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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 20.02.2008
Aktenzeichen: 4 Ws 37/2008
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 222
1. Dem Verursacher eines Brandes ist grundsätzlich der auf einer überobligatorischen und damit über die berufsbedingte Handlungspflicht hinausgehenden Rettungshandlung beruhende Tod von Feuerwehrmännern zuzurechnen.

2. Die Grenze der Zurechnung ist erreicht, wenn sich der Rettungsversuch von vornherein als sinnlos oder mit offensichtlich unverhältnismäßigen Wagnissen verbunden und damit als offensichtlich unvernünftig darstellt. Dies ist der Fall, wenn die Risikofaktoren in einer objektivierten ex-ante-Betrachtung so gewichtig sind, dass auch unter angemessener Berücksichtigung der psychischen Drucksituation der Rettungskräfte deutlich ist, dass die (weitere) Durchführung der Rettungsaktion zu einem gänzlich unvertretbaren Risiko für Leib und Leben der Retter führt.

3. Liegt ein offensichtlich unvernünftiger Rettungsversuch vor, kommt es auf eine Kausalität zwischen dem entsprechenden Entschluss und den schweren Folgen nicht an.

4. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein offensichtlich unvernünftiges Rettungshandeln vorliegt, ist bei arbeitsteiligem Handeln berufsmäßiger Retter auf das gesamte Handeln der am Einsatz beteiligten Feuerwehrangehörigen abzustellen.


Oberlandesgericht Stuttgart

- 4. Strafsenat -

Beschluss

vom 20. Februar 2008

Geschäftsnummer: 4 Ws 37/2008

11 Js 26312/05 StA Tübingen

in der Strafsache gegen

wegen fahrlässiger Brandstiftung und fahrlässiger Tötung.

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Tübingen gegen den Beschluss des Landgerichts Tübingen vom 20. November 2007 wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten sowie der Angeschuldigten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:

I.

Die Angeschuldigte ist Eigentümerin eines im Jahr 1910 in Fachwerkbauweise erbauten, ursprünglich als Lagerhalle genehmigten und genutzten Gebäudes in . Das Eigentum erwarb sie aufgrund Erbganges 1971 im Rahmen einer Erbengemeinschaft. Seit 1995 gehört ihr das Gebäude in Alleineigentum. Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt - vermutlich Anfang der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts - wurde die ursprüngliche Lagerhalle durch Innenausbauten in Form von Holz-Ständerwänden in einzelne Räume geteilt und dabei die vom Erdgeschoss bis in das Dachgeschoss führende Holztreppe nur mit einer etwa 2 cm starken Bretterverschalung und entsprechend dimensionierten Türen zu den genutzten Räumlichkeiten hin abgeschlossen. Diese Abtrennung entsprach nicht den Anforderungen an eine mindestens 30 Minuten feuerhemmende Bauausführung. Ungeklärt blieb, auf wessen Veranlassung und durch wen diese Innenausbauten vorgenommen wurden. Eine Nutzungsänderung im Sinne der vorgenommenen Umbauten wurde zu keinem Zeitpunkt beantragt bzw. genehmigt.

Am 17. Dezember 2005 hatte die Angeschuldigte die im aktuellen Zustand aus einem Kellergeschoss, einem Erdgeschoss mit Laderampe, einem Obergeschoss und einem Dachgeschoss bestehenden Räumlichkeiten an verschiedene Vertragspartner vermietet. Das Kellergeschoss wurde von einem Fahrradhändler, das Erdgeschoss von einer Fahrradwerkstatt und mehreren Künstlern, das Obergeschoss als Foto- und Kunstatelier und das Dachgeschoss ebenfalls als Kunstatelier genutzt.

Der Angeklagte war seit 01. April 2001 Mieter eines im ersten Obergeschoss des Gebäudes gelegenen Ateliers, wo er als bildender Künstler arbeitete. Am 15. Dezember 2005 gegen 11.00 Uhr entfernte er dort aus einem Holzofen vermeintlich vollständig abgekühlte Asche und füllte diese in eine Papiertüte, welche er in einer auf dem Holzdielenboden neben dem Ofen befindlichen Kartonschachtel abstellte. In der Folgezeit entwickelte sich in diesem Bereich ein Schwelbrand, welcher dazu führte, dass sich in der Nacht zum 17. Dezember 2005 die Fußbodendielen entzündeten und völlig durchbrannten. Anschließend breitete sich das Feuer in der darunter im Erdgeschoss befindlichen Fahrradwerkstatt aus und erfasste schließlich das ganze Gebäude, welches zu einem großen Teil ausbrannte.

Die herbeigerufene Freiwillige Feuerwehr versuchte, den Brand zu löschen. Hierbei betraten u.a. die beiden als Atemschutztrupp eingesetzten Feuerwehrleute und am 17. Dezember 2005 zwischen 3.15 Uhr und 3.25 Uhr das brennende Gebäude und drangen - nachdem sie sich mit den ebenfalls als Atemschutztrupp im Erdgeschoss tätigen über das weitere Vorgehen verständigt hatten - über die Holztreppe bis in das Dachgeschoss vor. Der nach den Ermittlungen um 3.38 Uhr in das nach äußerem Anschein weitgehend abgelöschte Gebäude geschickte Ablösetrupp drang über die Treppe bis auf Höhe des ersten Obergeschosses vor, erkannte von dort aus den auf der Treppe weiter ins Dachgeschoss führenden Löschschlauch des Trupps , konnte jedoch nicht in das Dachgeschoss nachrücken, weil er sich aufgrund eines überraschenden Durchzündens des Feuers im ersten Obergeschoss einer massiven Hitzeeinwirkung im Bereich der auf das Treppenhaus führenden - großteils durchgebrannten - Zugangstüre ausgesetzt sah. Wenig später platzte in diesem Bereich der ins Dachgeschoss führende Löschschlauch, der den Ablösetrupp durch umherspritzenden Löschschaum behinderte. In etwa zeitgleich - um 3.47 Uhr/3.48 Uhr - funkte der Atemschutztrupp das Notsignal "Mayday". Im weiteren Verlauf starben die beiden Feuerwehrmänner und infolge einer Kohlenmonoxidvergiftung. Sie konnten erst um 4.16 bzw. 4.30 im Dachgeschoss geborgen werden.

Die Staatsanwaltschaft erhob am 24. Mai 2007 Anklage. Sie wirft dem Angeklagten fahrlässige Brandstiftung in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung in zwei tateinheitlichen Fällen gemäß §§ 306 d Abs. 1, 306 Abs. 1 Nr. 1, 222, 52 StGB vor, weil er noch nicht völlig abgekühlte Asche pflichtwidrig in einem brennbaren Behältnis auf dem Holzdielenboden neben dem Ofen abgestellt und hierdurch den Schwelbrand verursacht habe. Er habe daher in zurechenbarer Weise auch den Tod der beiden Feuerwehrleute verursacht. Der Angeschuldigten wird fahrlässige Tötung in zwei tateinheitlichen Fällen (§§ 222, 52 StGB) vorgeworfen, indem sie es unter Verletzung der ihr als Gebäudeeigentümerin obliegenden Verkehrssicherungspflicht unterlassen habe, die Nutzungsänderung beim Baurechtsamt anzuzeigen und insoweit das Gebäude in brandschutztechnischer Hinsicht nutzungsgerecht auszugestalten. Die nur etwa 2 cm starke Bretterverschalung zur Abtrennung der Räumlichkeiten zum Treppenhaus hin habe den Anforderungen einer feuerhemmenden, sogenannten F30-Wand nicht entsprochen, weshalb den verunglückten Feuerwehrleuten der Rückzugsweg durch das Treppenhaus abgeschnitten gewesen sei. Insoweit sei ihr der Tod der beiden verunglückten Feuerwehrleute zuzurechnen.

Mit Beschluss vom 20. November 2007 hat das Landgericht Tübingen das Hauptverfahren gegen den Angeklagten vor dem Amtsgericht - Strafrichter - Tübingen eröffnet und die Anklage zur Hauptverhandlung mit der Maßgabe zugelassen, dass er lediglich wegen fahrlässiger Brandstiftung gemäß § 306 d Abs. 1, 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB beschuldigt wird. Eine Zurechnung des Todes der verunglückten Feuerwehrleute hat die Strafkammer wegen Sorgfaltsmängeln beim Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr Tübingen abgelehnt. Aus dem selben Grund wurde die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die Angeschuldigte abgelehnt. Gegen diesen, der Staatsanwaltschaft am 10. Dezember 2007 zugestellten Beschluss richtet sich die am 13. Dezember 2007 eingegangene sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig, bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Die Strafkammer hat zu Recht eine Zurechnung des Todes der verunglückten Feuerwehrleute sowohl gegenüber dem Angeklagten wie auch gegenüber der Angeschuldigten verneint.

A. Angeklagter

1. a) Es besteht ein hinreichender Verdacht der fahrlässigen Brandstiftung gemäß §§ 306 d Abs. 1, 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB, da die Lagerung der vermeintlich kalten Asche in einer brennbaren Papiertüte in Verbindung mit einer Kartonschachtel nach den Ausführungen des Brandsachverständigen mit großer Wahrscheinlichkeit die Brandentstehung verursacht hat. Dies wird nachvollziehbar anhand der Bestimmung der Brandausbruchsstelle belegt. So konnten neben dem Ofenblech im Atelier nicht nur die typischerweise kreisförmige Durchbrennung der Dielung, sondern zudem Reste eines Kartons - entsprechend den polizeilichen Angaben des Angeklagten - festgestellt werden. Auch die an die Dielung angrenzenden Deckenbalken weisen korrelierende kreisförmige Brandspuren auf.

b) Durch diese Art der Aschelagerung hat der Angeklagte eine kausale Ursache nicht nur für den Brand, sondern auch für den Tod der verunglückten Feuerwehrleute gesetzt. Der Umstand, dass der verunglückte Atemschutztrupp sich aus eigenem Entschluss zu Rettungsmaßnahmen in das Haus begeben hat, beseitigt den Kausalzusammenhang nicht. Ein Ursachenzusammenhang ist nämlich nur dann zu verneinen, wenn ein späteres Ereignis die Fortwirkung der ursprünglichen Bedingung völlig beseitigt und seinerseits allein unter Eröffnung einer neuen Ursachenreihe den Erfolg herbeigeführt hat (BGHSt 39, 322 [324] m.w.N.). Dem ist nicht so.

c) Ferner besteht ein hinreichender Tatverdacht dahingehend, dass der Angeklagte nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage war zu erkennen, dass sein Verhalten zur Inbrandsetzung des Gebäudes führen konnte.

2. Dagegen besteht kein hinreichender Verdacht einer fahrlässigen Tötung (§ 222 StGB) in zwei tateinheitlichen Fällen.

a) Zwar war das Verhalten des Angeklagten kausal für den Tod der beiden Feuerwehrmänner (siehe vorstehend Nr. 1 b)). Auch war er befähigt zu erkennen, dass sein Tun zum Tode von Feuerwehrleuten führen konnte. Nicht erforderlich ist hierbei, dass die Folgen der Tat in allen Einzelheiten vorausgesehen werden, es genügt, dass sie in ihrem Gewicht im Wesentlichen voraussehbar waren (BGHSt 37, 179 [180] m.w.N.). Insoweit liegt auf der Hand, dass jegliche Inbrandsetzung eines Gebäudes in der Regel einen Einsatz der Feuerwehr einhergehend mit einer entsprechenden Gefährdung von Leib und Leben der eingesetzten Feuerwehrmänner nach sich zieht.

b) Allerdings kann im vorliegenden Fall ein Zurechnungszusammenhang zwischen der Brandverursachung und dem Tod der verunfallten Feuerwehrmänner nicht festgestellt werden.

(1) Mit dem Bundesgerichtshof (BGHSt 39, 322) knüpft der Senat bei der Beurteilung der Frage des Zurechnungszusammenhanges an die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur sogenannten bewussten Selbstgefährdung an. Danach ist im Bereich der Körperverletzungs- und Tötungsdelikte ein Verletzungserfolg dann nicht zuzurechnen, wenn dieser Erfolg die Folge einer bewussten, eigenverantwortlich gewollten und verwirklichten Selbstgefährdung ist und sich die Mitwirkung des Dritten in einer bloßen Veranlassung oder Förderung des Selbstgefährdungsaktes erschöpft (BGHSt 32, 262 ff.). Unter Berücksichtigung des Schutzzweckes der einschlägigen strafrechtlichten Normen erfährt dieser Grundsatz jedoch dann eine Einschränkung, wenn der Täter durch eine deliktische Handlung die naheliegende Möglichkeit einer bewussten Selbstgefährdung dadurch schafft, dass er ohne Mitwirkung und ohne Einverständnis des Opfers eine erhebliche Gefahr für ein Rechtsgut des Opfers oder ihm nahestehender Personen begründet und damit für dieses ein einsichtiges Motiv für gefährliche Rettungsmaßnahmen schafft (BGHSt 39, 322, [325]). Unter diesen Voraussetzungen ist es sachgerecht, die sich selbst gefährdenden Personen in den Schutzbereich der strafrechtlichen Vorschriften einzubeziehen. Dies folgt nicht nur aus der Erwägung, dass der Täter, dem bei Gelingen der Rettungshandlung die Erfolgsabwendung zugute kommt, im Fall des Misserfolges ebenso hierfür einzustehen hat. Vielmehr ist dem Täter bei Ausführung der Tat erkennbar, dass hierdurch anderen eine Pflicht zum Handeln auferlegt wird. Diese kann insbesondere aus einer Garantenstellung, § 323 c StGB oder beruflichen Pflichten erwachsen (Radtke/Hoffmann GA 2007, 201 [204]; SK-Wolters/Horn, § 306 c Rdnr. 4). Soweit die in diesem Sinne pflichtigen Rettungskräfte ihrer Handlungspflicht folgen, liegt ein vollständig freiwilliger Handlungsentschluss - vergleichbar dem in BGHSt 32, 262 ff. entschiedenen Fall - aber nicht vor. Damit fehlt es an einem die Zurechnung der Tatfolgen unterbrechenden Element.

(2) Hieraus folgt, dass die Reichweite der Handlungspflicht des Rettungspflichtigen - als das für den Täter grundsätzlich bei Tatausführung erkennbare Element - dann auch die Grenzen der Zurechnung definiert. Bei berufsmäßigen Helfern - wie vorliegend Feuerwehrmännern - ist insoweit von erweiterten Handlungspflichten auszugehen, da diese über eine bessere Schutzausstattung und eine fachliche Ausbildung verfügen. Da andererseits beim Handeln berufsmäßiger Retter die dem Täter zugute kommende Wahrscheinlichkeit eines Erfolges der Rettungshandlungen steigt, ist es sachgerecht, ihm auch die erhöhten Risiken von berufsmäßigen Helfern zuzurechnen. Deshalb sind auch bei hohem Risiko alle sachgerecht durchgeführten Rettungshandlungen von Berufsrettern, die zu Verletzungen führen, von der Zurechnung erfasst.

(3) Der Senat verkennt nicht, dass berufsmäßige Retter nicht selten vor der Frage stehen werden, zur Erreichung des Rettungsziels ein überobligatorisches, d.h. über die berufsbedingte Handlungspflicht hinausgehendes Risiko eingehen zu müssen. Für die Einbeziehung derart überobligatorischer Rettungshandlungen in den Schutzbereich strafrechtlicher Normen spricht, dass in Stresssituationen der vorliegenden Art auch berufsmäßige Retter nur eingeschränkt zu einer nüchternen Abwägung der Risiken in der Lage sein können. Dies beruht zum einen auf objektiv häufig eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten hinsichtlich zufälliger Geschehenskomponenten (z.B. bei Brandfällen wie dem vorliegenden: Materialversagen, Wind etc.), zum anderen auf den psychischen Befindlichkeiten der Rettungspersonen in der jeweiligen Stresssituation. Der Gesetzgeber hat insoweit in § 35 Abs. 1 Satz 2 StGB Personen in einem besonderen Rechtsverhältnis - wie z.B. Feuerwehrmännern - besondere Handlungsspielräume zugebilligt. Daher sind grundsätzlich auch überobligatorische Rettungshandlungen, soweit diese dem Schutz der Rechtsgüter des § 35 Abs. 1 StGB dienen, für diese Rettungspflichtigen nicht als "freiwillige" Selbstgefährdung zu werten. Hieraus folgt, dass auch als offensichtlich riskant erkannte Rettungshandlungen jenseits der Handlungspflichtigkeit in der Regel vom Schutzbereich strafrechtlicher Normen erfasst sind (vgl. Radtke/Hoffmann a.a.O. S. 218).

(4) Indes kann hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass die Zurechnung von Tatfolgen grenzenlos erfolgen kann. Vielmehr ist die Grenze der Zurechnung dort zu ziehen, wo sich der Rettungsversuch von vornherein als sinnlos oder mit offensichtlich unverhältnismäßigen Wagnissen verbunden und damit als offensichtlich unvernünftig darstellt (so BGHSt 39, 322 [326]; OLG Celle NJW 2001, 2816). Dies ist der Fall, wenn die Risikofaktoren in einer objektivierten ex-ante-Betrachtung so gewichtig sind, dass auch unter angemessener Berücksichtigung der psychischen Drucksituation der Rettungskräfte deutlich ist, dass die (weitere) Durchführung der Rettungsaktion zu einem gänzlich unvertretbaren Risiko für Leib und Leben der Retter führt.

(5) Bei einem offensichtlich unvernünftigen Rettungsversuch erfolgt die Unterbrechung des Zurechnungszusammenhanges bereits mit der entsprechenden Entschlussfassung, ohne dass positiv eine Kausalität zwischen dem Rettungsentschluss und den schweren Folgen festgestellt werden muss. Anknüpfungspunkt der vorliegenden Zurechnungsproblematik ist die Rechtsfigur der freiwilligen Selbstgefährdung. Hiernach ist - wie ausgeführt - entscheidend für die Frage der Zurechnung der Tatfolgen die Eigenverantwortlichkeit des Willensentschlusses des Retters. Daher ist es sachgerecht, auch hinsichtlich der Grenze der Zurechnung auf diesen Willensentschluss abzustellen. Deshalb unterbricht bereits der Entschluss, eine offensichtlich unvernünftige Rettungshandlung durchzuführen, den Zurechnungszusammenhang, ohne dass es auf die Kausalität hinsichtlich der Folgen des Rettungseinsatzes ankommt.

(6) Ferner ruht die Risikoabwägung vorliegend nicht allein in der Hand der verunglückten Rettungspersonen. Vielmehr muss sich ein Feuerwehrmann in seinem Entschluss, eine riskante Rettungshandlung zu beginnen und durchzuführen, auch auf das pflicht- und fachgerechte Handeln und Entscheiden seiner Kollegen verlassen. So hängen die Einsatzbedingungen und das Risiko eines Atemschutztrupps wesentlich von den Entscheidungen der den Atemschutzeinsatz überwachenden Feuerwehrmänner ab. An letzteren liegt es maßgeblich, die lebenswichtigen Entscheidungen zu Einsatz, Ablösung und Rückzug unter Berücksichtigung der dem jeweiligen Atemschutztrupp u.U. gar nicht zugänglichen Erkenntnisse zum gesamten Brandgeschehen zu treffen. Ohne diese arbeitsteilige Vorgehensweise ist die Handhabung der modernen Brandschutztechnik nicht denkbar. Wenn aber dem Täter das hierdurch ermöglichte höhere Risiko des einzelnen Retters zugerechnet wird, muss ihm andererseits bei der Frage der Begrenzung der objektiven Zurechnung - nämlich bei der Bewertung der Frage, ob offensichtlich unvernünftig gehandelt wurde - auch das durch die arbeitsteilige Vorgehensweise bedingte Fehlerrisiko zugute kommen. Daher müssen sich im Einsatz befindliche Feuerwehrleute, welche individuell in ihre hochgradige Gefährdung gar nicht eingewilligt hätten, offensichtlich unvernünftige Entscheidungen der den Einsatz überwachenden Feuerwehrmänner zurechnen lassen. Somit ist nicht auf die Wahrnehmung, Entscheidung oder Handlung einzelner gefährdeter Feuerwehrangehöriger, sondern auf das gesamte Handeln der am Einsatz beteiligten Feuerwehrangehörigen abzustellen.

c) In Anwendung dieser Grundsätze wurde der Feuerwehreinsatz nach dem vorliegenden Ermittlungsergebnis - im Rahmen einer Hauptverhandlung sind insoweit keine abweichenden Feststellungen zu erwarten - unter Inkaufnahme offensichtlich unvernünftiger Risiken für die verunglückten Feuerwehrmänner durchgeführt.

(1) So haben die Ermittlungen ergeben, dass die Atemschutzüberwachung des verunfallten Trupps entgegen der den Atemschutzeinsatz regelnden Dienstvorschrift ohne jegliche Zeiterfassung erfolgt ist. Die Einsatzdauer der zum Einsatz gekommenen Atemschutzgeräte mit einer Füllung von 300 bar liegt bei ca. 30 Minuten (vgl. Gutachten zum Atemschutz Blatt 976 d.A.). Für den Einsatz entsprechender Geräte schreibt die Feuerwehrdienstvorschrift 7 (im Folgenden FwDV 7), Ausgabe August 2004, in Nr. 7.2 u.a. vor, dass

* für den Rückweg in der Regel die doppelte Atemluftmenge wie für den Hinweg einzuplanen ist,

* die Einsatzdauer eines Atemschutztrupps sich nach derjenigen Einsatzkraft innerhalb des Trupps richtet, deren Atemluftverbrauch am größten ist,

* jeder Atemschutztrupp grundsätzlich mit einem Handsprechfunkgerät ausgestattet sein muss,

* bei Erreichen des Einsatzzieles und bei Antritt des Rückweges über Funk entsprechende Meldungen erfolgen müssen und

* weitere Meldungen lagebedingt abgegeben werden sollen.

Ferner sieht Nr. 7.4 FwDV 7 vor, dass

* bei jedem Atemschutzeinsatz eine Atemschutzüberwachung zu erfolgen hat,

* nach einem und nach zwei Drittel der zu erwartenden Einsatzzeit durch die Atemschutzüberwachung der Atemschutztrupp auf die Beachtung der Behälterdrücke hinzuweisen ist,

* die Uhrzeit bei Anschließen des Luftversorgungssystems, nach einem und zwei Drittel der zu erwartenden Einsatzzeit, bei Erreichen des Einsatzzieles und bei Beginn des Rückzugs registriert werden muss und

* für die Atemschutzüberwachung geeignete Hilfsmittel zur Verfügung stehen sollen.

Diese Feuerwehrdienstvorschrift ist in Baden-Württemberg durch Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums über die Aus- und Fortbildung der Feuerwehrangehörigen in Baden-Württemberg vom 09. Januar 2004 (Az.: 5-1511.1/1) i.V.m. dem Runderlass vom 06. September 2004 (Az.: 5-1537.3/6) bekannt gemacht worden.

Der für die Atemschutzüberwachung des ums Leben gekommenen Trupps eingeteilte Feuerwehrmann, der Zeuge , hat im Rahmen seiner Zeugenvernehmung vom 23. Dezember 2005 angegeben, er nehme grundsätzlich zu den Einsätzen aus verschiedenen Gründen keine Uhr mit. Aufgrund der ersten Hektik habe er auch keine Gelegenheit gehabt, sich beim Abmarsch des verunfallten Trupps eine Uhr zu besorgen. Die fehlende Uhr sei auch schon bei früheren Einsätzen beklagt worden. Demzufolge war der Zeuge nicht in der Lage, den möglicherweise bereits um 3.15 Uhr beginnenden Einsatz des verunglückten Trupps zeitlich zu kontrollieren. Auf der geführten Liste zur Atemschutzüberwachung hat er infolgedessen neben den Namen der verunglückten Feuerwehrmänner bei Beginn des Einsatzes lediglich den Behälterdruck von 300 bar und die Ortsangabe "hinter Haus" vermerkt, ferner hat er zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt den Behälterdruck von 200 bar bei beiden abgefragt und eingetragen, schließlich zu einem ebenfalls nicht bekannten Zeitpunkt beim Feuerwehrmann einen Behälterdruck von 120 bar notiert. Im Anschluss hieran ist lediglich "Mayday" vermerkt. Erst um 3.40 Uhr erhielt der Zeuge von einem Kameraden dessen private Uhr; zu diesem Zeitpunkt hatte der Atemschutztrupp bereits "Mayday" gefunkt.

Ferner ist aufgrund der Aussage des Zeugen davon auszugehen, dass dieser zu keinem Zeitpunkt Kenntnis von dem Einsatzauftrag des verunglückten Atemschutztrupps und dessen Standort hatte. Funkmeldungen bzw. Funkabfragen hinsichtlich des Einsatzzieles, des jeweiligen Einsatzortes und der lagebedingten Einsatzbedingungen erfolgten nicht. Eine Kontaktaufnahme über Funk geschah selbst dann nicht, als zwischen 3.41 Uhr und 3.43 Uhr von außen massive Flammen aus dem Dach und im ersten Obergeschoss sichtbar wurden. Selbst bei Absetzen der ersten Mayday-Meldung gegen 3.47 Uhr wurde der Standort des verunglückten Trupps weder abgefragt noch mitgeteilt. Die Standortabfrage nach dem zweiten, leisen "Mayday" blieb unbeantwortet.

Die Ermittlungen haben schließlich ergeben, dass auch die Absprache zwischen der Einsatzleitung und dem Atemschutztrupp hinsichtlich des Einsatzzieles unklar war. Der Feuerwehrkommandant hat insoweit angegeben, die Feuerwehrmänner und sollten über die Treppe "nach oben" gehend, die Lage erkunden und gezielt löschen. Warum die Feuerwehrmänner ins Dachgeschoss - vorbei an der später durchgebrannten Türe des Obergeschosses - gelangt sind, ohne eine geschossweise Erkundung und Feuerbekämpfung durchzuführen, war dem Feuerwehrkommandanten ein Rätsel.

(2) Bei dieser Sachlage ist festzustellen, dass die projektierte Einsatzzeit der Druckluftatmer bei einem - zugunsten des Angeklagten - anzunehmenden Einsatzbeginn um 3.15 Uhr bereits um 3.45 Uhr ausgeschöpft war. Nach der FwDV 7 hätte bei einem Drittel der zu erwartenden Einsatzzeit - und damit um 3.25 Uhr - der Behälterdruck abgefragt und die Uhrzeit registriert werden müssen. Da der Atemluftverbrauch von den Einsatzbedingungen abhängt und bei schwerer körperlicher Tätigkeit eine schnellere Entleerung des Pressluftatmers erfolgt, bietet die zeitliche Überwachung des Atemschutzeinsatzes - kombiniert mit den Druckabfragen - die einzige Möglichkeit für die Atemschutzüberwachungskraft, die voraussichtliche Einsatzdauer des Atemschutzgerätes abzuschätzen. Den Männern des Atemschutztrupps selbst kann dies nicht allein überlassen bleiben, da die Gefahr besteht, dass diese im Einsatz jegliches Zeitgefühl verlieren. Daher bietet gerade die Regelmäßigkeit der Behälterdruckabfragen eine lebenswichtige Schutzvorkehrung für die als Atemschutztrupp eingesetzten Feuerwehrmänner. Warum der im Vorfeld des Einsatzes als Atemschutzüberwachungskraft eingeteilte Zeuge bei dieser Sachlage zu den Einsätzen keine Uhr mitnimmt, obwohl die fehlende Uhr bei früheren Einsätzen schon beklagt worden ist, ist dem Senat nicht nachvollziehbar. Auch hat es sich aufgedrängt, durch die Freiwillige Feuerwehr für jede Atemschutzüberwachungskraft wenigstens eine einfache Armbanduhr zu beschaffen.

Zudem hätte nach einem Drittel der voraussichtlichen Einsatzzeit die Einsatzplanung für den Rückweg beginnen müssen, um die für den Rückweg veranschlagte doppelte Atemluftmenge zur Verfügung zu haben. Jedoch wurde weder die 200 bar-Meldung beider zu Tode gekommener Feuerwehrmänner noch die 120 bar-Meldung von zum Anlass genommen, die Männer aus dem brennenden Gebäude herauszuholen. Spätestens bei der 120 bar-Meldung hätte der Trupp sofort abgezogen werden müssen, ohne das Eintreffen des Ersatztrupps abzuwarten. Dies gilt umso mehr, als unbekannt war, wo sich der Trupp befand und wie lang bzw. wie schwierig der Rückweg werden könnte. Unerheblich ist, dass zu diesem Zeitpunkt möglicherweise der Eindruck entstehen konnte, der Brand sei weitgehend gelöscht, da eine unvorhergesehene Wendung des Brandgeschehens immer im Bereich des Möglichen liegt und gerade auch für diesen Fall - wenn etwa der Rückweg abgeschnitten ist - Vorsorge für eine genügende Restluftmenge zur Überbrückung der Zeit bis zur entsprechenden Brandbekämpfung oder zur Bereitstellung einer anderweitigen Rettungsalternative (z.B. über Drehleiter) getroffen werden muss.

Weiter hat trotz intakter Funkverbindung zu keinem Zeitpunkt eine Standort- oder Lageabfrage bei dem verunglückten Atemschutztrupp stattgefunden. Wäre diese Kommunikationsmöglichkeit genutzt worden, hätte die Einsatzleitung Kenntnis vom Standort des Trupps im Dachgeschoss gehabt und abklären können, weshalb keine Sicherung des darunter liegenden Obergeschosses vorgenommen worden war. Dies gilt umso mehr, als das Einsatzziel allenfalls vage definiert war; hier wäre eine umso engmaschigere Absprache des Vorgehens vonnöten gewesen. Weshalb nicht einmal gegen 3.41 Uhr eine Kontaktaufnahme mit dem Atemschutztrupp erfolgte, als von außerhalb des Gebäudes Flammen aus dem Dach und zwei Minuten später Flammen im ersten Obergeschoss sichtbar wurden, ist nicht nachzuvollziehen. Zu diesem Zeitpunkt war auch der Ablösetrupp bereits in Marsch gesetzt worden (3.38 Uhr), sodass den ums Leben gekommenen Feuerwehrmännern bekanntermaßen nur noch eine begrenzte Atemluftmenge zur Verfügung stand.

Bei dieser Sachlage ist die vorhandene Schutztechnik, welche den eingesetzten Atemschutzträgern ihre erhöhte Risikotragung erst ermöglicht, ineffektiv gehandhabt worden. Die durch die FwDV 7 bezweckte regelmäßige und der Lage angemessene Absicherung und Leitung des eingesetzten Atemschutztrupps durch Überwachung von außen hat sich auf zwei zeitlich zufällige Behälterdruckabfragen reduziert. Der verunglückte Trupp war faktisch auf sich selbst und damit weitgehend schutzlos gestellt. Berücksichtigt man zudem, dass nach Aussage des Feuerwehrmandanten zur Zeit des Einsatzbeginns keine Befürchtungen vorlagen, dass sich noch Personen im Gebäude befanden, ist der Grad zu einem offensichtlich unvernünftigen Rettungshandeln erreicht. Bei dieser Sachlage ist der Zurechnungszusammenhang zur pflichtwidrigen Brandverursachung durch den Angeklagten unterbrochen, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob die fehlende Uhr, die fehlende Lage- und Standortüberwachung, die unterlassenen Rückzugsaufforderungen sowie die unterlassene Warnung über das überraschende Durchzünden des Feuers kausal für den Tod der beiden Feuerwehrmänner geworden sind.

3. Daher verbleibt zu Lasten des Angeklagten lediglich der Vorwurf der fahrlässigen Brandstiftung gemäß § 306 d Abs. 1 i.V.m. § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Für diesen Tatvorwurf ist gemäß §§ 24 Abs. 1, 25 Nr. 2 GVG die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts begründet. Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG liegen nicht vor.

Eine besondere Bedeutung im Sinne des § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG kommt einer Strafsache dann zu, wenn sich diese aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen aus der Masse der durchschnittlichen Strafsachen nach oben heraushebt (Meyer-Goßner, StPO und GVG, 50. Aufl., § 24 GVG Rdnr. 7 m.w.N.). Taugliche Kriterien stellen insoweit das Ausmaß der Rechtsverletzungen und die Auswirkungen der Tat dar. Der besondere Umfang im Sinne des § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG ist gegeben bei besonderen Schwierigkeiten bei der Beweiswürdigung oder einer voraussichtlich langen Verfahrensdauer.

Im vorliegenden Fall gehen das Ausmaß der dem Angeklagten vorgeworfenen Rechtsverletzung und die Auswirkungen der Tat über den durchschnittlichen Umfang eines Verfahrens bei Amtsgerichten nicht hinaus. Hierbei ist hinsichtlich der Rechtsfolgen der Tat zu berücksichtigen, dass eine Zurechnung der Todesverursachung hinsichtlich der beiden verunglückten Feuerwehrmänner nicht erfolgt. Die Beweisaufnahme wird sich daher auf die Brandverursachung aus solche und den angerichteten materiellen Schaden beschränken können. Insoweit hat der Angeklagte in seiner Beschuldigtenvernehmung bereits die mutmaßlich für die Brandentstehung kausale Tathandlung - Entsorgung der Ofenasche - eingeräumt.

Auch das gesteigerte Medieninteresse vermag eine besondere Bedeutung nicht zu begründen. Dies ist nur dann der Fall, wenn das Medieninteresse eine ohnehin vorhandene besondere Bedeutung des Tatgeschehens für die Allgemeinheit widerspiegelt (vgl. BGHSt 44, 34 zu einer Blockadeaktion). Im Übrigen darf der gesetzliche Richter nicht durch das Medienecho im Zuge der vorangegangenen Ermittlungen beeinflusst werden. Ließe man dies zu, wäre das verfassungsrechtlich geschützte Prinzip des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG) bei einer Vielzahl von Fällen - wie etwa bei spektakulären Verkehrsunfällen - tangiert. Selbst eine überregional angelegte Medienberichterstattung kann daher die grundsätzliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts allenfalls dann in Frage stellen, wenn im konkreten Fall ein breites öffentliches Interesse ohnehin bereits vorhanden ist. Hieran fehlt es.

B. Angeschuldigte

Die Strafkammer hat die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die Angeschuldigte zu Recht aus tatsächlichen Gründen abgelehnt. Es ist bereits zweifelhaft, ob die ihr vorgeworfene Pflichtverletzung überhaupt vorliegt. Nach der unwiderlegten Einlassung der Angeschuldigten wurden die nicht nutzungsgerechten baulichen Veränderungen nicht durch sie selbst, sondern möglicherweise bereits in den 60iger Jahren durch den seinerzeitigen Mieter Deutsche Bundespost, welche das Gebäude als Fernmeldeamt nutzte, vorgenommen. Eine unmittelbare Verantwortlichkeit für die Bauausführung als Bauherrin (vgl. dazu LK-Jähnke, StGB, 11. Aufl., § 222 Rdnr. 11 Stichwort "Bauherr") scheidet daher aus.

In Betracht kommt somit ausschließlich die jeden Hauseigentümer treffende Pflicht, von dem Gebäude ausgehende Gefahren insoweit zu verhüten, als dies die billige Rücksichtnahme auf die Interessen anderer verlangt (Fischer, StGB, 55. Aufl., § 222 Rdnr. 12; LK-Jähnke a.a.O., Rdnr. 14; Schönke/Schröder-Stree, StGB, 27. Aufl., § 13 Rdnr. 43). Hierzu müsste es der Angeschuldigten jedoch möglich gewesen sein, den ordnungswidrigen Zustand zu erkennen. Dies erscheint bereits im Hinblick auf den Umstand zweifelhaft, dass selbst die Ermittlungsbehörden die Tatsache der fehlenden brandhemmenden Ausführung erst im Juni 2006 - und damit eineinhalb Jahre nach der Brandnacht - aufgrund eines vorläufigen Berichtes der anlässlich des vorliegenden Geschehens eigens beim Innenministerium Baden-Württemberg gebildeten Unfallkommission erkannt haben. Darüber hinaus hat das Baurechtsamt der Stadt - wie sich aus der Aussage des Zeugen Bl. 539 d.A. ergibt - bereits in den 1970iger Jahren gegenüber der damaligen Erbengemeinschaft eine Aufforderung ausgesprochen, einen Bauantrag für die Nutzungsänderung zu stellen. Obwohl sich die Erbengemeinschaft seinerzeit geweigert hatte, einen entsprechenden Nutzungsänderungsantrag zu stellen, wurde von Seiten des Baurechtsamtes nichts weiter veranlasst. Bei dieser Sachlage ist zumindest eine subjektive Pflichtwidrigkeit zweifelhaft.

Gleiches gilt für die Kausalität zwischen der mangelhaften Bauausführung und dem Tod des verunglückten Atemschutztrupps. Die entsprechenden Ausführungen der Staatsanwaltschaft hierzu beruhen auf der Annahme, dass die verunglückten Feuerwehrmänner vor ihrem Tod versucht hätten, durch das Treppenhaus hinab ins Freie zu gelangen und hieran durch den Branddurchbruch auf Höhe des ersten Obergeschosses - bedingt durch die nicht ausreichend feuerhemmende Wandausführung - gehindert worden seien. Diese Annahme basiert auf der ausschließlich im Bericht der genannten Unfallkommission niedergelegten, dem Feuerwehrkommandanten zugeschriebenen Äußerung, dass die Mayday-Meldung über das bisherige Ermittlungsergebnis hinaus zusätzlich zum Inhalt gehabt habe, der Löschmittelschlauch sei geplatzt und der Rückzugsweg versperrt. Weder der Feuerwehrkommandant noch der Zeuge noch die als Ablösetrupp eingesetzten Feuerwehrmänner und haben in ihren polizeilichen Vernehmungen Entsprechendes bekundet. Bei dieser Sachlage ist nach derzeitigem Ermittlungsstand zweifelhaft, ob die verunglückten Feuerwehrmänner überhaupt noch in der Lage waren, den Rückzug aus dem Dachgeschoss zu versuchen.

Letztlich kann jedoch offen bleiben, ob eine Pflichtwidrigkeit der Angeschuldigten oder eine Kausalität im oben genannten Sinne vorliegt, da der Tod der verunglückten Feuerwehrmänner aus den oben unter A. niedergelegten Gründen nicht zugerechnet werden kann.



Ende der Entscheidung

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