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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 06.10.2009
Aktenzeichen: 6 U 126/09
Rechtsgebiete: BGB, WpHG, GG


Vorschriften:

BGB § 276
BGB § 280
BGB § 654
WpHG § 31
WpHG § 31d
GG Art. 2
1. Eine Bank als Anlageberaterin hat ihren Kunden gegenüber auch außerhalb des Bereiches des WpHG, also insb. bei Beratung über geschlossene Fonds, mitzuteilen, dass und in welcher Höhe sie von Dritten für den Absatz des empfohlenen Produktes Vergütungen (Rückvergütungen, Kick back) erhält (wie BGH Beschluss vom 20.1.2009 - XI ZR 510/07).

2. Kam die Bank dieser Pflicht nicht nach, so handelte sie jedenfalls im Jahr 2003 fahrlässig (wie OLG Karlsruhe Urteil vom 3.3.2009 - 17 U 371/08; Abgrenzung zu OLG Dresden Urteil vom 24.7.2009 - 8 U 1240/08 sowie OLG Oldenburg Urteil vom 11.9.2009 - 11 U 75/08).

3. Es besteht eine tatsächliche Vermutung, dass der Kunde bei Mitteilung einer Rückvergütung von über 8% der Beteiligungssumme von der Anlageentscheidung Abstand genommen hätte (wie BGH Urteil vom 12.5.2009 - XI ZR 586/07) und zwar auch dann, wenn im Prospekt offen gelegt ist, dass für den Vertrieb 13,9% der Beteiligungssumme ausgegeben werden sollen.

4. Zu den Möglichkeiten der Anlageberatungsgesellschaft, die tatsächliche Vermutung durch Zeugenbeweis zu entkräften/widerlegen, wenn dazu derjenige Mitarbeiter als Zeuge benannt wird, der den Kunden gerade nicht über die Vergütung von dritter Seite aufgeklärt hatte.


Oberlandesgericht Stuttgart 6. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 6 U 126/09

Verkündet am 06. Oktober 2009

Im Rechtsstreit

wegen Schadensersatz

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2009 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Hartmann Richter am Oberlandesgericht Schreiber Richter am Amtsgericht Luippold

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 8.5.2009 (8 O 413/08) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass

1. die Verurteilung der Beklagten in Ziff. 1 des Tenors zur Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem Betrag von 26.250 € auf den Zeitraum vom 22.8.2008 bis 9.1.2009 und ab 15.9.2009 beschränkt ist und im Zeitraum vom 10.1. bis 14.9.2009 lediglich Zinsen in Höhe von 2% geschuldet sind,

2. die Verurteilung der Beklagten in Ziff. 1 und 3 des Tenors Zug um Zug gegen Übertragung der wirtschaftlichen Beteiligung des Gxxx Kxxx an dem von ihm am 29.9.2003 gezeichneten, treuhänderisch gehaltenen Gesellschaftsanteil an der Fxxx Medienfonds xxx im Nennwert von 25.000 EUR (Anteilsnummer xxx) an die Beklagte erfolgt.

II. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird in Abänderung der Ziff. 2 des Tenors des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 8.5.2009 (8 O 413/08) festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der wirtschaftlichen Beteiligung des Gxxx Kxxx an dem von ihm am 29.9.2003 gezeichneten, treuhänderisch gehaltenen Gesellschaftsanteil an der Fxxx Medienfonds xxx im Nennwert von 25.000 EUR (Anteilsnummer xxx) in Verzug befindet.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 30.000 EUR

Gründe:

A.

I. Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte u.a. deswegen geltend, weil diese im Rahmen eines angeblichen Anlageberatungsvertrags dem Zedenten nicht mitgeteilt hat, dass sie für den Vertrieb des von ihr ihm gegenüber angepriesenen Medienfonds eine Provision von mehr als 8% des Zeichnungsbetrags von der mit dem Vertrieb beauftragten Gesellschaft erhalten hat.

Der Zedent, ein Rechtsanwalt und Notar, hatte mit dem Zweigniederlassungsleiter Jxxx Kxxx der Beklagten über einen gemeinsamen Kunden seit Ende der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts Kontakt. Erstmals am 17.7.2003 bot Jxxxm Kxxx dem Zedenten eine Beteiligung an der Fxxx Medienfonds xxx (im weiteren: Medienfonds Vxxx) an und übergab ihm hierzu einen Prospekt. In diesem (Anlage K 3) ist ausgewiesen, dass für "Eigenkapitalvermittlung und Anlagebetreuung" eine "Vxxx AG" zuständig ist, die Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf Dritte übertragen durfte. Auf S. 40 des Prospekts ist im Rahmen der Mittelverwendung aufgeführt, dass für die Eigenkapitalvermittlung 8,9% der Zeichnungssumme anfallen, die die Vxxx AG erhalte, der zusätzlich auch das Agio von 5% zustehe. Die Beklagte erhielt von diesen 13,9% mehr als 8%. Außerdem geht der Prospekt (S. 42) davon aus, dass im Zeichnungsjahr eine Verlustzuweisung von 104,5 % der Zeichnungssumme erfolge. Zum "Sicherheitskonzept" des Fonds gehört, dass die Dxxx Bank AG, zwischenzeitlich eine Tochter der Beklagten, eine Schuldübernahme für Schlusszahlungen an den Fonds in Höhe von 100% des Kommanditkapitals (ohne Agio) zum planmäßigen Enddatum des Fonds am 31.12.2011 erklärte. Beim Termin vom 17.7.2003 oder später sprach Jxxx Kxxx steuerliche Vorteile des Fonds und die Absicherung durch die Dxxx Bank an. Bei einem Treffen zwischen dem Zedenten und Jxxx Kxxx am 26.9.2003 wurde ein WpHG-Bogen (Anlage K 1) ausgefüllt, in dem sich der Zedent als "konservativ orientiert" einschätzte, als Anlageziel Vermögensaufbau angab und seine Vermögenssituation mit 75 - 150 TEUR bei einem Haushaltsnettoeinkommen von 8 - 10 TEUR angab. Am 29.9.2003 unterschrieb er einen Zeichnungsschein (Anlage K 2) für eine über einen Treuhänder gehaltene Beteiligung in Höhe der Mindestbeteiligung von 25.000 EUR nebst 5% Agio am Medienfonds Vxxx.

Der Zedent erbrachte die Zeichnungssumme samt Agio am 15.10.2003. 2005 wurde der Fondsinitiator im Zusammenhang mit der Verwendung der Fondsmittel bei diesem und dem Nachfolgefonds verhaftet. Im weiteren änderte die Finanzverwaltung den Grundlagenbescheid über die Verlustzuweisungen zulasten der Anleger ab, worüber ein Steuerrechtsstreit anhängig ist. Nach den gegenwärtigen Verhältnissen ist (u.a.) durch die Schlusszahlungen der Dxxx Bank AG ein Rückfluss an den einzelnen Anleger bei der planmäßigen Auflösung des Fonds zum 31.12.2011 von maximal 96% zu erwarten.

Der Zedent verlangte mit Schreiben vom 14.8.2008 (Anlage K 4) mit Fristsetzung bis 21.8.2008 von der Beklagten im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung der Beteiligung, wozu er sich auch darauf stützte, dass die Beklagte nicht offen gelegt habe, dass sie aus dem Anlagegeschäft eine nicht unerhebliche Provision erhalten habe. Er bot die Übertragung der Beteiligung an. Inzwischen hat er seine Rechte an die Klägerin abgetreten (Anlage K 5). Diese hat im Prozess zeitweise vertreten, dass sie nur die Rechte aus dem Treuhandvertrag an die Beklagte zu übertragen habe.

In der Öffentlichkeit wird (z.B. vom Partner Haas der Beklagtenvertreter in LMK 2009, 277068) davon ausgegangen, dass die Entscheidungen des BGH zur Offenlegung von Interessenkollisionen, auf die sich die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit beruft, zu Ansprüchen gegen Banken in einem zweistelligen Milliardenbereich führen können.

II. Wegen des streitigen Vorbringens der Parteien in erster Instanz - auch zu weiteren Vorwürfen der Klägerin über eine mangelhafte Beratung durch die Beklagte, die im Berufungsverfahren in den Hintergrund getreten sind - sowie für die dort gestellten Anträge wird auf das angegriffene Urteil verwiesen.

III. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte (Tenor Ziff. 1) zur Bezahlung von 26.250 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.8.2008 sowie zur Zahlung außergerichtlicher Anwaltskosten Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte aus der vom Zedenten gezeichneten Beteiligung verurteilt, den Annahmeverzug der Beklagten hinsichtlich der Übertragung aller Rechte aus der Beteiligung festgestellt (Tenor Ziff. 2) und weiter festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Zedenten von allen zukünftigen finanziellen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der Beteiligung an dem Fonds resultieren, wiederum Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte aus der vom Zedenten gezeichneten Beteiligung (Tenor Ziff. 3).

Zur Begründung hat es im Wesentlichen angeführt, dass zwischen dem Zedenten und der Beklagten ein Anlageberatungs- und nicht nur ein Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen sei, weil sich aus dem Erhebungsbogen nach dem WpHG ergebe, dass der Kundenberater der Beklagten eine fachkundige Bewertung und Beurteilung schulden und nicht nur der werbende und anpreisende Charakter gemachter Aussagen im Vordergrund stehen sollte. Die aus dem Anlageberatungsvertrag folgende Pflicht zur richtigen und vollständigen Information umfasse auch die Offenlegung von Rückvergütungen beim Vertrieb von Fondsanteilen, und zwar nicht nur bei wertpapiermäßig verbrieften Anlagen, sondern auch bei Medienfonds, denn der Regelungsgehalt des § 31 WpHG stelle lediglich eine Ausgestaltung der Rechtsprechungsgrundsätze des BGH dar und enthalte einen allgemeinen Maßstab für die Bankberatung. Dieser Offenlegungspflicht sei die Beklagte durch die Übergabe des Prospekts nicht nachgekommen, denn ihm habe der Anleger allenfalls entnehmen können, dass die Beklagte 5% erhalte, und ohne Kenntnis der genauen Höhe der Rückvergütung von 8,9% habe der Zedent das eigene Vertriebsinteresse der Beklagten nicht richtig einschätzen können. Dafür, dass das Verschweigen der Provisionshöhe für die Anlageentscheidung des Zedenten ursächlich geworden sei, spreche im Anlageberatungsbereich auch dann, wenn es andere vernünftige Reaktionen als das Abstandnehmen von der Anlage gegeben habe, eine tatsächliche Vermutung, die die Beklagte im Rahmen ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht ausgeräumt habe. Weiter habe die Beklagte fahrlässig gehandelt, insb. liege kein unverschuldeter Rechtsirrtum vor, denn höchstrichterlich sei die Offenbarungspflicht in Fällen der Anlageberatung im Jahre 2003 nicht geklärt gewesen (auch nicht gegen die Beklagte, solches ergebe sich aus der Depotbankentscheidung des BGH in NJW 2001, 962 nicht), weswegen sie bei Prüfung der Rechtslage eine von ihrer Auffassung abweichende Beurteilung der Lage habe in Betracht ziehen müssen und daher auf eigene Gefahr gehandelt habe. Entscheidungen von Kollegialgerichten schlössen, wenn sich ein Schuldner daran orientiere, lediglich Vorsatz aus. Der Schaden des Zedenten bestehe in der Zeichnung der Anlage. Schuldner- und Annahmeverzug der Beklagten lägen ebenfalls vor, weil bei einer nur mittelbaren Beteiligung an einem Fonds nur die Rechte aus dem Treuhandvertrag abgetreten werden könnten und die Klägerin daher auch nicht mehr anbieten müsse.

IV. Die Beklagte hat gegen das ihr am 13.5.2009 zugestellte Urteil rechtzeitig Berufung eingelegt und diese innerhalb der offenen Frist begründet.

Sie ist rechtlich weiterhin der Ansicht, dass weder eine Offenbarungspflicht über Rückvergütungen bestehe noch ein Verschweigen schuldhaft gewesen sei. Auch bestehe keine Vermutung dahingehend, dass ein Anleger bei einer Mitteilung von der Zeichnung Abstand genommen hätte, hilfsweise sei ihr Anlageberater als Zeuge zur Erschütterung der Vermutung zu vernehmen. Sie führt hierzu im Wesentlichen folgendes aus:

Eine Offenlegungspflicht bestehe nicht. Auch ein Anlageberater habe keine weiter gehenden Pflichten als ein Anlagevermittler, dem eine Offenlegung nur bei Provisionen über 15% abverlangt werde, die hier unstreitig nicht erreicht sind. Die Unterscheidung zwischen Anlageberater und -vermittler sei zudem unpraktikabel und der BGH stelle nicht mehr entscheidend hierauf ab. Außerdem bestehe keine ausdrücklich gesetzlich normierte allgemeine Pflicht zur Offenlegung von Interessenkonflikten, die vom BGH im Beschluss vom 20.1.2009 (XI ZR 510/07 = NJW 2009, 1416f) angeführten Fundstellen stützten seine Auffassung nicht, wie überhaupt der ganze Beschluss einfachgesetzlich fehlerhaft sei. Insb. lägen die Voraussetzungen für eine Analogie nicht vor. Bei unentgeltlicher Beratung wie hier würde dazuhin anderes gelten. Weiter stelle es einen Verstoß gegen Art. 12 GG iVm der Wesentlichkeitstheorie dar, wenn die Rechtsprechung unter Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz, dass alles erlaubt sei, was der Gesetzgeber nicht ausdrücklich verboten habe, eine solche Offenbarungspflicht einführe, zumal sich der BGH nicht einmal mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben und der Gesetzesbegründung (zu § 31d WpHG) auseinandersetze. Dazuhin habe der XI. Zivilsenat des BGH gegen Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG verstoßen, weil andere Senate des BGH eine solche Offenbarungspflicht für den Berater abgelehnt hätten und er mit seinem Beschluss hiervon abgewichen sei, ohne § 132 GVG einzuhalten. Außerdem betreffe der Beschluss des BGH nur Fälle, in denen der Prospekt zu einer Unterbeauftragung durch die mit dem Vertrieb beauftragte Gesellschaft nichts enthalten habe, und er sei daher auf die vorliegende Fallkonstellation ohnehin nicht anzuwenden, in der die Anleger die Weitergabe der Provision dem Prospekt bei gewissenhaftem Studium hätten entnehmen können.

Selbst wenn man fehlerhaft eine solche Offenbarungspflicht bejahe, habe sie - die Beklagte - nicht schuldhaft gehandelt. Das Landgericht habe ihre Beweisangebote, dass sie nicht vorsätzlich gehandelt habe, verfahrensfehlerhaft übergangen. Auch Fahrlässigkeit sei - entgegen dem Landgericht - zu verneinen. Sie habe sich auf die höchstrichterliche Rechtsprechung verlassen dürfen, dass der Interessenkonflikt nicht offenzulegen sei. Insb. habe der BGH 2004 entschieden, dass eine Offenbarungspflicht erst über einer Schwelle von 15% bestehe. Zudem habe gegolten, dass sich der Anleger selbst zu informieren gehabt habe; lediglich über wertbildende Umstände, zu denen die Provision nicht gehöre, habe aufgeklärt werden müssen. Der Beschluss des BGH vom 20.1.2009 (XI ZR 510/07) habe in zahlreichen Punkten in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung Neuland betreten. Darüber hinaus sei - jedenfalls zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Art. 3 GG - die Kollegialgerichtsrichtlinie, also dass das Verschulden eines Amtsträgers ausgeschlossen sei, wenn ein Kollegialgericht seine Entscheidung für richtig befunden habe, auch zu ihren Gunsten anzuwenden und - unstreitig - haben md. 63 Land- und Oberlandesgerichte bis ins Jahr 2009 eine Offenbarungspflicht verneint (vgl. die Liste in Anlage xB 50 = Bl. 182 d.A.). Vor Bekanntwerden des Urteils des BGH vom 19.12.2006 (XI ZR 56/05 = NJW 2007, 1876) habe kein einziger der beteiligten Richter die Rechtsansicht vertreten, dass bei einer Anlageberatung ungefragt der eigene Anteil im Prospekt ausgewiesener Vertriebsprovisionen mitgeteilt werden müsse, und sogar bis 2009 habe kein Richter und kein Anlegervertreter eine Auffassung vertreten, wie sie der BGH im Beschluss vom 20.1.2009 rechtsfehlerhaft ausgesprochen habe. Zudem verstoße die Auffassung des Landgerichts gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot und ihre Berufsfreiheit aus Art. 12 GG sowie ihre Rechte aus Art. 14 GG. Ein Verschulden scheide auch deshalb aus, weil sie ihre Rechtsmeinung sorgfältig gebildet habe und mit einer anderen Rechtsprechung nicht habe rechnen müssen. Auf Stimmen in der Literatur komme es nicht an.

I.Ü. fehle es auch an der für ihre Haftung erforderlichen Kausalität der unterbliebenen Aufklärung für die positive Anlageentscheidung des Zedenten. Die Mitteilung der Höhe der Provision hätte beim Zedenten einen Entscheidungskonflikt ausgelöst, der mit der Annahme einer Kausalitätsvermutung nicht zu vereinbaren sei. Zudem hätte sie bei einer Diskussion über die Provisionshöhe Teile der Rückvergütung an den Zedenten ausgekehrt. Außerdem seien Vertriebskosten im Prospekt vollständig offen gelegt gewesen und das eingesetzte Kapital in voller Höhe abgesichert, weshalb die Renditechancen durch hohe weiche Kosten nicht beeinträchtigt gewesen seien. Dazuhin sei die Rückvergütung (samt ihrer Höhe) bei Filmfonds branchenüblich gewesen und wäre der Anteil der Vertriebskosten auf anderen Stufen der Vertriebskette höher gewesen, wenn der der Beklagten geringer als 8,25% gewesen wäre.

Den Feststellungsantrag hinsichtlich der Ersatzpflicht künftigen Schadens hätte das Landgericht abweisen müssen, weil er nicht als vollstreckungsfähiger Antrag formuliert sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 8.05.2009, Az. 8 O 413/08, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt nach einem gerichtlichen Hinweis, teilweise im Wege der Anschlussberufung:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 26.250,00 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.08.2008 sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 1.196,43 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Klageschrift zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der wirtschaftlichen Beteiligung des Gerhard A. Kemmner an dem von ihm am 29. September 2003 gezeichneten, treuhänderisch gehaltenen Gesellschaftsanteil an der Fxxx Medienfonds xxx im Nennwert von EUR 25.000 (Anteilsnummer xxx) an die Beklagte.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der wirtschaftlichen Beteiligung des Gxxx Kxxx an dem von ihm am 29. September 2003 gezeichneten, treuhänderisch gehaltenen Gesellschaftsanteil an der Fxxx Medienfonds xxx im Nennwert von EUR 25.000 (Anteilsnummer xxx) in Verzug befindet.

(3.) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, Herrn Gxxx Kxxx, xxxstr. xx, 7xxx xxx, von allen zukünftigen finanziellen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von ihm am 29. September 2003 gezeichneten Beteiligung an der Fxxx Medienfonds xxx im Nennwert von EUR 25.000 (Anteilsnummer xxx) resultieren, insbesondere solchen, die mit der Verpflichtung zur Übertragung der wirtschaftlichen Beteiligung an dem von ihm gezeichneten, treuhänderisch gehaltenen Gesellschaftsanteil an der Fxxx Medienfonds xxx an die Beklagte - Zug um Zug gegen die Klageforderung - in Zusammenhang stehen. Es wird klar gestellt, dass diese Freistellungsverpflichtung ausschließlich auf Ersatz des negativen Interesses des Herrn Gxxx Kxxx gerichtet ist.

(4.) Im Übrigen ... die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt - nachdem die Klägerin die Klage auf Hinweis des Senats teilweise zurückgenommen und die Beklagte dem zugestimmt hat - in der Sache bis auf geringste Korrekturen bei der Zinshöhe ohne Erfolg. Demgegenüber hat die Anschlussberufung der Klägerin Erfolg.

I. Berufung der Beklagten

Zurecht hat das Landgericht angenommen, dass die Beklagte ihrer aus dem Beratungsvertrag (nachstehend 1.) mit dem Zedenten folgenden Hinweispflicht auf die infolge Rückvergütung bestehende Interessenkollision (nachstehend 2.) schuldhaft (nachstehend 3.) nicht nachgekommen ist und dass dies für die Beteiligung des Zedenten an dem Medienfonds ursächlich wurde (nachstehend 4.). Ihm ist dadurch ein Schaden entstanden, da die Beteiligung auch nach der Darstellung der Beklagten im entscheidenden Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung weniger wert war als die Anlagesumme, nämlich nur maximal ca. 24.000 EUR (25.000 EUR x 96%) abzüglich der Abzinsung, da der Betrag erst zum 31.12.2011 ausbezahlt werden wird, und eines Risikoabschlags. Daher konnte der Zedent und kann nach der Abtretung die Klägerin von der Beklagten verlangen, so gestellt zu werden, als ob der Zedent dem Fonds nicht beigetreten wäre. Das hat zur Folge, dass die Beklagte der Klägerin die Zeichnungssumme nebst Agio und vorgerichtlicher Anwaltskosten zu erstatten hat (Tenor Ziff. 1) sowie einen evtl. weitergehenden Schaden (Tenor Ziff. 3) Zug um Zug gegen - wie nunmehr angeboten - die Übertragung der "wirtschaftlichen Beteiligung" am treuhänderisch gehaltenen Gesellschaftsanteil an dem Fonds (nachstehend 5.). Annahmeverzug der Beklagten mit den im Verfahren vor dem Landgericht angebotenen Rechten aus der Beteiligung liegt jedenfalls nunmehr vor (ebenfalls nachstehend 5.).

1. Die Berufung nimmt hin, dass das Landgericht festgestellt hat, dass zwischen der Beklagten und dem Zedenten nicht ein Anlagevermittlungs-, sondern ein Anlageberatungsvertrag zustande kam.

Da der Senat zudem dem Akteninhalt nichts entnehmen kann, was Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellung wecken könnte, ist die Feststellung des Landgerichts hierzu nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend.

2. Der Beratungsvertrag verpflichtet den Berater, Interessenkonflikte offenzulegen, und in diesem Rahmen daher nach der Rechtsprechung des BGH auch dazu, den Kunden über die Höhe der von dritter Seite an ihn bezahlten Entgelte zu unterrichten. Dieser Pflicht ist die Beklagte weder in der persönlichen Beratung - das ist unstreitig - noch durch die Übergabe des Prospekts nachgekommen, wobei der Senat ihm im Gegensatz zum Landgericht noch nicht einmal entnehmen könnte, dass suggeriert werde, dass die Beklagte von den dort angegebenen 8,9% und 5,0% den zuletzt genannten Betrag erhalte.

Die von der Beklagten gegen diese Rechtsprechung vorgebrachten Argumente und die Gründe, warum sie auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, überzeugen nicht:

a. Dies gilt zunächst für die Ausführungen in der Berufungsbegründung, wenn sie unter Berufung auf Schäfer in Festschrift für Nobbe S. 725, 733f meint, dass aus der Schwierigkeit der Abgrenzung von Vermittlungs- und Beratungsvertrag folgen solle, dass ein Berater generell keine weiter gehenden Pflichten habe dürfe als ein Vermittler, von dem eine solche Aufklärung nicht verlangt wird.

Es ist in der gerichtlichen Praxis nicht selten, dass die Parteien es versäumt hatten, klare Vereinbarungen zu treffen, die Gerichte daher im Nachhinein Aufklärungsarbeit zu leisten haben und die Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast im Einzelfall dazu führen, dass die unterlegene Partei das Ergebnis als ungerecht ansieht. Gerade auf den Berater trifft dies für die vorliegende Fragestellung indes schon deshalb nicht zu, weil nur bei Vorliegen hinreichend deutlicher Anhaltspunkte von einem Beratungs- statt einem Vermittlungsvertrag ausgegangen werden kann und daher im Regelfall allenfalls ein Berater als Vermittler mit geringerer Aufklärungspflicht eingestuft werden wird, nicht aber ein Vermittler aus Beweislastgründen als Berater. Zudem hat es der Vermittler in der Hand, für eine entsprechende Dokumentation zu sorgen.

b. Genauso wenig hat der in die gleiche Richtung zielende Hinweis der Beklagten Erfolg, dass Ellenberger - damals noch Richter am OLG Frankfurt und nicht, wie das die Darstellung der Beklagtenvertreter suggerieren könnte, Richter am Bankensenat des BGH - 2001 (Sonderbeilage zu WM Heft 15) ausgeführt hatte, dass der BGH auf die Unterscheidung zwischen Anlagevermittler und -berater nicht mehr entscheidend abstelle.

Ellenberger war bei der Analyse der Rechtsprechung nämlich nur zum Ergebnis gekommen, dass der BGH im Einzelfall auch einem Anlagevermittler das gleiche Pflichtenprogramm wie einem Anlageberater auferlege, so dass es weniger auf die Unterscheidung beider Typen ankomme, sondern auf den Einzelfall. Das hindert es aber noch nicht, dass bei der Offenlegungspflicht von Interessenkollisionen doch Unterschiede bestehen, weil das Pflichtenprogramm insoweit weder generell noch im Einzelfall anzugleichen ist.

c. Die nach Auffassung der Berufungsbegründung "einfachgesetzliche Fehlerhaftigkeit" des Beschlusses des BGH vom 20.1.2009 (XI ZR 510/07 = NJW 2009, 1416f) vermag der Senat ebenfalls nicht zu erkennen.

Zutreffend an der Kritik ist zwar, dass keine ausdrücklich gesetzlich normierte allgemeine Pflicht zur Offenlegung von Interessenkonflikten besteht. Mit demselben Argument könnte aber auch generell verneint werden, dass es Beratungsverträge gebe. Deren Existenz kann nämlich allenfalls ansatzweise aus § 675 Abs. 2 BGB hergeleitet werden, in dem die Haftung für einen Rat oder eine Empfehlung ausgeschlossen wird und in dem es nur am Rande heißt "unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis ... ergebenden Verantwortlichkeit". Trotzdem wird die Existenz von Beratungsverträgen in Literatur und Rechtsprechung nicht in Abrede gestellt. Sie folgt nach allgemeiner Meinung aus der Vertragsfreiheit im Schuldrecht. Und wenn dieser Grundsatz nach einhelliger Ansicht existiert, dann folgt daraus zugleich, dass es allgemeine Rechtsgrundsätze geben darf, aus denen die Rechtsprechung ableiten kann, welche Rechte und Pflichten in diesen gesetzlich nicht geregelten Rechtsverhältnissen bestehen. Ein solcher Grundsatz ist es aber, dass eine Vertragspartei, die für die andere Vertragspartei tätig wird, nicht gegen deren Interessen handeln darf. Ein Ausdruck dieses Grundsatzes findet sich im Maklerrecht, das der Gesetzgeber rudimentär geregelt hat. Daher verweist der BGH im angegriffenen Beschluss völlig zurecht auf die Kommentierung von Sprau in Palandt BGB 68. Auflage § 654 Rdnr. 4, die sich mit den Pflichten des Doppelmaklers befasst, bei dem die gleiche Interessenlage vorliegt wie bei einem Anlageberater, der einerseits die Interessen des Anlegers beachten soll und andererseits von der Gegenseite für die erfolgreiche Vermarktung des Produkts bezahlt wird. Dazuhin vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die Bezugnahme des BGH auf Möllers in KK zum WpHG § 31 Rdnr. 23 - wie dies die Berufungsbegründung darstellt - unberechtigt gewesen wäre; denn Möllers führt zur Rechtslage vor Inkrafttreten des WpHG aus, dass die in § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG statuierte Interessenswahrungspflicht "von jeher" galt. Namentlich sei (u.a.) die "Anlageberatung" zu nennen.

d. Soweit die Berufungsbegründung hilfsweise in Frage stellt, ob ein solcher Grundsatz auch bei unentgeltlichen Verträgen besteht, ist dies vom BGH aaO nicht ausdrücklich diskutiert worden. Die Abgrenzung entgeltlicher/unentgeltlicher Vertrag ist indes kein geeignetes Kriterium zur Differenzierung. Bei unentgeltlichen Verträgen ist zwar in der Regel der - auch von der Beklagten zitierte - subjektive Haftungsmaßstab reduziert (z.B. §§ 521, 523f, 599, 600 BGB), nicht aber das objektive Pflichtenprogramm, soweit Kardinalpflichten betroffen sind. Und zu diesen gehört bei Tätigkeit für zwei Herren wie hier die Offenlegung von Interessenkonflikten. Die von der Berufungserwiderung begonnene Diskussion, ob das Agio zu einer Entgeltlichkeit des Beratungsvertrags führt, braucht daher nicht geführt zu werden.

e. Der von der Berufungsbegründung behauptete Verstoß des BGH im angeführten Beschluss gegen Art. 12 GG liegt weder formell noch materiell vor.

aa. Zwar hat das BVerfG in NJW 1980, 1900, 1901 in der Tat hohe Anforderungen an die Begründung einer Rechtsprechung gestellt, die eine berufsregelnde Tendenz aufweisen kann. Diese hohen Anforderungen sind - soweit ersichtlich - indes ein Einzelfall geblieben, die sich, wie der spätere Präsident des BVerfG Papier in seiner ablehnenden Anmerkung in JZ 1980, 608 ff zurecht ausführt, in Widerspruch zu anderen Entscheidungen des BVerfG setzen. Letztlich wird das aber dahingestellt bleiben können, da jedenfalls der Senat im Hinblick auf die von der Beklagten in diesem Verfahren vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken seine Auffassung auch im Hinblick auf die Grundrechte des Beraters begründet und

bb. die Rechtsprechung des BGH materiell-rechtlich nicht gegen das Grundgesetz verstößt, insb. weil die Voraussetzungen für einen eventuellen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit erfüllt sind:

(1) Zwar mag die Rechtsprechung, die dem Berater eine Offenbarung von Interessenkonflikten auferlegt, tatsächlich einen Eingriff in die Berufsfreiheit des Art 12 GG darstellen.

(2) Der Eingriff findet dann aber, da die Berufswahl weder objektiv noch subjektiv eingeschränkt wird, lediglich auf der untersten Stufe nach der Dreistufentheorie statt. Und deren Anforderungen an einen rechtmäßigen Eingriff sind gegeben:

(a) So vermag sich der Senat den Behauptungen der Berufungsbegründung nicht anzuschließen, dass ein solcher Eingriff nur durch Gesetz erfolgen dürfe, denn schon nach dem Wortlaut des Art. 12 GG ist der Eingriff auch aufgrund eines Gesetzes möglich.

Kompetenzrechtlich kann - anders als die Berufungsbegründung meint - "aufgrund eines Gesetzes" auch die Rechtsprechung eingreifen, jedenfalls dann, wenn sie sich auf Auslegung von Gesetzen, auch anhand von "Gesamtregelungen", beschränkt (BVerfG NJW 1980, 1900, 1901), wobei letzteres Gesamtanalogien einschließt, solange die Rechtsprechung nicht anstelle des Gesetzgebers rechtssetzend tätig wird (vgl. hierzu Scholz in Maunz/Dürig GG Art 12 (Stand: 47. Lieferung) Rdnr. 333; nichts anderes vertreten i.Ü. die von der Beklagten zitierten Tettinger/Mann in Sachs GG 4. Auflage Art. 12 Rdnr. 86 und 95). In diesem Fall stellen sich auch keine Fragen der Wesentlichkeitstheorie, die ohnehin in erster Linie für das Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive entwickelt wurde (vgl. im einzelnen Grzeszick in Maunz/Dürig GG Art. 20 (Stand: Lieferung Dezember 2007) Rdnr. 88 und 90; die von der Berufungsbegründung zitierte Entscheidung des BVerfG in NJW 1975, 1455, 1456 betrifft denn auch nicht die Judikative, sondern die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen auf berufsständische Organisationen. Eine solche Gesamtanalogie hat der BGH im angegriffenen Beschluss vorgenommen.

Soweit man wie die Berufungsbegründung die Auffassung vertritt, dass der subjektiv-historischen Auslegung in diesem Bereich entgegen der zivilrechtlichen Praxis eine besonders starke Bedeutung zukomme, also bei einem Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit eine Auslegung nicht gegen den Willen des historischen Gesetzgebers stattfinden dürfe (anders indes BVerfG NJW 1980 aaO, das auf die Auslegung des im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Willens abstellt), ergibt sich hier nichts anderes: zwar setzt sich der BGH in dem zitierten Beschluss in der Tat nicht mit einer Gesetzesbegründung auseinander; dies war aber auch nicht möglich, weil der BGH nicht eine bestimmte gesetzliche Regelung auszulegen hatte. Die von der Beklagten angeführte Gesetzesbegründung zur Änderung des WpHG (BT-Drs. 16/4028 S. 54 l. Sp.) lässt sich nicht zugunsten der Beklagten verwerten: dass der Gesetzgeber dort begründet, warum er die Richtlinie 2004/39/EG nicht überschießend umsetzt und Anteile an offenen Immobilienfonds nicht generell in den Regelungsbereich des WpHG einbezieht, sagt nichts dazu aus, dass er gewollt hätte, dass bei der Vermittlung von Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds Interessenkonflikte verschwiegen werden dürften. Gleichzeitig ergibt sich hieraus (entgegen S. 10 des Schriftsatzes vom 18.9.2009) nicht, dass es an einer Regelungslücke für eine Analogie fehlen würde. Zumal der BGH auch keine Einzelanalogie vornimmt, sondern einen allgemeinen Grundsatz feststellt, der für das WpHG kodifiziert wurde. Zudem ist von dieser Gesetzesänderung, auf die sich die Beklagte beruft, nur die ausdrückliche Regelung in § 31d WpHG betroffen, nicht hingegen § 31 WpHG, aus dem die Aufklärungspflichten schon zuvor hergeleitet wurden, und erst recht nicht der allgemeine Rechtsgedanke, der bereits vor Einführung des § 31d WpHG galt (so BGH aaO Rdnr. 12). Auch das Argument, dass die Spezialregelung der §§ 31, 31d WpHG nicht hätten erlassen werden müssen, wenn es ein allgemeines Verbot des Verschweigens eines Interessenkonflikts gebe, überzeugt nicht: es besteht immer wieder der Bedarf, einen allgemeinen Grundsatz auf Spezialgebieten zu konkretisieren, auch durch den Gesetzgeber.

Abschließend zur Regelung der Berufsausübung durch die Rechtsprechung ohne eine spezifische gesetzliche Grundlage sei noch darauf hingewiesen, dass gerade das BVerfG (NJW 1994, 36 und NJW 1994, 2749) maßgeblich daran beteiligt war, dass der BGH ohne spezialgesetzliche Grundlage im BGB die Berufsfreiheit von Banken bei der Einholung von Bürgschaften naher Verwandter eingeschränkt hat. Hierzu fehlt selbst heute noch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Vielmehr greift die - von Banken inzwischen hingenommene - Rechtsprechung auf allgemeine Grundsätze, nämlich Sittenwidrigkeit in § 138 Abs. 1 BGB, zurück.

(b) Die erste materiell-rechtliche Voraussetzung für eine Regelung, die in die Berufsausübungsfreiheit eingreift, nämlich dass die Aufklärungspflicht durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt erscheint, liegt vor:

Denn bei Entscheidungen des Kunden zu Anlagen in typischerweise nicht zu vernachlässigender Größenordnung benötigt dieser vollständige Entscheidungsgrundlagen, für die der Anlageberater den Kunden gerade beraten soll. Erhält er diese nicht, weil der Berater wegen des eigenen resp. des Provisionsinteresses seines Arbeitgebers versucht ist, die Anlageempfehlung an der Provisionshöhe auszurichten, besteht eine erhöhte Gefahr, dass der Kunde - wenn er diesen besonderen Anreiz nicht einmal erahnt - eine falsche Entscheidung trifft, die ihn sein Vermögen oder wenigstens namhafte Bestandteile dieses Vermögens kostet. Dass bei der Frage der Offenlegung von Provisionen in der Anlageberatung gewichtige Vermögensinteressen tangiert sind, zeigt sich daran, dass in der Öffentlichkeit (so der Partner Haas der Beklagtenvertreter in LMK 2009, 277068) davon ausgegangen wird, dass die Entscheidungen des BGH zur Offenlegung von Interessenkollisionen Ansprüche gegen Banken in einem zweistelligen Milliardenbereich zur Folge haben können. Dass die erforderlichen Gründe des Allgemeinwohls vorliegen, räumte die Berufungsbegründung auch selbst ein.

(c) Aber auch die weitere materiell-rechtliche Voraussetzung, die Verhältnismäßigkeit im weiteren Sinne, ist erfüllt:

Die Offenlegung der Vergütungshöhe ist geeignet, das Ausmaß eines Interessenkonflikts aufzuzeigen. Ein milderes Mittel als die Mitteilung der Höhe der Rückvergütung ist nicht ersichtlich - jedenfalls solange die von Zingel/Rieck in BKR 2009, 353, 356 angesprochenen "Vertraulichkeitsbereiche" nicht eingerichtet sind. Der Eingriff ist auch nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne, also dem Berater nicht unzumutbar. Beim normalen Wertpapierhandelsgeschäft wird von den Banken nämlich regelmäßig eine Vergütung mit dem Kunden in Form von Provisionen vereinbart. Hier verzichten die Banken also auf das von der Berufungsbegründung angeführte Geheimnis von Kalkulationsgrundlage und Gewinnmarge, was dagegen spricht, dass es ein allzu hohes Gewicht hat. Dazuhin wiegt die Geheimhaltung selbst einer Marge wie hier von über 8% deutlich weniger schwer als das Risiko des Kunden, aufgrund eines nicht offen gelegten Interessenkonflikts seine gesamte oder Teile seiner Investitionssumme zu verlieren.

(3) Unter diesen Umständen vermag die pauschale und in der mündlichen Verhandlung wiederholte Argumentation der Berufungsbegründung, dass alles Tun erlaubt sei, was nicht vom Gesetzgeber ausdrücklich verboten sei, erst recht nicht zu überzeugen. Nicht nur die Beklagte ist Grundrechtsträger, sondern auch ihr Kunde. Im System des Grundgesetzes ist nicht nur der Gesetzgeber, sondern auch die Rechtsprechung dazu aufgerufen, die beiderseitigen Grundrechte auszutarieren. Dass die frühere, zu den Bemühungen des erkennenden Senats im Gegensatz stehende Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des BGH zum Bürgschaftsrecht diesen Anforderungen nicht gerecht geworden war, hatte gerade das BVerfG aaO festgestellt.

f. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass andere Senate des BGH eine der Beklagten günstigere Meinung vertreten würden.

Der III. Zivilsenat des BGH hatte lediglich über Pflichten von Anlagevermittlern [Entscheidungen vom 12.2.2004 (III ZR 355/02 und III ZR 359/02), 9.2.2006 (III ZR 20/05), 22.3.2007 (III ZR 218/06), 21.5.2008 (III ZR 230/07)], Treuhandkommanditisten [Entscheidungen vom 29.5.2008 (III ZR 59/07), 6.11.2008 (III ZR 81/07, III ZR 231/07, III ZR 290/07) und 12.2.2009 (III ZR 90/08)], Geschäftsbesorgern ohne Auftrag [Entscheidung vom 28.7.2005 (III ZR 290/04)], Initiatoren [Entscheidung vom 12.2.2009 (III ZR 119/08)], Prospektprüfern [Entscheidung vom 12.2.2009 (III ZR 90/08)] und Notaren [Entscheidung vom 26.2.2009 (III ZR 135/08)] zu befinden und sich nicht einmal im Wege von obiter dicta zu Beratungsverträgen geäußert.

Beratungsverträge lagen zwar den Entscheidungen des V. Zivilsenats des BGH vom 8.10.2004 (V ZR 18/04) und vom 10.11.2006 (V ZR 73/06) zugrunde (anders hingegen in der vom 13.10.2006 - V ZR 66/06). Auch wurde dort eine Aufklärungspflicht über Innenprovisionen verneint. Die hier diskutierte Frage stellte sich dort aber nicht, weil die Innenprovisionen nicht an den Berater geflossen waren.

g. Aus der bisherigen, in früheren Fällen gebildeten und durch die Beklagte nicht erschütterten Ansicht des Senats besteht die Verpflichtung des Beraters, über Interessenkonflikte aufzuklären, auch außerhalb des Anwendungsbereichs des WpHG generell und ist - anders als die Berufung und Grys/Geist in BKR 2009, 126, 128 meinen - nicht nur auf den Sachverhalt beschränkt, der dem Beschluss des BGH vom 20.1.2009 (XI ZR 510/07 = NJW 2009, 1416f) zugrunde lag. Die Ausführungen des BGH zur Begründung des Bestehens der Mitteilungspflicht in Rdnr. 12 sind nicht auf einen Einzelfall beschränkt, sondern allgemein gefasst. Dementsprechend geht weder die Sachverhaltsdarstellung des Beschlusses (unter I.) noch die Begründung der Entscheidung (unter II.) darauf ein, dass der Emissionsprospekt zu einer Unterbeauftragung des Vertriebs nichts enthalten haben soll, woraus die Berufung aber gerade die Singularität des dort entschiedenen Falls herleiten will. Zudem läuft die von der Berufung vertretene Unterscheidung je nach Inhalt des Emissionsprospekts der Argumentation des BGH aaO Rdnr. 13 zuwider: Danach kommt es entscheidend darauf an, wie hoch die Provision des Beraters (hier der Bank und nicht notwendig des einzelnen Bankangestellten) ist und in welchem Umfang er daher möglicherweise aus sachfremden Erwägungen heraus seine Empfehlungen ausspricht. Diese Information kann der Kunde des Beraters über die auf S. 2 der Berufungserwiderung für den konkreten Fall angeführten Argumente hinaus aber nicht dadurch gewinnen, dass im Emissionsprospekt darauf hingewiesen wird, dass der vom Fonds für die Eigenkapitalwerbung eingesetzte Vertragspartner berechtigt ist, "Dritte als Vertriebspartner" einzusetzen - jedenfalls dann nicht, wenn sich aus ihm wie hier nicht ergibt, wie hoch die Zahlung an den Berater ist, der dem künftigen Kommanditisten gegenüber konkret auftritt. Dies wird ein Prospekt i.Ü. im Zweifel auch nicht leisten können.

h. Aus dem gleichen Grund konnte die Beklagte ihrer Aufklärungspflicht nicht durch die Übergabe des Prospekts nachkommen - unabhängig davon, ob der Zedent verpflichtet war, diesen zu lesen, und ob er eine solche Verpflichtung gegenüber der Beklagten abbedingen konnte und ob er dies getan hat.

3. Was das Verschulden der Beklagten anbelangt, so kann zunächst ein vorsatzausschließender Rechtsirrtum zu ihren Gunsten unterstellt werden, denn dieser allein vermag das vermutete Verschulden (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB) nicht zu widerlegen. Was Fahrlässigkeit anbelangt, die hier für eine Haftung genügt, hat der Senat in früheren Fällen angenommen, dass ein Berater fahrlässig gehandelt hat, wenn er (die zu beurteilenden Sachverhalte trugen sich bisher vor der Jahrtausendwende zu) gegen die unter 2. beschriebene Aufklärungspflicht verstieß. Die vorliegende Berufungsbegründung, der weitere Schriftsatz der Beklagten vom 18.9.2009 und die vorgelegten Urteile des OLG Dresden (vom 24.7.2009, 8 U 1240/08) und OLG Oldenburg (vom 11.9.2009, 11 U 75/08) haben dem Senat Gelegenheit gegeben, seine bisherige Auffassung zu überprüfen. Sie alle wie auch die Ausführungen des Beklagtenvertreters im Termin haben den Senat jedenfalls für das Jahr 2003 von nichts anderem zu überzeugen vermocht (wie hier im Ergebnis auch OLG Karlsruhe im Urteil vom 3.3.2009, 17 U 371/08).

Vorab soll zunächst darauf hingewiesen werden, dass Fahrlässigkeit der Bank bei einem Verstoß gegen die Mitteilungspflicht im Bereich des WpHG im Jahr 2000 für den BGH so eindeutig war, dass er sie im Urteil vom 12.5.2009 (XI ZR 586/07 = NJW 2009, 2298ff) ohne weitere Begründung in einem Halbsatz annahm (Rdnr. 18, 3. und 4. Zeile; damit sind Grys/Geist in ihrer Urteilsanmerkung in BKR 2009, 127, 128 l.Sp. unten überholt).

Was nunmehr den vorliegenden Fall außerhalb des direkten Anwendungsbereichs des WpHG anbelangt, so vermag die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte zu keiner der Fallgruppen, in denen ein Rechtsirrtum wenigstens zum Ausschluss der Fahrlässigkeit führt, hinreichendes vorzutragen:

a. Im Ansatz zurecht vertritt die Beklagte allerdings, dass ein Schuldner die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB), wenn er sich bei seiner Handlung an die zu diesem Zeitpunkt gerade aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung hält (so z.B. BGH NJW 1963, 651, 654).

Indes vermag die Berufungsbegründung einen solchen Sachverhalt nicht darzutun. Die Beklagte vermag keine Entscheidung des BGH oder eines anderen obersten Bundesgerichts zu benennen, aus der sich bis zum Jahre 2003 ausdrücklich ergeben hätte, dass der Berater Rückflüsse nicht offen zu legen habe. Die von ihr selbst zitierten Dieckmann/Langen (Urteilsanmerkung in NJW 2009, 1417, 1418) verneinen die Existenz solcher Entscheidungen ausdrücklich. Auch dem Senat ist eine solche nicht bekannt. Das ist der entscheidende Unterschied zu dem von der Berufung angeführten Urteil des III. Zivilsenats des BGH vom 22.1.2007 (III ZR 9/07, dort Rdnr. 17), in dem angenommen wurde, dass sich eine Spielbank im Rahmen eines Selbstsperrevertrags solange auf eine ältere Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH verlassen durfte, bis sie vom III. Zivilsenat im Jahr 2005 aufgegeben wurde.

Soweit die Berufung Entscheidungen des III., V. und XI. Zivilsenats des BGH zur Frage der Offenbarung versteckter Innenprovisionen "nur" bei Provisionssätzen über 15% zitiert, sind diese schon deshalb unerheblich, weil die ersten Entscheidungen zum Prozentsatz, ab dem eine solche absolute Offenbarungspflicht besteht, am 12.2.2004 ergingen (III ZR 355/02 = ZfIR 2004, 396 LS und III ZR 359/02 = NJW 04, 1732ff) und damit nach der streitgegenständlichen Beratung durch die Beklagte. Somit kann sie sich auf diese auch nicht verlassen haben. Deswegen ist auch die Argumentation der Beklagten im Schriftsatz vom 18.9.2009 (dort S. 4) unbehelflich. Genauso würde es der Beklagten wegen der erforderlichen Beurteilung ex ante nichts nützen, wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung nach 2003 vorübergehend tatsächlich eine Offenbarungspflicht im Anlageberatungsvertrag verneint hätte.

Die wenigen Urteile des BGH, die die Berufung aus der Zeit vor der Durchführung der hier in Frage stehenden Beratung zitiert, betreffen nicht den Bereich einer Rückvergütung für den Berater und sind auch nicht auf ihn übertragbar:

- Das Urteil des V. Zivilsenats des BGH (vom 14.3.2003 - V ZR 308/02 = NJW 2003, 1811, 1812) betrifft die Offenlegungspflichten eines Verkäufers, also gerade keines originären Beraters, der nur im Rahmen eines persönlichen Berechnungsbeispiels doch einen Beratungsvertrag eingegangen war und schon aus anderen Gründen haftete. Der als Makler in Betracht kommende weitere Beklagte war nicht als Doppelmakler (s.o. 2. c.) tätig geworden, was Voraussetzung für die Offenbarungspflicht gewesen wäre. Daher überzeugt die Argumentation des OLG Dresden aaO unter 3.2.3 den Senat nicht.

- im Urteil des XI. Zivilsenats des BGH (vom 12.11.2002 - XI ZR 3/01 = NJW 2003, 424, 425) ging es um Aufklärungspflichten einer Bank, die lediglich finanziert, aber nicht beraten hatte.

Aus dem gleichen Grund ist es auch unerheblich, ob die Beklagte - was sie verneint - einen angeblichen Verstoß des XI. Zivilsenats des BGH gegen § 132 GVG (zur fehlenden Divergenz vgl. aber oben 2. f.) vorhersehen konnte, weil dieser vor dem Beschluss vom 20.1.2009 keine Vorlage an den Großen Senat des BGH durchgeführt hat.

Weiter vermag die - nach Auffassung der Berufung - aus der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung zu destillierende Aussage, dass sich ein Anleger selbst zu informieren habe, zur hier entscheidenden Frage nichts beizutragen, da der Kunde des Beraters aus offiziellen Quellen nicht erfahren kann, wie hoch die Rückvergütung für seinen Berater ist. Das spricht entscheidend dagegen, dass sich ein Berater darauf hatte verlassen dürfen, dass eine Offenlegung nicht erforderlich sei.

Genauso wenig überzeugt der Hinweis der Berufungsbegründung, dass in der früheren Rechtsprechung nur die Offenlegung wertbildender Umstände verlangt worden sei. In den zitierten Entscheidungen des BGH in NJW-RR 1988, 394 und 356 hat der BGH zunächst die allgemein anerkannte Formel zitiert, dass über Umstände aufzuklären sei, die den Vertragszweck vereiteln und daher für den anderen Teil von wesentlicher Bedeutung sein können. In beiden Entscheidungen wird sodann weiter ausgeführt, dass dazu auch die wertbildenden Umstände gehören. Das ist indes genau das Gegenteil der Behauptung der Berufungsbegründung, dass nur über wertbildende Faktoren aufzuklären sei. In den weiter zitierten Entscheidungen des BGH in NJW-RR 1996, 429 und NJW 2001, 2163 (nicht: 3263) verwendet der BGH zwar nicht das Wort "auch"; er geht aber genau gleich vor, nennt nämlich zunächst den allgemeinen Grundsatz und wendet sich dann ohne Einschränkung der rechtlichen Anforderungen dem konkret vorgetragenen Sachverhalt zu, der sich auf wertbildende Umstände beschränkte. Aus den von der Berufungsbegründung zu dieser Argumentation weiter zitierten Entscheidungen ergibt sich nichts anderes, denn sie befassen sich mit nicht einschlägiger Prospekthaftung (NJW 1992, 228) bzw. den erhöhten Anforderungen für eine Aufklärungspflicht einer Bank für die Mittelverwendung, obwohl sie sich auf die Darlehensvergabe beschränkt hatte.

b. Dass es den Fahrlässigkeitsvorwurf ausschließt, wenn ein Schuldner in Ermangelung höchstrichterlicher Rechtsprechung oder wenigstens obergerichtlicher Rechtsprechung größeren Umfangs allein einer herrschenden Lehre folgt, vertritt die Berufung - im Gegensatz zum erstinstanzlichen Vorbringen - nicht mehr, selbst wenn Ernst im Münchener Kommentar zum BGB 5. Auflage § 286 Rdnr. 111 und Unberath in Bamberger/Roth BGB 2. Auflage § 286 Rdnr. 58 solches annehmen, ohne sich hierzu aber auf die von ihnen zitierte Rechtsprechung stützen zu können, die allein eine höchstrichterliche Rechtsprechung meint. Dies kann aber letztlich dahin gestellt bleiben, weil der Senat für das Jahr 2003 auch keine hM feststellen konnte, die es dem Berater zugestanden hätte, Rückvergütungen entgegenzunehmen und dies dem Kunden nicht mitzuteilen.

aa. Zwar ging eine hM in der Literatur davon aus, dass der Berater Rückvergütungen entgegennehmen durfte (vgl. die Darstellung bei Koller in Assmann/Schneider WpHG 3. Auflage 2003 § 31 Rdnr. 74, der selbst freilich anderer Meinung war), innerhalb dieser hM war die Auffassung aber zweigeteilt, ob dies auch ohne Mitteilung gegenüber dem Kunden erfolgen durfte (dagegen z.B. Schäfer in WpHG 1999 § 31 Rdnr. 82). Die Recherche des Senats hat i.Ü. ergeben, dass damals keine Scheu bestand, die Entscheidung des BGH in WM 1990, 462, 464 (die angebliche Parallelfundstelle in NJW 1990, 1725 ist ein Fehlzitat) zu Kick back - Zahlungen an eine Brokergesellschaft zwar nicht hinsichtlich der Herausgabepflicht an den Kunden, wohl aber hinsichtlich der Verhaltenspflichten im Sinne einer Aufklärungspflicht auf die Wertpapierberatung zu übertragen (Schäfer aaO). Und Schirp/Mosgo hatten (BKR 2002, 354, 360) dezidiert und unmissverständlich die Aufklärung über die Provisionen von anderer Seite verlangt, auch wenn der Beratene gar nichts zahlt. Im Gegensatz zum Fall des OLG Dresden aaO wie auch des OLG Oldenburg aaO war dieser Aufsatz hier vor der Beratung des Anlegers erschienen. Nimmt man diejenigen, die schon das Recht zur Entgegennahme solcher Rückvergütungen verneinten, und diejenigen, die es zwar bejahten, aber eine Offenbarungspflicht statuierten, zusammen, dann war in der Literatur weder herrschend noch gar eindeutig, dass die Praxis (auch) der Beklagten rechtlich zulässig war. Darauf, ob allein schon - wie dies das OLG Karlsruhe im Urteil vom 3.3.2009 (17 U 371/08) annahm - das Urteil des BGH vom 19.12.2000 (XI ZR 349/99 = NJW 2001, 962, 963) gegen die Beklagte sprach, kommt es damit nicht an.

bb. Dieser Befund zur Literatur konnte durch die von der Rechtsprechung entwickelte 15%-Schwelle für Aufklärungspflichten für Anlagevermittler nicht in Frage gestellt werden, weil sie zum Zeitpunkt der hier interessierenden Beratung noch nicht entwickelt war - dies gilt erst recht für die Erstreckung dieser Schwelle auf Geschäftsbesorgungsverträge bzw. richtigerweise GoA (Schriftsatz der Beklagten vom 18.9.2008 S. 6).

Aus den bereits oben unter 2.b. erwähnten Gründen kann auch der Aufsatz von Ellenberger hieran nichts ändern.

c. Die Überprüfung der von der Beklagten genannten Zitatstelle bei Pap in BKR 2008, 367, 370 hat nicht ergeben, dass er ihre Meinung stützt, dass Fahrlässigkeit bereits dann ausscheidet, wenn der Schuldner einer verbreiteten Geschäftspraxis folgt. Gegen eine solche Auffassung spricht entscheidend, dass die Rechtsprechung im Gegensatz zur Gesetzgebung vergangene Sachverhalte auf Basis von Recht und Gesetz zu beurteilen hat und nicht dazu gezwungen sein darf, diese Sachverhalte auf Basis der von ggf. interessierten Parteien geschaffenen Sachlage zu beurteilen und nur im Wege von obiter dicta Richtlinien für die Zukunft aufzustellen.

d. Auch bei Fehlen einer hM ist es dem Schuldner im Einzelfall zugestanden worden, sich nach fachjuristischer Prüfung für eine der vertretenen Meinungen zu entscheiden, ohne sich einem Fahrlässigkeitsvorwurf auszusetzen. Voraussetzung ist indes, dass es sich zum einen um eine besonders schwierige Rechtsfrage handelt (was hier kaum angenommen werden kann) und zum anderen, dass die Entscheidung dieser Rechtsfrage weittragende Bedeutung für den gesamten Geschäftsbetrieb des Schuldners hat (BGH NJW 1975, 1220, 1223; OLG Köln DB 1985, 240). Zumindest letzteres ist nach dem (trotz Hinweis des Senats von der Beklagten unwidersprochen hingenommenen) Kenntnisstand des Senats bei der Beklagten nicht der Fall, da die Anlageberatung bei Banken nur einen Teil der Tätigkeit ausmacht.

e. Zutreffend ist im Ausgangspunkt zwar die weitere erstinstanzliche Argumentation, dass Fahrlässigkeit auch dann verneint wurde, wenn der Schuldner mangels einer (seit Inkrafttreten einer Gesetzesänderung ergangenen) Rechtsprechung einer Gesetzesbegründung folgt. Bei beiden Entscheidungen des BAG (DB 1993, 1037 und 2000, 2534) war dies aber nicht der einzig ausschlaggebende Grund für die Verneinung der Fahrlässigkeit, insb. kam in der zweiten Entscheidung hinzu, dass ein Tarifvertrag eine maßgebliche Rolle spielte, dem das BAG eine "gewisse Richtigkeitsgewähr" zubilligt.

Hier fehlt es schon an einer Gesetzesbegründung (s.o. 2. e. bb (2) (a) ). Dazuhin erreichen Richtlinien des BAWe, die zudem den hier betroffenen Bereich außerhalb des WpHG nicht regeln wollten, nicht die Qualität von Tarifverträgen.

Und schließlich sind an Banken bei einer Rechtsprüfung strenge Maßstäbe anzulegen (Dieckmann/Langen aaO).

f. Anders als die Berufungsbegründung meint, existiert außerhalb des Anwendungsbereichs des § 839 BGB keine "Richtlinie", dass es eine Fahrlässigkeit des Schuldners ausschließt, wenn Kollegialgerichte seine Meinung vertreten haben.

Höchstrichterlich ist bereits mehrfach geklärt, dass eine Ausweitung auf Private nicht stattfindet (vgl. die Nachweise bei BGH NJW 1982, 636f). Der Senat vermag die von der Berufungsbegründung vertretene Ausdehnung dieser "Richtlinie" auch nicht dem Urteil des 21. Zivilsenats des OLG München vom 28.7.2008 (21 U 4527/06) zu entnehmen. Dort spielt zwar (juris-Rdnr. 21) in der Tat die bisherige Beurteilung eines Prospekts durch andere (auch) Kollegialgerichte für die Frage des Verschuldens eines Prospektprüfers eine Rolle. Aber es handelt sich nur um ein Abwägungskriterium und nicht um einen Ausschlusstatbestand.

In der Ablehnung der Anwendung der "Richtlinie" auf Private liegt - entgegen der Meinung der Beklagten - auch kein Verstoß gegen Art. 3 GG. Denn die "Richtlinie" gilt nicht einmal im Bereich des § 839 BGB uneingeschränkt (BGH NJW 1982, 635, 637), sondern bleibt auf typischerweise nicht mit der Situation eines Privaten vergleichbare Konstellationen beschränkt. So soll sie nur auf Ermessensentscheidungen der Amtsträger anwendbar sein (BGH NJW 1982, 635, 636f) und die hierfür geltenden rechtlich eingeschränkten Kontrollmaßstäbe sind nicht mit dem Privatrecht zu vergleichen. Außerdem setzt die Richtlinie bei der Amtsträgerhaftung voraus, dass das vorhergehend entscheidende Gericht den gleichen Sachverhalt zugrunde gelegt hatte (BGHZ 73, 161, 164ff). Das bedeutet, dass für die Anwendung der Richtlinie erforderlich wäre, dass der vorhergehende Durchlauf vor einem Kollegialgericht, auf den sich die Beklagte berufen können müsste, ebenfalls über die Anlageentscheidung des Ehemanns der Klägerin zu befinden gehabt hätte, was im Zivilrecht in der Regel und so auch hier nicht der Fall ist. Es kommt noch hinzu, dass bei der Amtsträgerhaftung zuvor typischerweise von einem Verwaltungsgericht nach dem Amtsermittlungsgrundsatz entschieden worden ist. Dass dies ein ausschlaggebender Grund für eine unterschiedliche Behandlung ist, zeigt sich gerade an dem vom OLG Dresden aaO unter 3.2.1 angeführten Urteil des BGH im Verfahren XI ZR 320/06 vom 25. September 2007 (BKR 2008, 199ff). Der BGH hatte sich dort trotz Vortrags zur Innenprovision nicht mit der hier interessierenden Problematik zu befassen (und damit nach Diktion der Beklagten und des OLG Dresden die Anwendung der Grundsätze verneint), weil - was die Lektüre des vom BGH referierten Sachverhalts zeigt - die beratende Bank eine Außenprovision von 3% erhalten hatte und kein Vortrag erfolgt war (was dann auch nicht selbstverständlich war), dass auch die andere Seite an sie einen Teil ihrer Innenprovision weiter gegeben hätte.

Selbst wenn sich die Rechtsprechung des BGH zur "Richtlinie" bisher nicht ausdrücklich mit Art. 3 GG auseinander gesetzt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass beim BGH grundlegende Grundrechte wie Art. 3 GG in eine Prüfung nicht mit einbezogen wurden. Die von der Berufungsbegründung für einen Verstoß gegen Art. 3 GG zitierte Entscheidung des BVerfG in NJW 1986, 2242, 2243 befasst sich i.Ü. mit einer Auslegung eines Gesetzes entgegen dem Willen des Gesetzgebers und liefert zur hier anzustellenden Diskussion keinen Beitrag.

Zudem würde ein Verstoß gegen Art. 3 GG auch nicht automatisch dazu führen, dass Private Beamten gleichzustellen wären, vielmehr spricht viel dafür, die noch verbliebenen Reste dieser "Richtlinie" für die Beamtenhaftung aufzugeben.

g. Auch sonst zwingt das Verfassungsrecht nicht dazu, ein Verschulden der Beklagten zu verneinen.

aa. Insb. verbieten es das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot und Art. 14 GG nicht, erstmals höchstrichterliche Rechtsprechung zu erlassen, die von der bis dahin vertretenen Meinung in der Literatur abweicht. Der Senat hatte sich hiermit bereits einmal intensiv auseinanderzusetzen und verweist auf seine Ausführungen in den Urteilen vom 23.11.2004 (6 U 82/03 = WM 2005, 972, 974 sowie 6 U 76/04 = WM 2005, 981, 985). Die Berufungsbegründung hat den Senat von nichts anderem überzeugt. Auch aus der von ihr zitierten Entscheidung des BVerfG in NJW 1977, 2024, 2025 folgt nichts gegenteiliges. Solange keine höchstrichterliche Entscheidung zugunsten der Berater ergangen war, dass sie über Interessenkonflikte nicht aufzuklären hätten, kommt es nämlich durch eine gerichtliche Entscheidung, die die Aufklärung verlangt, nicht zur "rückwirkende[n] Beseitigung erworbener Rechte".

bb. Der auch an dieser Stelle - nunmehr ohne jegliche dogmatische Begründung - von der Beklagten angeführte Art. 12 GG verfängt ebenfalls nicht.

Die Gründe des Allgemeinwohls liegen darin, dass die Rechtsprechung nur in der Vergangenheit liegende Sachverhalte entscheiden kann und ihrer verfassungsrechtlich vorgesehenen Funktion zu einem großen Teil beraubt wäre, wenn sie in Zivilrechtsstreiten nur Richtlinien für die Zukunft aufstellen könnte, obwohl die Rechtslage bisher nicht geklärt war.

Die strenge Handhabung des Ausschlusses der Fahrlässigkeit durch einen Rechtsirrtum ist ein geeignetes Mittel, damit die Rechtsprechung ihren Funktionen nachkommen kann. Ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich, insb. kommt es nicht in Betracht, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung auch ohne konkret zu entscheidenden Fall Richtlinien aufstellt, wie die Gerichte künftig zu entscheiden haben oder auch nur sollen. Und gegen das Übermaßverbot wird nicht verstoßen, da sich der Schuldner auch von vorneherein an die ihm ungünstigere Rechtsmeinung halten kann.

h. Damit bleibt es dabei, dass ein Schuldner wie hier die Beklagte dann nicht entschuldigt ist, wenn er zwar seine eigene Rechtsansicht sorgfältig gebildet hat, aber mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte rechnen musste. Dabei kann letztlich offen bleiben, ob es bereits zur Entschuldigung genügt, wenn er nicht "ernsthaft" mit der anderen Beurteilung durch die Gerichte rechnen musste (so Heinrichs in Palandt BGB 68. Auflage § 276 Rdnr. 22 und hierauf gestützt das OLG Dresden aaO unter 3.1; ohne eine solche Einschränkung aber z.B. BGH in NJW-RR 1990, 160, 161). Denn gerade angesichts des oben unter b. referierten damaligen Meinungsstands in der Literatur bei fehlender einschlägiger Rechtsprechung (siehe oben a. sowie - entgegen den Ausführungen der Beklagtenvertreter im Schriftsatz vom 18.9.2009, der zudem in großem Umfang Rechtsprechung zitiert, die erst nach der hier interessierenden Anlageberatung erging - oben unter 2.) gab es - ebenfalls ex ante - keinerlei Möglichkeiten vorherzusagen, wie sich Gerichte entscheiden würden. Daran hätte sich selbst dann nichts geändert, wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung nach der hier vorgenommenen Beratung vorübergehend tatsächlich vertreten hätte, dass bei Beratungsverträgen keine Offenbarungspflicht zu Rückvergütungen bestände. Denn dann hätte sich während dieses Zeitraums nur das von der Beklagten eingegangene Risiko nicht verwirklicht. Und dass eine Haftung eintritt, wenn sich ein Schuldner von zwei in der Literatur vertretenen die ihm günstigere Meinung aussucht, ist jedenfalls bisher allgemeine Meinung in der Rechtsprechung. Dies sieht auch Harnos in BKR 2009, 316, 322 grundsätzlich so, der dementsprechend meint, dass sich auf dieser Grundlage eine Verschuldenshaftung der Banken begründen lasse.

Seiner Meinung, dass die Grundsätze zum Ausschluss von Fahrlässigkeit im Falle des Rechtsirrtums zugunsten der Schuldner abgeschwächt werden müssten, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Dies gilt namentlich für den hier betroffenen Beratungsvertrag. Denn es ist nicht erkennbar, warum gerade derjenige, der beraten werden soll, entgegen dem sonstigen Pflichtenprogramm des Beratungsvertrags unwissend gehalten wird und das Risiko der rechtlichen Fehleinschätzung des mit besserem Tatsachenwissen ausgestatteten Schuldners tragen soll.

i. Wenn die Berufung schließlich rügt, dass das Landgericht ihre Beweisanträge übergangen habe, so erscheint der Vorwurf unberechtigt: In erster Instanz hatte die Beklagte lediglich Zeugenbeweis zweier ihrer Mitarbeiter dafür angeboten, dass diese gemeint hatten, dass sie über Rückvergütungen nicht aufklären müsste, und dass sie nicht hätten vorhersehen können, dass solche Mitteilungen ungefragt erforderlich sein könnten (Schriftsatz vom 16.3.2009 S. 8). Das würde zwar ggfs. zum Ausschluss des Vorsatzes führen; einen solchen hat das Landgericht aber nicht angenommen. Der Vorwurf der Fahrlässigkeit lässt sich mit diesen Beweismitteln hingegen nicht beseitigen, weil es angesichts des objektiven Maßstabs im Zivilrecht nicht darauf ankommt, was konkret die Mitarbeiter der Beklagten dachten, sondern wie sich generell Mitarbeiter von Banken zu verhalten hatten. Daher ist unabhängig von § 531 Abs. 2 ZPO auch kein Beweis über die erstmals in der Berufung im Zusammenhang mit der Diskussion über ein fahrlässiges Handeln der Beklagten ausgeweiteten Beweisthemata für diese Zeugen zu erheben. Auf die Bedenken der Berufungserwiderung, dass es noch weitere einschlägig befasste Mitarbeiter der Beklagten geben müsse, kommt es daher nicht an. Der oben unter d. diskutierte Ausnahmefall, bei dem es auf eine eingehende Prüfung der Rechtslage ankäme, konnte vom Senat aus anderen Gründen nicht bejaht werden.

4. Dass die fehlende Aufklärung des Zedenten durch die Beklagte über den Interessenkonflikt, der sich aus der Rückvergütung von (md.) 8,25% ergab, für seine Anlageentscheidung ursächlich wurde, folgt aus einer tatsächlichen Vermutung (nachstehend a.). Was die Beklagte dagegen vorgebracht hat, genügt weder gegen die Annahme einer Vermutung im konkreten Fall noch für ihre Widerlegung (nachstehend b.).

a. Der BGH hat im Urteil vom 12.5.2009 (XI ZR 586/07 = NJW 2009, 2298ff Rdnr. 22) mittlerweise bestätigt, was die Beklagtenvertreter bei Einreichung der Berufungsbegründung aber noch nicht berücksichtigt hatten, nämlich dass die bei Aufklärungspflichtverletzungen typischerweise bestehende tatsächliche Vermutung für ein aufklärungsrichtiges Verhalten auch beim Verschweigen von Rückvergütungen gilt.

Dass Kunden des Beraters, die erfahren, dass er ein Vergütungsinteresse von mehr als 8 % hat, seine Beratung gerade wegen des daraus folgenden gesteigerten Eigeninteresses äußerst kritisch hinterfragen und dass eine solche Angabe beim Durchschnittskunden keinen Entscheidungskonflikt auslöst, sondern nur die Abstandnahme von einer positiven Anlageentscheidung nahelegt, liegt auf der Hand. Das dürfte i.Ü. auch hinter der Geheimhaltung des Provisionssatzes stehen.

Nicht entscheidend ist hingegen, dass die Beklagte nunmehr vorträgt, dass sie bei einer Diskussion über die Provisionshöhe Teile der Rückvergütung an den Kunden ausgekehrt hätte. Denn hier geht es gerade darum, dass der Zedent als Kunde von der Provisionshöhe nichts erfahren hat, weil die Beklagte gegen ihre Aufklärungspflicht verstoßen hat.

Genauso wenig spielt es eine Rolle, dass die Vertriebskosten im Prospekt vollständig offen gelegt gewesen sein sollen und das eingesetzte Kapital in voller Höhe abgesichert sein soll. Es geht vorliegend - was die Berufungsbegründung auch an dieser Stelle vermengt - um die durch die Höhe der Rückvergütung möglicherweise beeinträchtigte Beratungsqualität der Beklagten und nicht um die Beeinträchtigung der allgemeinen Renditechancen durch hohe weiche Kosten. Bei diesem Ausgangspunkt spielt es auch keine Rolle, ob die Rückvergütung (samt ihrer Höhe) bei Filmfonds branchenüblich war oder dass der Anteil der Vertriebskosten auf anderen Stufen der Vertriebskette höher gewesen wäre, wenn der der Beklagten geringer gewesen wäre.

b. Was die Beklagte gegen die Kausalitätsvermutung im konkreten Fall oder zu deren Erschütterung vorträgt, vermag sie nicht zu entlasten.

So kann gegen die Annahme einer Vermutung insb. nicht daraus etwas hergeleitet werden, dass der Zedent nicht von sich aus nach der Höhe der Provision für die Beklagte fragte, obwohl ihm - mangels eigener direkter Vergütungspflicht - u.U. bewusst war, dass die Beklagte von der Gegenseite bezahlt wurde. Denn die Stärke des Interessenkonflikts der Beklagten hängt von der Höhe der Rückvergütung ab, und dass diese auch nur annähernd 8 % erreichen würde, drängt sich keinem Anleger und einem allgemein juristisch Gebildeten allenfalls seit der Veröffentlichung der Entscheidungsgründe des Urteils des III. Zivilsenats des BGH im Verfahren III ZR 359/02 vom 12.2.2004 (NJW 04, 1732ff) auf. Hier kam sogar noch hinzu, dass es von Seiten der Beklagten - wie die Erhebung der Daten im WpHG-Bogen zeigt - bei den Beratungen im Jahr 2003 um die erste Anbahnung einer dauernden Geschäftsbeziehung ging, bei der vorstellbar ist, dass die Beklagte genau aus diesem Grund als Anfangsinvestition eine kostenlose Beratungsleistung erbringt. Auf die allgemeineren Überlegungen von Schäfer in Festschrift Nobbe S. 725, 737f und Grys/Geist in BKR 2009, 127, 129, die die Berufungsbegründung zitiert, kommt es daher im vorliegenden Fall nicht an.

Dem Beweisantritt "Zeugnis Kxxx", dass es hier trotzdem anders gewesen sei, der Zedent also auch in Kenntnis der Höhe der Rückvergütung gezeichnet hätte, ist genauso wenig nachzukommen wie dem Beweisantritt mit dem gleichen Zeugen, dass es dem Zedenten allein auf die Steuerersparnis und allenfalls noch auf Renditechancen und auf das Sicherungskonzept der Schuldübernahme/Garantie angekommen sei, während alle anderen Aspekte einschließlich der Höhe der Rückvergütung der Beklagten für ihn unerheblich gewesen seien. Der Vortrag, wie sich der Zedent bei Offenlegung der Rückvergütung verhalten hätte, mag zwar ausnahmsweise als ins Blaue hinein gehalten zivilprozessual zulässig sein. Der von ihr für diese streitige Behauptung als Zeuge benannte Berater Kxxx ist als Beweismittel aber ungeeignet, da er mangels Offenlegung der Rückvergütung im Beratungsgespräch gerade keine Grundlage für eine Einschätzung der inneren Tatsache hat, wie der Zedent auf eine solche Offenlegung reagiert hätte. Das schließt es zwar nicht aus, die innere Tatsache des vermutlichen Verhaltens des Zedenten im Wege des Indizienbeweises anhand der sonstigen Umstände der Beratungsleistungen zu beweisen. Was die Beklagte hierzu aber vorgetragen hat (Steuerersparnis, Schuldübernahme, Renditechancen), reicht - worauf der Senat bereits vor der mündlichen Verhandlung hingewiesen hatte - für die erforderliche lückenlose Indizführung nicht (vgl. hierzu BGH Urteil vom 5.3.2009 - III ZR 17/08 = WM 2009, 739, 741), da diese Verkaufsargumente nur dann schlagkräftig sind, wenn der Berater, der die Anlage mit ihnen anpreist, neutral erscheint. Deshalb war der Zeuge vom Senat nicht (erneut) zu vernehmen, zumal sich die Vernehmung durch das Landgericht auch auf die sonstige Motivationslage des Zedenten erstreckt hatte und zu keiner geschlossenen Indizienkette geführt hatte. Spätere Kontakte zwischen Jxxx Kxxx und dem Zedenten, bei denen der Zedent sich zu dieser Frage geäußert hätte, hat die Beklagte nicht behauptet. Auch frühere Äußerungen des Zedenten im Rahmen der Kontakte wegen eines gemeinsamen Kunden sind von der Beklagten nicht so dargelegt, dass bei ihrer Wahrunterstellung angenommen werden könnte, dass es dem Zedenten nicht auf Rückvergütungen angekommen wäre.

c. Schließlich ist die Behauptung der Beklagten unbehelflich, dass die an sie bezahlten Provisionen für (alle) steuersparenden Kapitalanlagen noch am unteren Rand des Üblichen gelegen hätten (was aber im Gegensatz zu den dem Senat für Vermittler von geschlossenen Immobilienfonds auf unterster Stufe aus jahrelanger Gerichtspraxis bekannten Sätzen steht). Denn als Folge der Aufklärung über die Höhe des im konkreten Fall bestehenden Rückvergütungsanspruchs (samt eventueller Provisionsteilung) hätte der Zedent, selbst wenn bei allen Steuersparmodellen Rückvergütungen in dieser Höhe bezahlt worden sein sollten, immer noch auf steuersparende Anlagen ganz verzichten und bei der Beklagten oder einer anderen Bank Anlagen in Wertpapieren mit einem Provisionssatz von 0,5% oder 1% tätigen können.

5. Folge einer schuldhaft verletzten Aufklärungspflicht, die zu einem Schaden des Anlegers geführt hat, ist, dass der Verletzer den Verletzten so zu stellen hat, als ob er aufklärungsrichtig von der Zeichnung Abstand genommen hätte. Das hat zunächst zur Folge, dass der Verletzer, das ist hier die Beklagte, dem Verletzten bzw. hier infolge Abtretung der Klägerin alle bereits erbrachten Aufwendungen zu erstatten hat, allerdings nur Zug um Zug gegen die Herausgabe der dem Verletzten erwachsenen Vorteile, hier der Beteiligung (nachstehend a.). Annahmeverzug der Beklagten liegt inzwischen wieder vor (nachstehend b.). Daneben ist festzustellen, dass der Verletzer weitere künftige Schäden zu tragen hat (nachstehend c.).

a. Was den Zahlungsantrag anbelangt, so ist der Hauptstreitpunkt der Parteien, nämlich ob die Klägerin nur die Rechte aus der Beteiligung (so die Klägerin) oder die Beteiligung selbst (so die Beklagte) herauszugeben hat, dadurch weit gehend gelöst, dass die Klägerin nach dem Hinweis des Senats nunmehr die Herausgabe der wirtschaftlichen Beteiligung angeboten hat. Auswirkungen hat der Streit aber noch insoweit, als die Zinsforderung der Klägerin für den Zeitraum teilweise abzuweisen ist, für den sie nur die Übertragung der Rechte aus der Beteiligung angeboten hatte, also vom 9.1.2009 (Schriftsatz der Klägervertreter) bis zum 15.9.2009 (Zustellung des Schriftsatzes der Klägervertreter vom 14.9.2009 an die Beklagtenvertreter). Im Einzelnen:

aa. Verzug der Beklagten mit der Erstattung der Einlage (§ 286 BGB) trat am 22.8.2008 ein, nämlich mit Ablauf der Frist in der vorgerichtlichen Aufforderung vom 14.8.2008 (Anlage K 4), die das Angebot zur Übertragung der Beteiligung an die Beklagte enthielt. Im Gegensatz zum Landgericht hat die Klägerin ihren Antrag nämlich vorgerichtlich (Anlage K 4) und in der Klage (dort S. 16) so verstanden wissen wollen, dass sie ihre "Beteiligung zu übertragen" habe.

Wie der BGH in NJW-RR 2005, 170 entschieden hat, bedarf es weiter gehender Angebotsmaßnahmen der Klägerin nicht, wenn die Gegenleistung im Rahmen der Vorteilsausgleichung herauszugeben ist.

bb. Der Verzug entfiel indes mit Wirkung ex nunc, als die Klägerin zur Auffassung kam, dass das Angebot einer Übertragung nur noch der Rechte aus der Beteiligung genüge. Dies war am 9.1.2009.

Der Schuldnerverzug entfällt nämlich, wenn eine seiner Voraussetzungen nicht mehr vorliegt. Dies war hier die Bereitschaft der Klägerin, die ihr obliegende Gegenleistung vollständig zu erbringen (vgl. für den Annahmeverzug § 298 BGB). Und zu erbringen hatte sie die Übertragung der gesamten Beteiligung, wozu sie nicht mehr bereit war, als sie auf die Klageerwiderung hin die gleiche Auslegung ihres Antrags vorgenommen hatte wie das Landgericht. Denn anders als das Landgericht unter Ziff. 1.7 der Entscheidungsgründe angenommen hat, beschränkte sich der Vorteil des Zedenten nicht auf die Rechtsstellung eines Treugebers gegenüber einem Treuhänder. Vielmehr sind dem Treugeber nach der (zulässigen, Sprau in Palandt aaO § 705 Rdnr. 10) Konstruktion des Gesellschaftsvertrags (dort § 1 Abs. 4 letztes Drittel - wohl im Wege eines Gesellschaftsvertrags zugunsten Dritter) im Verhältnis zur Gesellschaft die gleichen Rechte eingeräumt wie einem Direktkommanditisten. Dazuhin hat die Treuhandkommanditistin ihrerseits die Gesellschaftsrechte an den Treugeber abgetreten (vgl. § 4 Nr. 2 des Treuhandvertrags). Das hat im Gegenzug zur Folge, dass die Gesellschaft sich die Zustimmung zur Übertragung dieser Rechte in Ziff. 5.1 des Gesellschaftsvertrags vorbehält und dass sie für eine Aufnahme einer entsprechenden Klausel in Ziff. 7.1 des Treuhandvertrags gesorgt hat. Bei einer solchen Ausgangslage hat der BGH z.B. in der Entscheidung vom 21.3.2005 (II ZR 411/02 = NJW-RR 2005, 986) die dortige, über einen Treuhänder an einem Immobilienfonds beteiligte Klägerin für verpflichtet gehalten, ihre "wirtschaftliche Beteiligung ... am treuhänderisch gehaltenen Gesellschaftsanteil an dem ... Fonds" zu übertragen.

Dass bei einer Änderung des Angebots zur Erbringung der Gegenleistung, das dann den Anforderungen nicht mehr entspricht, der Schuldnerverzug entfällt, gilt trotz der u.U. missverständlichen Kommentierung von Grüneberg in Palandt aaO § 291 Rdnr. 5 und Ernst in Münchener Kommentar zum BGB 5. Auflage § 291 Rdnr. 10 auch in Ansehung der Entscheidung des BGH in NJW-RR 2005, 170, denn dort war die geschuldete Gegenleistung und nicht etwa weniger angeboten worden.

cc. Auf Hinweis des Senats hat die Klägerin in der Berufungsinstanz wieder die Übertragung der gesamten Beteiligung angeboten und die Beklagte damit erneut in Annahme- und Schuldnerverzug gesetzt.

dd. Während des Verzugs der Beklagten erhält die Klägerin die gesetzlichen Zinsen zugesprochen. Außerhalb dieses Zeitraums kommt es darauf an, welche Rendite der Zedent bei einer anderen Anlage erzielt hätte. Diese schätzt der Senat entsprechend dem Vorbringen in der Klage ("niedrig verzinste Spareinlage") nach § 287 ZPO auf 2% p.a..

Für die Verzinsung der vorgerichtlichen Anwaltskosten kommt es auf den Wegfall des Verzugs der Rückabwicklung der Anlage nicht an.

b. Die Feststellung des Annahmeverzugs durch das Landgericht ist aufrechtzuerhalten (zur Erweiterung durch Anschlussberufung siehe unten II.). Zwar lagen seine Voraussetzungen im für den Erlass des Urteils des Landgerichts entscheidenden Zeitpunkt nicht vor. Für das Urteil des Senats ist aber seine eigene letzte mündliche Tatsachenverhandlung ausschlaggebend.

c. Zurecht hat das Landgericht dem weiteren Feststellungsantrag (Ziff. 3) entsprochen.

Einziger Streitpunkt ist noch, ob er zulässig war, obwohl er nach Meinung der Beklagten keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Es ist indes gerade ein Merkmal des Feststellungsantrags einen künftigen Schaden betreffend, dass dieser nicht genau umschrieben werden kann. Demzufolge entspricht es allgemein üblicher und vom BGH (WM 1983, 369, 374) gebilligter Praxis, dass nach Verkehrsunfällen festgestellt wird, dass die Schädiger dem Geschädigten allen künftigen Schaden aus dem näher beschriebenen Verkehrsunfall zu ersetzen haben (vgl. auch Reichold in Thomas/Putzo ZPO 29. Auflage § 253 Rdnr. 13; Roth in Stein/Jonas ZPO 22. Auflage § 256 Rdnr. 77). Diesen auf den vorliegenden Fall übertragbaren Anforderungen werden Antrag der Klägerin und Urteil des Landgerichts gerecht.

Ob die ausdrückliche Beschränkung des Feststellungsantrags auf das negative Interesse im Tenor erforderlich gewesen wäre, kann dahin stehen. Denn eine solche Umschreibung ist entgegen der Meinung der Berufungsbegründung zulässig, da eine anwaltlich vertretene Beklagte und auch die juristisch vorgebildeten Vollstreckungsorgane resp. die Richter eines Folgeprozesses wissen, was gemeint ist (vgl. zu diesen Anforderungen Foerste in Musielak ZPO 6. Auflage § 253 Rdnr. 29).

II. Anschlussberufung der Klägerin

Die Anschlussberufung, die im Antrag Ziff. 2 im Schriftsatz der Klägervertreter vom 14.9.2009 konkludent (Reichold in Thomas/Putzo aaO § 524 Rdnr. 11) enthalten ist, soweit er über den bisherigen Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs hinausgeht, weil die Klägerin nunmehr die Übertragung der Beteiligung und nicht mehr nur der Rechte aus dem Treuhandvertrag/der Beteiligung anbietet, ist fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig, insb. war eine Rechtsmittelbegründung im Sinne des § 520 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 - 4 ZPO nicht nötig, da die Klägerin das Urteil des LG nicht anficht (RGZ 153, 104f). Soweit man überhaupt eine Begründung verlangt (das kann nur im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sein), ist sie im Pauschalverweis auf den Hinweisbeschluss des Senats enthalten.

Da die Beklagte auch nicht bereit ist, statt der Übertragung der Rechte aus dem Treuhandvertrag/der Beteiligung nunmehr die komplette Beteiligung Zug um Zug gegen Erstattung des Schadens entgegenzunehmen, ist die Anschlussberufung auch begründet.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

D.

Revisionszulassung beruht auf § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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