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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 26.09.2005
Aktenzeichen: 5 U 73/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 573 Abs. 2 Satz 3

Entscheidung wurde am 08.11.2005 korrigiert: das OLG Stuttgart hatte versehentlich eine nicht zur Veröffentlichung vorgesehene Fassung versandt, die durch durch diese ersetzt wurde
1. Das Interesse einer Erbengemeinschaft, sich aus pragmatischen Gründen auseinanderzusetzen und deshalb eine ererbte Eigentumswohnung zu veräußern, rechtfertigt für sich allein keine Kündigung i. S. von § 573 Abs. 2 S. 3 BGB.

2. Wird eine Eigentumswohnung im Wege des Erbgangs in vermietetem Zustand von den Erben erworben, so ist für die Bewertung der Frage, ob eine Kündigung zur Ermöglichung der Verwertung gerechtfertigt ist, weil ansonsten ein erheblicher Verwertungsverlust entsteht, auf den Wert der Wohnung in vermietetem Zustand abzustellen.

3. Wird gekündigt, weil mit einer Wohnung in vermietetem Zustand ein erheblich geringerer Erlös zu erzielen ist als bei einer Veräußerung in unvermietetem Zustand, so ist der Nachteil an Hand der Marktverhältnisse konkret nachzuweisen.


Oberlandesgericht Stuttgart 5. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 5 U 73/05

Verkündet am 26. September 2005

In dem Rechtsstreit

wegen Räumung

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2005 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. Würthwein Richterin am Oberlandesgericht Rose Richter am Oberlandesgericht Dr. Schmidt

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 15.04.2005 - 11 C 3964/04 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert der Berufung: 5.276,52 €

Gründe:

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat zu Recht die Räumungsklage abgewiesen.

A.

Das OLG ist gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG zur Entscheidung über die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg funktionell zuständig, da vier der Kläger ihren Wohnsitz im Sinne des § 13 ZPO und damit ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in 1. Instanz im Ausland hatten. Es handelt sich hierbei um eine rein formale Anknüpfung, unabhängig davon ob materiell-rechtlich überhaupt die Anwendung ausländischen Rechts in Frage steht. Nr. 1b GVG gilt dabei auch für Mietstreitigkeiten; § 29a ZPO berührt die funktionelle Zuständigkeit des Berufungsgerichts nicht (BGH NJW 2003, 3278; Gummer in Zöller, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 119 GVG Rn. 14 f.).

B.

Den Klägern steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 546 Abs. 1 BGB auf Räumung und Herausgabe der im 1. OG des Anwesens B(Straße) in M. ... (Ort) links gelegenen 3-Zimmer-Wohnung mit Kellerraum und Abstellplatz zu.

Der auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Mietvertrag zwischen der Beklagten und dem Erblasser W... (Vorname) S... (Nachname) vom 30.10.1999 (K 2), in den die Kläger als Erben (§ 1922 BGB) eingetreten sind, ist nicht durch die ordentliche Kündigung vom 22.10.2004 (K 3) zum 31.01.2005 aufgelöst worden.

Diese Kündigung ist unwirksam, da die Kläger kein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses haben (§ 573 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Die Voraussetzungen des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB (sog. Verwertungskündigung), auf die die Kläger ihre Kündigung stützen, liegen nicht vor, wobei dahingestellt bleibt, ob die Kündigung bereits nach § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB unwirksam ist, weil die Kläger die Gründe für ein berechtigtes Interesse an der Kündigung in ihrem Kündigungsschreiben nicht ausreichend dargelegt haben.

I.

Hier kommt deutsches Recht zur Anwendung, da die Wohnung in Deutschland liegt und das Mietverhältnis nach deutschem Recht begründet wurde und dieses keinerlei Beziehungen zum Ausland aufweist (Art. 28 Abs. 3 EGBGB).

II.

Die Kläger haben nicht ausreichend dargelegt, dass ihnen aus dem Verkauf der Wohnung in vermietetem Zustand ein "erheblicher Nachteil" i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr.3 BGB entsteht.

1.

Die Kläger haben zur geplanten Verwertungsmaßnahme, dem Verkauf der Wohnung, über den es bereits einen notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 10.01.2005 (K 13) gibt, konkret vorgetragen. Auch handelt es sich bei der geplanten Verwertung im Wege des Verkaufs um einen Zweck, der der geltenden Rechts- und Sozialordnung nicht widerspricht, weshalb die Verwertung angemessen ist (zu dieser Definition vgl. Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. 1999 IV RZ 70, Reick in Bamberger/Roth, Kommentar zum BGB, Januar 2005, § 573 RZ 83; LG Stuttgart ZMR 1995, 259)..

2.

Soweit die Kläger die Kündigung darauf stützen, dass die Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses für die aus 8 Personen bestehende Erbengemeinschaft unrentabel sei, weil auf jeden Erben nur ein geringer Anteil an Mietzins entfalle, der aber bei den ausländischen Erben durch die Kosten der Übersetzung etwa der Nebenkostenabrechnungen und den Kosten für Auslandsüberweisungen aufgesogen werde, wird die hieraus aus Sicht der Kläger resultierende Unrentabilität der Wohungsinnehabung bei Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses bereits nicht adäquat kausal gerade durch das Mietverhältnis verursacht.

Für eine wirksame Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist Voraussetzung, dass die Durchführung der Verwertung von der Beendigung des Mietverhältnisses abhängt. Eine bloße Erschwerung der Verwertung genügt nicht (Bub/Treier, a.a.O. IV RZ 81). Bei einem geplanten Wohnungsverkauf liegt dieses Tatbestandsmerkmal vor, wenn der Vermieter das Haus oder die Wohnung in vermietetem Zustand entweder überhaupt nicht oder nur wirtschaftlich unangemessen zu einem niedrigeren als dem angestrebten Kaufpreis verwerten könnte, so dass ein Verkauf als wirtschaftlich sinnlos erscheint und der Kündigungsschutz des Mietverhältnisses damit zum faktischen Verkaufshindernis wird (Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl. 2004, § 573 Rn. 121, Rolfs in Staudinger, Kommentar zum BGB, Buch II, Neubearbeitung 2003, § 573 Rn. 112; Reick a.a.O. § 573 Rn. 95). Welcher Preisabschlag als wesentlich bezeichnet werden kann, ist eine Frage der weiteren gesetzlichen Voraussetzung eines "erheblichen Nachteils" (siehe unten unter 3.).

a)

Die Gründe, aus denen die Kläger die Unrentabilität herleiten, gehen nicht adäquat kausal auf den vermieteten Zustand der Wohnung zurück, sondern auf die rechtliche Verbundenheit der Erben in einer Gemeinschaft als solcher. Die Aufwendungen, die den Vermietern hier entstehen, sind gerade dadurch bedingt, dass vier der Erben im Ausland sitzen, außerdem eine Vielzahl von Erben vorhanden ist, so dass auf jeden nur ein geringer Anteil des Mietzinses entfällt. Die Kläger haben nicht behauptet, dass die von der Beklagten bezahlte Miete auch dann nicht kostendeckend wäre und die Wohnung keinen Ertrag abwerfen würde, wenn lediglich nur ein in Deutschland lebender Erbe vorhanden wäre. Die Kläger haben auch nicht vorgetragen, dass die Mieteinnahmen ohne diese Umstände nicht kostendeckend seien, weshalb grundsätzlich auch nicht schon aus diesem Grunde ein potentieller Erwerber kein Interesse an einem Erwerb der Wohnung im vermieteten Zustand haben hätte können. Entgegen dem Vortrag der Kläger in der Berufungsbegründung hindert der Fortbestand des Mietverhältnisses auch nicht die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft; denn auch wenn in der Erbmasse eine Eigentumswohnung enthalten ist, kann die Erbengemeinschaft nach §§ 2042 Abs. 1, Abs. 2 i. V. m. § 753 Abs. 1 Satz 1 BGB durch Teilungsversteigerung (Verkauf der Wohnung im Wege der Zwangsversteigerung, sollte keiner der in Deutschland lebenden Erben sich für die Wohnung interessieren und diese freiwillig übernehmen) auseinandergesetzt werden, der nach der Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten verbleibende Überschuss aus dem Erlös wird auf die Erben nach dem Verhältnis ihrer Erbteile verteilt (§ 2047 Abs. 1 BGB). Das Problem der Unrentabilität, das hier durch die Vielzahl der Erben und durch zum Teil im Ausland lebenden Erben erzeugt wird, ist nicht durch die Kündigung des Mietverhältnisses zu lösen, sondern durch die Aufhebung der Erbengemeinschaft. Soweit die Kläger einwenden, bei einer Teilungsversteigerung sei nur ein niedrigerer Erlös zu erzielen als bei einem freihändigen Verkauf, so hat dies mit den Gründen, mit denen die Unrentabilität begründet wird, nichts zu tun, sondern betrifft die weitere Frage, ob die Kündigung hier darauf gestützt werden kann, im Wege des Verkaufs im unvermieteten Zustand ließe sich ein wesentlich höherer Kaufpreis erzielen.

b)

Soweit es den Klägern gelungen ist, am 10.01.2005 einen bereits notariell beurkundeten Kaufvertrag über die von der Beklagten bewohnte Eigentumswohnung abzuschließen, hat dies hier außer Betracht zu bleiben. Zwar darf der Vermieter dann, wenn die Wohnung nach dem Kündigungsausspruch verkauft wird, die Kündigung grundsätzlich nicht weiter verfolgen (Blank a.a.O. § 573 Rn. 160; Bub/Treier, Rn. 82; LG Frankenthal WuM 1991, 350), weil sich der Fortbestand des Mietverhältnisses in diesem Fall gerade nicht als Hinderungsgrund für den Verkauf erwiesen hat (vgl. auch die grundsätzlich zutreffenden Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Schriftsatz vom 24.02.2005). Etwas anderes gilt aber dann, wenn sich der Verkäufer im Hinblick auf die Erzielung des angestrebten Kaufpreises zur Übergabe einer geräumten Wohnung verpflichtet hat und verpflichten musste (Blank in Schmidt-Futterer, Rn. 160, Bub/Treier a.a.O.; LG Frankenthal a.a.O.). Dahin gestellt bleiben kann, ob die bloße Behauptung des Erwerbers, die Wohnung nur deshalb gekauft zu haben, weil er auf die Beendigung des Mietverhältnisses gebaut habe, ausreichend ist (so wohl Rolfs, a.a.O. Rn. 123). Jedenfalls ergibt sich hier die Abhängigkeit des Erwerbs von der Räumung bereits aus dem Kaufvertrag selbst. Die Kaufinteressenten haben ihr Interesse von der Bezugsfreiheit der Wohnung abhängig gemacht, die Kläger sind aufgrund des Kaufvertrags vom 10.01.2005 (K 13) zur mietfreien Übertragung verpflichtet. Dies ergibt sich aus folgenden Regelungen:

- § 2 Nr. 2 des Kaufvertrag: Ein Restbetrag von 90.000,-- € des Gesamtpreises von 110.000,-- € wird erst innerhalb von 2 Wochen nach Auszug und vollständiger Räumung der Wohnung durch die derzeitige Mieterin fällig.

- § 5 Nr. 2 des Kaufvertrags: Die Besitzübergabe erfolgt nach vollständiger Kaufpreiszahlung. Erst dann gehen auch Nutzung, Lasten und Gefahrübertragung auf die Bewerber über.

- § 6 Nr. 1 des Kaufvertrags: Die Auflassung wird ebenfalls erst nach vollständiger Bezahlung des Kaufpreises erklärt.

3.

Die Kläger haben hier nicht ausreichend dargelegt, dass durch einen Verkauf der Wohnung im vermieteten Zustand "erhebliche Nachteile" im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB eintreten.

Für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "erheblich" hat das Bundesverfassungsgericht (vgl. NJW 1992, 361; NJW 1989, 972) einerseits die Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis als Kern des Eigentumsrechts im Sinne des Art. 14 hervorgehoben, wozu auch die Freiheit gehört, das Eigentum zu veräußern. Dies ist indessen nicht im Sinne eines umfassenden Rechts eines Eigentümers zu verstehen, mit seinem Eigentum nach Belieben zu verfahren und aus ihm den höchstmöglichen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ermächtigt den Gesetzgeber, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen; je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug steht, desto weiter geht diese Bestimmungsbefugnis des Gesetzgebers. Bleiben Nutzung und Verfügung nicht lediglich innerhalb der Sphäre des Eigentümers, sondern berühren sie Belange anderer Rechtsgenossen, die auf die Nutzung des Eigentumsobjekts angewiesen sind, wie es hier für vermieteten Wohnraum zutrifft, umfasst das grundgesetzliche Gebot einer am Gemeinwohl orientierten Nutzung das Gebot der Rücksichtnahme auf den Nichteigentümer, der seinerseits der Nutzung des Eigentumsobjekts zu seiner Freiheitssicherung und verantwortlichen Lebensgestaltung bedarf. Auch die durch den Mietvertrag erworbene Rechtsposition des Mieters ist durch Art. 14 GG geschützt. An dieser Stelle findet keine Abwägung der Vermieterinteressen mit den konkreten Belangen des Mieters statt. Das Bestandsinteresse des konkret betroffenen Mieters ist vielmehr erst im Rahmen des § 574 BGB auf dessen Widerspruch zu berücksichtigen (ganz herrschende Meinung, unstreitig Bub/Treier a.a.O. Rn. 77; Häublein in Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl. 2004, § 573 Rn. 90; OLG Koblenz NJW-RR 1989, 595). Nicht berücksichtigt werden muss im Rahmen der Auslegung des § 573 BGB daher das Vorbringen der Beklagten dazu, aus welchen Gründen sie auf das Beibehalten der Wohnung (alleinerziehende Mutter einer 14-jährigen Tochter, Pflege der gehbehinderten Mutter, die unweit von der Wohnung entfernt wohnt) angewiesen ist.

a)

Die Kläger haben bereits nicht ausreichend dargelegt, dass ihnen durch die Veräußerung im vermieteten Zustand ein "Nachteil" entsteht. Nachdem die Erben die Wohnung vom Erblasser im vermieteten Zustand erworben haben, ist Bezugspunkt für eine Vergleichsrechnung nicht der absolute Vorteil, der den Erben bei Veräußerung einer Wohnung im unvermieteten Zustand entstehen würde, sondern ihre Vermögenslage im Zeitpunkt des Erwerbs der Wohnung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Wohnung gerade nicht im unvermieteten Zustand, sondern mit dem Mietverhältnis behaftet erworben wurde. Bei unentgeltlichem Erwerb, sei es in Folge einer Schenkung, sei es in Folge Erbgangs, ist entsprechend der Verkehrswert im Zeitpunkt des unentgeltlichen Erwerbs anzusetzen. Dieser ist dem Verkehrswert, den die Wohnung bei Veräußerung im unvermieteten Zustand erzielen könnte (hier: 110.000,-- € als dem Kaufpreis, zu dem es den Klägern tatsächlich gelungen ist, einen Käufer für die Wohnung in unvermietetem Zustand zu gewinnen) anzusetzen. Diese Betrachtungsweise ist, wie das Bundesverfassungsgericht grundlegend in NJW 1992, 361 (ebenso in NZM 2004, 134) entschieden hat, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Erwirbt der Vermieter das Grundstück in vermietetem Zustand, so haftet dem Grundstück von Anfang an der durch die Vermietung begründete Minderwert an. Durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses erleidet der Vermieter keine zusätzlichen, erheblichen Nachteile. Vielmehr würde er durch die Kündigung einen wirtschaftlichen Wert realisieren, der ihm nie zur Verfügung stand. Auch ist es möglich, dass der Vermieter die Wohnung im vermieteten Zustand günstig erworben hat, weil etwa die Miete auf absehbare Zeit nicht an das Marktniveau angepasst werden kann, und diese entsprechend geringer ist, was sich am Markt wertmindernd auswirkt. Dann hat der Vermieter gerade den Vorteil ausgenutzt, der sich aus der Existenz eines unrentablen Mietvertrags ergibt. Weiter ist die Wertung des § 573 Abs. 2 Nr. 3 2. Hs. BGB zu berücksichtigen: Sofern der Kaufinteressent die Wohnung nicht zur Selbstnutzung erwirbt, sondern den erhöhten Kaufpreis für die unvermietete Wohnung deswegen zu zahlen bereit ist, weil diese in Folge einer Neuvermietung eine höhere Mietrendite abwirft, würde durch einen Zwischenschritt (Verkauf der Wohnung) das Verbot der Änderungskündigung leicht zu umgehen sein. Allerdings sind in die Wertung die gesamten Vermögensbelange des Vermieters einzubeziehen. Ein geringer Unterschiedsbetrag, der sich nach kurzer Zeitspanne zwischen Kauf oder Schenkung und Verkauf ergibt, kann unerheblich sein, während die gleiche Differenz, die erst nach längerer Zeit eingetreten ist, als erheblicher Nachteil einzustufen sein kann, wenn durch den geringeren Verkaufserlös die Wertsteigerung eines längeren Zeitraums fast vollständig aufgezehrt wird. Auch müssen marktbedingte Schwankungen des Immobilienmarktes außer Betracht bleiben; diese gehen zu Lasten des Vermieters (Rolfs a.a.O. Rn. 121; 113; Häublein a.a.O. Rn. 90; Schmidt-Futterer a.a.O. Rn. 164).

Zwar ist jede Eigentumswohnung leichter und teurer in bezugsfreiem Zustand zu verkaufen. Wenn der Vermieter die in vermietetem Zustand erworbene Wohnung mindestens zum Erwerbspreis bzw. Erwerbswert oder sogar zu einem höheren Preis bei Kündigungsausspruch in vermietetem Zustand verkaufen kann, liegt jedoch kein erheblicher Nachteil vor. Denn wenn der Vermieter beim Verkauf in vermietetem Zustand immer noch einen höheren oder aber denselben Wert erhält wie den Wert bei Anschaffung, wird dem Vermieter gerade kein Verlustgeschäft zugemutet. Der Verkauf wird dadurch noch nicht wirtschaftlich sinnlos, selbst wenn, wie in dem konkret vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall, bei Verkauf in unvermietetem Zustand abstrakt ein Mehrerlös von dort 60.000,-- DM realisiert werden hätte können. Wie hier die Grenzen zu ziehen sind, insbesondere inwieweit das von der Beklagten an die Kläger herangetragene Angebot, selbst die Wohnung für 80.000,-- € zu erwerben, tatsächlich ernst gemeint ist, kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn die Kläger haben hier nicht substantiiert dazu vorgetragen, welchen Verkehrswert die Wohnung im vermieteten Zustand im Zeitpunkt des Erbgangs hatte. Weitergehende Ausführungen hierzu in der Berufungsinstanz sind nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen.

b)

Unabhängig hiervon haben die Kläger, worauf das Amtsgericht zu Recht hingewiesen hat, aber auch nicht dargelegt, welchen Preis Verkaufsinteressenten für die Wohnung im vermieteten Zustand zu zahlen bereit gewesen wären. Die Kläger haben zu erfolglosen Verkaufsbemühungen im Einzelnen keinerlei Tatsachen vorgetragen. Jedenfalls im Kündigungsprozess selbst, - wobei der Senat dahingestellt sein lässt, ob dies bereits im Kündigungsschreiben zu erfolgen hat, - muss der Vermieter seine konkreten Verkaufsbemühungen nachprüfbar darlegen (vgl. Rolfs a.a.O. Rn. 113; Sternel Mietrecht aktuell, 3. Aufl. 1996, Rn. 1115). Der Vermieter muss abhängig vom Einzelfall im Prozess ggf. nachweisen, dass ein bestimmter Kaufinteressent vom Ankauf zu dem verlangten Preis deshalb Abstand genommen hat, weil das Haus vermietet ist; zumindest sind entsprechende Verkaufsbemühungen und Gründe für deren Scheitern konkret vorzutragen. Ein Beweisantritt mit Sachverständigengutachten, z. B. durch einen Makler, für die Behauptung eines bestimmten Mehrerlöses in Euro in unvermietetem Zustand, reicht prozessual nicht aus. Denn Vermutungen und allgemeine Unterstellungen und die pauschale Behauptung, das Grundstück sei im vermieteten Zustand zwar nicht unverkäuflich, aber nur zu einem geringeren Kaufpreis, reichen nicht aus. Der Vermieter kann sich nicht auf einen allgemeinen Erfahrungssatz dahingehend berufen, dass Wohnungen, auch wenn sie als Renditeobjekt praktisch ungeeignet sind, nur im unvermieteten Zustand verkauft werden können, zumal der Erwerber seinerseits in der Lage ist, das Objekt wegen Eigenbedarfs zu kündigen; es kann nicht von einer generellen Unverkäuflichkeit vermieteter Wohnungen ausgegangen werden (LG Stuttgart ZMR 1995, 259; Häublein Rn. 101; Bundesverfassungsgericht NJW 1992, 2411). Es darf nicht als offenkundig und gerichtsbekannt behandelt werden, dass für eine vermietete Wohnung ein erheblich geringerer Preis als für eine freistehende Wohnung bezahlt wird (Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl. 2003, § 573 Rn. 175). Tatsächlich kommt es auch hier auf den Wohnungstyp und auf die konkreten Marktverhältnisse an. Erwerber mit Selbstnutzungsabsicht werden jedenfalls keine Zuschläge für eine freistehende Wohnung akzeptieren.

Allein das Kaufangebot der Beklagten beweist den geringeren Marktpreis nicht, nachdem das Grundstück auf dem Markt offenbar gar nicht angeboten worden ist. Die Beklagte ist nicht die einzige mögliche Interessentin.

c)

Es müssen also weitere Umstände zu dem abstrakten Mehrerlös bei Veräußerung in unvermietetem Zustand hinzukommen, um einen "erheblichen Nachteil" zu bejahen. Auch solche sind hier nicht ersichtlich.

Soweit die Kläger vortragen, sie seien auf den Erlös aus dem Verkauf der Eigentumswohnung angewiesen, in einem Fall etwa wegen eines bevorstehenden, längeren, kostspieligen Krankenhausaufenthalts eines der in USA lebenden Erben, so befanden sich die Kläger in dieser Situation schon im Zeitpunkt des Erbfalls. Durch die Veräußerung der Wohnung im vermieteten Zustand wird ihre vorgefundene Vermögenslage grundsätzlich nicht verschlechtert, lediglich eine erwartete, noch größere Verbesserung der Vermögenslage (über die durch den Erbfall als solche bereits eingetretene Vermögensverbesserung um den Verkehrswert der vermieteten Wohnung) bleibt aus, weshalb auf diese Erwägung jedenfalls nicht die Erheblichkeit eines zur Kündigung berechtigenden Nachteils gestützt werden kann.

Unabhängig davon konnten die Kläger inzwischen die beiden anderen zum Nachlass gehörenden Wohnungen mit einem Gesamterlös von 99.000 € verwerten, so dass jedem von ihnen ein erheblicher Betrag zugeflossen ist.

4.

Zur Begründung der Kündigung kann hilfsweise auch nicht auf § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB zurückgegriffen werden. Zwar sind die Kündigungsgründe in Abs. 3 ("insbesondere") nicht abschließend erfasst. Die von den Klägern vorgebrachten Kündigungsgründe unterfallen jedoch der Nr. 3 des Abs. 3, daneben bleibt für Abs. 1 keine Anwendung mehr.

III.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO und der Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aufgrund der §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO zurückzuweisen.

IV.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (vgl. § 543 Abs. 2 ZPO n. F.).

Ende der Entscheidung

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