursachenerfassung bislang unterblieben ist Dies musste aber die Kläger von sich aus nicht zu gegenläufigen Maßnahmen der Anspruchssicherung herausfordern. Dass die Kläger durch eigene rege Bautätigkeit und - entscheidend - Rechtsbefassung etwa im Zuge von Baustreitigkeiten über eigenständige Kenntnisse auf diesem Gebiet verfügt hätten, ist von den Beklagten nicht dargestellt. Der Bericht war zudem lang, hat viele Varianten aufgezeigt und mündete nach diesem, im Fließtext aufgenommenen, keinesfalls herausgestellten Vorbehalt in einen nicht einmal bloßen Vorschlag, sondern "Sanierungsvorschlag". Schon dies hat den nicht als sonderlich kundig überlieferten Klägern die relative Gewissheit nahe legen dürfen, trotz aller Fragen und Erwägungen stelle dieser Sanierungsvorschlag eine tragfähige, gangbare Lösung dar, der man sich anschließen könne. Keinesfalls musste Argwohn in ihnen aufkommen, dieser vorgeschlagene Weg sei mit ganz erheblichen Risiken für sie verbunden. Dies umso weniger, als - wie die Beklagten selbst vortragen - nach dem Gang des Ortstermins (angeblich) keiner der Beteiligten mehr die Verantwortlichkeit beim Statiker gesehen hat (vgl. Bl. 190). Um wie viel weniger soll danach bei den Klägern als Laien wie bei deren Sohn als Vertreter im Ortstermin ein entsprechendes Problembewusstsein und nach dem Ausgang jenes Termins das Bewusstsein gekeimt sein, man könne den Erwägungen und Lösungen der dortigen Fachleute, insbesondere dem Sanierungsvorschlag des eigenen Sachwalters, des Architekten, keinerlei Vertrauen entgegenbringen. Nach dem abstrakten Verantwortungsgefälle zwischen Sachwalter und den zu Betreuenden und dem abwiegelnden Gang des Ortstermines und der in Sicherheit wiegenden Abfassung des Architektenberichtes scheidet ein Mitverschuldensvorwurf gegen die Kläger aus.

d) Auch wenn die Beklagten, was ihre Pflicht gewesen wäre, den Vertrag mit dem Statiker erbeten und diesen auf Verjährungsregeln hin überprüft hätten, so hätten sie dort (K 1 = Bl. 12, ebenso Beiakte 9 OH 9/97 - K 3 = Bl. 10 -Anl.) als Verjährungsabrede vorgefunden:

"12. Verjährung

Die Verjährungsfrist für die Haftung des AN aus Gewährleistung beträgt 3 Jahre, beginnend ab Abnahme. Die Frist bestimmt sich nach § 638 BGB (Dauer der Gewährleistung: fünf Jahre), wenn die Parteien nicht folgende individuelle Regelung getroffen haben:

Für jeden Laien wäre die Widersprüchlichkeit und damit zumindest Offenheit der dort getroffenen Regelung augenfällig gewesen. Dem Architekten hätte danach klar sein müssen, dass die zudem ausdrücklich angesprochene 5-jährige Verjährungsfrist am 08.07.1994 möglicherweise noch gar nicht abgelaufen ist und damit schon nach der textlichen Fassung Ansprüche gegen den Statiker noch geltend gemacht werden können.

Durch das unstreitige Unterlassen eines solchen Hinweises - was im Übrigen auch durch die Fassung des eigenen Berichtes vom 08.07.1994 dokumentiert wird -, nämlich dass für eine massive Schadensposition eine Verantwortlichkeit des Statikers denkbar ist, dass der Statikervertrag eine schon abgelaufene Verjährung nicht zwingend erkennen lässt und dass jedenfalls die Zuziehung eines sachkundigen Rates zur Sicherung von möglicherweise bald verjährenden Ansprüchen gegen diesen sich anempfiehlt, sind die Beklagten um einen Anspruch gegen den Statiker gebracht worden.

e) Dass sich die Beklagten bei vertragsgemäßer und damit nachdrücklicher Aufklärung beratungsgerecht verhalten hätten, ist vorliegend zu vermuten. An den Beklagten wäre es, diesen Anschein zu widerlegen, mithin Tatsachen zu beweisen, die für eine atypische Verhaltensweise der Bauherren sprächen (vgl. Fischer a.a.O. 1055 m.N.). Die Beklagten beschränken sich insoweit auf die wiederholte Behauptung, die Kläger hätten aus Kostengründen von einer Ursachenabklärung durch ein Gutachten Abstand genommen (Bl. 38, 43, 187). Dieses Vorbringen ist nicht nur bestritten und ohne Beweisantritt geblieben, es ist auch unerheblich. Denn nicht auf die Reaktion der Kläger auf die tatsächliche, vorwerfbar unzulängliche Betreuung der Beklagten kommt es an, sondern darauf, wie die Kläger auf einen nachdrücklichen, das Schadenspotenzial und die Gefahr des Anspruchsverlustes vor Augen führenden Hinweis der Beklagten reagiert hätten. Das weitere Verhalten der Kläger, allerdings nun nach noch leidvollerer Erfahrung, spricht vielmehr eine andere Sprache, nämlich dass sie die spätere umfänglich eingeleiteten Rechtsschritte auch bei gebotenem Hinweis früher und damit rechtzeitig eingeleitet hätten.

f) Durch diese schuldhafte Pflichtverletzung ist den Klägern der Gewährleistungsanspruch gegen den Statiker, der sich mit dem nun gegen den Beklagten geltend gemachten deckt, verloren gegangen, da verjährt. Dass der Anspruch verjährt ist, hat das Landgericht in seinem Urteil 9 O 551/00 im Verhältnis der dortigen Parteien rechtskräftig festgestellt. Ob jene Rechtsbeurteilung für das hier erkennende Gericht bindend ist (vgl. zu solchen Fragen im Anwaltshaftungsprozess etwa BGH NJW 93, 1323, 1325; Fischer a.a.O. 1101), kann vorliegend auf sich beruhen. Denn der Senat tritt der dortigen Beurteilung und Wertung bei, dass im Endergebnis die Verjährung im Jahre 1995 eingetreten ist, aber bezogen auf die Baustellenbesprechung im Jahre 1994 noch nicht eingetreten war.

aa) Denn der Statikervertrag als Bauvertrag unterliegt grundsätzlich der 5-jährigen Verjährungsfrist des § 638 BGB [a.F.]. Die Abnahme war in der Bezahlung der Statikerrechnung zu sehen, die Verjährungsfrist nahm mithin am 17.01.1990 ihren Lauf. Die Regelfrist war danach am 17.01.1995, und damit geraume Zeit nach dem Ortstermin vom 08.07.1994, erst abgelaufen. Gleichwohl war am 08.07.1994 angesichts der Nähe zu diesem Fristablauf aller Anlass gegeben, auf eine Anspruchssicherung oder zumindest eine fachkundige Beratung in dieser Richtung nachdrücklich hinzuwirken.

bb) Wäre dies geschehen, so hätte etwa durch - wie auch später geschehen - ein Beweis(sicherungs-)verfahren die Verjährung unterbrochen (§§ 639 Abs. 1, 477 Abs. 2 BGB [a. F.]) und nach Klärung der wahren Verantwortlichkeit fristgerecht Klage erhoben werden können. Denn am 08.07.1994 war der Anspruch gegen den Statiker auch nicht durch eine die Regelverjährung wirksam abbedingende Vereinbarung bereits abgelaufen.

(1) Die oben unter d) wiedergegebene Passage im Statikervertrag (K 1 = Bl. 12, ebenso Beiakte 9 OH 9/97 - K 3 = Bl. 10 - Anl.) war als Klauselwerk nicht geeignet, die gesetzliche Frist wirksam zu ändern. Denn die Klausel war, wie aufgezeigt, in sich so widersprüchlich, dass sie im Hinblick auf die Unklarheitenregel des § 5 AGBG nur im Sinne der gesetzlichen Verjährungsregel aufgefasst werden konnte.

(2) Die Klausel gibt auch keine individualvertragliche, mündliche Abrede schriftlich nur eben unvollkommen wieder. Denn der Beweisaufnahme kann nicht entnommen werden, dass der Statiker in den Vertragsverhandlungen mit den Klägern eine Abweichung vom Gesetz zur Disposition gestellt und im freien Aushandeln eine Abkürzung der Verjährungsfrist auf 3 Jahre erzielt hätte. Zwar findet sich solches in der Aussage der Zeugin E. Der Senat vermag jedoch - unabhängig von nachgelassenen und vorgetragenen Angriffen der Kläger gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugin - schon aufgrund der Beweisaufnahme die hinreichende Gewissheit von der Richtigkeit dieser Zeugenaussage nicht zu gewinnen. Die Zeugin hat der Verhandlung als Streithelferin beigewohnt und nach den Ausführungen des Senates, spätestens jedoch nach einer Beratung der Verfahrensbeteiligten und der Verlautbarung des Beklagtenvertreters nach Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung etwa sinngemäß, wenn der Senat dies so sehe, müsse für die Abkürzung der Verjährungsfrist Beweis mit der präsenten Zeugin E angeboten werden, erfahren, dass es jetzt auf sie und insoweit auf sie ankomme. Dieser auf einem Zeugen lastende Druck hindert grundsätzlich nicht, dass der Zeuge gleichwohl bei der Wahrheit bleibt. Die Zeugin hat in ihrer eigenen Schilderung aber sofort das überliefert, was als Beweisthema in ihr Wissen gestellt worden war, nämlich dass die Verjährungsfrist im Zuge von Verhandlungen abgekürzt worden sei. Von sich aus hat sie dabei die Verknüpfung dieses angeblichen Verhandlungsergebnisses mit dem Begehren des Klägers auf Herabsetzung des Honoraranspruches ihres Mannes nicht überliefert. Erst auf Nachfrage hat sie diese Regelungselemente als Gegengeschäft dargestellt. Neben dieser recht zügigen Übermittlung eines dem Beweisthema entsprechenden Sachverhaltes blieb ihr sonstiges Bekunden recht lebensfremd. So hat sie angegeben, ihr Mann habe auf bloße Bitte des Klägers, die nach HOAI sich ergebende Honorarsumme abzusenken, den Pauschalbetrag, auf den man sich geeinigt habe, sofort genannt. Von Zwischenschritten, um zu diesem Verhandlungsergebnis zu gelangen, hat sie nichts berichtet. Erst auf Nachfrage und Vorhalt, dass eine solche Angebotsvorlage des Honorarberechtigten doch recht ungewöhnlich erscheine, hat sie sich auf ein angebliches Herantasten auf diese letztendlich gefundene Summe in rechnerischen Zwischenschritten besonnen. Zuerst war jedoch auf Nachfrage ihr Bekunden fest, ihr Mann habe nur gerechnet und ein Pauschalhonorar von 19.600,00 DM angeboten. Auch vermochte sie, die sie bei Vertragsverhandlungen im eigenen Haus stets zugegen gewesen sein will, nicht anzugeben, wie oft es zu jener Zeit oder später durchschnittlich zu Honorarnachlässen gekommen sei. Danach bleibt die Aussage einer Zeugin, die das in ihrer Anwesenheit gefundene Beweisthema mit großer Festigkeit bestätigt, inhaltlich damit zusammenhängende Vorgänge aber lebensfremd überliefert und erst auf Vorhalt korrigiert und neu und plausibel darstellt. Auf eine solche Aussage kann der Senat aber die Überzeugung nicht gründen, vor nunmehr 13 Jahren habe es sich so zugetragen, wie es die Zeugin nach und nach dargestellt hat.

3.

a) Der hier aufgezeigte Schadensersatzanspruch schließt auch die Kosten für die ungeeignete Nachbesserung (30.785,50 DM, Bl. 108) ein. Denn bei sachgerechter Beratung wäre es zu diesem Nachbesserungsversuch erst gar nicht gekommen.

b) Ob der Gewährleislungsanspruch gegen die Beklagten gemäß Ziff. 8 des Architektenvertrages wirksam auf 150.000,00 DM für Sach- und Vermögensschäden begrenzt worden ist (K 2 = Bl. 13), hat das Landgericht in seinem Urteil nicht entschieden und muss vom Senat gegenwärtig auch nicht entschieden werden (vgl. hierzu Locher/Koeble/Frik a.a.O. Einl 148; Werner/Pastor a.a.O. 2230; vgl. auch Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 9 AGBG, 47), zumal betragsmäßige Haftungsbegrenzungen nicht zum Grund des Anspruchs gehören, damit den Erlass eines Grundurteils nicht gehindert haben (vgl. Zöller/Vollkommer a.a.O. § 304, 8, 15; Leipold a.a.O. § 304, 14) und alle hier geltend gemachten Ansprüche im Falle der Wirksamkeit dieser Klausel der nämlichen Beschränkung unterlägen und damit jedenfalls keine unterschiedliche Reichweite der zur Entscheidung gestellten Ansprüche entstünde.

c) Der Anspruch gegen die Beklagten ist auch nicht verjährt. Diese Einrede haben die Beklagten im Berufungsrechtszug schon nicht mehr erhoben. Im Übrigen gilt das vom Landgericht dazu Ausgeführte, insbesondere, dass die Verjährungsregelung bezüglich Ziff. 10.2 lit. b (AVA - B 1 = Bl. 48 Rs) gemäß § 11 Nr. 10 f AGBG unwirksam ist (BGH NJW-RR 87, 144, 146; Locher/Koeble/Frik a.a.O. Einl 155; Werner/Pastor a.a.O. 2241), zumal Architektenverträge nicht unter § 23 Abs. 2 Nr. 5 AGBG fallen (Palandt/Heinrichs a.a.O. § 11 AGBG, 71 m.N.).

d) Auf die - nur hilfsweise geltend gemachten - Schadensersatzansprüche wegen eines sog. Koordinierungsfehlers und damit zusammenhängende Gesamtschuld- und Ausgleichsfragen (vgl. hierzu etwa BGH NJW-RR 89, 86, 89; Werner/Pastor a.a.O. 2463 ff.) kommt es danach nicht an.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.

Der Gegenstandswert eines ein Grundurteil betreffendes Berufungsverfahren entspricht dem Wert der Hauptsache (vgl. insoweit auch zur Beschwer BGH NJW 98, 686; Reichold in Thomas/Putzo a.a.O. § 304, 22). Da das Grundurteil einem Feststellungsanspruch gleich und eine Vollstreckung aus dem der Feststellung zu Grunde liegenden Wert nicht in Betracht kommt, sind im Rahmen der vorläufigen Vollstreckbarkeit nur die Kosten zu besichern (Karlsruhe OLGZ 13, 179, 180; Wieczorek, ZPO, 2. Aufl., § 710, A II b).

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der §§ 542, 543 ZPO nicht vorliegen. Der Senat folgt, soweit überhaupt Streitfragen betroffen sind, der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung und wahrt damit auch die Rechtsprechungskontinuität.

Ende der Entscheidung

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