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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 26.07.2001
Aktenzeichen: 7 U 71/2001
Rechtsgebiete: VVG


Vorschriften:

VVG § 174
Ein Umwandlungsverlangen muß eindeutig erkennen lassen, daß der Versicherungsnehmer die Lebensversicherung auf Dauer prämienfrei stellen will.
Oberlandesgericht Stuttgart 7. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 7 U 71/2001

Verkündet am. 26. Juli 2001

In der Rechtssache

wegen Forderung

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 12.07.2001 unter Mitwirkung

des Vors. Richters am OLG Grämlich, des Richters am OLG Uebe und des Richters am LG Wetzel

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 20.02.2001 - 4 O 2220/00 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) 9.813,25 DM und an die Kläger zu 2) und 3) je 2.569,15 DM nebst 4 % Zinsen seit 11.01.2001 zu bezahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte im Rahmen der Versicherung "G Rente 1-A" mit der Versicherungsnummer verpflichtet ist, Versicherungsleistungen ab November 2000 zu erbringen und zwar die Waisenrente an die Kläger zu 2 und 3 bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres sowie die Witwenrente an die Klägerin zu 1.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert und der Wert der Beschwer der Beklagten betragen bis zu 30.000,-- DM.

Tatbestand:

Unter dem Datum vom 30.12.1996 richtete der Versicherungsnehmer folgendes Schreiben an die Beklagte, seinen Versicherer:

"Betr.: Lebens- und Rentenversicherung ...

Sehr geehrte Damen und Herren.

Aufgrund der momentan schlechten konjunkturellen Lage in der Bauwirtschaft ist es mir im Moment nicht möglich die Beiträge für o.g. Versicherung aufzubringen.

Ich schlage deshalb vor, die Versicherung auf zwei Jahre beitragsfrei zu setzen und den Ablauftermin aber zu belassen.

Bitte geben Sie mir die somit neu festzulegenden Konditionen an und setzen Sie die Versicherung sobald als möglich prämienfrei. Ich hoffe auf Ihr Verständnis und Ihr Entgegenkommen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

..."

Die Beklagte hat daraufhin die Versicherung umgewandelt und den Rückkaufswert erstattet. Der Versicherungsnehmer ist zwischenzeitlich verstorben. Die Kläger begehren die in der Versicherung zugesagte Rente.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestands wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Den Klägern stehen die geltend gemachten Ansprüche aus dem vom Versicherungsnehmer mit der Beklagten abgeschlossenen Versicherungsvertrag zu.

Das Versicherungsverhältnis ist nicht vor dem Eintritt des Versicherungsfalls erloschen. Ein Antrag auf Umwandlung der Lebensversicherung in eine prämienfreie Versicherung nach § 174 Abs. 1 VVG liegt nicht vor. Aus dem Schreiben des Versicherungsnehmers vom 30.12.1996 (Anl. K 3) ergibt sich nicht klar und eindeutig der Wille, dass die Versicherung auf Dauer in eine prämienfreie umgewandelt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 24.09.1995 - IV ZR 50/74, VersR 1975, 1089). Die Formulierung "setzen Sie die Versicherung sobald als möglich prämienfrei" kann nicht losgelöst von ihrem Sinnzusammenhang, wie er sich aus dem weiteren Inhalt des Schreibens ergibt, als ausdrückliches Umwandlungsverlangen verstanden werden. Der Versicherungsnehmer wollte die Versicherung nicht auf Dauer beitragsfrei stellen. Wie er in dem Schreiben ausführt, war es ihm aufgrund der momentan schlechten konjunkturellen Lage in der Bauwirtschaft im Moment nicht möglich, die Beträge für die Versicherung aufzubringen. Er unterbreitete deshalb der Beklagten den Vorschlag, die Versicherung für zwei Jahre beitragsfrei zu setzen und den Ablauftermin zu belassen. Ferner bat er um Angabe der "somit neu festzusetzenden Konditionen". Er wollte mithin die Versicherung nach Ablauf dieser Zeit fortführen.

Dem Schreiben läßt sich folglich nicht entnehmen, dass der Versicherungsnehmer entgegen dem Wortlaut und den mitgeteilten Gründen die Versicherung auf Dauer einfrieren wollte. Dem entspricht, dass die Beklagte in ihrem Antwortschreiben vom 22.01.1997 (Anl. K 4) selbst zunächst nicht von einem Antrag des Versicherungsnehmers auf endgültige Befreiung von der Zahlungslast ausgegangen ist. Sie hat vielmehr angenommen, dass die Versicherung zwei Jahre prämienfrei gestellt werden solle. Zu Beginn des Schreibens wird das Begehren des Versicherungsnehmers, "daß ... [die] Versicherung für zwei Jahre beitragsfrei" gestellt werden soll, wiederholt, und nach der Mitteilung, daß eine prämienfreie Mindestrente nicht vorhanden sei, auf die Möglichkeit einer Prämienstundung hingewiesen. Ferner hat die Beklagte dem Versicherungsnehmer mit einem weiteren Schreiben vom selben Tag eine vorbereitete Stundungsvereinbarung übersandt. Sie hat also zunächst selbst auch noch eine weitere Erklärung ihres Versicherungsnehmers für erforderlich gehalten.

Fehlt es an einem eindeutigen Umwandlungsverlangen des Versicherungsnehmers, besteht der Versicherungsvertrag unverändert fort. Ob der Versicherungsnehmer mit einer seitens der Beklagten eventuell in der Folgezeit angebotenen Umwandlung (Schreiben vom 21.02.1997, Anl. B 4; Schreiben vom 14.03.1997, Anl. B 5, B 6) einverstanden gewesen sein sollte, wäre unerheblich (dazu auch BGH, Urteil vom 23.06.1993 - IV ZR 37/92, VersR 1994, 39 unter 2 a).

Eine Umwandlung des Versicherungsverhältnisses hat auch nicht nach § 175 VVG stattgefunden, weil das Verfahren nach § 39 VVG unstreitig nicht durchgeführt wurde (vgl. dazu BGH, Urteil vom 24.09.1975 aaO).

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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