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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 29.04.2003
Aktenzeichen: 8 W 135/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1906
1. Eine Unterbringung durch den Betreuer (§ 1906 BGB) zur Verhinderung einer Selbstschädigung infolge psychischer Erkrankung setzt voraus, dass der Betreute krankheitsbedingt seinen Willen nicht frei bestimmen kann, er also außerstande ist, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen.

2. Alkoholismus rechtfertigt eine Unterbringung regelmäßig nur dann, wenn dieser im ursächlichen Zusammenhang mit einem geistigen Gebrechen, insbesondere einer psychischen Erkrankung, steht oder ein auf den Alkoholmissbrauch zurückzuführender Zustand eingetreten ist, der das Ausmaß eines geistigen Gebrechens erreicht hat.


Oberlandesgericht Stuttgart - 8. Zivilsenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 8 W 135/03

vom 29. April 2003

In dem Unterbringungsgenehmigungsverfahren

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

des Richters am Oberlandesgericht Dr. Müller-Gugenberger des Richters am Oberlandesgericht Grüßhaber und der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Zeller-Lorenz

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 12. März 2003 aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1. Der Betroffene ist marokkanischer Staatsangehöriger, der etwa seit 1986 in Heilbronn lebt, seit 1988 als anerkannter Asylbewerber. Ausweislich der Angaben im nervenfachärztlichen Gutachten vom Nov.1996 wurde er 1992 erstmals wegen einer manifesten paranoiden Schizophrenie im ZfP W. behandelt; an anderer Stelle ist als Beginn seiner psychischen Erkrankung 1984 angeben bzw. "seit 20 Jahren". Außerdem leidet der Betroffene seit jener Zeit zunehmend an sekundärem Alkoholismus. Neben wiederholten Suizidversuchen war es zu mehrfachen Zwangseinweisungen nach UBG gekommen.

Anlässlich des 10. stationären Aufenthalts im ZfP W. im November 1996 hat das Notariat - Vormundschaftsgericht - Heilbronn unter Einholung des genannten Gutachtens durch Beschluss vom 8.11.1996 im Einverständnis des Betroffenen eine Betreuerin mit umfassenden Aufgabenbereichen bestellt, darunter auch die Ausübung der Gesundheitsfürsorge und des Aufenthaltsbestimmungsrechts einschließlich freiheitsentziehender Maßnahmen. Durch Beschluss vom 15.4.2002 hat das Notariat die Betreuerbestellung bis April 2007 verlängert. Durch weiteren Beschluss vom 23.10.2002 hat das Vormundschaftsgericht anstelle der bisherigen Betreuerin den jetzigen Betreuer ohne Änderung seines Aufgabenbereichs bestellt.

Ergänzend hat das Amtsgericht Heilbronn - jeweils unter Einholung mündlicher Sachverständigengutachten - durch Beschluss vom 19.12.1996 einen weitreichenden Einwilligungsvorbehalt angeordnet, den es durch Beschluss vom 18.12.1998 in eingeschränkterem Umfange bis Dezember 2003 verlängert hat.

Nachdem der Betroffene sich wiederholt freiwillig im ZfP hatte behandeln lassen, hat das Amtsgericht auf Antrag der (damaligen) Betreuerin nach Einholung eines mündlichen Gutachtens durch Beschluss vom 8.8.2001 die Unterbringung gemäß § 1906 Abs. 1 BGB für ca. 6 Wochen genehmigt.

2. Am 16.9.2002 ist der Betroffene von der Polizei wegen Belästigung einer Minderjährigen erneut in das ZfP W. verbracht worden. Nach Widerruf seiner anfänglichen Bereitschaft zur freiwilligen Behandlung (und wiederholtem kurzfristigem Entweichen) hat die Richterin des Amtsgerichts auf Betreuerantrag (Bl. 82 / 88) nach Einholung eines mündlichen Gutachten von Dr. S. (Bl. 94 f) durch Beschluss vom 11.11.2002 die geschlossene Unterbringung des Betroffenen für 3 Monate (bis 10. Februar 2003) genehmigt (Bl. 98 ff. d.A.).

Unter dem 16./17.1.2003 beantragte der Betreuer, eine Verlängerung der geschlossenen Unterbringung zu genehmigen. Nach persönlicher Anhörung des Betroffenen und Einholung einer ärztlichen Stellungnahme von Dr. S. genehmigte der Amtsrichter durch Beschluss vom 17.2.2003 die Verlängerung der geschlossenen Unterbringung bis zum 6.2.2004. Auf die vom Verfahrenspfleger eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht - nach Anhörung des Betroffenen durch die Kammer und Einholung eines mündlichen Gutachtens des Stationsarztes Dr. S. - durch Beschluss vom 12. März 2003 dahin entschieden, dass das Rechtsmittel des Betroffenen zurückzuweisen sei mit der Maßgabe, dass die Unterbringung auch in einer anderen gleichgeeigneten Einrichtung zulässig sei.

Gegen diesen landgerichtlichen Beschluss wendet sich der Betroffene mit der vom Verfahrenspfleger eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde vom 25./27. März 2003, mit der er rügt, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine geschlossene Unterbringung lägen derzeit nicht vor; angesichts des derzeitigen Zustands der Psychose sei eine geschlossene Unterbringung als Maßnahme gegen den Alkoholismus nicht zulässig, zumal der Betroffene seit 1 Monat "trocken" sei. Der Betreuer hat sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr geäußert.

II.

Das im Namen des Betroffenen eingelegte weitere Rechtsmittel des Verfahrenspflegers ist als Rechtsbeschwerde statthaft (§ 27 Abs. 1 FGG) und auch im übrigen zulässig.

Es hat insoweit Erfolg, als die landgerichtliche Beschwerdeentscheidung der rechtlichen Überprüfung nicht standhält, weshalb sie aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Erstbeschwerdegericht zurückzuverweisen war.

1. Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf die Angaben des medizinischen Sachverständigen im Anhörungstermin ausgeführt, dass die beim Betroffenen vorliegende psychische Erkrankung derzeit "zufriedenstellend" sei und für sich genommen keine Unterbringung rechtfertige; ein Unterbringungsgrund sei jedoch deshalb zu bejahen, weil die Gefahr bestehe, dass der Betroffene sich aufgrund dieser Krankheit einen erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügen werde, indem der Betroffene nach Entlassung alsbald wieder unkontrolliert Alkohol zu sich nehmen und daraufhin verwahrlosen werde. Die Kammer hat weiter ausgeführt, man könne zwar durchaus die Ansicht vertreten, dass diese drohende Gefährdung noch nicht die Schwelle des nach § 1906 BGB erforderlichen "erheblichen" Gesundheitsschadens überschreite mit der Folge, dass man die für den Fall einer sofortigen Entlassung beim Betroffenen prognostizierte Situationsveränderung eigentlich bis zum Eindruck eines klaren gesundheitlichen Schadens hinnehmen müsse. Weiter heißt es:

"Anders ausgedrückt, könnte die Meinung vertreten werden, man müsse es zulassen, dass sich der Betroffene durch seinen Alkoholismus bis an die Grenze der Lebensgefahr ruiniere, um eingreifen zu können. Die Kammer ist anderer Meinung und hält eine Unterbringung im vorliegenden Fall für zulässig, weil nach ihrer Ansicht eine längerfristige Unterbringung des Betroffenen die einzige Chance darstellt, Krankheits- und Behandlungseinsicht bei ihm zu wecken und durch den Versuch einer Heimunterbringung ihm die Vorteile eines nicht mehr selbst zu bestimmenden Lebens in seiner Situation vor Augen zu führen. Erst wenn er bewiesen hat, unter solchen Bedingungen längerfristig abstinent und absprachefähig zu sein, könnte sich für ihn wieder die Chance einer Eingliederung in den Arbeitsprozess und eines weitgehend selbst bestimmten Lebens eröffnen. Die Chance sollte dem Betroffenen zu seinem Wohl dadurch gegeben werden, dass er gezwungen wird, ein weiteres Jahr im Klinikum, besser noch in einer gleichgeeigneten Einrichtung unter Behandlung und Betreuung zu verbleiben. Seine Verlegung in ein geschlossenes Heim ist daher vordringlich zu betreiben, zumal für den Betroffenen zur Zeit keine Wohnung zur Verfügung steht."

2. Diese Ausführungen der Kammer tragen die ausgesprochene Genehmigung einer Unterbringung in einer geschlossenen Station für ein (weiteres) Jahr nicht. Das Landgericht hat die rechtlichen Voraussetzungen des § 1906 Abs. 1 BGB, wie sie für die vorliegende Fallgestaltung durch obergerichtliche Rechtsprechung präzisiert worden sind, nicht ausreichend geprüft und ist dadurch auch seiner Pflicht zur Ermittlung der Tatsachen (§ 12 FGG) - trotz Anhörung des Beschwerdeführers in voller Kammerbesetzung - nicht im erforderlichen Maße nachgekommen. Die Entscheidung spricht zudem durchweg nur von "§ 1906 BGB" und lässt eine Differenzierung danach, ob die Unterbringung wegen Selbstgefährdung (Abs. 1 Nr. 1) oder zur Heilbehandlung (Abs. 1 Nr. 2) erfolgen soll, vermissen. Auch das Sachverständigengutachten, das Stationsarzt Dr. S. ausweislich des Protokolls anlässlich der Anhörung des Betroffenen erstattet hat, rechtfertigt - wie die Rechtsbeschwerde zutreffend geltend macht - für sich allein die Unterbringungsgenehmigung noch nicht.

Andererseits ist es auch nicht zu rechtfertigen, die vom Amtsgericht ausgesprochene Unterbringungsgenehmigung aufzuheben, weil es nach Aktenlage nicht fern liegt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Genehmigung einer Unterbringung wegen Selbstgefährdung doch gegeben sind. Das Gleiche gilt für die Voraussetzungen der Alternative einer Unterbringung zur Heilbehandlung, die von der Kammer möglicherweise bejaht wird, ohne dass die letzte Äußerung des Sachverständigen dafür eine tragfähige Basis bildet.

a) Das Problem der Behandlung von Alkoholkranken und ihrer zwangsweisen Unterbringung hat zu einer langen Reihe von höchstrichterlichen und obergerichtlichen Entscheidungen geführt, durch die Maßstäbe entwickelt worden sind, an denen die - im Einzelfall immer schwierige - Abwägung zwischen Selbstbestimmung und Zwang vorzunehmen ist. Die Ausführungen der Kammer genügen diesen Maßstäben nicht im erforderlichen Umfang.

aa) Das Vormundschaftsgericht muss dem Antrag eines Betreuers, dem das Aufenthaltsbestimmungsrecht zusteht, auf Unterbringungsgenehmigung entsprechen, solange sie zum Wohle des Betreuten jedenfalls deshalb erforderlich ist, weil auf Grund der psychischen Krankheit des Betreuten die konkrete Gefahr besteht, dass er sich erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt (§ 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Eine solche Unterbringung zur Verhinderung einer Selbstschädigung infolge psychischer Erkrankung setzt voraus, dass der Betreute krankheitsbedingt seinen Willen nicht frei bestimmen kann (BayObLGZ 1993,18 = FamRZ 1993, 600; BayObLG FamRZ 1998,1327 = NJW-RR 1998,1014; BayObLGRep 1999,52 = FamRZ 1999,1306; OLG Hamm DAVorm 1997,55; BtPrax 2001,40). Dieses Erfordernis ergibt sich nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes, sondern beruht auf dessen verfassungskonformer Auslegung (BayObLG NJWE-FER 2001,150).

Denn der Staat hat von Verfassungs wegen nicht das Recht, seine erwachsenen und zur freien Willensbestimmung fähigen Bürger zu erziehen, zu bessern oder zu hindern, sich selbst gesundheitlich zu schädigen; die grundgesetzlich garantierte Freiheit der Person stellt ein so hohes Rechtsgut dar, dass sie nur aus besonders wichtigem Grund angetastet werden darf (vgl. BVerfGE 22,180,219; 58,208,224 = NJW 1982,691,692; NJW 1998, 1774, 1775; vgl. auch BGHZ 145,297 bzgl. ambulanter Zwangsmedikation, OLG Hamm BtPrax 2003, 42 bzgl. Zwangseinweisung in ein Altersheim). Dies steht im Einklang mit der ständigen (in jüngerer Zeit nicht veröffentlichten) Senatsrechtsprechung (vgl. Senat NJW 1974,2059; Die Justiz 1974,474).

Zu einer freien Willensbestimmung nicht fähig ist, wer außerstande ist, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen (OLG Hamm DAVorm 1997,55). Dabei reicht es aus, dass der Ausschluss der freien Willensbestimmung partiell die Umstände betrifft, aus denen sich die Unterbringungsnotwendigkeit ergibt; bei einem Alkoholkranken kann dies angenommen werden, wenn er gegenüber seiner Erkrankung völlig unkritisch und deshalb nicht in der Lage ist, seinen Alkoholgenuss in freier Willensbestimmung zu steuern und so einen Rückfall in den Alkoholmissbrauch, der zu weiteren Schädigungen führen müsste, zu vermeiden (BayObLGZ 1993, 18; BayObLG NJWE-FER 2001, 150)

bb) In der Rechtsprechung ist weiterhin anerkannt, dass Alkoholismus (Trunksucht) für sich allein betrachtet keine psychische Krankheit bzw. geistige oder seelische Behinderung im Sinne von § 1906 Abs. 1 BGB ist, so dass allein darauf in der Regel die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Unterbringung nicht gestützt werden kann (BayObLG FamRZ 1994, 1617 = BtPrax 1994, 211; FamRZ 1998, 1327; FamRZ 1999,1306; OLG Hamm BtPrax 2001, 40; OLG Schleswig BtPrax 1998,185 = NJW 1999,874; vgl. auch Alperstedt BtPrax 2000, 95ff, 150 f; G.Schmidt BtPrax 2001,188,191). Etwas anderes gilt nur, wenn der Alkoholismus entweder im ursächlichen Zusammenhang mit einem geistigen Gebrechen, insbesondere einer psychischen Erkrankung, steht oder ein auf den Alkoholmissbrauch zurückzuführender Zustand eingetreten ist, der das Ausmaß eines geistigen Gebrechens erreicht hat (BayObLG aaO; OLG Naumburg OLGRep 2002,468). b) Hier ergibt sich das Vorliegen einer geistigen Erkrankung in Gestalt einer langjährigen manifesten Psychose in der geforderten Eindeutigkeit aus den Akten, insbesondere aus den früheren ärztlichen Gutachten. Nach den Angaben des Sachverständigen Dr. S. ist diese Erkrankung jedoch durch die - vom Betroffenen akzeptierte - Einnahme von Medikamenten soweit unter Kontrolle, dass sie eine Unterbringung nicht (mehr) rechtfertigt, weshalb der Schwerpunkt der erheblichen Gesundheitsgefährdung auf dem Alkoholismus und der davon möglicherweise ausgehenden Beeinträchtigung der freien Willensbestimmung liegt.

aa) Verleugnet der Betreute etwa seine Alkoholabhängigkeit und ignoriert oder vergisst selbst Rückfälle in jüngerer Zeit, so dass er die aus dem Alkoholkonsum folgende Gefahr nicht erkennen kann, fehlt ihm also insoweit jegliche Krankheitseinsicht, dann fehlt ihm die Fähigkeit, seinen Alkoholgenuss selbstverantwortlich zu steuern und einen alsbaldigen Rückfall in lebensbedrohliche Zustände zu vermeiden (BayObLG NJWE-FER 2001,150). Dabei kann auch die Gefahr einer akut drohenden Verwahrlosung beachtlich sein (OLG Naumburg aaO), wobei deren Erheblichkeit mit konkret festgestellten Tatschen belegt sein muss (OLG Hamm BtPrax 2001,40). Ob der Betreute hinsichtlich des Alkoholismus therapiefähig ist, ist für eine Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB - anders als nach Nr. 2 - keine notwendige Voraussetzung; es genügt die Verhinderung der erheblichen Gesundheits- bzw. Lebensgefährdung. Unter diesen engen Voraussetzungen kann - unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit - letztlich auch ein "Wegsperren" des Betroffenen zu seinem Wohle zulässig sein (vgl. BayObLGZ 1993, 18; NJW-FER 2001,150,151).

bb) Auch wenn die Würdigung von Sachverständigengutachten grundsätzlich zur Aufgabe der Tatsacheninstanz gehört, ist im Rechtsbeschwerdeverfahren zu prüfen, ob das vorliegende Gutachten sich zu den Tatsachen in ausreichendem Maße äußert, die rechtliche Voraussetzung einer Unterbringungsgenehmigung sind. Insbesondere bedarf es einer eindeutigen Stellungnahme des Sachverständigen zur Frage, ob und inwieweit der Betroffene krankheitsbedingt gehindert ist, seinen Willen frei zu bestimmen (vgl. BayObLGRep 1995,31 = FamRZ 1995,695; FamRZ 1998, 1327,1328).

Die Äußerung des Sachverständigen, er erwarte als sicher, dass der Betroffene "in Freiheit sofort wieder zur Flasche greift und dann alsbald wieder hier eingeliefert werden muss", gibt zwar einen Hinweis auf die Möglichkeit, es fehle an der erforderlichen Fähigkeit zur freien Willensbestimmung, lässt aber die gebotene Eindeutigkeit ebenso wie konkrete Angaben über das Maß der Gefährdung vermissen. Auch wenn Bezugnahmen auf frühere Gutachten (wie die beiden dem Amtsgericht erstatteten Gutachten) nicht ausgeschlossen sind, hält es der Senat angesichts der hohen rechtlichen Anforderungen an eine - zumal längerfristige - Freiheitsentziehung hier nach § 12 FGG für notwendig, ein ausführliches (schriftliches) nervenfachärztliches Gutachten einzuholen, das eine hinreichende tatsächliche Grundlage hinsichtlich des aktuellen Stands der Psychose und des Alkoholismus mit seinen konkreten Gefährdungen für die Gesundheit des Betroffenen abgibt, die der Kammer eine tragfähige Entscheidung in der einen oder anderen Richtung ermöglicht. Auch für eine - von der Kammer offenbar erwogene - Unterbringung zur Heilbehandlung (Abs. 1 Nr. 2) bedürfte es konkreter Aussagen des Sachverständigen über die Aussichten einer solchen Behandlung.

c) Bei der - unverzichtbaren - Prüfung, ob es zur Freiheitsentziehung weniger einschneidende Alternativen gibt, gehört auch die Frage, ob der Betreuer im Rahmen der Aufgabenkreise "Aufenthaltsbestimmung" und "Gesundheitsfürsorge" nicht auch die Voraussetzungen einer Rückkehr des Betroffenen in seine Heimat zu klären hat. Nachdem der Betroffene zumindest in seiner richterlichen Anhörung vom 7.8. 2001 angesichts einer drohenden Unterbringung geäußert hat, er wolle jetzt zurück nach Marokko, könnte die Rückkehr in eine moslemisch geprägte Gesellschaft, in der kein ungehinderter Zugang zum Alkohol besteht, angesichts langfristiger Freiheitsentziehungen eine echte Alternative zum Wohle des Betroffenen sein, zumal sich nach Kenntnis des Senats die politischen Verhältnisse in Marokko seit der Flucht des Betroffenen gebessert haben und auch die Tendenz zur sozialen Isolierung geringer sein dürfte.

3. Ungeachtet der Zurückverweisung gilt hinsichtlich der Gerichtskosten § 128 b KostO.

Ende der Entscheidung

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