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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 11.11.2004
Aktenzeichen: 5 Ws 39/04
Rechtsgebiete: JVEG


Vorschriften:

JVEG § 8 Abs. 1
JVEG § 12 Abs. 1
Der Übersetzer hat nach der Neuregelung seiner Vergütung durch das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) keinen Anspruch auf Schreibauslagen für die Erstellung der Urschrift der Übersetzung; § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 JVEG ist auf Übersetzungen auch nicht entsprechend anzuwenden.
Oberlandesgericht Stuttgart - 5. Strafsenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 5 Ws 39/04

vom 11. November 2004

in der Strafsache gegen

hier: Beschwerde des Übersetzers

gegen die gerichtliche Festsetzung der Übersetzervergütung

Tenor:

Die Beschwerde des Übersetzers gegen den seine Vergütung festsetzenden Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 14. September 2004 wird als unbegründet verworfen.

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Im Zuge des Strafverfahrens beauftragte die Strafkammer am 20. Juli 2004 - somit nach dem Inkrafttreten des neuen Justizvergütungs- und- entschädigungsgesetzes (JVEG) - den Beschwerdeführer mit der Übersetzung zweier handschriftlicher Briefe aus der türkischen in die deutsche Sprache. Für die erbrachte Leistung stellte der Beschwerdeführer als Honorar nach § 11 Abs.1 JVEG den Betrag von 1498,50 € (810 Zeilen zu je 1,85 € wegen erheblich erschwerter Übersetzung ) sowie als Aufwendungsersatz für die Erstellung der schriftlichen Übersetzung eine "Schreibgebühr" von 33,75 € nach § 12 Abs.1 Nr.3 JVEG und für die Fertigung einer Ablichtung der Übersetzung nach § 7 Abs.2 JVEG den Betrag von 7 € in Rechnung. Die Anweisungsstelle für Zeugen- und Sachverständigenkosten beim Landgericht entsprach dem Antrag hinsichtlich des Leistungshonorars und der gefertigten Ablichtung zuzüglich jeweiliger Umsatzsteuer in voller Höhe, setzte indes die beanspruchte "Schreibgebühr" ab, weil Schreibauslagen für die Erstellung der Übersetzung nach dem JVEG nicht gesondert erstattungsfähig seien. Hiergegen beantragte der Beschwerdeführer nach § 4 Abs.1 JVEG die gerichtliche Festsetzung seiner Vergütung. Das neue JVEG rechtfertige keine andere Auslegung als dass nach § 12 Abs.1 Nr.3 JVEG ebenso wie für die Erstellung des schriftlichen Sachverständigengutachtens auch für die schriftliche Übersetzung eine nach dem dort festgeschriebenen Modus berechnete "Schreibgebühr" zu erstatten sei. Für beide Bereiche gelte, dass die gedankliche Leistung der Erstellung des Gutachtens oder der Übersetzung von der manuellen Leistung des Schreibens auch hinsichtlich der Vergütung unterschieden werden müsse. Mit Beschluss vom 14. September 2004 setzte die Strafkammer die Vergütung des Beschwerdeführers - sowohl hinsichtlich der einzelnen Positionen als auch der Gesamtsumme der Anweisungsstelle und der Stellungnahme der Vertreterin der Staatskasse folgend - auf insgesamt 1.746,38 € fest. Den weiter gehenden Antrag, nämlich auf die "Schreibgebühr" in Höhe von 33,75 € (zuzüglich Umsatzsteuer), wies sie als unbegründet zurück.

Weil die Strafkammer der zu entscheidenden Frage grundsätzliche Bedeutung zumaß, entschied sie nach § 4 Abs.7 S.2 JVEG in der Besetzung mit drei Berufsrichtern und ließ gemäß § 4 Abs.3 JVEG gegen den ergangenen Beschluss die Beschwerde zu. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2004 hat der Übersetzer Beschwerde eingelegt. Er hält an seiner bereits mit dem Festsetzungsantrag vorgetragenen Auffassung fest und sieht in einer unterschiedlichen Behandlung von Sachverständigen und Übersetzern bei der zu entscheidenden Frage eine "Diffamierung der Übersetzer und Aberkennung ihrer gedanklichen Leistungen". II. Das erhobene Rechtsmittel ist zulässig. Zwar übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht den in § 4 Abs.3 JVEG bestimmten Betrag von 200 €, jedoch ist der Senat als Beschwerdegericht nach § 4 Abs.4 S.4 JVEG an die Zulassung der Beschwerde durch die Vorinstanz gebunden. Die Beschwerde ist indes unbegründet. Zu Recht hat die Strafkammer die Erstattung der im Sinne eines Aufwendungsersatzes für die Fertigung der Urschrift der Übersetzung begehrten "Schreibgebühr" unter Hinweis auf die Neuregelung der Vergütungen von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern in einem eigenen Abschnitt 3 des JVEG zurückgewiesen.

1. Das bisher maßgebende ZSEG enthielt zwar in § 17 Abs.3,4 bereits eine nach Abs.2 ausschließliche Sonderregelung für die Leistungsentschädigung des Übersetzers, erklärte aber im übrigen in § 17 Abs.1 die (sonstigen) Vorschriften des Gesetzes für sinngemäß auch auf den Übersetzer anwendbar. Hierauf stützte sich die - soweit ersichtlich zuletzt einhellige - Rechtsprechung, die über § 17 Abs.1 ZSEG für Aufwendungen des Übersetzers die für den Sachverständigen geltenden Bestimmungen in § 8 Abs.1 Nr.3 bzw. in § 11 Abs.2 ZSEG entsprechend anwandte ( OLG Hamm, B. v. 9.3.1999, JurBüro 1999, 427; OLG Köln, B. v. 27.5.91, JurBüro 1991, 1397; siehe auch Meyer/Höver/Bach , ZSEG 22.Aufl., Rn 19 zu § 17 mit weiteren Nachw. zur Rechtsprechung ).

Zu bemerken ist allerdings, dass § 8 Abs.1 Nr.3 ZSEG in seiner letzten Fassung auch dem Sachverständigen keine gesonderten "Schreibauslagen" für die Erstfertigung ( für Abschriften galt § 11 Abs.2 ZSEG ) des schriftlichen Gutachtens mehr zuerkannte, sondern pauschal und abschließend seinen gesamten mit der Erstellung des schriftlichen Gutachtens verbundenen Aufwand, einschließlich der Kosten einer hierfür eingesetzten Schreibkraft und etwa der Einfügung von Skizzen, Diagrammen und Lichtbildern sowie des Bindens, abgelten sollte (vgl. Meyer/Höver/Bach aaO Rn. 25 zu § 8). Es kann daher bezweifelt werden, ob eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf den zwar hinsichtlich der gedanklichen Leistung, nicht aber hinsichtlich deren Fixierung vergleichbaren Aufwand des Übersetzers durch die bisherige Rechtslage geboten war ( in älteren Entscheidungen findet sich die Erwägung, dass die Niederschrift der geistigen Arbeit zum Wesen der Übersetzertätigkeit gehöre, somit das Erstellen der Urschrift bereits von der Leistungsentschädigung umfasst sei, vgl. OLG Schleswig, B. v. 22.3.1961, Rechtspfleger 1962, 367 und OLG München - nicht veröffentlicht - zitiert nach Mümmler, Anmerk. zu OLG Bamberg, B. v. 7.12.1972, JurBüro 1973,354). 2. Die Rechtslage hat sich durch das Inkrafttreten des JVEG, das die Vergütung ( Honorar und Ersatz für Aufwendungen ) von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern detailliert regelt, entscheidend geändert. Die nunmehr auch hinsichtlich des Ersatzes von Aufwendungen nach Sachverständigen und Übersetzern durchaus differenzierten Bestimmungen lassen eine sinngemäße Anwendung der für den Sachverständigen geltenden Vorschriften - wie dies § 17 Abs.1 ZSEG vorsah - nicht mehr zu (so der Tendenz nach auch Hartmann, Kostengesetze 34.Aufl., Rn 5 zu §11). Auszugehen ist von Abs.1 des § 8 JVEG, der für alle drei Berufsgruppen gilt und "eine Übersicht über die gesetzlichen Tatbestände, nach denen sich die Gesamtvergütung der Sachverständigen, Dolmetscher und Übersetzer bestimmen soll" bietet ( so die Begründung zum Gesetzentwurf KostRMoG / BT - Drs. 15/1971, 181 zu § 8, auch abgedruckt in Otto/Klüsener/May, Das neue Kostenrecht, Einführung - Texte - Materialien, zu Abschnitt 3 des JVEG auf 269 f. ). Demnach setzt sich die Gesamtvergütung zusammen aus

1. einem Leistungshonorar (§§ 9 - 11, dieser speziell für Übersetzer),

2. Fahrtkostenersatz (§5),

3. Entschädigung für Aufwand (§6) sowie

4. Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12).

Entschädigung für Aufwand betrifft nach § 6 JVEG Tage- und Übernachtungsgeld aus Anlass auswärtiger Termine. Ersatz für sonstige Aufwendungen umfasst nach § 7 Abs.1 JVEG an anderer Stelle des Gesetzes nicht genannte bare Auslagen, insbesondere für Vertretungen und Begleitpersonen, nach Abs.2 Erstattungen für gefertigte Ablichtungen. Unter welchen Voraussetzungen und inwieweit besondere Aufwendungen, zu denen auch die hier vom Übersetzer beantragte "Schreibgebühr" zählt, zu ersetzen sind, regelt § 12 JVEG. Dessen Abs.1 stellt klar, dass grundsätzlich mit den Leistungshonoraren nach §§ 9 - 11 JVEG "auch die üblichen Gemeinkosten sowie der mit der Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung üblicherweise verbundene Aufwand abgegolten" seien, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimme. Der Hinweis auf andere Bestimmungen des Gesetzes bezieht sich auf die bereits erörterten Regelungen in §§ 5 - 7 JVEG (vgl. die schon zit. BT - Drs., S. 184 zu § 12 JVEG) und auf die sodann in § 12 Abs.1 Satz 2 unter Nr.1 - 4 aufgeführten Ausnahmen, bei denen Kosten und Aufwendungen unbeschadet des Grundsatzes "jedoch gesondert ersetzt" werden sollen. Hiervon betrifft Nr.1 die "für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten", so die Aufwendungen für Hilfskräfte, verbrauchte Stoffe oder Werkzeuge; Nr.2 betrifft die "zur Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens erforderlichen Lichtbilder" oder Farbausdrucke; Nr.3 betrifft die Schreibauslagen "für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens"; Nr.4 betrifft die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer, ohne dass insoweit nach der Art der Leistung unterschieden wird. Somit hat der Gesetzgeber in Satz 2 Nr.1 - 3 eindeutig zwischen Gutachten und Übersetzungen differenziert, indem er jeweils angibt, ob der Erstattungsanspruch für die Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung oder für beides gilt. Bezüglich der Vorschrift zur Umsatzsteuer in Nr.4, die sich nicht auf eine bestimmte Leistungsart, sondern allgemein auf die Vergütung bezieht, liegt nach dem geregelten Gegenstand und der Verweisung auf §§ 9 - 11 in § 12 Abs.1 Satz 1 auf der Hand, dass sie die Vergütungen aller drei in der amtlichen Überschrift des Abschnittes 3 genannten Gruppen, also der Sachverständigen, der Übersetzer wie auch der Dolmetscher umfasst. Es gibt keinen Anlass, Satz 2 Nr.3 entgegen dem klaren Wortlaut des Gesetzes auf Übersetzungen zu erstrecken, zumal es sich bei den Nr. 1 - 4 nach der Systematik des § 12 JVEG um Ausnahmetatbestände handelt, was einer erweiternden Auslegung entgegensteht. Dass es sich bei dem Wortlaut der fraglichen Vorschrift nicht etwa um ein redaktionelles Versehen, sondern um eine vom Gesetzgeber gewollte Differenzierung handelt, wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. In der Begründung des Gesetzentwurfes (BT - Drs. 15/1971 S.184) ist zu Nr.3 ausgeführt: "... Da der Sachverständige jedoch für die gedankliche Arbeit des Gutachtens ein nach Stunden bemessenes Honorar erhält und die Vorschrift lediglich die mit der reinen Schreibarbeit verbundenen Aufwendungen abgelten soll, das Honorar des Übersetzers sich im Gegensatz dazu jedoch ausschließlich nach dem Umfang des übersetzten Textes bemisst, soll der Sachverständige - anders als der Übersetzer - 0,75 € für jeweils angefangene 1000 Anschläge des Gutachtentextes erhalten....". Da somit § 12 Abs.1 Satz 2 Nr.3 JVEG auf die Erstellung von Übersetzungen keine Anwendung findet und auch sonst keine gesetzliche Anspruchsgrundlage ersichtlich ist, gilt insofern der in § 12 Abs.1 Satz 1 JVEG ausgesprochene Grundsatz, dass mit der Vergütung nach den §§ 9 - 11 JVEG (Leistungshonorare) auch der mit der Übersetzung üblicherweise verbundene Aufwand abgegolten ist. Der Aufwand der schriftlichen Fixierung der gedanklichen Leistung des Übersetzers ist nicht nur üblicherweise, sondern stets und wesensmäßig mit der Übersetzertätigkeit verknüpft. 3. Eine Nachfrage des Senats beim 1.,2. und 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat ergeben, dass diese die Rechtsauffassung des 5. Strafsenates teilen.

Ende der Entscheidung

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