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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 21.04.2009
Aktenzeichen: 8 W 155/08
Rechtsgebiete: HGB, BeurkG, ZPO, SigG


Vorschriften:

HGB n. F. § 12
BeurkG § 39a
ZPO § 371a
ZPO § 437
SigG § 2
Auch unter der Geltung von § 12 HGB n. F. ab 1. Januar 2007 kann eine Anmeldung zum Handelsregister durch eine öffentliche Behörde oder eine siegelberechtigte Körperschaft des öffentlichen Rechts durch diese selbst vorgenommen werden. Die nunmehr in elektronischer Form erforderliche Anmeldung kann dabei an Stelle der früher möglichen Einreichung einer öffentlichen Urkunde durch ein öffentliches elektronisches Dokument i. S. von § 371a Abs. 2 ZPO erfolgen, für das die besonderen Voraussetzungen gem. § 39a Satz 4 BeurkG nicht entsprechend gelten (Fortschreibung von BayObLGZ 1975, 227 und OLG Düsseldorf MittRhNotK 1997, 436).
Oberlandesgericht Stuttgart 8. Zivilsenat Beschluss

Geschäftsnummer: 8 W 155/08

21. April 2009

In der Handelsregistersache betreffend

wegen Eintragung einer Satzungsänderung ins Handelsregister

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Tolk, der Richterin am Oberlandesgericht Tschersich und des Richters am Oberlandesgericht Grüßhaber

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die weitere Beschwerde der Antragstellerin werden der Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 14.3.2008 und der Beschluss des Amtsgerichts - Registergericht - Ulm vom 30.1.2008 aufgehoben.

2. Die Sache wird an das Amtsgericht Ulm zur Entscheidung über den Eintragungsantrag der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zurückverwiesen.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gegenstandswert im Rechtsbeschwerdeverfahren: 3.000,-- €

Gründe:

I.

Die am 23.7.2007 von der Antragstellerin in elektronischer Form beantragte Eintragung einer Satzungsänderung ins Handelsregister hat das Amtsgericht unter anderem deswegen beanstandet, weil die gebotene Dokumentensignatur fehle.

Wegen Nichtbehebung des Mangels trotz Fristsetzung hierfür hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 30.1.2008 die Anmeldung zurückgewiesen. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass die Antragstellerin zur Fertigung einer gemäß § 12 HGB für die Eintragung erforderlichen öffentlichen Beglaubigung in elektronischer Form nicht berechtigt und sie der Aufforderung, sich an einen Notar zu wenden, nicht nachgekommen sei.

Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde der Antragstellerin, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat, hat das Landgericht mit Beschluss vom 14.3.2008 zurückgewiesen. Es ist der Begründung des Amtsgerichts im wesentlichen gefolgt.

Die Antragstellerin hat gegen die Entscheidung des Landgerichts durch ihren Bevollmächtigten am 8.4.2008 weitere Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 29.5.2008 begründet.

Sie macht geltend, ihre Anmeldungen vom 10.1.2007 und jedenfalls vom 23.7.2007 genügten der erforderlichen Form für eine elektronische Anmeldung gemäß § 12 HGB. Da sie als Kreissparkasse eine Körperschaft öffentlichen Rechts und deshalb gemäß §§ 23, 10 Sparkassengesetz Baden-Württemberg siegelberechtigt sei, könne sie eine Anmeldung zum Handelsregister anstelle der Einreichung in öffentlich beglaubigter Form auch durch Vorlage einer öffentlichen Urkunde vornehmen. Dies gelte gleichermaßen bei der nunmehr vorgeschriebenen Einreichung in elektronischer Form, wenn diese durch eine elektronische öffentliche Urkunde vorgenommen werde. Die besonderen Voraussetzungen für die Gewährleistung der Berechtigung eines Notars zur Siegelführung, wie sie § 39a BeurkG für die öffentliche Beglaubigung vorschreibe, würden für das bei einer öffentlichen Behörde erforderliche Behördenattribut nicht gelten. Dem entsprechend werde die Einreichung von Anmeldungen durch qualifiziert signierte elektronische öffentliche Dokumente von den Amtsgerichten Saarbrücken und Darmstadt problemlos akzeptiert.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts sowie auf das Vorbringen der Antragstellerin Bezug genommen.

II.

Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist gemäß §§ 27, 29 Abs. 1 FGG statthaft und auch sonst zulässig; insbesondere formgerecht eingelegt.

Es hat auch in der Sache Erfolg.

In § 12 Abs. 1 HGB n. F. ist für die ab 1.1.2007 für Anträge auf Eintragungen ins Handelsregister zwingend vorgeschriebene elektronische Einreichung zwar nur eine solche in öffentlich beglaubigter Form vorgesehen.

Für § 12 Abs. 1 HGB a. F., der bei Anmeldungen zum Handelsregister in Papierform ebenfalls nur die Einreichung einer öffentlich beglaubigten Anmeldung vorgesehen hatte, war jedoch obergerichtlich anerkannt, dass anstelle eines öffentlich beglaubigten Antrags die Einreichung durch öffentliche Urkunde zulässig war. Letztere hat nämlich eine gleichwertige Richtigkeitsgarantie, da eine öffentliche Beglaubigung als solche nur gewährleistet, dass die Unterschrift auf einer Urkunde vom angegebenen Aussteller stammt (BayObLGZ 75, 227; OLG Düsseldorf MittRhNotk 97, 436; s. auch BGHZ 45, 362).

Diese zu § 12 HGB a. F. ebenfalls vom Schrifttum gebilligte Auffassung wird, soweit ersichtlich, auch zu § 12 HGB n. F. im neueren Schrifttum gebilligt (Ensthaler, HGB, 7. Aufl., 2007, RN 4 a. E.; Röhricht/Graf von Westphalen Ammon/Ries, 3. Aufl., 2008, RN 7, je zu § 12 HGB n. F.).

Dem folgt der erkennende Senat.

Nachdem der Gesetzgeber bei der Neufassung von § 12 HGB für die nunmehr zwingend vorgeschriebene Einreichung eines Eintragungsantrags in elektronischer Form wiederum nur die in der bisherigen Vorschrift vorgesehene Vorlage eines Antrags in öffentlich beglaubigter Form übernommen hat, sind keine durchgreifenden Gründe dafür erkennbar, dass damit die bislang von der obergerichtlichen Rechtsprechung alternativ als zulässig angesehene Einreichung einer öffentlichen Urkunde nicht mehr zulässig sein soll. Insoweit gilt, wie bislang, dass durch eine öffentliche Beglaubigung nur besonders gesichert wird, dass eine Urkunde vom wahren Aussteller unterzeichnet ist. Dieser Zweck wird jedoch bei einer öffentlichen Urkunde, die durch eine öffentliche Behörde bzw. durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts in den Grenzen ihrer Amtsbefugnis in der vorgeschriebenen Form aufgenommen worden ist, in gleicher Weise erreicht. Das gilt auch insoweit, als eine entsprechende Urkunde auf dem Gebiet des Privatrechts erstellt wird (BGH, a.a.O.).

Durchgreifende Bedenken gegen die Anwendung dieser Grundsätze ergeben sich nicht unter dem Gesichtspunkt, dass der Gesetzgeber für die in § 12 HGB vorgesehene Einreichung eines Antrags in öffentlich beglaubigter Form, die den Notaren vorbehalten ist, in § 39a BeurkG besondere Gewährleistungen vorgesehen hat. Die für eine wirksame elektronische Einreichung erforderliche Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur (§ 39a S. 2 und 3 BeurkG) ersetzt nur die Unterschrift des Notars. Daneben muss gemäß § 39a S. 4 BeurkG mit dem elektronischen Dokument eine Bestätigung der Notareigenschaft durch die zuständige Stelle verbunden werden, die das bei der früheren Einreichung in Papierform erforderliche Siegel ersetzt (so schon Malzer, DNotZ 00, 169, 182 ff). Als zuständige Stelle für dieses Zeugnis ist die Notarkammer bestimmt worden, wodurch gewährleistet wird, dass bei Erlöschen der Notareigenschaft das spezielle Zeugnis beim Signaturdienst wieder entfällt, was bei der Überprüfung einer elektronisch eingereichten notariellen Beglaubigung bei diesem festgestellt werden kann.

Solche zusätzlichen Sicherheiten sind demgegenüber für elektronische öffentliche Urkunden nicht vorgesehen. In § 371a Abs. 2 ZPO ist bestimmt, dass auf elektronische Dokumente, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form erstellt worden sind (öffentliche elektronische Dokumente), die Vorschriften über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden Anwendung finden. Ist das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen, gilt § 437 ZPO entsprechend. Das verwendete Zertifikat ermöglicht die Feststellung, welcher Mitarbeiter der Behörde das öffentliche elektronische Dokument mit welchem Inhalt erstellt hat (vgl. Stein/Jonas/Berger, 22. Aufl., RN 23 zu § 371a ZPO). Insoweit hat der Gesetzgeber schon im Gesetzgebungsverfahren darauf hingewiesen, dass Dienstsiegel elektronisch dargestellt werden können (BT-Drucks. 15/4067, 35). § 2 Abs. 3 SigG sieht die Möglichkeit zusätzlicher Angaben (Zertifikatattribute) vor, ohne dass für Behördenattribute im Gesetz ausdrücklich weitere Voraussetzungen geregelt sind.

Besondere Gefahren bei Verwendung eines Behördenattributs im Vergleich zur gesetzlichen Regelung bei einer öffentlichen Beglaubigung durch einen Notar sind nicht zu erkennen. Eine qualifizierte elektronische Signatur, die bei einer öffentlichen Behörde oder Körperschaft des öffentlichen Rechts für einen bestimmten Amtsträger in Verbindung mit einem Behördenattribut erteilt wird, ist von der Zertifizierungsstelle erst nach der Prüfung zuzulassen, ob die Behörde oder Körperschaft der Signaturerteilung mit ihrem Attribut zugestimmt hat. Sollte die Befugnis des Amtsträgers zur Verwendung der Signatur erlöschen, steht hinter diesem die Behörde bzw. Körperschaft, die der die Signatur erteilenden Stelle - dem Signaturdienst - das Erlöschen der Signaturberechtigung mitteilen kann. Deshalb bedarf es für einen öffentlichen Amtsträger nicht zwingend der Einschaltung einer weiteren öffentlichen Stelle, wie sie für einen Notar als Privatperson durch die Einschaltung der Notarkammer vom Gesetzgeber bestimmt worden ist.

Auf die weitere Beschwerde waren deshalb die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zur Entscheidung über den Eintragungsantrag der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zurückzuverweisen.

Gemäß § 131 Abs. 1 KostO ergeht die vorliegende Entscheidung gerichtsgebührenfrei. Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist mangels gegnerischer Beteiligter im Eintragungsverfahren nicht veranlasst.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 33 RVG.

Ende der Entscheidung

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