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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 30.07.2009
Aktenzeichen: 7 U 65/09
Rechtsgebiete: AMBG 92, StGB


Vorschriften:

AMBG 92 § 2
AMBG 92 § 2 Ziff. 1
StGB § 263
StGB § 246
Sind bei einer Maschinenversicherung für Schäden bei Abhandenkommen versicherter Sachen durch Diebstahl in den Versicherungsschutz auch Schäden einbezogen, die durch Unterschlagung des Mieters entstehen, so tritt ein Versicherungsfall auch dann ein, wenn sich der Mieter den Besitz an der versicherten Sache durch Betrug (§ 263 StGB) verschafft und hierbei gleichzeitig den Tatbestand der Unterschlagung (§ 246 StGB) erfüllt.
Oberlandesgericht Stuttgart 7. Zivilsenat Im Namen des Volkes Grund-Urteil

Geschäftsnummer: 7 U 65/09

Verkündet am 30. Juli 2009

Im Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juli 2009 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Gramlich Richter am Oberlandesgericht Kapp Richter am Landgericht Schumacher

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25.3.2009 - 40 O 122/08 KfH - abgeändert:

Die Klageanträge Ziffer 1 und 2 sind dem Grunde nach gerechtfertigt.

2. Eine Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

3. Die Revision wird zugelassen.

Berufungsstreitwert: bis 530.000, - Euro

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt Versicherungsleistung.

Die Klägerin betreibt unter anderem die Vermietung von Baumaschinen.

Sie unterhält bei der Beklagten einen am 7.1.2008 geschlossenen Maschinenversicherungsvertrag (Anlage K 2), in den die AMBG 92 (Anlage K 1) einbezogen sind .

Ziffer 2.5 des Versicherungsvertrages ist wie folgt überschrieben:

" Schäden durch Unterschlagung (zu § 2 AMBG) ".

Er lautet: " Der Versicherer leistet auch Entschädigung für Schäden, die dem Versicherungsnehmer dadurch entstehen, dass durch die in die Versicherung einbezogenen Personen und Mieter versicherte Geräte unterschlagen und für den Versicherungsnehmer innerhalb von zwei Monaten nicht wieder sichergestellt werden. Maßgeblich für den Beginn der Zweimonatsfrist sind der Eingang der Schadenmeldung beim Versicherer und der Eingang der Strafanzeige bei der Strafverfolgungsbehörde, und zwar der Zeitpunkt der zuletzt erfolgten Anzeige. Eine Veruntreuung liegt vor, wenn sich Personen einer qualifizierten Unterschlagung gem. § 246 StGB schuldig machen, d. h. sich ihnen anvertraute und im Versicherungsvertrag bezeichnete Geräte rechtswidrig zueignen. "

Nach § 2 Ziffer 1 der ABMG 92 leistet der Versicherer Entschädigung auch bei Abhandenkommen versicherter Sachen durch Diebstahl.

Nach deren § 7 Ziff. 4 ABMG 92 ist auch das Interesse des Mieters versichert, wenn dies besonders vereinbart ist, was vorliegend gem. Ziffer 2.11 des Versicherungsvertrages erfolgte.

Hinsichtlich des weiteren Vertrags- und Bedingungsinhalts wird auf die Anlagen K 2 und K 1 Bezug genommen.

Die Klägerin erhielt am 8.5.2008 telefonisch und am 13.5.2008 per E-Mail (Anlage K 3) von einem "Dipl. Ing. P." namens einer Firma AA. GmbH, B.erlin eine Anfrage über die Vermietung von Baumaschinen für eine Baustelle. Die Klägerin holte daraufhin am 16.5.2008 eine Auskunft der Creditreform bezüglich der Firma AA. ein (Blatt 42 der Akte) und übersandte per E-Mail am 21.5.2008 ein Mietangebot (Anlage K 6). Am 13.6.2008 erhielt sie einen Mietvorschuss in Höhe von 12.000, - Euro.

Am 18. und 19.6.2008 transportierte die Klägerin insgesamt zwei Radlader und vier Kettenbagger zur mieterseits benannten Baustelle nach 0450. B. K., L. Str. 11 (im folgenden: Baustelle). Dabei handelt es sich um ein eingezäuntes, mit einem Metalltor verschlossenes Industriegelände mit einer Siloanlage. Bei der Ablieferung der Radlader und der Kettenbagger wurde von einer auf der Baustelle anwesenden Personen für jede Maschine ein Mietvertrag und ein Lieferschein mit dem Namen "H. W." unterzeichnet. Ein Hydraulikhammer wurde von der Klägerin nach Mitteilung der Zahlenkombination des Torschlosses am 23.6.2008 ebenfalls auf die Baustelle verbracht und neben den dort befindlichen Maschinen abgestellt. Der Mietvertrag dafür war bereits am 18.6.2008 mit "H. W." unterschrieben worden.

Am 27.6.2008 stellte einen Außendienstmitarbeiter der Klägerin fest, dass sich die Maschinen nicht mehr auf der Baustelle befanden.

Eine Nachfrage bei der Firma AA. ergab, dass ein Herr P. dort unbekannt war. Die Baumaschinen konnten bis heute nicht aufgefunden werden.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie Anspruch aus der Maschinenversicherung auf Entschädigung habe, da die Maschinen entweder gestohlen oder unterschlagen worden seien.

Den Versicherungsfall habe sie nicht schuldhaft herbeigeführt. Wenn doch, so sei § 81 VVG n.F. anzuwenden.

Der Zeitwert der Baumaschinen belaufen sich nach computergestützter Berechnung auf insgesamt 539.300, - Euro. Nach Abzug des Selbstbehalts in Höhe von 10.225, - Euro ergebe sich die Klageforderung in Höhe von 529.075, - Euro.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Klägerin die Maschinen in betrügerischer Weise verloren habe. Dieses Risiko sei nicht versichert.

Im übrigen sei sie gem. § 61 VVG a.F. leistungsfrei, da die Klägerin den Versicherungsfall jedenfalls grob fahrlässig herbeigeführt habe.

Hilfsweise bestreitet die Beklagte den klägerseits geltend gemachten Zeitwert der Baumaschinen. Dieser belaufe sich nach einem von der Beklagten eingeholten Sachverständigengutachten auf insgesamt 441.474, - Euro.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Die Maschinen seien nicht durch Diebstahl in Verlust geraten, da kein Bruch klägerischen Gewahrsams erfolgt sei. Nach dem Abstellen der Maschinen auf der eingezäunten und abgeschlossenen Baustelle habe die Klägerin keinen Gewahrsam mehr an diesen gehabt.

Eine Unterschlagung liege gleichfalls nicht vor. Dazu sei im Zeitpunkt der Gewahrsamserlangung durch die Täter also bei Ablieferung der Maschinen nicht lediglich Zueignungsabsicht der Täter sondern ein nach außen manifestierter Zueignungsakt erforderlich gewesen. Dieser fehle. Für einen objektiven Beobachter stelle sich das Verhalten der Täter bei der Entgegennahme der Maschinen als das von Mietern und nicht als das von Inhabern einer eigentümerähnlichen Stellung dar.

Letztlich komme es auf den Zueignungsakt jedoch nicht an, weil die Täter die Maschinen durch Betrug erlangt hätten. Diesem gegenüber sei die Unterschlagung subsidiär, da Betrug mit schwerer Strafe bedroht sei. Die Täter hätten nämlich durch die Vorspiegelung, die Firma AA. miete die Maschinen zum Zweck von Abbrucharbeiten auf der Baustelle, die Gewahrsamsübertragung erreicht. Dies stelle eine Vermögensverfügung der Klägerin dar, die zu einem Vermögensschaden in Form einer Vermögensgefährdung geführt habe. Der spätere Abtransport der Maschinen sei im Hinblick auf den begangenen Betrug nicht tatbestandsmäßig.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter.

Unter Aufrechterhaltung und Vertiefung ihrer erstinstanzlichen Rechtsauffassung rügt sie das angefochtene Urteil als rechtsfehlerhaft.

Das neue VVG sei schon deshalb anzuwenden, da die Beklagte auf Ihrer Homepage öffentlich erklärt habe, dass sie alle Schäden, die nach dem 1.1.2008 entstanden seien, auf Basis des neuen VVG reguliere (Anlage K 35).

Sie beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 529.075, - nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.7.2008 zu bezahlen.

2. Die Beklagten wird verurteilt, an die Klägerin weitere Euro 4109,80 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Aufrechterhaltung ihrer erstinstanzlichen Rechtsauffassung.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 26.5.2009 (Blatt 72/78) sowie auf die Berufungsantwort vom 30.6.2009 (Blatt 82/89) Bezug genommen.

Mit Verfügung vom 16.7.2009 (Blatt 102/103) hat der Senat auf das Urteil des OLG Köln vom 20.7.2008 - 9 U 188/07 - und das des OLG Frankfurt vom 26.2.2004 - 3 U 152/03 - hingewiesen.

II.

(A) Die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils nach § 304 Abs. 1 ZPO liegen vor.

Der Rechtsstreit ist in Bezug auf den zwischen den Parteien streitigen Grund entscheidungsreif.

Eine Entscheidung über die streitige Höhe des klägerischen Anspruchs bedarf weiterer Beweisaufnahme (C).

(B) Die zulässige Berufung hat dem Grunde nach Erfolg.

Die Klägerin hat aus dem am 7.1.2008 geschlossenen Maschinenversicherungsvertrag entweder gem. § 2 Ziff. 1 AMBG 92 - welche unstreitig in den Versicherungsvertrag einbezogen wurden - oder gem. Ziffern 2.5 und 2.11 des Versicherungsvertrages in Verbindung mit § 2 Ziffer 1, 7 Ziffer 4 AMBG 92 dem Grunde nach Anspruch auf Zahlung von (Diebstahls- oder Unterschlagungs-) Entschädigung gegen die Beklagte.

Der Versicherungsfall ist eingetreten (1).

Die Beklagte ist nicht leistungsfrei (2).

(1) Für den Eintritt des Versicherungsfalls kann es dahinstehen, ob die Klägerin nach Übergabe der Maschinen und deren Abstellen auf einem eingezäunten und abgeschlossenen Gelände noch Gewahrsam an den Maschinen hatte oder nicht.

Wenn ein (gelockerter) Gewahrsam fortbestanden hat, dann ist dieser durch die zwischen dem 23. und dem 27.6.2008 liegende Entfernung der Maschinen von der Baustelle gebrochen worden, womit die Maschinen gestohlen wurden (vgl. BGH, Urt. vom 27.11.1974 - IV ZR 117/73) womit die Klägerin nach § 2 Ziffer 1 der in den Vertrag einbezogenen ABMG 92 Ersatz zu leisten hat.

Wenn kein Gewahrsam der Klägerin an den Maschinen bestand, was zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden kann, sind die Maschinen von den vorgeblichen Mietern (auch) unterschlagen worden (vgl. OLG Köln, Urt. vom 20.7.2008 - 9 U 188/07) .

Im Fall der Unterschlagung ist die Beklagte nach Ziffer 2.5 des Maschinenversicherungsvertrages zur Entschädigung verpflichtet.

(a) Nach Ziffer 2.5 des Maschinenversicherungsvertrages hat die Beklagte Entschädigung zu leisten für Schäden, die der Klägerin dadurch entstehen, dass durch die in die Versicherung einbezogenen Personen und Mieter (aa) versicherte Geräte (bb) unterschlagen werden (dd), wenn diese nicht innerhalb von zwei Monaten wieder sichergestellt werden können (cc). Eine Veruntreuung liegt vor, wenn sich Personen einer qualifizierten Unterschlagung gem. § 246 StGB schuldig machen, d. h. sich ihnen anvertraute und im Versicherungsvertrag bezeichnete Geräte rechtswidrig (ee) zueignen.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

(aa) Die Mieter sind nach Ziffer 2.11 Versicherungsvertrag und § 7 Nr. 4 ABMG 92 in die Versicherung einbezogen.

(bb) Dass es sich bei den streitgegenständlichen Maschinen um versicherte Geräte handelt, ist unstreitig.

(cc) Die Maschinen wurden bis heute nicht sichergestellt, womit die bedingungsgemäße Zweimonatsfrist verstrichen ist.

(dd) Eine Unterschlagung begeht derjenige, der eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet. (aaa) Dass es sich bei den streitgegenständlichen Maschinen für den oder die vorgeblichen Mieter um bewegliche Sachen, die sich nicht im Eigentum der vorgeblichen Mieter befunden haben (fremde Sachen), gehandelt hat, steht außer Streit.

(bbb) Die Tathandlung der Unterschlagung besteht in der rechtswidrigen Zueignung, d. h. darin, dass der Täter die Sache mit Ausschlusswirkung gegenüber dem Eigentümer seinem eigenen oder dem Vermögen eines Dritten in der Weise zuführt, dass er selbst oder der Dritte zum Scheineigentümer wird (BGHSt 1, 262; 14, 43; 34, 311; Fischer, StGB und Nebengesetze, 55. Aufl., § 246, Rdnr. 5 m.w.N; Lackner/Kühl, StGB, 26. Aufl., Rdnr. 4 m.w.N.). Die Zueignung ist vollendet, wenn sie sich nach außen erkennbar manifestiert. Die Rechtsprechung lässt als Manifestation des Zueignungswillens Verhaltensweisen genügen, in denen sich der Zueignungswille objektiviert. Dazu gehört auch äußerlich ordnungsgemäßes Verhalten. Eine Zueignung liegt somit vor, wenn ein objektiver Beobachter bei Kenntnis der Täterabsicht die Handlung als Betätigungen des Zueignungswillens ansieht (RGSt 58, 230; 65, 147; 67, 78; BGHSt 14, 41; Fischer, a.a.O., Rdnr. 6a m.w.N.).

(ccc) Nach der Rechtsprechung (BGHSt 14, 38; 16, 281) kann nach einer strafbaren Erstzueignung das Tatbestandsmerkmal "Zueignung" vom selben Täter in Bezug auf dieselbe Sache nicht noch ein zweites Mal erfüllt werden, es sei denn, dass sich eine andere Person die Sache zwischenzeitlich zugeeignet hatte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob durch die Erstzueignung nun eine Unterschlagung, ein Diebstahl oder ein sonstiges Delikt wie Betrug, Erpressung oder Untreue begangen wird, sofern nur die Erstzueignung überhaupt deliktisch und mit Zueignungswillen erfolgte. Seine Auffassung hat der BGH damit begründet, dass überall, wo Rechtsvorschriften an die Vollendung oder Beendigung eines Vermögensdelikts anknüpfen müssen, ihre Wirkung hinausgeschoben oder beseitigt werden könnte, wenn trotz Beendigung dieses Vermögensdeliktes jede weitere Herrschaftsbetätigung Unterschlagung wäre.

Nach BGHSt 14, 38 erfüllen auch Herrschaftsbetätigungen, die gleichzeitig mit einem anderen Zueignungsdelikt begangen werden nicht noch zusätzlich den Tatbestand des § 246 StGB. Dies begründete BGH damit, dass die weitaus größte Zahl aller Vermögensdelikte mit Zueignungsabsicht begangen werden, weshalb es nicht Sinn des Unterschlagungstatbestandes sei, in allen diesen Fällen zusätzlich angewendet zu werden.

Danach kann - fallrelevant - ein betrügerisch erlangter Gewahrsam das Tatbestandsmerkmal der Zueignung nach § 246 StGB nicht verwirklichen.

Diese (umstrittene) höchstrichterliche Auffassung ist infolge Gesetzesänderung überholt (vgl. OLG Köln, a.a.O.; Münchener Kommentar StGB, § 263, Rdnr. 800; Lackner/Kühl, a.a.O., Rdnr. 7). Seit dem 6. StrRG vom 26.1.1998 ist § 246 StGB (auch) gegenüber § 263 StGB formell subsidiär (...mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwerer Strafe bedroht ist.). Als Konkurrenzregel ergibt die Subsidiarität aber nur dann einen Sinn, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 246 StGB erfüllt sind. Umgekehrt formuliert: wäre der Tatbestand nicht erfüllt, so brauchte das Gesetz nicht anzuordnen, dass die Tat nicht bestraft wird, wenn sie in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Damit ist die Auffassung, bei gleichzeitiger Zueignung durch ein Vermögensdelikt sei eine Unterschlagung schon tatbestandlich nicht erfüllt, mit dem geltenden Recht nicht mehr vereinbar. Nach diesem unterfallen die Gleichzeitigkeitsfälle der Subsidiaritätsklausel (vgl. OLG Köln, a.a.O.; Münchener Kommentar StGB, § 263, Rdnr. 800; Lackner/Kühl, a.a.O., Rdnr. 7; Fischer, a.a.O. Rdnr. 23).

(ddd) Wenn die vorgeblichen Mieter - wie die Beklagte unwidersprochen und im Einklang mit der Lebenserfahrung vorträgt - von Anfang an vorhatten, die Maschinen der Klägerin durch Betrug zu entziehen, verwirklicht die äußerlich scheinbar ordnungsgemäße Entgegennahme der Maschinen das Tatbestandsmerkmal der Zueignung, weil dieser Schritt bei Kenntnis der Täterabsicht Teil des Tatplans war und damit die Betätigung des Zueignungswillens darstellt.

(ee) Dass die Zueignung mangels fälligen und einredefreien schuldrechtlichen Anspruchs rechtswidrig war, ist zwischen den Parteien nicht im Streit.

Damit ist der Versicherungsfall eingetreten.

(b) Dem steht die Subsidiaritätsklausel des § 246 StGB nicht entgegen. Der Inhalt des Versicherungsvertrages ist im Wege der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB festzustellen. Hierbei ist entscheidend, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die allgemeinen Versicherungsbedingungen bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen wird, vgl. nur Prölss/Martin Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl., Vorbem. III, Rdnr. 2 m.w.N.

Aus der Subsidiaritätsklausel folgt lediglich, dass eine Bestrafung nach § 246 StGB nicht eintritt, wenn die Tat in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist, nicht jedoch, dass die Unterschlagung - wie oben ausgeführt - nicht verwirklicht worden wäre.

Der Versicherungsnehmer darf vom Versicherungsfall ausgehen, wenn der Tatbestand der Unterschlagung im strafrechtlichen Sinn erfüllt ist. Er braucht hingegen nicht anzunehmen, dass der Versicherungsfall auch davon abhängig ist, dass eine Bestrafung aus § 246 StGB erfolgt. Eine Kenntnis der Subsidiarität des § 246 StGB kann von ihm nicht erwartet werden. Dies gilt umso mehr, als die Subsidiaritätsklausel im zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag keinen Anknüpfungspunkt findet.

Der Auffassung des Landgerichts und der Beklagten kann daher nicht gefolgt werden.

(c) Ferner steht die Subsidiaritätsklausel vorliegend dem Versicherungsfall deswegen nicht entgegen, weil die Maschinen den vorgeblichen Mietern anvertraut wurden.

Anvertrauen im Sinne des § 246 Abs. 2 StGB ist die Hingabe oder das Belassen in dem Vertrauen, der Besitzer werde mit der Sache nur im Sinne des Anvertrauenden verfahren, sie also zu einem bestimmten Zweck verwenden, aufbewahren oder zurückgeben (Fischer, a.a.O., Rdnr. 16 m.w.N.). Ein Treueverhältnis i. S. von § 266 StGB ist nicht erforderlich. Ein Anvertrauen liegt daher zum Beispiel beim Auftrag, Leihvertrag und bei der Miete eines Kraftfahrzeugs vor (Fischer, a.a.O., Rdnr. 17 m.w.N.).

Die Klägerin hat die Maschinen in der den vorgeblichen Mietern bekannten Erwartung, diese bei Beendigung des Mietvertrages zurückzuhalten, übergeben und damit den vorgeblichen Mietern anvertraut.

Im diesem Fall beträgt die Strafe Freiheitsstrafe nach § 246 Abs. 2 StGB bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe und entspricht der Strafdrohung des Betruges nach § 263 Abs. 1 StGB, womit die Untreue gem. § 246 Abs. 2 StGB nicht hinter dem Betrug nach § 263 Abs. 1 StGB zurücktritt.

(2) Der Auffassung der Beklagten, dass sie gem. § 61 VVG a.F. leistungsfrei geworden sei, kann nicht gefolgt werden.

Einer Entscheidung, ob § 61 VVG a.F. oder § 81 VVG n.F. anzuwenden ist, bedarf es nicht, weil die Klägerin weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hat.

(a) Tatsächliche Umstände für einen vorsätzlichen Sachverlust auf Seiten der Klägerin sind weder festgestellt, noch hat die Beklagte solche vorgetragen.

(b) Grob fahrlässig handelt derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Im Gegensatz zur einfachen Fahrlässigkeit muss es sich bei einem grob fahrlässigen Verhalten auch in subjektiver Hinsicht um ein unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt. Es muss mithin auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbar sein. (Rüfner/Halbach/Schimikowski, Versicherungsvertragsgesetz, 1. Aufl., 2009, VVG, § 81, Rdnr. 8, m.w.N.; Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl., VVG, § 61, Rdnr. 11, m.w.N.). Hierbei kann nach höchstrichterlicher Rechtsprechung vom äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und deren gesteigerte Vorwerfbarkeit geschlossen werden. Hieraus folgt jedoch nicht, dass gewissermaßen regelhaft aus einem objektiv groben Pflichtverstoß die subjektive Unentschuldbarkeit folgt oder gar den Versicherungsnehmer für die subjektive Schuld die Beweislast träffe. Auch für die subjektive Seite der groben Fahrlässigkeit ist der Versicherer darlegungs- und beweispflichtig, wobei es lediglich im Rahmen einer sekundären Darlegungslast Sache des Versicherungsnehmers ist, ihn entlastende Tatsachen vorzutragen, zumal diese sich häufig allein in seiner Sphäre abspielen und vom Versicherer nicht erkannt werden können (Rüfner/Halbach/Schimikowski, a.a.O., m.w.N.).

(c) Ein deutliches Unterschreiten des als vertragsgemäß vorausgesetzten Standards an Sicherheit gegenüber der Diebstahlsgefahr im Sinne grober Fahrlässigkeit hat das OLG Frankfurt, Urt. vom 26.2.2004 - 3 U 152/03 - darin gesehen, dass ein Baumaschinenvermieter, auf telefonische Anforderung eines Unbekannten ohne schriftlichen Vertrag, ohne Ausweisvorlage und ohne Kaution eine Baumaschine im Wert von ca. 20.500, - Euro auf einem nicht zum Betriebsgelände gehörenden, mehrere Kilometer entfernten Platz zur Abholung bereitgestellt hat.

(d) Die Beklagte trägt zur Begründung eines grob fahrlässigen Handelns vor, dass sämtliche Verhandlungen lediglich über Handy und per E-Mail geführt wurden, wobei die ungewöhnlichen E-mail-Adressen - m. p. a-a.@l.de, m.-aa.@h..de und m.p.aa.@h..de - hätten auffallen müssen. Des weiteren habe die Klägerin eine Überprüfung der auf dem Briefbogen der Firma AA. angegebenen Adresse und Telefonnummer unterlassen. Hätte sie dies getan, so hätte sie festgestellt, dass es eine Firma AA. unter der angegebenen Adresse nicht gebe und dass es sich bei der angegebenen Telefonnummer um die eines Callcenters handele. Grund zur Vorsicht habe die Klägerin gehabt, da sie bereits mehrfach Opfer des Diebstahles von Baumaschinen geworden sei. Schließlich sei auffällig, dass sich der Mietinteressent offenbar auch nach Baujahr, Betriebsstunden und Listenpreis der Maschinen erkundigt habe.

(e) Demgegenüber macht die Klägerin geltend, dass ein Kontakt ausschließlich über Mobiltelefon bzw. per E-Mail branchenüblich sei.

Die Firma AA. habe ihren Hauptsitz in L.. Man sei davon ausgegangen, dass es eine Niederlassung in B. gebe.

Die verwendeten E-mail-Adressen seien keineswegs auffällig gewesen.

Auf Grund des übermittelten Briefbogens habe die Klägerin eine Kreditreform-Auskunft eingeholt.

Sie habe einen Vorschuss eingefordert, der eingegangen sei.

Auch seriöse Kunden erkundigten sich nach den Daten der Baumaschinen, weil sie diese für den Abschluss von Maschinenbruchversicherungen benötigten.

Bei den früheren Diebstahlstaten habe es sich um Einbruchsdiebstahl am Firmensitz der Klägerin gehandelt.

(f) Die Beurteilung des klägerischen Verhaltens in einer Gesamtschau führt nicht zu einer groben Fahrlässigkeit.

Der Klägerin kann zwar vorgeworfen werden, dass sie nicht bei der Firma AA. angerufen hat, um sich Auftrag und Auftraggeber bestätigen zu lassen. Zweifel an der Seriosität der Mieterseite ergeben sich auch aus den E-mail-Adressen, weil diese sind eher Privatpersonen als Firmen zuzuordnen sind.

Diesen für eine mangelnde Vorsicht sprechenden Gesichtspunkten steht allerdings gegenüber, dass die vorgebliche Mieterseite als seriöser Geschäftspartner aufgetreten ist. Sie hat glaubhaft ein branchenübliches Szenario der Anmietung von Baumaschinen inszeniert. Die von der Klägerin ergriffenen Vorsichtsmaßnahmen, wie die erfolgreiche Anforderung eines Vorschusses, die Einholung eines Briefbogens, der den Schluss auf eine B. Zweigniederlassung der Firma AA. zulässt, die Bonitätsanfrage, die Rückfrage nach dem Arbeitsbeginn sowie die Kontrolle des Einsatzortes durch einen Mitarbeiter zum behaupteten Arbeitsbeginn stehen einem deutlichen Unterschreiten des als vertragsgemäß vorausgesetzten Standards an Sicherheit gegenüber der Diebstahls- und Unterschlagungsgefahr im Sinne grober Fahrlässigkeit letztlich entgegen.

(3) Der Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten ergibt sich dem Grunde nach aus § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB (Erfüllungsverweigerung).

Die Beklagte hatte vor Beauftragung der Klägervertreter eine Regulierung bereits zweimal abgelehnt.

Die Anspruchshöhe richtet sich nach der Höhe der Ersatzleistung.

(C) Gemäß § 10 Ziff. 8 der ABMG 92 hat die Beklagte den Zeitwert der gestohlenen Baumaschinen zu ersetzen.

Der Zeitwert ergibt sich gemäß § 9 Ziff. 2 Abs. 2 ABMG 92 aus dem Versicherungswert der versicherten Sache durch einen Abzug entsprechend ihrem insbesondere durch den Abnutzungsgrad bestimmten Zustand.

Nach § 4 Ziff. 1 ABMG 92 richtet sich der Versicherungswert nach dem Listenpreis und sofern dieser fehlt nach dem Kaufpreis.

Die Klägerin berechnet ihre Forderung nach dem Händlernettoeinkaufspreis verringert um den Grad der Abnutzung auf Betriebsstundenbasis nach einem computergestützten Bewertungssystem. Dieses trägt der Ausstattung und dem Zubehör Rechnung, legt aber nicht offen, ob linear oder degressiv abgewertet wird.

Die Beklagte hat die klägerseits behaupteten Werte gestützt auf ein eigenes Sachverständigengutachten bestritten. Dieses Sachverständigengutachten lässt - so weit erkennbar - Ausstattung und Zubehör unberücksichtigt. Es berechnet den Zeitwert arithmetisch degressiv.

Aus eigener Sachkunde vermag der Senat die Höhe des jeweiligen Händlernettoeinkaufspreises, verringert um die jeweilige Abnutzung der Baumaschinen nicht zu beurteilen sei. Es ist deshalb, entsprechend dem Antrag der Klägerin, Beweis zu erheben.

III.

Die Revision wird im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Abgrenzung zwischen versicherter Unterschlagung und unversichertem Betrug zugelassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO)

Ende der Entscheidung

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