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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 31.03.2008
Aktenzeichen: 6 U 220/07
Rechtsgebiete: CISG


Vorschriften:

CISG Art. 1 Abs. 2
CISG Art. 2 lit. a
CISG Art. 6
CISG Art. 49 Abs. 2 lit. b
1. Zur stillschweigenden Abbendigung der CISG bei und nach Abschluss des Kaufvertrages.

2. Zur Länge der "angemessenen Frist" zur Erklärung einer Vertragsaufhebung nach Art. 49 Abs. 2 lit. b CISG.


Oberlandesgericht Stuttgart 6. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 6 U 220/07

Verkündet am 31. März 2008

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 04. März 2008 unter Mitwirkung von

Vorsitzender Richterin am Oberlandesgericht Dr. Kluge Richter am Oberlandesgericht Schreiber Richter am Oberlandesgericht Zange

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 30. August 2007 (16 O 201/07) abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 16.000 €

Gründe:

I.

Die Klägerin, eine Kapitalgesellschaft lettischen Rechts, begehrt von der Beklagten, einer deutschen gewerblichen Kraftfahrzeughändlerin, die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein Kraftfahrzeug durch Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges, durch die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und durch Ersatz verschiedener Kosten, die ihr im Zusammenhang mit der Durchführung des Kaufvertrags und der Vorbereitung der Rückabwicklung entstanden sein sollen.

1. Das Fahrzeug war früher bei der xxx Bank A.G. als Dienstfahrzeug verwendet worden. Während dieser Zeit erlitt es einen Schaden, zu dessen Behebung auch Lackierarbeiten für über 500 € durchgeführt wurden. Als das Fahrzeug 4 Jahre alt geworden war und eine Laufleistung von über 100.000 km erreicht hatte, verkaufte es die xxx Bank A.G.. Die Beklagte erwarb es über zumindest einen Zwischenhändler.

Anschließend inserierte die Beklagte das Fahrzeug im Internet. Ein Mitarbeiter der Klägerin fand Interesse an ihm, evtl. zur Verwendung für seine eigenen privaten Zwecke. Es fanden fernmündliche Verhandlungen entweder zwischen der Klägerin direkt oder einem in Deutschland wohnhaften Vertreter der Klägerin und der Beklagten statt. Ohne dass die Klägerin das Fahrzeug besichtigt gehabt hätte oder sie der Beklagten mitgeteilt hätte, dass das Fahrzeug für einen ihrer Mitarbeiter sein sollte, schlossen die Parteien per Faxaustausch einen schriftlichen Kaufvertrag über das Fahrzeug. In ihn hatte die Beklagte auf Insistieren der Klägerin handschriftlich eingetragen: "keine Nachlackierungen". Das Kaufvertragsformular nimmt i.Ü. auf Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten Bezug, die einen Gerichtsstand am Sitz des Verkäufers vorsehen.

Die Klägerin bezahlte den Kaufpreis von 11.500 €, anschließend wurde das Fahrzeug auf Kosten der Klägerin nach Riga transportiert. Bei der ersten Besichtigung des Fahrzeugs stellte die Klägerin am 7. Juli 2006 die Nachlackierung fest.

Mit Schreiben vom 15. Juli 2006 wandte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin an die Beklagte und verlangte von ihr unter Fristsetzung bis zum 2. August 2006 eine Zahlung von 2.500 €. Er berief sich hierzu auf einen erheblichen Unfallschaden, der nicht fachgerecht repariert sei und zu dessen Behebung Lackierarbeiten im Wert von ca. 900 € erforderlich seien, sowie auf angeblich geschuldete, aber nicht gelieferte Winterreifen. Bei Nichtzahlung würde seine Mandantschaft vom Vertrag zurücktreten und weitergehenden Schadensersatz verlangen.

Der frühere Prozessbevollmächtigte der Beklagten räumte mit Schreiben vom 20. Juli 2006 an den Klägervertreter zwar die Nachlackierung ein, dieser liege aber nur ein geringfügiger Vandalismusschaden zugrunde. Außerdem sei die Lackierung ordnungsgemäß erfolgt. Daher stünden der Klägerin keine Ansprüche zu. Er verwies die Klägerin auf den Klageweg. Im Wege einer außergerichtlichen Beilegung sei die Klägerin allerdings kulanzhalber bereit, einen Satz Winterreifen nachzuliefern.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 9. August 2006 beharrte die Klägerin unter Setzung einer "letzten Frist" bis 23. August 2006 auf ihrer Rechtsposition und einem "Schadensersatz" von 2.500 €.

Der frühere Prozessbevollmächtigte der Beklagten reagierte hierauf mit Schreiben vom 11. August 2006 und bot an, dass die Beklagte das Fahrzeug auf eigene Kosten zurücknehme. Die Zahlung von Schadensersatz komme aber nicht in Betracht.

Die Klägerin verblieb mit Schreiben vom 15. August 2006 bei ihrer Rechtsposition, reduzierte aber den Betrag auf 1.500 €, der bis 23. August 2006 zu zahlen sei. Ansonsten werde Klage erhoben.

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz hat die Klägerin behauptet, dass sie das Fahrzeug erst nach dem 28. August 2006 aus dem Zollgelände habe abholen können, um es danach einer genauen technischen Untersuchung zuzuführen. Zudem sei ihre Geschäftsführerin vom 1. bis 20. September 2006 in der Russischen Föderation gewesen.

Mit Schreiben vom 25. September 2006, das beim früheren Prozessbevollmächtigten der Beklagten spätestens am 28. September 2006 einging, erklärte der Klägervertreter für die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Wegen des weiteren unstreitigen Vorbringens der Parteien sowie des streitigen Vorbringens in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen.

2. Das Landgericht hat der Klage in Anwendung der §§ 323, 437 Nr. 2 BGB (Rückzahlung des Kaufpreises) sowie §§ 286, 291 BGB (Annahmeverzug) und §§ 280, 281 BGB (Schadensersatz hinsichtlich der im Rahmen der Vertragsdurchführung und der Vorbereitung der Rückabwicklung entstandenen Kosten) stattgegeben.

3. Die Beklagte hat gegen das Urteil des Landgerichts rechtzeitig Berufung eingelegt und diese fristgerecht begründet.

Sie ist der Ansicht, dass die Parteien die Geltung der CISG abbedungen hätten, da in den AGB zum Kaufvertrag (unstreitig) ein deutscher Gerichtsstand vereinbart sei. Die AGB habe sie der Klägerin per Fax zugesandt, bevor diese den Vertrag unterzeichnet habe. Die Klägerin könne Gewährleistungsansprüche nicht geltend machen, da auch die Nachlackierung vom (unstreitigen) Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag erfasst werde. Zudem könne sie sich auf eine - nicht vorliegende, jedenfalls unerhebliche bzw. nicht wesentliche - Pflichtverletzung auch nicht mehr berufen, weil sie sie nicht unverzüglich gerügt habe. Eine Vertragsaufhebung komme erst recht nicht in Betracht, da sie nicht innerhalb angemessener Frist erklärt worden sei. Diese Frist sei kürzer als die Rügefrist. Zudem habe die Klägerin das Fahrzeug längst anderweitig veräußert und daher keine Möglichkeit mehr, das Fahrzeug zurückzugeben.

Die Beklagte beantragt:

Auf die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 30.08.07, Az. 16 O 210/07 aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt

die Berufung zurückzuweisen

sowie im Wege der Anschlussberufung klageerweiternd, an die Klägerin weitere 1.090,51 € nebst 5 % Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt hierzu,

die Anschlussberufung der Klägerin/Berufungsbeklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil. Zudem bestreitet sie (erstmals in der Berufung), dass die Beklagte erst durch ihre Rüge von der Nachlackierung erfahren habe. Außerdem trägt sie ebenfalls erstmals in der Berufung vor, dass sie die Nachlackierung telefonisch noch am 7. Juli 2006 gerügt habe, die Beklagte den Mangel aber in Abrede gestellt habe und zu einer Abhilfe nicht bereit gewesen sei. Ihre Erklärung zur Vertragsaufhebung sei wegen der konkreten Umstände des vorliegenden Falls noch rechtzeitig erfolgt.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze und die Anhörung der Parteien verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Das Urteil des Landgerichts ist abzuändern, weil der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen.

Auf den Vertrag zwischen den Parteien ist die CISG (Convention on Contracts for the International Sale of Goods) anwendbar (nachstehend 1.). Sie kennt zwar mit Art. 81 Abs. 2 S. 1 einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach einer Vertragsaufhebung, wie ihn die Klägerin mit dem Klageantrag Ziff. 1 geltend macht. Er scheitert im konkreten Fall aber jedenfalls daran, dass die Klägerin die dafür erforderliche Aufhebung des Kaufvertrags mit der Beklagten nicht innerhalb der in Art. 49 Abs. 2 lit. b. CISG vorgeschriebenen angemessenen Frist erklärt hat (nachstehend 2.). Auf Schadensersatzansprüche lässt sich der Rückzahlungsanspruch von vorneherein nicht stützen. Zwar kennt die Konvention neben der Vertragsaufhebung mit anschließender Rückzahlung des Kaufpreises auch Schadensersatzansprüche. Sie umfassen nach dem Regelungssystem der CISG indes nicht die Rückzahlung des Kaufpreises, vielmehr sollen sie nur den nach Rückabwicklung noch verbleibenden Schaden ersetzen. Scheidet damit eine Rückabwicklung des gesamten Vertrags aus, dann kann weder der von der Klägerin als Klageantrag Ziff. 2 weiter begehrte Annahmeverzug der Beklagten festgestellt werden noch kann sie die von ihr mit dem Klageantrag Ziff. 3 geltend gemachten Schadensersatzpositionen verlangen. Sie sind nicht Folge einer nicht ordnungsgemäß erfüllten Pflicht der Beklagten (nachstehend 3.).

1. Auf den Vertrag zwischen den Parteien ist die CISG anwendbar.

a. Sowohl Deutschland als auch Lettland sind Mitgliedsstaaten der CISG, so dass es für ihre Anwendung noch nicht einmal darauf ankommt, ob das deutsche Internationale Privatrecht deutsches oder lettisches Recht für anwendbar erklärt.

Auch die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen für die Anwendung der CISG sind erfüllt:

Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses konnte und durfte die Beklagte davon ausgehen, dass die Klägerin das Fahrzeug für ihren eigenen geschäftlichen Gebrauch erwerben wollte (Art. 2 lit. a CISG). Selbst wenn die Beklagte zu diesem Zeitpunkt keine genaue Vorstellung von der Rechtsform der Klägerin hatte, war ihr doch klar, dass sie als Unternehmerin tätig wurde. Genau deshalb lieferte sie nämlich die Winterreifen nicht mit, die nach der Internetanzeige bei einem Kauf durch einen Privaten im Kaufpreis enthalten sein sollten. Dass das Fahrzeug in Wirklichkeit eventuell privaten beziehungsweise persönlichen Zwecken eines Mitarbeiters der Klägerin dienen sollte, war ihr dagegen erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekannt geworden.

Auch die weitere Voraussetzung, dass die Vertragsparteien ihren Sitz in unterschiedlichen Staaten hatten und dass dies bei Vertragsabschluss, namentlich aus dem schriftlichen Vertrag, erkennbar war (Art. 1 Abs. 1 und 2 CISG), ist gegeben.

b. Die Parteien haben die Geltung der CISG nicht abbedungen.

Zwar herrscht auch im Anwendungsbereich der CISG Vertragsfreiheit, d.h. die Parteien können vereinbaren, dass die CISG gerade keine Anwendung finden soll (Art. 6 CISG), was dann zur Anwendung des allgemeinen Kaufrechts des nach dem IPR berufenen nationalen Rechts führt. An einer solchen Vereinbarung fehlt es hier aber. Das gilt sowohl für den Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags als auch danach.

aa. Ausdrückliche Vereinbarungen über anwendbare Rechtsvorschriften haben die Parteien bei Abschluss des Vertrages nicht getroffen, auch nicht in den AGB, deren wirksame Einbeziehung ohnehin streitig ist.

Dabei ist zu beachten, dass die CISG inkorporiertes deutsches Recht ist, so dass eine Vorstellung, dass "selbstverständlich deutsches Recht" zur Anwendung komme, mitnichten bedeutet, dass nur BGB und HGB gelten (Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer CISG 4. Auflage Art 6 Rdnr. 22). Es wäre schon eine Formulierung wie "Der Vertrag unterliegt dem Kaufrecht des BGB" erforderlich (Ferrari aaO Rdnr. 21).

Aus der Bestimmung eines Gerichtsstands in Deutschland in den AGB der Beklagten kann ebenfalls nicht geschlossen werden, dass die CISG keine Anwendung finden soll. Zwar wird die Bestimmung eines Gerichtsstands in AGB häufig ein Indiz sein, dass das Recht des Staates Anwendung finden soll, dessen Gerichte einen Rechtsstreit entscheiden sollen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass die Anwendung eines dem Gericht fremden Rechts häufig zeitaufwendig und kostspielig sein wird. Dies ist bei der CISG als einheitlichem, jedem der Vertragsstaaten der CISG einfach zugänglichem Recht aber nicht der Fall. Dementsprechend führt allein schon die Wahl deutschen Rechts zur Anwendung der CISG (BGH NJW 1999, 1259). Damit hätte es schon deutlicherer Hinweise bedurft, um einen Ausschluss der Anwendung der CISG anzunehmen. Außerdem gilt gleichermaßen bei Anwendung des BGB wie der CISG die Regel contra proferentem (Magnus in Staudinger BGB Bearb. 2005 Art. 8 CISG Rdnr. 18). Es kann allenfalls überlegt werden, ob die Wahl eines Gerichtsstands in einem Nichtmitgliedsstaat zur Abbedingung führt. Solch ein Fall liegt hier aber nicht vor.

bb. Auch später haben die Parteien die Unanwendbarkeit der CISG nicht vereinbart.

Zwar haben sie vorgerichtlich und erstinstanzlich wie selbstverständlich auf Basis des BGB argumentiert; eine nachträgliche Abbedingung der CISG liegt hierin aber nicht. Es fehlt an übereinstimmenden Willenserklärungen der Parteien, denn diese setzen die Kundgabe eines Rechtsfolgewillens voraus, für den die Anwendung unzutreffender Vorschriften infolge Verkennung der Rechtslage nicht genügt (Ferrari aaO Rdnr. 25ff).

2. Eine wirksame Aufhebung des Kaufvertrags zwischen den Parteien scheitert jedenfalls daran, dass die Klägerin sie nicht innerhalb "angemessener Frist" erklärt hat (Art. 49 Abs. 2 lit. b CISG). Unter Berücksichtigung aller Umstände hat sich die Klägerin zu lange Zeit gelassen, bis sie am 25. September 2006 den Rücktritt erklärte und damit 2 Monate und 18 Tage nach dem 7. Juli 2006, an dem sie die nicht ordnungsgemäße Erfüllung des Kaufvertrags festgestellt hatte. Dabei ist deswegen für den Anfang der Frist auf den 7. Juli 2006 abzustellen, weil ein der Vertragsaufhebung vorangehendes Nacherfüllungsverlangen mit Fristsetzung nicht in Betracht kam - der Mangel Nachlackierung ist unbehebbar (vgl. hierzu Magnus aaO Art. 49 Rdnr. 40).

Bei der Bestimmung der Länge der Frist ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Zweck der Frist vor allem darin besteht, dem Verkäufer innerhalb begrenzter Zeit Klarheit über eine gegebenenfalls erforderliche Weiterverwendung der Ware zu verschaffen (z. B.: OLG Koblenz OLGR 1997, 37, 38). Das ist bei einem Auto zwar nicht so dringend erforderlich wie bei verderblicher Ware (Vestre Landsret Viborg Urteil vom 10.11.1999 - zitiert nach juris - : dann 7 Tage), aber auch Kraftfahrzeuge verlieren allein durch Standzeit an Wert, selbst wenn sie wie hier schon über vier Jahre alt sind. Vorliegend kommt noch hinzu, dass der Verkäufer bei einer Rückabwicklung über Schadensersatz zur Zahlung von Standgeld herangezogen werden kann, was ebenfalls für eine einigermaßen zügige Rückabwicklung spricht. Kämen keine weiteren Umstände hinzu, so wären damit schon 2 Monate zu lang (so auch OLG Frankfurt RIW 1994, 593 bei einer vertragswidrigen Verpackung; siehe auch OLG Hamburg IHR 2002, 19: 22 Tage noch rechtzeitig, wenn es um den Kauf von Kleidungsgegenständen geht; vgl. i.Ü. die Rechtsprechungsübersicht bei Magnus aaO Art. 49 CISG Rdnr. 38). Im Fall des Berufungsgerichts Turku (IHR 2004, 277, 281) musste die Frist für eine Aufhebung eines Kaufvertrags über ein Anbauteil für eine forstwirtschaftliche Maschine nicht genau festgelegt werden; mangels eines funktionierenden Zweitmarkts könnten dort tatsächlich auch etwas mehr als zwei Monate angemessen gewesen sein, keinesfalls aber die drei Jahre, die sich der dortige Käufer mit der Entscheidung Zeit ließ und die auch dem dortigen Gericht nicht genügten.

Besondere Gründe, die eine Verlängerung auf über 2 1/2 Monate rechtfertigen würden, liegen nicht vor:

Zwar verlängert sich die Frist, wenn die Feststellung der Tatsachen- und Rechtslage kompliziert ist (z.B. Urteil des Hof's-Gravenhage vom 23.04.2003 IHR 2004, 119; solche Überlegungen mögen auch dem Urteil des LG Freiburg IHR 2003, 22 zugrunde liegen), das war hier aber nicht der Fall, weil die Klägerin die Nachlackierung sofort erkannt hatte und ihre Vertragswidrigkeit eindeutig im Vertrag geregelt war. Wenn sich die Klägerin im Schriftsatz vom 14. März 2008 nunmehr darauf beruft, dass sie das Fahrzeug erst nach dem 28. August 2006 vom Zollgelände habe abtransportieren und damit erst über 1 1/2 Monate nach der ersten Rüge habe genau untersuchen lassen können, spielt dies für die Entscheidung des Rechtsstreits keine Rolle. Immerhin war sich die Klägerin nach ihrer eigenen Untersuchung vom 7. Juli 2006 so sicher, dass sie die Kosten einer Nachlackierung mit 900 € benennen und einen genau bezifferten Preisnachlass verlangen konnte; dann ist aber nicht erkennbar, warum für eine Entscheidung über eine Vertragsaufhebung eine nähere Untersuchung durch eine Fachwerkstatt hätte erforderlich sein sollen, selbst wenn die Beklagte in der weiteren Korrespondenz den Umfang des Lackschadens (entgegen dem Schriftsatz des Klägervertreters vom 14. März 2008 also nicht diesen an sich) in Frage gestellt hatte. Aus diesem Grund kann offen bleiben, ob die späte Übersendung der für die Zollfreigabe erforderlichen Papiere nicht von der Klägerin selbst verschuldet war (worauf der Inhalt des Schreibens des damaligen Beklagtenvertreters vom 11. August 2006 hinweist). Weiter braucht deshalb nicht untersucht zu werden, warum die erste Rechnung über Standplatzgebühren für das Fahrzeug vom 7. August 2006 stammt und damit einen Zeitraum abdeckt, während dessen das Fahrzeug noch auf dem Zollgelände gestanden haben soll, sich die Rechnung aber in nichts von denen unterscheidet, die für Standgebühren nach der angeblichen Freigabe des Fahrzeugs nach dem 28. August 2006 ausgestellt worden sein sollen.

Auch kann eine Häufung von Feiertagen eine Fristverlängerung nach sich ziehen (Hof's-Gravenhage aaO). Einen solchen Sachverhalt hat die Klägerin für Lettland in den Monaten Juli bis September aber nicht behauptet.

Urlaubszeit kann bei Beteiligung von Unternehmen nur in besonderen Fällen zu einer Fristverlängerung führen. Denn der Geschäftsverkehr darf davon ausgehen, dass bei Urlaub insb. der Geschäftsführung einer Kapitalgesellschaft eine Vertretungsregelung greift, die sicher stellt, dass das Unternehmen trotzdem handlungsfähig bleibt. Das gälte erst recht, wenn die behauptete Ortsabwesenheit der Geschäftsführerin der Klägerin vom 1. bis 20. September 2006 beruflich bedingt gewesen sein sollte. Soweit in einem Land die Übung besteht, insb. im Hochsommer allgemeine Betriebsferien zu machen, mag anderes gelten, wobei dann noch zu diskutieren wäre, ob nicht weiter erforderlich wäre, dass der Käufer dem Verkäufer dies unverzüglich mitteilt oder dass solche allgemeinen Betriebsferien dem Verkäufer unter Ausnutzung üblicher Informationsquellen erkennbar sein müssen. Das kann indes alles offen bleiben, denn die Klägerin behauptet nicht, dass eine solche Übung in Lettland besteht. Außerdem hätte eine solche Übung vorliegend auch keine Auswirkungen mehr, denn in diesen Fällen muss erwartet werden, dass die dann wenigen Vorgänge, die während der landesweiten allgemeinen Betriebsferien anfallen, nach deren Ende zügig aufgearbeitet werden und das hätte hier bis Ablauf der oben als maximal angesetzten Zweimonatsfrist am 7. September 2006 geschehen sein müssen.

Damit hätte sich eine Fristverlängerung nur noch mit der Begründung rechtfertigen lassen, dass der Klägerin nicht zuzumuten war, eine Vertragsaufhebung zu erklären, während zwischen den Parteien Verhandlungen für eine gütliche Einigung stattfanden (vgl. hierzu auch OLG Koblenz aaO; es bedarf dazu also keines vom Klägervertreter befürworteten Rückgriffs auf das deutsche Recht). Aber auch das kann vorliegend nicht dazu führen, dass sich die Frist über 2 Monate hinaus verlängerte: Gegen eine solche Fristverlängerung spricht hier bereits grundsätzlich, dass sich die Beklagte entgegen den Behauptungen im Schriftsatz des Klägervertreters vom 14. März 2008 von vorneherein jeder Einigung versperrte, die auf eine Reduzierung des Kaufpreises hinaus lief. So bot sie auf die erste schriftliche Geltendmachung des Mangels durch die Klägerin im Schreiben vom 15. Juli 2006, bei der diese einen Preisnachlass von 2.500 € forderte, mit Schreiben vom 20. Juli 2006 lediglich die Lieferung des von der Klägerin ohnehin zusätzlich verlangten Satzes Winterreifen an und verwies die Klägerin knapp, aber bestimmt auf den Klageweg. Damit setzte sie ihr zwar streitiges, aber gerade von der Klägerin behauptetes vorheriges Verhalten nahtlos fort, das darin bestanden hatte, eine telefonische Mangelrüge unter barschem Hinweis auf eine Mangelfreiheit zurückzuweisen. Zwar folgte nochmals eine Korrespondenz der Parteivertreter vom 9., 11. und 15. August 2006, die Beklagte ließ aber auch in ihr nicht erkennen, dass sie zu einer Minderung des Kaufpreises bereit wäre. Vielmehr bot sie im Schreiben vom 11. August 2006 die Rücknahme des Fahrzeuges an. Dementsprechend lief die von der Klägerin im Schreiben vom 15. August 2006 der Beklagten bis 23. August 2006 gesetzte Frist fruchtlos ab, sich mit einer Minderung in Höhe von 1.500 € einverstanden zu erklären. Nachdem damit eine Einigung für die Beklagte von Anfang an ohnehin nur auf der Basis einer Vertragsaufhebung in Betracht kam, bestand für die Klägerin unter keinem Gesichtspunkt die Notwendigkeit, ihre Erklärung zur Vertragsaufhebung zurückzustellen, um die Vergleichsverhandlungen nicht zu gefährden. Und nur auf Rücksichtnahmen durch die Klägerin, nicht aber darauf kommt es an, ob die Beklagte mit einer Vertragsaufhebung rechnen musste, was angesichts der damaligen Korrespondenz i.Ü. ohnehin nicht der Fall war, weil die Klägerin sich nach einer anfänglichen Rücktrittsandrohung eines anderen besonnen und in der weiteren Korrespondenz nur noch auf einer Minderung bestanden hatte. Selbst wenn man dem aber nicht folgt, waren die Vergleichsverhandlungen mit Ablauf der von der Klägerin bis zum 23. August 2006 gesetzten Frist gescheitert. Dann hätte die Klägerin aber maximal noch 2 Wochen Überlegzeit gehabt, wie sie weiter vorgehen will, wenn die erforderlichen Überlegungen auf Klägerseite aufgrund der von Anfang an ablehnenden Haltung der Beklagten zu einer Minderung nicht schon vorher hätten angestellt werden müssen, so dass unmittelbar nach dem 23. August hätte reagiert werden können. Damit wäre Fristablauf wiederum spätestens der 7. September 2006 gewesen, also 2 Monate nach Feststellung der nicht vertragsgerechten Erfüllung des Kaufvertrags. Daran ändert die behauptete Ortsabwesenheit der Geschäftsführerin der Klägerin ab 1. September 2006 nichts, da sie die Entscheidung entweder einem Vertreter hätte übertragen oder sie sie noch bis 31. August 2006 hätte treffen müssen (s.o.). Aus den schon oben dargelegten Gründen ergibt sich eine Fristverlängerung auch nicht wegen einer Untersuchung des Fahrzeuges im September 2006 in einer Fachwerkstatt.

Ob bei einer arglistigen Täuschung über die Mangelhaftigkeit oder bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Verkäufers vom Mangel in analoger Anwendung des Art. 40 CISG jegliche Frist entfällt oder wenigstens eine Fristverlängerung anzunehmen ist, kann offen bleiben. Denn die Klägerin kann für ihren streitigen Vortrag, dass die Beklagte bei Abschluss des Kaufvertrags von der Nachlackierung wusste, - mag er als erstmaliger Vortrag in der Berufung auch nach § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 1. Alt ZPO entschuldigt sein - keinen Beweis anbieten. Für eine grobe Fahrlässigkeit fehlt es dazuhin bereits am Vortrag der Klägerin. Und schon aus der Formulierung des Art. 40 CISG folgt, dass insoweit der Käufer, hier also die Klägerin, darlegungs- und beweisbelastet ist.

3. Die von der Klägerin neben der Rückzahlung des Kaufpreises verlangten Beträge stehen ihr ebenfalls nicht zu.

a. Die Transportkosten für die Überführung des Fahrzeuges zur Klägerin sind nicht als Schadensersatz (Art. 74ff CISG) erstattungsfähig, da die Klägerin das Fahrzeug bei dem ihr verbleibenden Rechtsbehelf behalten muss und der Transport des Fahrzeuges daher nicht auf die vertragswidrige Lieferung zurückzuführen ist.

b. Auch die eingeklagten Standplatzkosten kann sie schon dem Grunde nach nicht verlangen.

Jedenfalls für den Zeitraum nach dem Verlust des Rechts zur Vertragsaufhebung folgt dies daraus, dass die Klägerin durch die dann nur noch verbleibende Minderung nach Art. 50 CISG an der Verwertung des Fahrzeuges oder seiner Nutzung nicht gehindert ist, so dass die Standplatzkosten auch nicht auf die nicht vertragsgerechte Erfüllung der Beklagten zurückgeführt werden können. Zumindest hätte die Klägerin die Folgen des verspäteten Ergreifens des richtigen Rechtsbehelfs im Wege des Mitverschuldens nach Art. 77 CISG selbst zu tragen.

Für den Zeitraum bis zum Verlust des Rechts auf Vertragaufhebung ist zudem bis heute nicht klar, was die Klägerin mit dem Fahrzeug eigentlich beabsichtigte, so dass auch kein Vergleich angestellt werden kann, ob und ggfs. wie lange die Klägerin bei vertragsgemäßer Erfüllung vergleichbare Kosten (z.B. für die Anmietung einer Garage) hätte bezahlen müssen. Hatte der Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch erklärt, dass das Fahrzeug auf Initiative eines Mitarbeiters der Klägerin gekauft worden war - u.U. sogar als dessen Privatanschaffung -, muss den Ausführungen im Schriftsatz vom 14. März 2008 entnommen werden, dass sich doch die Klägerin selbst um das Fahrzeug kümmerte.

c. Auch die eingeklagten Inspektionskosten können nicht zugesprochen werden.

Es fehlt trotz Monierung des Senats in der Terminsverfügung jeglicher Vortrag, was sie mit der nicht vertragsgerechten Erfüllung des Kaufvertrags im Hinblick auf den Lackschaden zu tun haben sollen. Insb. stammt die zugehörige Rechnung nicht von der Firma, die das Fahrzeug nach der Freigabe durch die Zollbehörden untersucht haben soll.

Soweit die Kosten im Zusammenhang mit einem weiteren behaupteten Mangel des Fahrzeugs stehen sollten, sind sie nicht erstattungsfähig, weil insoweit - was die Klägerin auch nicht in Abrede stellt - der von den Parteien für andere Mängel als Lack- und Unfallschäden vereinbarte Gewährleistungsausschluss greift.

d. Die Übersetzungskosten sind deshalb nicht erstattungsfähig, weil schon die zugrunde liegenden Positionen nicht erstattungsfähig sind.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

IV.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) sind nicht ersichtlich. Die rechtlichen Grundsätze für die Anwendung der CISG und zu Art. 49 Abs. 2 lit. b CISG sind geklärt und der Senat weicht hiervon nicht ab. Die Anwendung auf den konkreten Einzelfall ist der höchstrichterlichen Klärung nicht zugänglich. Das gilt auch für die Erwägungen zur Verneinung eines Schadensersatzanspruchs.

V.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 14. März 2008 gibt zu keiner Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung Anlass (§ 156 ZPO). Sämtlicher Vortrag in ihm kann als wahr unterstellt werden, ohne dass dies am Ergebnis etwas ändert. Daher braucht der Beklagten vor der Entscheidung kein rechtliches Gehör gewährt zu werden, erst recht nicht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung.

Eine Wiedereröffnung scheidet auch unter dem Gesichtspunkt des § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO aus. Ein Verfahrensfehler kann nicht festgestellt werden, denn der Beklagtenvertreter hatte im Schriftsatz vom 25. Februar 2008 und damit bereits vor der mündlichen Verhandlung auf die oben unter II. 2. diskutierten Gesichtspunkte hingewiesen, so dass es eines Hinweises des Senats in der mündlichen Verhandlung genauso wenig bedurft hätte wie der Einräumung einer Schriftsatzfrist, zumal das persönliche Erscheinen der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung angeordnet worden war und sie daher die erforderlichen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung hätte abgeben können (§ 139 Abs. 5 ZPO).

Ende der Entscheidung

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