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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 01.10.2003
Aktenzeichen: 4 W 34/93
Rechtsgebiete: AktG, ZPO


Vorschriften:

AktG § 304 Abs. 1
AktG § 305 Abs. 1
ZPO § 287 Abs. 2
1. Der wahre Wert eines Unternehmens lässt sich in aktienrechtlichen Spruchverfahren selbst unter Anwendung anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden nicht punktgenau ermitteln, da auch ein so gewonnenes Ergebnis immer auf bestimmten Prognosen beruht, die mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sind. Dem hat das zur Entscheidung berufene Gericht dadurch Rechnung zu tragen, dass es die den außenstehenden Aktionären zuzusprechenden Abfindungs- und Ausgleichszahlungen letztlich aus einem im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO ermittelten Unternehmenswert ableitet.

2. Als Grundlagen der Schätzung sind dabei sowohl die nach beriebswirtschaftlichen Bewertungen ermittelten Ergebnisse, als auch der aus dem Börsenkurs abgeleitete Verkehrswert des Unternehmens heranzuziehen.


Oberlandesgericht Stuttgart - 4. Zivilsenat - Beschluss

4 W 34/93

In Sachen

wegen Ausgleich/Barabfindung nach §§ 304, 305 AktG

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

der Vors. Richterin am OLG Dr. Sulzberger-Schmitt, des Richters am OLG Dr. Herdrich, des Richters am OLG Dr. Ottmann

am 01.10.2003

beschlossen:

Tenor:

1.) Auf die sofortigen Beschwerden der Antragsteller Ziff.1 bis 5 wird der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 28.06.1993 abgeändert:

a) Die angemessene Ausgleichszahlung gem. § 304 Abs. 1 AktG aus dem zwischen den Antragsgegnerinnen Ziff. 1 und 2 abgeschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 25.10.1990 wird auf 36,40 DM (brutto) je Aktie im Nennbetrag von 100.- DM und auf 364,00 DM (brutto) je Aktie im Nennbetrag von 1.000.- DM abzüglich Körperschaftssteuerbelastung in Höhe des jeweils geltenden gesetzlichen Tarifs festgesetzt.

b) Der angemessene Abfindungsbetrag gem. § 305 Abs. 1 AktG wird auf 496,90 DM je Aktie im Nennbetrag von 100.- DM und auf 4.969.- DM je Aktie im Nennbetrag von 1.000.- DM festgesetzt. Dieser Betrag ist ab dem 17.01.1991 mit jährlich 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz (ab 01.01.1999 über dem Basiszinssatz) der Deutschen Bundesbank zu verzinsen.

2.) Die weitergehenden Beschwerden und Anträge der Antragsteller Ziff. 1 bis 5 und des Vertreters der außenstehenden Aktionäre, die keine eigenen Anträge gestellt haben, werden zurückgewiesen.

3.) Die Kosten des Verfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller tragen die Antragsgegnerinnen Ziff. 1 und 2 als Gesamtschuldner.

Gründe:

A.

Die Hauptversammlung der Antragsgegnerin Ziff. 1 (ein Filzwaren herstellendes und verarbeitendes Unternehmen) stimmte am 17.12.1990 einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gemäß § 291 Abs. 1 S. 1 AktG vom 25.10.1990 mit der Antragsgegnerin Ziff. 2 zu (Protokoll AG 2/Bl. 23). Darin wurde die Leitung der Antragsgegnerin Ziff. 1 der Antragsgegnerin Ziff. 2 unterstellt und die Antragsgegnerin Ziff. 1 verpflichtete sich, ihren gesamten Jahresüberschuss im Rahmen des gesetzlich Zulässigen an die Antragsgegnerin Ziff. 2 abzuführen. Die Antragsgegnerin Ziff. 2 verpflichtete sich gemäß § 304 AktG, an die außenstehenden Aktionäre der Antragsgegnerin Ziff. 1 pro Aktie einen Gewinnanteil von 11 % für jedes Geschäftsjahr auf das Nennkapital der Aktie zu bezahlen. Alternativ dazu bot die Antragsgegnerin Ziff. 2 den außenstehenden Aktionären der Antragsgegnerin Ziff. 1 an, deren Aktien zum Preis von 400,00 DM/Aktie im Nennbetrag von 100,00 DM bzw. für 4.000,00 DM/Aktie im Nennbetrag von 1.000,00 DM zu erwerben. Den Ausgleichs- bzw. Abfindungsbeträgen lag ein Ertragswertgutachten der Vertragsprüfungsgesellschaft K. in Zusammenarbeit mit dem B. vom 07.10.1990 zu Grunde (Anl. AG 3/Bl. 24).

Die Antragsteller halten diese Beträge für unangemessen niedrig und haben daher die gerichtliche Festsetzung des angemessenen Ausgleichs nach § 304 Abs. 3 S. 3 AktG bzw. § 305 Abs. 5 S. 2 AktG beantragt. Durch Beschluss vom 16.09.1991 hat das Landgericht gemäß § 306 Abs. 4 S. 2 AktG Rechtsanwalt G. zum gemeinsamen Vertreter der außenstehenden Aktionäre (Kleinaktionäre), die keine Anträge gestellt haben, bestellt.

Die Antragsteller beanstanden im wesentlichen, dass das Privatgutachten K. zum Stichtag 31.12.1998 und nicht zum 17.12.1990 erstattet worden sei. Der Kapitalisierungszinsfuß sei mit 8 % unzutreffend berechnet worden, er betrage allenfalls 7,5 %. Darüber hinaus seien die zukünftig zu erwartenden Umsatzsteigerungen der Gesellschaft zu pessimistisch beurteilt worden. Das nicht betriebsnotwendige Vermögen sei zu niedrig bewertet.

Das Landgericht hat die Anträge durch Beschluss vom 28.06.1993 (Bl. 167/172) zurückgewiesen, den Antragstellern Ziff. 1 bis 5 je 1/5 der Gerichtskosten auferlegt und im Übrigen bestimmt, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden. Zu den Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses Bezug genommen.

Dagegen haben die Antragsteller Ziff. 1 bis 5 jeweils sofortige Beschwerde eingelegt. In den Beschwerdebegründungen werden einzelne Punkte des Gutachtens K. angegriffen und geltend gemacht, der Unternehmenswert sei wesentlich höher, als von diesen Gutachtern ermittelt.

Der Senat hat zunächst durch Beweisbeschluss vom 17.03.1994 (Bl. 207/211) die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu den angegriffenen Punkten durch den Sachverständigen Dr. Wa. angeordnet. Nachdem es zu Unstimmigkeiten wegen der Sachverständigenvergütung kam, wurde mit Beweisbeschluss vom 13.10.1995 (Bl. 312/314) der Sachverständige Prof. P. beauftragt. Der Sachverständige ist dann aber kurz vor Fertigstellung des Gutachtens schwer erkrankt und wurde durch den Sachverständigen Prof. Fi mit Beschluss vom 12.02.1996 (Bl. 432/434) ersetzt. Dieser Sachverständige hat sein Ausgangsgutachten dann am 21.04.1998 erstattet (nicht einblattiert). Darin kommt er zu dem Ergebnis, dass eine Abfindung in Höhe von 565,00 DM und eine Ausgleichszahlung von 38,80 DM je Aktie im Nennkapital von 100,00 DM angemessen seien.

Gegen das Sachverständigengutachten haben der Vertreter der außenstehenden Aktionäre und die Antragsgegnerinnen umfangreiche Einwendungen vorgebracht. Der Senat hat daher mit Beschluss vom 02.11.1998 (Bl. 653/667) den Sachverständigen zu einer ergänzenden Stellungnahme aufgefordert. In seinem Ergänzungsgutachten vom 02.06.1999 (Bl. 684) setzte sich der Sachverständige mit den Einwendungen ausführlich auseinander und kam zu dem Ergebnis, dass eine Abfindung von 543,00 DM bzw. (je nach Kapitalisierungszins) von 559,00 DM und eine Ausgleichszahlung von 37,10 DM brutto (d.h. ohne Berücksichtigung der Körperschaftssteuerbelastung) angemessen seien. Dieses Gutachten wurde von den außenstehenden Aktionären im Wesentlichen akzeptiert, während die Antragsgegnerinnen dagegen umfangreiche und massive Einwendungen, auch gegen die fachliche Kompetenz des Sachverständigen, vorgebracht haben.

Der Senat hat dem Sachverständigen mit Beschluss vom 11.01.2001 (Bl. 819/820) aufgegeben, sein Gutachten, welches auf den Stichtag 31.12.1989 erstattet wurde, auf den Stichtag 17.12.1990 zu überarbeiten. Außerdem wurde ihm aufgegeben, sich zu den erhobenen Fragen der Antragsgegnerinnen zu äußern. In seinem Ergänzungsgutachten vom 20.08.2001 (Bl. 839/853) kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass eine Abfindung in Höhe von 705,00 DM bzw. 728,00 DM (je nach Kalkulationszins) sowie eine Ausgleichszahlung von (brutto) 49,75 DM angemessen seien. Dagegen wenden sich die Antragsgegnerinnen. Sie halten dessen Stellungnahme für unwissenschaftlich und unbrauchbar. Außerdem vertreten sie die Auffassung, auf das Gutachten des Sachverständigen komme es letztendlich überhaupt nicht mehr an, da nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG und des BGH für die Bestimmung von angemessener Abfindung und angemessenem Ausgleich grundsätzlich auf den Börsenkurs des Unternehmens abzustellen sei. Unter dessen Berücksichtigung seien aber die von den Antragsgegnerinnen angebotenen Abfindungs- und Ausgleichsbeträge angemessen und daher nicht angreifbar. Demgegenüber behauptet der Vertreter der außenstehenden Aktionäre, die keinen Antrag gestellt haben, der Börsenkurs sei nicht aussagekräftig, da er aufgrund von Insiderkenntnissen der Mehrheitsaktionäre manipuliert sei. Dies zeige sich an der sprunghaften Entwicklung der Unternehmensgewinne nach Abschluss des Unternehmensvertrages. Deshalb dürfe nicht alleine auf den Aktienkurs abgestellt werden.

Zu den Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten Bezug genommen.

Der Senat hat am 22.07.2002 mündlich verhandelt. Der Vertreter der außenstehenden Aktionäre, die keinen Antrag gestellt haben, beantragt, Abfindung und Ausgleich zumindest gemäß den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen festzusetzen und den jährlichen Ausgleich für die Zeit ab 1997 höher festzusetzen als für die Zeit ab Inkrafttreten des Unternehmensvertrages. Die Antragsteller haben sich diesen Anträgen angeschlossen, die Antragsgegnerinnen beantragen, die Beschwerden zurückzuweisen. Zu den Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 892/894) verwiesen.

B.

Die gem. §§ 306 Abs.2, 99 Abs. 3 S. 2 AktG statthaften sofortigen Beschwerden der Antragsteller sind jeweils in zulässiger Weise eingelegt. Die Rechtsmittel sind auch begründet und führen zur Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang.

Der Senat hat dabei unter Beachtung der neueren Rechtsprechung des BVerfG (BverfGE 100, 189 = NJW 1999, 3769) und des BGH (DB 2001, 969 = NJW 2001, 2080 = BGHZ 147, 108) zur Berücksichtigung der Börsenkurse und auf Grundlage der gutachterlichen Äußerungen des Sachverständigen Prof. Fi., soweit diese für nachvollziehbar und überzeugend erachtet werden, letztlich im Wege einer Schätzung nach § 287 S. 2 ZPO die angemessene Ausgleichszahlung nach § 304 Abs. 1 AktG und den angemessenen Abfindungsbetrag nach § 305 Abs. 1 AktG bestimmt.

I.

1.) Voraussetzung der Bemessung einer angemessenen Abfindung oder Ausgleichszahlung nach den §§ 304 und 305 AktG ist es, den Wert der Unternehmensbeteiligung des einzelnen Aktionärs der abhängigen Gesellschaft festzustellen. Eine bestimmte Bewertungsmethode wird vom Gesetz nicht vorgeschrieben. In der betriebswirtschaftlichen Praxis hat sich hierbei die sog. Ertragswertmethode durchgesetzt, die von den Obergerichten anerkannt ist und in nahezu allen aktienrechtlichen Spruchstellenverfahren zur Anwendung kommt (vgl. Krieger, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 2. Aufl., § 70 Rnr. 108). Bis vor kurzem hat die Rechtsprechung die Heranziehung von Börsenwerten, insbesondere von Aktienkursen, aufgrund der bekannten Unwägbarkeiten, wie etwa der Gefahr von Spekulationen, Insiderwissen, Beeinflussbarkeit etc. ganz überwiegend abgelehnt.

Das Bundesverfassungsgericht hat zur Angemessenheit von Abfindung und Ausgleich allerdings neuerdings entschieden (BVerfGE 100, 189 = NJW 1999, 3769), dass die außenstehenden Aktionäre unter Geltung des Art. 14 GG Anspruch auf die volle Entschädigung haben, die dem wirklichen Wert ihrer Beteiligung am lebenden Unternehmen ihrer Gesellschaft unter Einschluss der stillen Reserven und des inneren Geschäftswerts entspricht. Es sei mit Art. 14 GG unvereinbar, bei der Bestimmung der Abfindung oder des Ausgleichs den Börsenkurs der Aktien außer Betracht zu lassen. Die Abfindung müsse so bemessen sein, dass die Minderheitsaktionäre nicht weniger erhielten, als bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt des Unternehmensvertrages. Zwar sei die Ertragswertmethode grundsätzlich eine verfassungsrechtlich zulässige Art der Unternehmensbewertung, allerdings dürfe der Kurswert der Aktien dabei nicht außer Betracht bleiben, da der Börsenwert regelmäßig identisch mit dem Verkehrswert der Aktie sei. Dieser sei damit zwar noch nicht stets allein maßgeblich, aber eine Unterschreitung des Börsenkurses komme nur dann in Betracht, wenn dieser ausnahmsweise nicht den Verkehrswert der Aktie widerspiegle. Wie der Bewertungsstichtag dabei festzusetzen sei, gebe die Verfassung nicht vor. Die Zivilgerichte seien befugt, zur Vermeidung von Manipulationen auf einen Referenzkurs im Vorfeld der Bekanntgabe des Unternehmensvertrages zurückzugreifen.

Auch der BGH hat daraufhin im Beschluss vom 12.03.2001 (DB 2001, 969) entschieden, dass die Abfindung der außenstehenden Aktionäre grundsätzlich unter Berücksichtigung des an der Börse gebildeten Verkehrswerts der Aktie zu erfolgen habe. Ihnen sei jedoch der Betrag des quotal auf die Aktie bezogenen Unternehmenswertes zuzubilligen, wenn dieser höher ist, als der Börsenwert. Dies gelte auch für die Bemessung des variablen Ausgleichs. In diesen Fällen müsse der Verkehrswert des Gesellschaftsunternehmens im Wege der Schätzung (§ 287 ZPO) nach einer der anerkannten betriebswirtschaftlichen Methoden ermittelt werden. Der Börsenwert der Aktie sowie der daraus gebildete Börsenunternehmenswert könnten mit dem nach § 287 ZPO ermittelten Unternehmenswert sowie der quotal darauf bezogenen Aktie übereinstimmen. Mit Rücksicht auf die unterschiedlichen Ansätze, die der Bewertung durch den Markt und der Preisbemessung bei der Unternehmensveräußerung sowie der Wertermittlung durch sachverständige Begutachtung zu Grunde lägen, könnten diese Werte differieren. Der Minderheitsaktionär sei unter Berücksichtigung des Verkehrswerts der Aktie abzufinden, wenn dieser Wert höher sei als der Schätzwert. Sei jedoch der Schätzwert höher als der Börsenwert, stehe dem Aktionär der höhere Betrag des quotal auf die Aktie bezogenen Schätzwertes zu. Der Börsenkurs sei dabei auf einen auf den Bewertungsstichtag nach § 305 Abs. 3 S. 2 AktG bezogenen Durchschnittskurs aus den letzten 3 Monaten vor der Hauptversammlung der beherrschten AG zu ermitteln. Dabei müssten außergewöhnliche Tagesausschläge oder sprunghafte Entwicklungen binnen weniger Tage, die sich nicht verfestigen, unberücksichtigt bleiben.

2.) Unter Zugrundelegung der oben zitierten Rechtsprechung des BVerfG und des BGH ergibt sich aufgrund des Börsenkurses der Aktien der Antragsgegnerin Ziff. 1 zum Bewertungsstichtag 17.12.1990 ein Wert des Unternehmens in Höhe von 12.600.000.- DM.

a) Die Antragsgegnerinnen haben vorgetragen und auch belegt, dass der Kurs der Aktie der Antragsgegnerin Ziff. 1 im Jahr 1990 im Durchschnitt nicht höher als 400.- DM lag. Aus den vorgelegten Umsatzaufstellungen (Anl. BA 35/Bl. 807 und Anl. BA 36/Bl. 882) ergibt sich, dass der Durchschnittskurs der Aktie, die an den Börsen in Stuttgart und München gehandelt wurde, bei 399,40 DM lag. Die Aktie wurde bei relativ geringen Kursschwankungen an nahezu allen Handelstagen in mehr oder weniger großer Stückzahl gehandelt. Auch unter Beachtung des vom BGH (DB 2001, 969, 971 f.) verlangten durchschnittlichen Referenzkurses von drei Monaten vor dem Tag, an welchem die Hauptversammlung der beherrschten AG dem Abschluss des Unternehmensvertrages zugestimmt hat (hier am 17.12.1990), ergeben sich vorliegend keine Abweichungen, da keine gravierenden Tagesausschläge oder sprunghafte Entwicklungen binnen weniger Tage feststellbar sind. Die Kurse haben sich auch nach Bekanntgabe des Unternehmensvertrages im November 1990 nicht verändert.

b) Laut Satzung der Antragsgegnerin Ziff. 1 (Anl. AG 1/Bl. 22) beträgt deren Grundkapital 3.150.000.- DM und ist eingeteilt in 2.500 Aktien im Nennbetrag von je 1.000.- und in 6.500 Aktien im Nennbetrag von je 100.- DM. Bei einem Kurswert der 100.- DM Aktie von (gerundet) 400.- DM ergibt sich rechnerisch ein Börsenwert des Unternehmens von 12.600.000.- DM. Dieser Wert ist nach der neuen Rechtsprechung des BGH (DB 2001, 969, 971) mit dem Verkehrswert des Unternehmens identisch. Da er stets die untere Grenze der wirtschaftlich vollen Entschädigung bildet, muss dem außenstehenden Aktionär grundsätzlich mindestens der Börsenwert als Barabfindung gezahlt werden. Dies gilt in gleicher Weise grundsätzlich auch für die Bemessung der Ausgleichszahlung nach § 304 Abs. 1 AktG (BGH, a.a.O.)

c) Der Einwand der Antragstellerinnen und des Vertreters der außenstehenden Aktionäre, die keine eigenen Anträge gestellt haben, der Aktienkurs sei zum Stichtag 17.12.1990 bzw. im Vorfeld des Unternehmensvertrages manipuliert worden, indem die Mehrheitsaktionäre aufgrund ihres Insiderwissens den Kurs bewusst niedrig gehalten hätten, greift demgegenüber nicht durch. Der BGH ist bereits davon ausgegangen, dass durch das Abstellen auf einen dreimonatigen Referenzkurs vor dem Tag der Beschlussfassung der Hauptversammlung über die Zustimmung zu dem Unternehmensvertrag Manipulationen von Marktteilnehmern erheblich erschwert, mit einiger Wahrscheinlichkeit sogar ausgeschlossen werden können (vgl. DB 2001, 969, 971 f.). Soweit geltend gemacht wird, der Aktienkurs sei aufgrund unzureichender Informationen durch die Mehrheitsgesellschafter bis zum Ende des Jahres 1990 künstlich niedrig gehalten worden, um die Kleinaktionäre aus ihrem Aktienbesitz zu drängen (vgl. allgemein dazu bereits auch Götz, DB 1996, 259, 264), handelt es sich zum einen um einen recht pauschal gehaltenen Vorwurf, der einem Beweis nicht zugänglich ist, zum anderen ist nach der Rechtsprechung des BGH (DB 2001, 969, 971) der Börsenwert ohnehin nur als Untergrenze der Abfindung und Ausgleichszahlung heranzuziehen und zur Feststellung, ob ein höherer Unternehmenswert gegeben ist, dieser nach einer anerkannten betriebswirtschaftlichen Methode im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu ermitteln. In diesem Rahmen spielt aber die zum Stichtag bekannte oder erkennbare zukünftige Ertragslage der Gesellschaft eine entscheidende Rolle und kann dazu führen, dass im Ergebnis ein höherer als der festgestellte Börsenwert als Grundlage für die Bemessung von angemessener Abfindung und Ausgleichszahlung zu dienen hat (vgl. dazu unten B.II.). Greifbare Anhaltspunkte für einen bewusst manipulierten Börsenwert im Hinblick auf den beabsichtigten Unternehmensvertrag sind für den Senat jedenfalls nicht erkennbar.

II.

Der Senat schätzt den Unternehmenswert der Antragsgegnerin Ziff. 1 auf Grundlage der Gutachten des Sachverständigen Prof. Fi. vom 21.04.1998/02.06.1999 gem. § 287 Abs. 2 ZPO im Ergebnis auf 14.700.000.- DM. Der Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens beträgt 953.000.- DM

1.) Wie bereits erwähnt, hat sich in der obergerichtlichen Rechtsprechung und betriebswirtschaftlichen Praxis zur Unternehmensbewertung die sog. Ertragswertmethode durchgesetzt (vgl. Krieger, § 70 Rnr. 108 ff.; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 3. Aufl., § 305 Rnr. 53 b ff.). Dabei wird der Unternehmenswert nach den erwarteten Gewinnen in der Zukunft aus der Sicht eines Unternehmenskäufers ermittelt. Die zu erwartenden Gewinne können naturgemäß nur aus einer ex ante-Betrachtung des maßgeblichen Stichtages, d.h. des Zeitpunkts der Beschlussfassung der Gesellschaft über den Unternehmensvertrag, geschätzt werden. Grundlage der Schätzung sind hierbei in der Regel die früheren Erträge der Gesellschaft in den vergangenen 3 bis 5 Jahren. Diese werden in die Zukunft fortgeschrieben, wobei bei der Prognose der zukünftigen Erträge nur solche positiven und negativen Entwicklungen berücksichtigt werden dürfen, die in dem fraglichen Zeitraum zumindest in ihrem Kern bereits angelegt und absehbar sind (sog. Wurzeltheorie, vgl. Emmerich/Habersack, § 305 Rnr. 58; BayObLG, DB 2001, 1928, 1929). Für die Gerichte bedeutet dies in einem u.U. langjährigen Spruchstellenverfahren, dass die Ertragsaussichten der abhängigen Gesellschaft rückblickend von einem längst vergangenen Zeitraum aus zu beurteilen sind, ohne dass zwischenzeitliche Entwicklungen berücksichtigt werden dürfen (vgl. Emmerich/Habersack, ebenda; BGH, NZG 1998, 379, 380).

2.) Zu beachten ist allerdings, dass auch ein Ertragswertgutachten nicht geeignet ist, den exakten oder "wahren" Unternehmenswert bezogen auf den Stichtag zu ermitteln. Deshalb haben die Gerichte nach Auffassung des BGH (DB 2001, 969, 971) im Spruchstellenverfahren den Verkehrswert des Gesellschaftsunternehmens nach einer anerkannten betriebswirtschaftlichen Methode im Wege der Schätzung gem. § 287 Abs. 2 ZPO zu ermitteln. Da es sich aber auch bei diesen betriebswirtschaftlichen Ansätzen jeweils um Verfahren handelt, die subjektive Einschätzungen und Prognosen zur Grundlage haben, sind auch derartige Bewertungen mit erheblichen Unsicherheiten behaftet (wie gerade auch die Einwendungen gegen die verschiedenen Gutachten im vorliegenden Verfahren zeigen) und können nicht für sich in Anspruch nehmen, den "wahren" Unternehmenswert mathematisch exakt zu bestimmen. Nachdem die Feststellung des Unternehmenswertes zu einem bestimmten Zeitpunkt damit auch durch fundamental analytische Methoden nicht punktgenau möglich ist und es sich um die Ermittlung eines fiktiven Wertes handelt, ist die richterliche Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO letztlich entscheidend für die Bestimmung der angemessenen Abfindung oder der Ausgleichszahlung (vgl. Hüttemann, ZGR 2001, 454, 474; Piltz, ZGR 2001, 185, 197; Luttermann, ZIP 2001, 869, 871; Stilz, ZGR 2001, 875, 883; Bilda, JR 2002, 17 f.; BayObLG, DB 2001, 36).

Als Schätzungsgrundlage in Frage kommen hier neben Unternehmensbewertungen nach der Ertragswertmethode oder anderen betriebswirtschaftlichen Ansätzen auch die Börsenkurse (Hüttemann, Stilz, jew. a.a.O.) in Betracht. Im Gegensatz zu fundamental analytisch gewonnenen Bewertungen durch Sachverständigengutachten stellen die Börsenkurse das Ergebnis eines tatsächlich stattfindenden Preisbildungsprozesses am Markt dar und beruhen auf einer Beurteilung des Unternehmens durch die Anleger aufgrund der diesen bekannten oder zumindest allgemein zugänglichen Unternehmensdaten und sonstiger für den Markt relevanter Informationen. Wenn davon ausgegangen wird, dass auch das Ergebnis einer fundamental analytischen Bewertung letztendlich nichts anderes als eine Schätzung des Unternehmenswertes darstellt, ergibt sich, dass insgesamt eine ganze Bandbreite von Werten als angemessen akzeptiert werden können (vgl. Stilz, ZGR 2001, 875, 886; Bungert, BB 2001, 1163, 1166). Dies bedeutet, dass der Senat im Rahmen seiner Schätzung nicht von vornherein an das Ergebnis des vom Sachverständigen im Ertragswertverfahren ermittelten Unternehmenswertes gebunden ist. Ebenso wie der Börsenkurs stellt auch die Ertragswertermittlung letztlich nur einen Näherungswert mit einer gewissen Bandbreite dar. Davon ausgehend kann deshalb ein über dem Börsenkurs liegender Schätzwert aufgrund eines Ertragswertgutachtens nur dann zu einer Erhöhung des Abfindungsbetrages führen, wenn dieses Gutachten den höheren Wert überzeugend zu begründen vermag.

3.) Die Schätzung des Senats beruht im wesentlichen auf den Ergebnissen des Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen Prof. Fi. vom 02.06.1999 (Bl. 684), in welchem dieser den diversen Einwendungen der Verfahrensbeteiligten gegenüber seinem Ausgangsgutachten vom 21.04.1998 teilweise Rechnung getragen und dieses korrigiert hat, soweit der Senat dieses Gutachten für nachvollziehbar und überzeugend hält. Der Sachverständige hat darin einen Ertragswert von 14.999.- DM ermittelt. Das weitere Ergänzungsgutachten des Sachverständigen vom 20.08.2001 (Bl. 839/853) wird demgegenüber vom Senat für unverwertbar erachtet. Dem Sachverständigen wurde durch Verfügung des damaligen Berichterstatters vom 11.01.2001 (Bl. 819/820) aufgegeben, sein bisher zum Stichtag 31.12.1989 erstattetes Gutachten bezogen auf den Stichtag 17.12.1990 zu überarbeiten und zu verschiedenen weiteren Einwendungen der Beteiligten Stellung zu nehmen. Entgegen der klaren Vorgabe des Senats hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 20.08.2001 die Auffassung vertreten, aufgrund der Verfügung des Gerichts sei es ihm erlaubt, im Wege eines sog. "moderaten Stichtagsinformationsprinzips" auch Nachstichtagsergebnisse in seine Bewertung mitein zu beziehen und begründet dies u.a. auch mit rechtlichen Erwägungen (vgl. Bl 847 ff.), unter Bezugnahme auf gerichtliche Entscheidungen, die von ihm für "Mindermeinungen" gehalten werden. Demgegenüber hat der Sachverständige selbst noch in seinem Ausgangsgutachten vom 21.04.1998 (vgl. dort S. 148 ff.) darauf hingewiesen, dass eine Einbeziehung sog. Nachstichtagsergebnisse in die Bewertung sowohl betriebswirtschaftlichen Grundsätzen als auch der von der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, DB 1973, 563) entwickelten "Wurzeltheorie" widerspreche. Dieser Methodenwechsel des Sachverständigen beruht daher weder auf einer rechtlichen Vorgabe des Senats, noch steht er im Einklang mit der insoweit ganz eindeutigen obergerichtlichen Rechtsprechung zum "Stichtagsprinzip". Der Sachverständige hat sich hier vielmehr in eigenmächtiger Weise über eine eindeutige Weisung des Senats hinweggesetzt, weswegen seine ergänzende Stellungnahme vom 21.08.2001 keine Grundlage für die vom Senat zu treffende Entscheidung mehr darstellen kann.

4.) Zu den Feststellungen des Sachverständigen im Ergänzungsgutachten und den dagegen vorgebrachten Einwendungen der Verfahrensbeteiligten ist im einzelnen folgendes auszuführen:

a) Bewertungsstichtag

Wie bereits mehrfach erwähnt, gilt nach wohl allgemeiner Auffassung für die Unternehmensbewertung das sog. Stichtagsprinzip, d.h., es ist auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Unternehmensvertrag und auf die zu diesem Zeitpunkt erkennbaren Verhältnisse abzustellen (vgl. nur Emmerich/Habersack, § 305 Rnr. 56 ff.; § 304 Rnr. 40 f.; BayObLG, DB 2001, 1928, 1929 ). Der Sachverständige hat in seinem Gutachten die Auffassung vertreten, der zum 31.12.1989 ermittelte Unternehmenswert könne zum Stichtag 17.12.1990 aufgezinst werden. Dagegen wenden sich die Antragsgegnerinnen mit der Begründung, das Jahr 1990 sei, wie auch vom Sachverständigen bestätigt (vgl. S. 44 des GA 21.04.1998), ertragsschwach gewesen, weswegen eine Aufzinsung der Ergebnisse des Jahres 1989 nicht zulässig sei. Dieser Einwand ist nach Auffassung des Senats grundsätzlich berechtigt und würde im Ergebnis dazu führen, dass der vom Sachverständige errechnete Ertragswert (in einer noch genau zu berechnenden Höhe) nach unten zu korrigieren wäre. Allerdings hat der Sachverständige (S. 44, GA 21.04.1998) auf die (legalen) bilanziellen Gestaltungsspielräume (Bewertungsspielräume) der Antragsgegnerin Ziff. 1 im Jahr 1990 hingewiesen, die nach Überzeugung des Senats im Hinblick auf den geplanten Unternehmensvertrag auch ausgeschöpft worden sind und deshalb im Ergebnis die durch die Wahl eines falschen Bewertungsstichtag gebotene Reduzierung des Ertragswertes in gewissen Grenzen wieder relativieren dürfte.

b) Referenzperiode

Die vom Sachverständigen getroffene Ertragsprognose auf Basis der Ergebnisse der Antragsgegnerin Ziff. 1 in den Jahren 1985 bis 1989 unter Ausklammerung des (schwächeren) Jahres 1987 ist nach Auffassung des Senats grundsätzlich nicht zu beanstanden, allerdings hätte, wie bereits oben (B. II. 4 a) dargestellt das Jahr 1990 einbezogen werden müssen.

Der Sachverständige hat insoweit in überzeugender Weise dargelegt, dass das Jahr 1987 wegen seiner extremen Abweichung von den Jahresüberschüssen der sonstigen Jahre als Ausreißer zu eliminieren sei (GA 21.04.1998, S. 127; Ergänzungs-GA 02.06.1999, S. 43). Die Heranziehung eines bestimmten Referenzzeitraumes ist vom Gesetz nicht vorgegeben. Eine gewisse Gewichtung bei der Auswahl der Referenzjahre liegt vielmehr im Ermessen des Sachverständigen, soweit dies sachlich begründbar ist. Einen Verstoß gegen eine anerkannte betriebswirtschaftliche Methode vermag der Senat darin jedenfalls nicht zu erkennen. Soweit die Antragsgegnerinnen geltend machen, gerade in den Ergebnissen des Jahres 1987 hätten sich die spezifischen Risiken des Geschäftsgeschehens der Antragsgegnerin Ziff. 1 widergespiegelt, wurde dies nach Verständnis des Senats vom Sachverständigen an anderer Stelle, bei der Auswertung der sog. Ertragsbandbreiten (vgl. GA vom 21.04.1998, S. 83 ff.) berücksichtigt, so dass es insoweit keiner Korrektur des Sachverständigengutachtens bedarf.

c) Basiszinssatz

Der Basiszinssatz ist entsprechend den insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen mit 7,8 % anzusetzen.

Der Basiszinssatz ist Bestandteil des sog. Kapitalisierungszinsfußes, durch welchen die zukünftigen Erträge eines Unternehmens auf eine Größe zum Bewertungsstichtag reduziert werden (vgl. Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 108 ff.; Emmerich/Habersack, § 305 Rnr. 65 ff.). Der Abzinsung der zukünftigen Erträge auf den Stichtag liegt die Vorstellung zugrunde, den Betrag zu ermitteln, der bei einem realistischen Zins (Kapitalisierungszins) Erträge bringt, die den zu erwartenden Unternehmensgewinnen entsprechen (OLG Düsseldorf, ZIP 1988, 1560). Der Kapitalisierungszins setzt sich üblicherweise aus dem Basiszinssatz und verschiedenen Zu- und Abschlägen zusammen. Der Basiszinssatz wird aus dem sog. landesüblichen Zinssatz abgeleitet, der sich aus der durchschnittlichen Effektivverzinsung inländischer öffentlicher Anleihen oder langfristiger festverzinslicher Wertpapiere ergibt (vgl. Emmerich/Habersack, § 305 Rnr. 67; BGH, NJW 1982, 575; OLG, Düsseldorf ZIP 1998, 1560). Dabei ist allerdings nicht auf die Höhe des Basiszinssatzes am Stichtag, sondern auf die aus der Sicht des Stichtags auf Dauer zu erzielende Verzinsung abzustellen ist (OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Stuttgart, DB 2000, 709, 711).

In einer für den Senat überzeugenden Weise hat der Sachverständige dargelegt, dass, entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen, für den maßgeblichen Stichtag 17.12.1990 nicht von einem Basiszinssatz von 9,2 % ausgegangen werden könne. Ein solcher Zinssatz sei zwar im Dezember 1990 für 10-jährige Staatsanleihen gültig gewesen. Dies sei aber durch den zum damaligen Zeitpunkt wegen der deutschen Wiedervereinigung bestehenden enorm hohen Kapitalbedarf bedingt gewesen. Es habe sich um einen im langjährigen Schnitt gesehen ungewöhnlich hohen Zinssatz gehandelt, der zu Prognosezwecken nach unten adjustiert werden müsse, da aufgrund der damaligen Gegebenheiten am Kapitalmarkt nicht anzunehmen gewesen sei, dass dieses ungewöhnlich hohe Zinsniveau von "ewiger Dauer" sein werde (vgl. Ergänzungs-GA 02.06.1999, S. 24). Der Sachverständige hat bereits in seinem Ausgangsgutachten vom 21.04.1998 (S. 15 ff.) nachvollziehbar erläutert, weshalb seiner Auffassung nach der Basiszinssatz mit 7,8 % anzunehmen sei. Der Senat hat insoweit keine Bedenken, den Feststellungen des Sachverständigen zu folgen, auch wenn in der Senatsentscheidung vom 04.02.2000 (DB 2000, 709, 712) für die Ertragswertberechnung aufgrund eines Unternehmensvertrages vom 27.06.1990 ein Basiszinssatz von 8 % zugrundegelegt wurde. Ebenso wie vorliegend hat der Sachverständige im damaligen Verfahren den von ihm ermittelten Basiszinssatz letztlich aufgrund einer Schätzung unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Umlaufrenditen der öffentlichen Anleihen innerhalb eines bestimmten Zeitraums bestimmt. Dass es hierbei aufgrund verschiedener Auswahlentscheidungen und Gewichtungen nicht möglich ist, einen mathematisch genauen Durchschnittswert zu ermitteln, liegt auf der Hand. Der Senat sieht dem gemäß keine Veranlassung, den vom Sachverständigen im vorliegenden Verfahren ermittelten Basiszinssatz in Frage zu stellen, selbst wenn in der Bewertungspraxis für das Jahr 1990 ein solcher von 8 % üblich gewesen sein sollte, da der Zins letztlich in jedem Einzelfall nach den Aussichten am Kapitalmarkt und den Verhältnissen des zu bewertenden Unternehmens am Stichtag festgesetzt werden muss (vgl. OLG Düsseldorf, ZIP 1988, 1560) und eine gerichtliche Korrektur nur dann in Betracht käme, wenn dem Gericht insoweit bessere Erkenntnismöglichkeiten als dem Sachverständigen zur Verfügung stünden, was hier nicht der Fall ist.

d) Inflationsabschlag

Ein Inflationsabschlag vom Basiszinssatz, wie dieser von der h.M. (vgl. nur Emmerich/Habersack, § 305, Rnr. 67; OLG Düsseldorf, ZIP 1988, 1560) üblicherweise vorgenommen wird, ist vorliegend nicht erforderlich. Der Sachverständige hat dies mit überzeugenden Gründen erklärt und dargestellt, dass die zukünftig zu erwartenden Erträge von ihm auf Basis sog. Ertragsbandbreiten ermittelt wurden, so dass ein Inflations- oder Geldentwertungsabschlag, der üblicherweise dem geringeren Inflationsrisiko bei einer Investition in Unternehmenserträge gegenüber reinen Kapitalanlagen Rechnung tragen soll, aus systematischen Gründen nicht durchgeführt werden muss (vgl. GA 21.04.1998, S. 83 ff., Ergänzungs-GA 02.06.1999, S. 12 f.). Die Bewertungsmethode des Sachverständigen ist insoweit nicht angreifbar. Dieser hat vorliegend nicht nur einen Inflationsabschlag, sondern auch einen üblicherweise vorzunehmenden Risikozuschlag als Aufschlag von 1 bis 2 % zum Basiszinssatz (vgl. Emmerich/Habersack, § 305 Rnr. 68) abgelehnt (vgl. dazu unter B. II. 4. e). Für den hier fraglichen Zeitraum würden sich Inflationsabschlag und Risikozuschlag größenordnungsmäßig ohnehin nahezu aufheben (vgl. Emmerich/Habersack, § 305 Rnr. 69).

e) Risikozuschlag

Grundsätzlich soll der von der h.M. (vgl. BGH, NJW 1982, 575; OLG Düsseldorf, ZIP 1988, 1560; Großfeld, S. 122 ff.) üblicherweise dem Basiszinssatz hinzugerechnete Risikozuschlag dem Umstand Rechnung tragen, dass die Kapitalanlage in ein Unternehmen mit höheren Risiken verbunden ist als die Investition in öffentliche Anleihen. Der Ansatz des Sachverständigen, dieses Risiko bei der Berechnung der zukünftigen Erträge auf Basis sog. Ertragsbandbreiten zu berücksichtigen erscheint methodisch vertretbar. Dabei werden die zu erwartenden Erträge auf der Grundlage von drei möglichen Umweltkonstellationen (ungünstige, günstige und normale Entwicklung), nach deren Eintrittswahrscheinlichkeit und dem daraus resultierenden gewichteten Gesamtergebnis, ermittelt (vgl. GA 21.04.1998, S. 32 ff.; Ergänzungs-GA 02.06.1999, S. 32 ff.). Das Unternehmensrisiko ist daher bereits im Rahmen dieser Berechnung berücksichtigt, ein Risikozuschlag zum Basiszinssatz ist nicht mehr erforderlich. Da es dem Sachverständigen überlassen bleibt, ob er alle unternehmerischen Risiken bereits durch vorsichtige Ansätze bei der Schätzung des Zukunftserfolges (hier durch den gewichteten Durchschnitt verschiedener Verläufe) oder erst bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinses berücksichtigt (vgl. so auch bereits OLG Stuttgart, DB 2000, 709, 712; OLG Düsseldorf, ZIP 1988, 1560), ist das Gutachten auch in diesem Punkt im Ergebnis nicht zu beanstanden.

f) Investitionen

Der Senat hält das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen insoweit nicht für überzeugend, als dieser lediglich jährliche Reinvestitionsraten (Abschreibungsaufwand) in Höhe von 865.000.- DM angenommen hat, die ertragsmindern zu berücksichtigen sind. Der Senat hält diesbezüglich den Einwand der Antragsgegnerinnen grundsätzlich für zutreffend, dass bei Ermittlung der Reinvestitionsraten nicht von den historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten, sondern von den Wiederbeschaffungswerten auszugehen sei (so auch BayObLG, DB 1995, 2590, 2592). Allerdings hat der Sachverständige nach Auffassung des Senats zu Recht darauf hingewiesen (vgl. Ergänzungs-GA 02.06.1999, S.49), dass die Erneuerung von Anlagen in der Regel zu verminderten Betriebskosten in Form von niedrigeren Produktionskosten, Personaleinsparungen etc. führt, die sich damit wiederum ertragssteigernd auswirken. Dies wiederum wird von den Antragsgegnerinnen unter Vorlage ausführlichen Zahlenmaterials bestritten (vgl. Schriftsatz vom 11.10.1999, S. 715 ff.) und geltend gemacht, derartige Reinvestitionen würden sich aufgrund der besonderen Gegebenheiten des Wollfilzmarktes bei den Antragsgegnerinnen nicht kapazitätserhöhend auswirken. Außerdem liege ein Stau von in der Vergangenheit unterlassenen Investitionen vor, der in Zukunft abzubauen sei und deshalb zu stark verminderten Einzahlungsüberschüssen führe. Dies gelte insbesondere für den Neubau von Gebäuden, bei welchem kaum von Kapazitätsgewinnen auszugehen sei. Die insoweit vom Sachverständigen angenommenen Abschreibungen seien viel zu niedrig angesetzt.

Dass diese Ausführungen und Berechnungen der Antragsgegnerinnen im Hinblick auf die durch den technischen Fortschritt bedingten Rationalisierungseffekte und Kapazitätsausweitungen viel zu pessimistisch und daher unrealistisch sind, hat der Vertreter der außenstehenden Aktionäre, die keinen eigenen Antrag gestellt haben, in seiner Stellungnahme dazu vom 26.11.1999 (Bl. 813 ff.) aufgezeigt, ohne dass die Antragsgegnerinnen widersprochen hätten. Dem schließt sich der Senat im Grundsatz an. Danach zeigt sich in der Entwicklung der Unternehmensergebnisse und der tatsächlich durchgeführten Investitionen und Abschreibungen nach Abschluss des Unternehmensvertrages, dass die von den Antragsgegnerinnen behauptete nachhaltige Verminderung der Einzahlungsüberschüsse aufgrund der von ihnen angenommenen Investitionsraten nicht zutrifft und die Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen als plausibel erscheint. Selbst wenn die von den Antragsgegnerinnen errechneten Investitionsraten und Abschreibungsbeträge zutreffend sein sollten, wurden diese jedenfalls durch die dadurch bedingten Kapazitätserweiterungen und Betriebskostenreduzierungen wieder ausgeglichen. Weshalb diese tatsächlich eingetretene Entwicklung nicht auch schon aus Sicht des Stichtages 17.12.1990 - wie vom Sachverständigen angenommen - angelegt war, haben die Antragsgegnerinnen nicht in plausibler Weise zu erklären vermocht. Durchgreifende Bedenken gegen die Verwertbarkeit des Sachverständigengutachtens kann der Senat daher auch in diesem Punkt nicht erkennen.

g) Sonstige Kosten und Rückstellungen

Soweit die Antragsgegnerinnen in ihren Schriftsätzen vom 30.09.1998 (Bl. 614/622) und vom 11.10.1999 (Bl. 741/754) weitere Einwendungen gegen die gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen vorgebracht haben, ist hierzu folgendes auszuführen:

* Berücksichtigung von Personalnebenkosten (Größenordnung 12.729,85.- bis 29.347,62- DM jährlich, vgl. Bl. 751): Der Sachverständige hat diese nicht berücksichtigt, weil er sie für freiwillige Zuwendungen hält (Ergänzungs-GA vom 02.06.1999, S. 52). Demgegenüber behaupten die Antragsgegnerinnen unter Vorlage von Belegen (BA 31 - BA 34, Bl. 783 ff.), es handle sich um vertragliche Verpflichtungen wie Fahrtkostenzuschüsse, Trennungsgeld, Fortbildungsausgaben etc.. Dies wird von den übrigen Verfahrensbeteiligten nicht bestritten, weshalb diese Beträge ertragsmindernd zu berücksichtigen sind.

- Anerkennung von Spenden als Aufwendungen: Es geht hierbei nur um einen Betrag von ca. 1.000.- bis 1.500.- DM jährlich, der größenordnungsmäßig zu vernachlässigen ist.

- Berücksichtigung der Kosten des Betriebsfestes 1988 in Höhe von 24.545.- DM: Entgegen der Auffassung des Sachverständigen sind diese Kosten als außerordentliche Ausgaben ertragsmindernd zu berücksichtigen, aber wie vom Sachverständigen angenommen (Ergänzungs-GA vom 02.06.1999, S. 53) dann auf mehrere Jahre zu verteilen und deshalb im Ergebnis unerheblich.

- Bildung einer Pensionsrückstellung: Die jährlichen Rückstellungsbeträge wurden von den Antragsgegnerinnen urkundlich nachgewiesen (Anl. BA 27 -BA 29, Bl. 774 ff.) und werden von den übrigen Verfahrensbeteiligten auch nicht bestritten. Daher ist die zum 31.12.1988 gebildete Rückstellung von insgesamt 381.338.- DM anteilig für den Zeitraum 1985-1988 ertragsmindernd zu berücksichtigen.

- Rückstellungen für Handelsvertreterausgleichsansprüche: In den Jahren 1986 und 1989 wurden Rückstellungen in Höhe von 27.000.- DM bzw. 234.000.- DM wegen rechtshängiger Handelsvertreterausgleichsansprüchen gebildet, die der Sachverständige als "Ausfluss gezielter Bilanzpolitik" nicht ertragsmindernd berücksichtigen will (Ergänzungs-GA vom 02.06.1999, S. 55). Es handle sich um Leistungen, die lange vor 1989 erbracht worden seien und die daher den Jahren 1988 und 1989 nicht angelastet werden dürften. Lediglich wenn entsprechende Erlöse und Umsätze in diesen Jahren erwirtschaftet worden seien, könnten die Beträge berücksichtigt werden. Die Antragsgegnerinnen vertreten demgegenüber zu Recht die Auffassung, dass die entsprechenden Beträge als Aufwendungen ertragsmindernd zu berücksichtigen sind (vgl. Bl. 744 ff.), da in den Jahren 1986 und 1989 über die Ausgleichsansprüche prozessiert worden ist und damit schon zwingend gem. § 241 Abs. 1 HGB in Höhe der Klageansprüche Rückstellungen gebildet werden mussten.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen sind aber Rückstellungen für Handelsvertreterausgleichsansprüche, die erst zukünftig entstehen können nach Meinung des Senats nicht in voller Höhe ertragsmindernd zu berücksichtigen. Ob für zukünftige Ausgleichsverpflichtungen gegenüber Handelsvertretern bilanzielle Rückstellungen gebildet werden dürfen ist streitig. Der Bundesfinanzhof (vgl. BFH, DB 1983, 1023) lehnt dies für die Steuerbilanz mit der Begründung ab, dass eine Ausgleichsverpflichtung zivilrechtlich nicht nur an die Beendigung des Vertragsverhältnisses geknüpft ist, sondern von den weiteren Voraussetzungen des § 89 b Abs. 1 HGB abhänge. Die Verpflichtung des Unternehmers hänge daher von teilweise in der Zukunft liegenden Vorbedingungen ab, die am Bilanzstichtag noch nicht endgültig vorhersehbar seien. Deshalb sei ein Kaufmann auch nicht verpflichtet, in seiner Handelsbilanz für künftige Ausgleichsverpflichtungen Rückstellungen zu bilden. Demgegenüber vertritt der BGH (vgl. NJW 1966, 2055) die Auffassung, ein Unternehmer verstoße nicht gegen das Gesetz oder die Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung, wenn er für etwaige Ausgleichsansprüche seiner Handelsvertreter Rückstellungen bilde, da der Tatbestand, aus welchem der Ausgleichsanspruch fließe, bereits vor Beendigung des Vertreterverhältnisses durch die vom Handelsvertreter geschaffene Kundenbeziehung verwirklicht werde.

Danach ist der Ansatz sämtlicher Ausgleichsansprüche der Handelsvertreter der Antragsgegnerin Ziff. 1 in deren Handelsbilanz grundsätzlich nicht zu beanstanden. Allerdings vertritt der Senat die Auffassung, dass für eine Ertragswertberechnung dennoch nicht die insoweit vorgenommenen bilanziellen Rückstellungen in voller Höhe herangezogen werden können. Wie auch in der zitierten Entscheidung des BFH deutlich zum Ausdruck kommt, kann zum Bilanzstichtag in aller Regel noch nicht hinreichend genau abgeschätzt werden, ob und in welcher Höhe ein Handelsvertreterausgleichsanspruch bei Beendigung des Vertreterverhältnisses tatsächlich besteht, da die diesbezüglichen Voraussetzungen des § 89 b HGB bekanntermaßen im Einzelfall häufig nur schwer feststellbar sein können. Auch im vorliegenden Fall kam es ja bezüglich derartiger Ansprüche in den Jahren 1986 und 1989 zu gerichtlichen Auseinandersetzungen mit den Handelsvertretern. Außerdem haben die Antragsgegnerinnen bei Bildung der Rückstellungen abgezinste Jahresraten unter der Annahme zugrundegelegt, dass die Laufzeit der Verträge mit ihren Handelsvertretern jeweils die Zeitdauer bis zur Vollendung von deren 65. Lebensjahr umfasse, was ebenfalls nicht realistisch ist, da mit einer gewisse Wahrscheinlichkeit unterstellt werden kann, dass ein Teil dieser Verträge aus diversen Gründen beendet wird, bevor die jeweiligen Handelsvertreter dieses Alter erreicht haben. Dementsprechend hält es der Senat für geboten, die von den Antragsgegnerinnen nachvollziehbar dargestellten (vgl. Anl. BA 30, Bl. 782) zusätzlichen Aufwendungen im Rahmen der Ertragswertberechnung nur zu 50 % ertragsmindernd heranzuziehen. Soweit die Rückstellungen in voller bilanzieller Höhe in Ansatz gebracht würden, müsste ansonsten auch berücksichtigt werden, dass anteilsmäßig stille Reserven gebildet würden, soweit die Rückstellungen tatsächlich nicht zur Befriedigung entsprechender Ansprüche von Handelsvertretern eingesetzt werden.

h) Nicht betriebsnotwendiges Vermögen

Der Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens der Antragsgegnerin Ziff. 1 beträgt 953.000.- DM. Dabei handelt es sich um die unbebauten Grundstücke der Antragsgegnerin Ziff. 1 in Gerschweiler und Giengen, deren Verkehrswerte von den Verfahrensbeteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 22.07.2002 unstreitig gestellt wurden, so dass es keiner zusätzlichen Einholung eines Verkehrswertgutachtens bedarf.

Soweit der Sachverständige zum Wert des nichtbetriebsnotwendigen Vermögens auch den Wert des Verwaltungsgebäudes der Antragsgegnerin Ziff. 1 in Giengen mit 802.000.- DM (als aufgedeckte stille Reserve) hinzugerechnet hat, weil seiner Meinung nach am 17.12.1990 bereits festgestanden habe, dass die Verwaltung der Antragsgegnerin Ziff. 1 zukünftig wegen Baufälligkeit des Gebäudes verlagert werden musste (GA 21.04.1998, S. 154 f.), kann sich der Senat dem nicht anschließen. Hier haben die Antragsgegnerinnen zurecht eingewandt, dass sich die Feststellung des Sanierungsbedarfes des Gebäudes und die damit verbundene Verlagerung der Verwaltung erst weit nach dem hier maßgeblichen Stichtag ergeben habe. Absichten oder gar Planungen für eine Verlagerung hätten am 17.12.1990 nicht bestanden, weshalb das Verwaltungsgebäude zu diesem Zeitpunkt als betriebsnotwendig anzusehen gewesen sei. Der Sachverständige konnte insoweit nicht in nachvollziehbarer Weise begründen, wie er zu seiner Annahme gelangte, die Verlagerung und der Neubau des Verwaltungsgebäudes sei bereits zum Stichtag beschlossen gewesen. Eine verständliche Begründung findet sich hierzu weder im Gutachten vom 21.04.1998 (S. 154 f.), noch im Ergänzungs-Gutachten vom 02.06.1999 (S. 58).

5.) Auf Basis der oben dargestellten Erwägungen schätzt der Senat den Unternehmenswert der Antragsgegnerin Ziff. 1 im Ergebnis zum Stichtag auf 14.700.000.- DM.

Obwohl der Senat dem Sachverständigengutachten in bestimmten Punkten nicht zu folgen vermag, vertritt er die Auffassung, dass vorliegend dennoch eine Schätzung des Unternehmenswertes der Antragsgegnerin Ziff. 1 nach § 287 Abs. 2 ZPO ohne Einholung eines weiteren Ertragswertgutachtens möglich und zulässig ist. Wie bereits oben (vgl. unter B. II. 2.) dargestellt, lässt sich auch durch Bewertungen nach betriebswirtschaftlichen Methoden der wahre Wert eines Unternehmens nicht genau ermitteln, da auch das nach der Ertragswertmethode gewonnene Ergebnis auf bestimmten Prognosen beruht, die mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sind. Dem hat das zur Entscheidung im Spruchverfahren berufene Gericht letztlich dadurch Rechnung zu tragen, dass es die den außenstehenden Aktionären zuzusprechenden Abfindungs- und Ausgleichszahlungen aus einem im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO ermittelten Unternehmenswert ableitet (vgl. BGH, DB 2001, 969, 971; Bilda, JR 2002, 17, 18; Luttermann, ZIP, 2001, 869, 871; Stilz, ZGR 2001, 875, 883 ff.; Hüttemann, ZGR 2001, 454, 467; 474). Aufgabe der Gerichte kann es dabei nicht sein, einen punktgenauen Wert zu finden, der über jeden Zweifel erhaben ist (vgl. Stilz, ZGR 2001, 875, 886; Bungert, BB 2001, 1163, 1166; Hüttemann, ZGR 2001, 454, 474). Hinzu kommt, dass die ratio legis des § 287 Abs. 2 ZPO unter anderem auch darin besteht, die Rechtsdurchsetzung durch Vermeidung eines unverhältnismäßig großen Prozessaufwandes, in der Regel durch Einholung zeit- und kostenintensiver Sachverständigengutachten, zu erleichtern (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 23. Aufl., § 287 Rnr. 1; Hüttemann, ZGR 2001, 454, 476; Piltz, ZGR 2001, 185, 197). Dadurch bietet das richterliche Schätzungsermessen nach § 287 Abs. 2 ZPO gleichzeitig auch eine Möglichkeit, die im allgemeinen langwierige Verfahrensdauer in Spruchstellenverfahren im Interesse von Verfahrensbeteiligten und Gerichten zu verkürzen, was ohnehin verfassungsrechtlich geboten erscheint (vgl. BVerfG, NJW 1999, 2582) und auch vom Gesetzgeber bei der Neuregelung der entsprechenden Vorschriften im Gesetz zur Neuordnung des gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahrens vom 12.06.2003 (BGBl. I, 838) aufgegriffen wurde. Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass er vorliegend auf Basis der vorhandenen Schätzungsgrundlagen entscheiden, und, in Anbetracht der Tatsache, dass das Verfahren seit über 12 Jahren gerichtlich anhängig ist und bisher bereits mehr als 145.000.- DM an Sachverständigenkosten angefallen sind, von der Einholung weiterer Gutachten absehen kann. So erscheint es weder notwendig, eine komplett neue Ertragswertberechnung zum Stichtag 17.12.1990 durch den bisherigen gerichtlichen Gutachter oder einen neuen Sachverständigen, noch eine weitere ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen zu den von den Verfahrensbeteiligten beanstandeten Punkten seiner bisherigen Ausführungen, einzuholen. Die Beteiligten hatten im übrigen auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 22.07.2002 Gelegenheit, ergänzende Fragen an den Sachverständigen zu stellen, davon allerdings keinen Gebrauch gemacht. Auch unter Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 12 FGG) im Spruchverfahren ist es nach Auffassung des Senats daher nicht geboten, weitere betriebswirtschaftliche Untersuchungen durchführen zu lassen. Inwieweit hiervon ein weiterer Erkenntnisgewinn zu verzeichnen wäre ist zweifelhaft. Gerade aufgrund der stark subjektiv geprägten Prognoseentscheidungen, die ein Sachverständiger bei seinen Berechnungen nach der Ertragswertmethode vorzunehmen hat, erscheint es äußerst fraglich, ob der mit einer zusätzlichen Begutachtung verbundene Aufwand in zeitlicher und wirtschaftlicher Hinsicht noch in einem angemessenen Verhältnis zum möglichen Erkenntnisgewinn stehen kann (vgl. BayObLG, DB 2002, 36, 37; LG Dortmund, AG 2001, 544, 546) und in Anbetracht der überlangen Verfahrensdauer noch vertretbar erscheint.

Der Senat legt deshalb seiner Schätzung die als verwertbar erachteten Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen in den Gutachten vom 21.04.1998/02.06.1999 (mit einem Ertragswert von 14.999.000.- DM), die hierbei vorzunehmenden, sich ertragsmindernd auswirkenden Korrekturen, die gem. § 287 Abs. 2 ZPO mit einem Abschlag von 2 % bewertet werden, sowie den aus den Börsenkursen abgeleiteten Verkehrswert zugrunde und schätzt den Unternehmenswert der Antragsgegnerin Ziff. 1 zum Stichtag 17.12.1990 auf (gerundet) 14.700.000.- DM. Nachdem sich so ein höherer Schätzwert als der reine Börsenwert ergibt, steht den Aktionären der höhere Betrag des quotal auf die Aktie bezogenen Schätzwertes zu (BGH, DB 2001, 969, 971).

III.

Ausgehend von dem oben geschätzten Unternehmenswert der Antragsgegnerin Ziff. 1 in Höhe von 14.700.000.- DM ergibt sich ein angemessener Abfindungsbetrag nach § 305 Abs. 1 AktG in Höhe von 496,90 DM je Aktie im Nennbetrag von 100.- und von 4.969.- DM je Aktie im Nennbetrag von 1.000.- DM. Der angemessene Ausgleich gem. § 304 Abs. 1 AktG beträgt 36,40 DM (brutto) je Aktie im Nennbetrag von 100.- DM und 364,00 DM (brutto) je Aktie im Nennbetrag von 1.000.- DM abzüglich der darauf entfallenden Körperschaftssteuerbelastung in Höhe des jeweils geltenden gesetzlichen Tarifs

1.) Bei der Berechnung der angemessenen Abfindung ist dem Verkehrswert des Unternehmens noch der Wert des nichtbetriebsnotwendigen Vermögens hinzuzurechnen (allgem. Ansicht, vgl. nur Krieger, § 70 Rnr. 110, m.w.N.). Zusammen mit dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen in Höhe von 953.000.- DM ergibt sich damit ein Gesamtunternehmenswert von 15.653.000.- DM. Dementsprechend errechnet sich die Abfindung aus diesem Wert. Der anteilige Wert einer Aktie im Nennbetrag von 100.- DM hieran beträgt 15.653.000 DM : 31.500 = rd. 496,90 DM.

2.) Gem. § 305 Abs.3 S. 3 1. HS. AktG ist die Barabfindung mit 2 % über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. dem mittlerweile an seine Stelle getretenen Referenzzinssatz zu verzinsen. Diese Vorschrift ist zwar erst durch Art. 6 Nr. 8 des UmwBerG 1994 in das AktG eingefügt worden, jedoch bestand auch zuvor bereits ein Anspruch auf Verzinsung des Barabfindungsanspruches (vgl. BayObLG, DB 2002, 36, 38; OLG Stuttgart, DB 2000, 709, 713; jeweils m.w.N.). Der Zinsanspruch beginnt dabei zwar mit Wirksamwerden des Unternehmensvertrages (vorliegend mit Eintragung am 16.01.1991), allerdings sind Ausgleichszahlungen auf den Zinsanspruch zu verrechnen (BGH, NJW 2002, 3467, 3468; OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG Düsseldorf, AG 1999, 89, 92).

3.) Bei der Bestimmung des angemessenen Ausgleichs hat der Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens außer Betracht zu bleiben. Ausgehend von dem geschätzten Unternehmenswert von 14.700.000.- DM und unter Berücksichtigung eines Basiszinssatzes von 7,8 % ergibt sich damit ein durchschnittlich erwarteter Gewinn von 14.700.00.- DM x 7,8 %= 1.146.600.- DM. Bezogen auf eine Aktie im Nennbetrag von 100.- DM beträgt der angemessene Ausgleich damit 1.146.600.- DM : 31.500 = 36,40 DM; für eine Aktie im Nennbetrag von 1.000.- DM entsprechend 364,00 DM.

4.) Als Ausgleichszahlung im Sinne von § 304 Abs.1 S. 1, Abs.2 S.1 AktG ist der verteilungsfähige durchschnittliche (feste) Bruttogewinnanteil abzüglich der von dem Unternehmen hierauf zu entrichtenden (Ausschüttungs-) Körperschaftssteuer in Höhe des jeweils gültigen Steuertarifs zuzusichern (vgl. BGH, Beschl. v. 21.07.2003 - II ZB 17/01). Als erwirtschafteter Gewinn ist - auch betriebswirtschaftlich - der Gewinn vor Körperschaftssteuer anzusehen, weil die Höhe der -der Kapitalgesellschaft als solcher auferlegten - Körperschaftssteuer von der Gesellschaft selbst nicht beeinflusst werden kann, sondern lediglich Ausfluss des von ihr erwirtschafteten Gewinns ist (vgl. BGH, a.a.O.; sowie Urt. v. 02.06.2003 - II ZR 85/02). Gem. § 304 Abs.2 S.1 AktG ist daher den Minderheitsaktionären der voraussichtlich verteilungsfähige durchschnittliche Bruttogewinn als feste Größe zu gewährleisten, von dem die Körperschaftssteuerbelastung in der jeweils gesetzlich vorgegebenen Höhe abzusetzen ist. Dadurch wird der Funktion des Ausgleichs als Substitution der ordentlichen Dividende am besten Rechnung getragen, weil der Aktionär als tatsächlichen Barauszahlungsbetrag stets den zur Ausschüttung bereitgestellten Bruttogewinn abzüglich der jeweils gesetzlich geltenden Körperschaftssteuerbelastung des Unternehmens erhält. Auf der anderen Seite wird durch die Bestimmung des Ausgleichs als fester, um die jeweilige Körperschaftssteuerbelastung zu verringernder Bruttogewinnanteil auch sichergestellt, dass im Falle der Steuererhöhung die Ausgleichsregelung nicht zu einem ungerechtfertigten Vorteil des Minderheitsaktionärs auf Kosten der Gesellschaft führt. Etwaige Änderungen des Körperschaftssteuersatzes beeinflussen nur den tatsächlichen Auszahlungsbetrag; durch sie verwirklichen sich jedoch nicht die Risiken der "stichtagsabhängigen" Prognoseentscheidung bei der Ermittlung des aus dem Unternehmenswert abgeleiteten verteilungsfähigen Bruttogewinns (vgl. BGH, a.a.O.).

5.) Schließlich hat auch keine Erhöhung des jährlichen Ausgleichs ab dem Jahr 1997 nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu erfolgen.

Der Vertreter der außenstehenden Aktionäre, die keine eigenen Anträge gestellt haben hat insoweit geltend gemacht (vgl. Bl. 809 ff.), das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Antragsgegnerin Ziff. 1 sei bereits ab dem Jahr 1990 wesentlich höher gewesen, als vom Gutachter der Antragsgegnerinnen prognostiziert. Insbesondere ab dem Jahr 1997 seien die Gewinne förmlich "explodiert", weshalb die vertragliche Ausgleichszahlung wegen der völlig veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst werden müsse.

Grundsätzlich wird der feste wie der variable Ausgleich zum Stichtag für die gesamte Dauer des Unternehmensvertrages gleichmäßig festgesetzt (vgl. Emmerich/Habersack, § 304 Rnr. 67). Überwiegend wird angenommen, dass eine nachträgliche Veränderung der für die Bemessung des Ausgleichs maßgeblichen Verhältnisse grundsätzlich nicht zu einer Anpassung des Ausgleichs führt (Krieger, § 70 Rnr. 86, m.w.N.). Allerdings wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass eine Anpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu Gunsten der außenstehenden Aktionäre durchzuführen ist, wenn sich völlig unvorhersehbare Veränderungen der Verhältnisse einstellen, die dazu führen, dass der Ausgleich unter keinem Gesichtspunkt mehr als angemessen bezeichnet werden kann (Emmerich/Habersack, § 304 Rnr. 69; MüKomm/AktG-Bilda, 2. Aufl., § 304 Rnr. 152 ff.). Der Senat sieht im vorliegenden Fall derartige Umstände aber nicht als gegeben an. Soweit der Vertreter der außenstehenden Aktionäre, die keine eigenen Anträge gestellt haben diesbezüglich auf die Diskrepanz zwischen den Gewinnprognosen der Vertragsgutachter der Antragsgegnerinnen einerseits gegenüber der tatsächlichen Gewinnentwicklung in den Jahren nach Abschluss des Unternehmensvertrages verweist, ist dies unbehelflich, da als Vergleichsbasis die vom Sachverständigen in dessen Gutachten errechneten Gewinnerwartungen (mit den vom Senat vorgenommenen Korrekturen), zugrunde zu legen sind. Dadurch wird schon die rein zahlenmäßige Differenz zwischen Prognose und tatsächlicher Entwicklung bereits relativiert. Darüber hinaus fehlt es nach Auffassung des Senats auch an greifbaren Anhaltspunkten dafür, dass die tatsächliche Entwicklung der Ertragslage auch bei einer Fortführung des Unternehmens der Antragsgegnerin Ziff. 1 ohne den Abschluss des Unternehmensvertrages so stattgefunden hätte. Die Ausgleichszahlungspflicht nach § 304 AktG soll den außenstehenden Aktionären eine volle Entschädigung für ihre mit Abschluss von Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag typischerweise verbundenen Verluste gewähren. Dadurch soll erreicht werden, dass die außenstehenden Aktionäre, sofern sie sich für den Verbleib in der Gesellschaft entscheiden, im Ergebnis so gestellt werden, wie wenn der Vertrag nicht zustande gekommen wäre, d.h. als wenn ihre Gesellschaft unabhängig geblieben wäre (vgl. Emmerich/Habersack, § 304 Rnr. 4). Da die Feststellung des angemessenen Ausgleichs, wie bereits mehrfach erwähnt, nur auf Grundlage einer in die Zukunft gerichteten Schätzungsprognose der Ertragsentwicklung des Unternehmens beruht, hat der Aktionär es grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen, dass sich die tatsächliche Entwicklung positiver gestaltet, als zum Zeitpunkt des Abschluss des Unternehmensvertrages vorhersehbar. Die vom Sachverständigen aufgrund sog. Ertragsbandbreiten ermittelten Einzahlungsüberschüsse basieren bereits auf der Prognose eines mit einer bestimmten gewichteten Wahrscheinlichkeit wachsenden Unternehmens. Die darüber hinausgehende Ertragsentwicklung ab dem Jahr 1997 hat nach Auffassung des Senats noch keine derartige Punkt erreicht, dass der festgestellte Ausgleich unter keinem Gesichtspunkt mehr als angemessen erachtet werden könnte, zumal nicht absehbar ist, inwieweit es sich dabei um ein nachhaltig bestehende Entwicklung handelt.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Gerichtskosten auf § 306 Abs. 7 S. 7 AktG, hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller auf § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG. Dabei entspricht es regelmäßig der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der übrigen Beteiligten den Vertragsteilen des Unternehmensvertrages aufzuerlegen. Nur in besonderen Ausnahmefällen tragen diese ihre Kosten selbst, etwa im Falle offensichtlich unzulässiger oder unbegründeter Anträge (vgl. OLG Stuttgart, DB 1992, 1470; MüKomm/AktG-Bilda, § 306 Rnr. 169 f.; Hüffer, AktG, 5. Aufl., § 306 Rnr. 21), was vorliegend nicht anzunehmen ist.

Ende der Entscheidung

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