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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 14.12.2004
Aktenzeichen: 8 W 313/04
Rechtsgebiete: BGB, GG, EMRK, FGG


Vorschriften:

BGB § 1748 Abs. 4
BGB § 1748 Abs. 1
GG Art. 6
EMRK Art. 8
FGG § 50 FGG
1. Um eine mit Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht mehr zu rechtfertigende Ungleichbehandlung des nichtehelichen Vaters mit einem mit der Kindsmutter verheirateten oder von ihr geschiedenen Vater auszuschließen und dem Elternrecht des leiblichen Vaters gerecht zu werden, darf gemäß § 1748 Abs. 4 BGB die Einwilligung des Vaters nur dann ersetzt werden, wenn bei Unterbleiben der Adoption ein gegenüber den zu schützenden Interessen des Vaters besonders großer Nachteil für das Kindeswohl eintreten würde. Insoweit kann auf die zum Begriff des unverhältnismäßigen Nachteils in § 1748 Abs. 1 BGB entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden ( Anschluss BayObLG FamRZ 2002, 486 = NJW-RR 2002, 433; Abweichung zu OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 573).

2. Ein eigener Verfahrenspfleger für das Kind ist nicht erforderlich im Sinn des § 50 Abs. 1, Abs. 3 FGG, wenn seine Interessenwahrung anderweitig - zum Beispiel durch das Jugendamt - sichergestellt ist.


Oberlandesgericht Stuttgart - 8. Zivilsenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 8 W 313/04

vom 14. Dezember 2004

In der Adoptionssache

wegen Ersetzung der Einwilligung

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Bräuning, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Zeller-Lorenz und den Richter am Oberlandesgericht Rast

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige weitere Beschwerde des leiblichen Vaters gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 30. Juli 2004 wird

zurückgewiesen.

2. Der leibliche Vater hat den Annehmenden die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

3. Der Beschwerdewert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Das Kind L. wurde am 20.11.1997 als nichteheliches Kind von W. und M. geboren. Bereits fünf Tage nach seiner Geburt kam das Kind zum Ehepaar H. zur Pflege. Die leibliche Mutter behielt das alleinige Sorgerecht für das Kind.

Bezüglich früherer Verfahren wegen einer Verbleibensanordnung in der Pflegefamilie und insbesondere zur Regelung der Umgangsrechte, der Beteiligung des leiblichen Vaters des Kindes an diesen Verfahren und die Probleme bei der Umsetzung der Umgangsrechte wird auf Ziffer I. der Gründe des Beschlusses des Amtsgerichts - Vormundschaftsgericht - Biberach vom 17. März 2003 verwiesen. Der letzte Umgangstermin mit den leiblichen Eltern des Kindes fand am 23.4.2002 statt.

Nachdem die leibliche Mutter am 6.2.02 in dem Verfahren wegen der Regelung des Umgangsrechts mit dem Kind L. erklärt hatte, dass sie sich eine Adoption des Kindes durch die Pflegeeltern vorstellen könne (Bl. 275 der Akte des Amtsgerichts Biberach, AZ: 2 F 776/00 (UG)), stellten die Pflegeeltern, die bereits ihre Tochter Mi., geboren am 6.12.1993, am 20.7.1995 adoptiert haben, am 9.9.2002 einen notariell beurkundeten Adoptionsantrag. Am gleichen Tag hat die Mutter ihre Einwilligung in der erforderlichen notariellen Form gegeben. Damit wurde gemäß § 1751 Abs. 1 BGB das Kreisjugendamt Biberach, dort Frau G., Vormund des Kindes, was durch Beschluss des Amtsgerichts - Vormundschaftsgericht - Biberach vom 30. September 2002, AZ: 8 XVI 5/2002, festgestellt wurde.

Mit Schreiben vom 21.9.2002 widersprach der leibliche Vater des Kindes der Adoption. Am 18.10.2002 wurden die Einwilligung zur Adoption und der Antrag auf Ersetzung der Einwilligung des Vaters M. zur Adoption notariell beurkundet. Beide Erklärungen hat Frau G. vom Kreisjugendamt Biberach als Vormund des Kindes L. abgegeben.

Nach Anhörung des Kindes L. durch das Vormundschaftsgericht am 20.1.2003, nach Anhörung beider Annehmenden am selben Tag, der Anhörung des leiblichen Vaters am 27.1.2003 und der leiblichen Mutter am 10.2.2003 ersetzte das Amtsgericht -Vormundschaftsgericht- Biberach mit Beschluss vom 17. März 2003 die Einwilligung des leiblichen Vaters gemäß § 1748 Abs. 4 BGB. Eine gravierende Pflichtverletzung oder Gleichgültigkeit gegenüber dem Kind sowie ein schweres Versagen im Sinn von § 1748 Abs. 1 BGB seien nicht zu erkennen. Bei umfassender Abwägung der Kindes- und Elterninteressen wäre aber das Unterbleiben der Annahme als Kind dem Kind L. unverhältnismäßig nachteilig.

Mit der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts äußerte der leibliche Vater des Kindes verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmung des § 1748 Abs. 4 BGB. Er rügte weiter, vor der Entscheidung durch das Amtsgericht sei keine sachverständige Begutachtung zu der Erforderlichkeit einer Adoption und der Frage des Eintritts eines unverhältnismäßigen Nachteils für das Kind im Fall des Unterbleibens der Adoption eingeholt worden. Er habe weiterhin als leiblicher Vater ein großes Interesse, dass L. ihre rechtliche Abstammung von ihm nicht verliere und er einen Rechtsanspruch auf Umgang mit ihr behalte bzw. erhalte. Mit einem Aufwachsen seines Kindes in der Pflegefamilie sei er bis auf weiteres einverstanden, um das Kindeswohl nicht zu gefährden. Da er sich immer korrekt verhalten habe, könne ihm die Vaterschaft nicht durch eine Adoption genommen werden.

Mit Schreiben vom 2.5.2003 nahm das Kreisjugendamt des Landratsamts Biberach als Vormund von L. zum Adoptionsverfahren Stellung und wies darauf hin, dass das Kind neben der Zuwendung und Geborgenheit "ihrer" Familie auch die Sicherheit benötige, dort bleiben zu können. Aufgrund eines Beweisbeschlusses des Landgerichts Ravensburg vom 23.10.2003 legte der Sachverständige Dr. Go. am 12.5.2004 sein Gutachten vom 6.5.2004 vor. Er wies darauf hin, dass eine Fortsetzung des derzeitigen rechtlichen Status von L. als Pflegekind mit gesichertem Verbleib in der Pflegefamilie und einem zumindest vorläufigen Ausschluss des Umgangsrechts der leiblichen Eltern aus psychologischer Sicht einem Adoptivkindstatus im wesentlichen gleichkomme. Es könne nicht vorhergesagt werden, ob ein Dauerpflegeverhältnis oder eine Adoption angesichts der damit verbundenen jeweiligen Vor- und Nachteile für das Wohl des Kindes besser wäre. Das sei eine juristische Frage. Nachdem die Beteiligten, darunter auch das Jugendamt als Vormund, zu dem Gutachten schriftlich Stellung genommen hatten und am 29.7.2004 vor dem Landgericht Ravensburg mündlich verhandelt worden war, wies das Landgericht mit Beschluss vom 30.7.2004 die sofortige Beschwerde des leiblichen Vaters zurück.

Gegen diesen, dem leiblichen Vater am 11.8.2004 zugestellten Beschluss hat dieser am 23.8.2004 sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Er rügt, dass das Kind L. vom Landgericht nicht persönlich angehört worden sei. Darüber hinaus habe sich das Landgericht mit dem Sachverständigengutachten nicht ausreichend auseinandergesetzt. Dieses Gutachten lasse einen unverhältnismäßigen Nachteil für das Kind nicht erkennen, wenn die Adoption unterbliebe. Der leibliche Vater wolle sein Kind derzeit nicht aus der Herkunftsfamilie herauslösen. Er wolle sich aber die Möglichkeit einer Rückführung offen lassen. Dies sei auch der Hintergrund seiner Anträge auf Umgangsrechte und Übertragung des Sorgerechts.

Die Annehmenden und das Landratsamt Biberach als Vormund des Kindes sind der weiteren Beschwerde entgegengetreten.

Mit der Akte des vorliegenden Adoptiverfahrens sind zugleich die Akten des AG Biberach bezüglich eines Verfahrens wegen einer Verbleibensanordnung (2 F 40/99) zweier Umgangsverfahren (2 F 776/00 und 5 F 945/03) und eines Sorgerechtsverfahrens (1 F 475/03) vorgelegt worden. Ihr Inhalt ist vom Senat berücksichtigt worden.

II.

Die weitere Beschwerde des leiblichen Vaters ist als Rechtsbeschwerde zulässig (§ 27 FGG). Sie hat jedoch im Ergebnis keinen Erfolg.

Die Entscheidung der Vorinstanz ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nur auf Rechtsfehler zu überprüfen (§§ 27 FGG, 546 ZPO). Als ein Rechtsfehler wäre es anzusehen, wenn das Landgericht gesetzliche Bestimmungen nicht oder nicht richtig angewandt, Denk- oder Erfahrungssätze verkannt oder wesentliche Umstände des Einzelfalls nicht aufgeklärt oder nicht berücksichtigt hätte. An verfahrensfehlerfrei getroffene tatsächliche Feststellungen des Landgerichts ist der Senat als Rechtsbeschwerdegericht dagegen gebunden. Hierzu gehört auch die Auslegung von Willenserklärungen sowie die Beweiswürdigung. Ein Rechtsfehler der Tatsacheninstanz ist schon zu verneinen, wenn die gezogene Schlussfolgerung zwar nicht zwingend, aber möglich ist, selbst wenn andere Schlussfolgerungen ebenso nahe oder näher liegen (Bassenge / Herbst / Roth FGG 9. Aufl. § 27 RN 12 ff.). Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Rechtsverletzung, wenn sie ohne diese anders ausgefallen wäre (Bassenge / Herbst / Roth a.a.O., RN 19).

Ein solcher Rechtsfehler, auf dem die Entscheidung beruht, ist hier nicht feststellbar.

1.

Das Landgericht hat das Kind im Beschwerdeverfahren nicht selbst angehört. Darin liegt aber im konkreten Fall keine Verletzung von Verfahrensrechten oder von subjektiven Rechten des Kindes oder des leiblichen Vaters.

Gemäß §§ 55c, 50b Abs. 1 FGG hat das Gericht das Kind im Adoptionsverfahren grundsätzlich persönlich anzuhören. Dies ist Ausfluss der Grundrechte sowohl des Kindes als auch der leiblichen Eltern (BVerfG NJW 1999, 631 = BVerfGE 99, 145; FamRZ 2002, 229). Aufgrund des mit dem Ersetzen der Einwilligung in die Adoption verbundenen Eingriffs in das grundgesetzlich geschützte Elternrecht und die Grundrechte des Kindes, das nicht zum Objekt staatlichen Handelns werden darf (Art. 1, 2 Abs. 1 GG), gilt diese Pflicht zur Anhörung aus §§ 55c,50b FGG für jede Tatsacheninstanz und damit auch für das Landgericht als Beschwerdegericht (BVerfG FamRZ 2002, 229; Senat FamRZ 1989, 1110; BayObLG FamRZ 1988, 871, 872). Aus schwerwiegenden Gründen kann jedoch gemäß § 50b Abs. 3 Satz 1 FGG im Einklang mit dem Verfassungsrecht (vgl. BVerfG a.a.O.) von einer Kindesanhörung ausnahmsweise abgesehen werden.

Das Landgericht hat in seiner Entscheidung zwar nicht dargelegt, welche Gründe der unterlassenen Anhörung zu Grunde liegen. Doch liegt darin kein Fehler, der zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führt. Denn schwerwiegende Gründe für das Unterlassen der persönlichen Anhörung liegen tatsächlich vor. Sie ergeben sich aus dem Inhalt der Akten: Das Kind war schon vom Amtsgericht am 20.1.2003 eingehend angehört und die Anhörung nebst dem Eindruck der vernehmenden Richterin protokolliert worden. Im Beschwerdeverfahren war das Kind durch den vom Gericht bestellten Sachverständigen befragt und exploriert worden (Seite 28 ff. des schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 6.5.2004). Nach den plausiblen Äußerungen der Pflegeeltern im vorliegenden Verfahren war und ist zu befürchten, dass eine erneute Anhörung des Kindes L. zur Frage, wo es auf Dauer verbleiben möchte und wie es sich seine Familie und seinen Umgang mit den leiblichen Eltern vorstellt, eine das Kind schwer belastende Unsicherheit in sein Leben hineinträgt. Nachdem unter den konkreten Umständen, nämlich durch die Beteiligung des gesetzlichen Vormunds am Verfahren, durch die Anhörung des Kindes in der ersten Instanz sowie durch die Anhörung und Untersuchung des Kindes durch den Gerichtssachverständigen am 9.1.04 der Kindeswille im Ersetzungsverfahren ausreichend deutlich wurde, war eine erneute persönliche Anhörung des Kindes durch das Gericht der zweiten Instanz für die Entscheidungsfindung nicht mehr zwingend geboten. Mit Rücksicht auf die mit einer solchen Anhörung verbundene weitere Verunsicherung des Kindes konnte hiervon gemäß § 50b Abs. 3 Satz 1 FGG abgesehen werden.

Auch gab es zwischen der Exploration des Gutachters im Januar und der Entscheidung des Landgerichts im Juli 04 keine Kontakte zwischen L. und ihrem leiblichen Vater. Veränderungen ihrer Einstellung zu ihm und/oder den Pflegeeltern waren nicht zu erwarten und sind auch nicht behauptet (vgl. BayObLG FamRZ 1988, 871, 873; BayObLGR 2004, 188).

2.

Das Verfahren vor dem Amts- und Landgericht leidet nicht daran, dass kein Verfahrenspfleger für das Kind gemäß § 50 Abs. 1 FGG bestellt wurde.

Der verfassungsrechtliche Grundrechtsschutz der Kinder und ihr Anspruch auf rechtliches Gehör erfordern eine Verfahrensgestaltung, die eine eigenständige Wahrnehmung der Kindesbelange sicherstellt. Stehen die Interessen der Eltern in einem Konflikt zu denen ihrer Kinder, muss diesen die Möglichkeit eingeräumt werden, ihr eigenes Interesse in einer den Anforderungen des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) entsprechenden Eigenständigkeit im Verfahren geltend zu machen. Dieses geschieht bei Kindern, deren Alter und Reife eine eigene Wahrnehmung ihrer Verfahrensrechte nicht erlaubt, durch einen Vertreter, den § 50 FGG als Verfahrenspfleger vorsieht (BVerfG NJW 1999, 631; OLG Celle FamRZ 2001, 1732). Ein eigener Verfahrenspfleger für das Kind ist jedoch dann nicht erforderlich im Sinn des § 50 Abs. 1, Abs. 3 FGG, wenn seine Interessenwahrung anderweitig zum Beispiel durch das Jugendamt sichergestellt ist (Bassenge / Herbst / Roth a.a.O. § 50 RN 3), auch wenn in Einzelfällen trotz des Tätigwerdens eines Verfahrensbevollmächtigten für das als gesetzlicher Vertreter tätige Jugendamt bzw. durch die Tätigkeit des Jugendamts selbst ein Verfahrenspfleger erforderlich sein kann (Bassenge / Herbst / Roth a.a.O.; Keidel / Kuntze / Winkler, FGG 15. Aufl., § 50 RN 32; a. A. OLG Köln, FamRZ 2001, 845: Pflegerbestellung grundsätzlich nicht entbehrlich). In vorliegendem Fall hat sich das Jugendamt als Vormund des Kindes mit seinen Stellungnahmen im Verfahren vor dem Amtsgericht und vor dem Landgericht beteiligt und als Vormund die Interessen des Kindes eingebracht. Es ist nicht erkennbar, dass sein bisheriges Tätigwerden einer Vertretung der Interessen des Kindes entgegenstünde. Vielmehr bestätigen die Angaben des Kindes gegenüber der Amtsrichterin und dem Gerichtssachverständigen den auch vom Jugendamt unterstützten Wunsch des Kindes, auf Dauer bei den jetzigen Pflegeeltern zu bleiben und auch hinsichtlich des Nachnamens die Stellung eines eigenen Kindes der Pflegeeltern zu erhalten. Auch die Verfahrenspflegerin des Kinds in einem früheren Verfahren unterstützt die eingeleitete Adoption nachdrücklich. Insoweit wird auf deren Stellungnahme vom 7.10.2002 in dem Verfahren vor dem Amtsgericht Biberach zur Regelung des Umgangs mit dem Kind (Bl. 283 der beigezogenen Akten des AG Biberach, AZ: 2 F 776/00 (UG)) verwiesen.

Der Senat hat deshalb keinen Zweifel daran, dass aufgrund der konkreten Verfahrensgestaltung durch das Amts- und Landgericht die Wahrnehmung der Interessen des Kindes so umfassend sichergestellt wurde, dass von der Bestellung eines Verfahrenspflegers in zweiter Instanz abgesehen werden konnte (vgl. BayObLG FamRZ 1999, 1154).

3.

Der Senat lässt dahin stehen, ob die vom Landgericht genannten Gründe für eine Ersetzung der Einwilligung des leiblichen Vaters in die Adoption nach § 1748 Abs. 1 Satz 1 BGB ausreichen. Denn es liegen, worauf sich bereits das Amtsgericht Biberach in seiner Entscheidung in erster Instanz gestützt hat, Gründe vor, die die Ersetzung nach § 1748 Abs. 4 BGB rechtfertigen.

a) Nach § 1748 Abs. 4 BGB ist die Einwilligung des Vaters zu ersetzen, wenn das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde. Ein Fehlverhalten des Vaters (Pflichtverletzung oder Gleichgültigkeit) ist - im Unterschied zur Regelung in § 1748 Abs. 1 BGB - nicht Voraussetzung für die Ersetzung; Absatz 4 verdrängt in seinem Anwendungsbereich den Absatz 1 (BayObLGR 2004, 212; NJW-RR 2002, 433).

b) Diese Norm tangiert sowohl die Grundrechte des Kindes aus Art. 6 GG und das Grundrecht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit (Art. 1, 2 Abs. 1 GG) als auch das Grundrecht des leiblichen Vaters aus Art. 6 Abs. 2 GG auf ein Zusammensein mit seinem Kind. Darüber hinaus regelt Art. 8 EMRK eine Begrenzung der Eingriffsbefugnisse in das Familienleben einer Person. Zwar werden gegen die gesetzliche Regel des § 1748 Abs. 4 BGB verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht (vgl. Staudinger-Frank BGB 13. Aufl., Bearbeitung 2001 § 1748 RN 59). Doch erlaubt diese Norm eine menschenrechts- und grundrechtskonforme Auslegung mit der Folge, dass ihrer Anwendung keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Hindernisse entgegenstehen.

§ 1748 Abs. 4 BGB verstößt weder gegen Art. 3 GG noch gegen Art. 6 Abs. 2 GG.

Ausgangspunkt der ungleichen Behandlung von Vätern, auf die § 1748 Abs. 4 Anwendung finden kann, zu anderen Vätern ist die Regelung in § 1626a Abs. 2 BGB, die bei nicht verheirateten Eltern grundsätzlich allein der Mutter die elterliche Sorge zuweist. Die Vorschrift ist verfassungskonform (BVerfG NJW 2003, 955). Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie hier - zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes die beiden Elternteile nicht in häuslicher Gemeinschaft gelebt und das Kind nicht gemeinsam betreut haben. Zwar sind Mutter und Vater eines nichtehelichen Kindes Träger des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG. Die Einbeziehung aller Eltern in den Schutzbereich dieser Grundrechtsnorm bedeutet jedoch nicht, dass allen Müttern und Vätern die gleichen Rechte im Verhältnis zu ihrem Kind eingeräumt werden müssen. Die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung setzt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus, erfordert ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen und hat sich am Kindeswohl auszurichten. Fehlen typischerweise die Voraussetzungen für eine gemeinsame Wahrnehmung der Elternverantwortung, darf der Gesetzgeber einem Elternteil die Hauptverantwortung für das Kind zuordnen (vgl. BVerfG a.a.O. S. 956 m.w.N.). Anders als bei Eltern ehelicher Kinder, die sich mit der Eheschließung rechtlich dazu verpflichtet haben, füreinander und für ein gemeinsames Kind Verantwortung zu tragen, ist bei nicht miteinander verheirateten Eltern eines Kindes auch heutzutage nicht generell davon ausgehen, dass diese in häuslicher Gemeinschaft leben und gemeinsam für das Kind Verantwortung übernehmen wollen und können. Das Kindeswohl verlangt aber, dass das Kind ab seiner Geburt eine Person hat, die für dieses Sorge trägt und rechtsverbindlich handeln kann. Angesichts der Unterschiedlichkeit der Lebensverhältnisse, in die nichteheliche Kinder hineingeboren werden, ist es daher gerechtfertigt, das Kind bei seiner Geburt sorgerechtlich grundsätzlich der Mutter und nicht dem Vater oder beiden Elternteilen gemeinsam zuzuordnen (BVerfG a.a.O.). Die gemeinsame Sorge setzt im Kindeswohlinteresse bei beiden Elternteilen die Bereitschaft voraus, aus der Elternstellung nicht nur Rechte herleiten zu wollen, sondern auch Pflichten gegenüber dem Kind zu übernehmen, also Verantwortung für das Kind zu tragen. Die Ausübung dieser gemeinsamen Verantwortung erfordert wiederum den Aufbau einer persönlichen Beziehung zum Kind durch jeden Elternteil und bedarf eines Mindestmaßes an Übereinstimmung zwischen den Eltern. Fehlt es hieran und sind die Eltern zur Kooperation weder bereit noch in der Lage, kann die gemeinsame Sorge für das Kind dem Kindeswohl zuwiderlaufen. Soll erst nach der Trennung der Eltern eine gemeinsame Sorge erstmalig begründet werden, bedarf es umso mehr eines Anknüpfungspunktes für die Annahme, dass die Eltern zur Kooperation bereit und fähig sind (BVerfG a.a.O. S. 957, 959).

Der Umstand, dass ein nichteheliches Kind im Gegensatz zum ehelichen Kind bei seiner Geburt nicht ohne weiteres einem Vater rechtlich zugeordnet werden und auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Vater Sorge für das Kind tragen will oder durch Zusammenleben mit der Mutter eine Beziehung zum Kind aufbauen wird, rechtfertigt es, das Sorgerecht für das nichteheliche Kind anders auszugestalten als für das eheliche Kind (BVerfG a.a.O. S. 960).

c) Für die Ersetzung der Einwilligung des Vaters in die Adoption und deren Voraussetzungen gilt Entsprechendes. Zwar ist die Notwendigkeit der Einwilligung der Eltern in die Adoption gemäß § 1747 Abs. 1 BGB nicht Ausfluß der elterlichen Sorge, sondern Teil des natürlichen Elternrechts und damit von der elterlichen Sorge unabhängig (BayObLG FamRZ 2002, 1142, 1143; Palandt, BGB 63. Aufl. § 1747 RN 1). Die Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils gemäß § 1748 BGB geschieht aber zur Wahrung des Kindeswohls. Insoweit gelten die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur alleinigen elterlichen Sorge der Mutter für die Rechtfertigung der erleichterten Ersetzung der Einwilligung eines Vaters, der gemäß § 1626a Abs. 2 BGB - wie hier - die elterliche Sorge nicht hat, gleichermaßen.

Die Lage des Vaters eines nichtehelichen Kindes, der aufgrund § 1626a Abs. 2 BGB nicht sorgeberechtigt ist, ist mit derjenigen eines anderen Vaters nicht vergleichbar. Das Sorgerecht bringt nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten gegenüber dem Kind mit sich. Einer gröblichen oder besonders schweren Pflichtverletzung im Sinn des § 1748 Abs. 1 BGB entspricht, wenn der Elternteil die elterliche Sorge inne hat, im wesentlichen der Sorgerechtsmissbrauch bzw. die Vernachlässigung i. S. von § 1666 BGB. Auch Gleichgültigkeit gegenüber dem Kind kann dessen Wohl massiv schädigen (Ersetzungsgrund des § 1748 Abs. 2 BGB). Steht dagegen dem Vater die elterliche Sorge - wie hier - nicht zu, können nur noch die verbleibenden Pflichten verletzt werden, zum Beispiel die Unterhaltspflicht, die allerdings nur bei der Verursachung einer Not des Kindes eine Intensität im Sinn des § 1748 Abs. 1 BGB erreicht, und die sich aus dem Umgangsrecht ergebenden Pflichten. Ein Vater, der nach § 1626a Abs. 2 BGB von der elterlichen Sorge ausgeschlossen ist, läuft aufgrund der damit verbundenen geringeren Verantwortung viel weniger Gefahr, mit einer Ersetzung der Einwilligung wegen einer Pflichtverletzung rechnen zu müssen und könnte ohne § 1748 Abs. 4 BGB wesentlich leichter eine unerwünschte Adoption auch zum Nachteil seines Kindes verhindern. Die Regelung des § 1748 Abs. 4 BGB beugt dieser Gefahr sachgerecht vor.

Auch ein weiterer Grund spricht für die Angemessenheit dieser Regelung: Mit ihrer Einwilligung zur Adoption macht eine Mutter deutlich, dass sie selber zur Ausübung des Sorgerechts zum Wohl des Kindes nicht mehr willens oder in der Lage ist, ohne im leiblichen Vater des Kindes eine aus ihrer Sicht akzeptable Person, der die Sorge für das Kind anvertraut werden kann, zu erkennen. Ohne die erleichterte Ersetzung der Einwilligung zur Adoption gemäß § 1748 Abs. 4 BGB hätte es ein Vater eines nichtehelichen Kindes, der aufgrund des § 1626a Abs. 2 BGB ohne Sorgerecht nur bedingt Verantwortung für das Kind getragen hat, in der Hand, diesen Wunsch der sorgeberechtigten und -verpflichteten Mutter leer laufen zu lassen. Es entspricht im Vergleich zu den Vorteilen einer Adoption nicht dem Wohl des Kindes, wenn eine Mutter, die eine Adoption anstrebt und dem leiblichen Vater das Sorgerecht nicht anvertraut sehen will, entgegen ihrem Willen vom Vater des Kindes an ihrer Sorgepflicht festgebunden wird oder durch das Gericht ein Vormund zur gesetzlichen Vertretung des Kindes bestellt werden muss (§ 1751 Abs. 3 BGB).

d) Im Rahmen der nach § 1748 Abs. 4 BGB vorzunehmenden Interessenabwägungen sind auch gegenläufige Interessen nach Möglichkeit in Ausgleich zu bringen. Dabei ist im Hinblick auf die Vorgaben der Verfassung und der Menschenrechte die unterschiedliche Behandlung eines nichtehelichen Vaters i. S. d. § 1626a Abs. 2 BGB im Verhältnis zu Vätern, die nur unter § 1748 Abs. 1 BGB fallen, auf das sachlich Notwendige zu beschränken und zum anderen das Elternrecht des Vaters und der Anspruch des Kindes auf bestmögliche Entwicklung angemessen zu gewichten (vgl. auch BayObLGR 2004, 212).

Um eine mit Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht mehr zu rechtfertigende Ungleichbehandlung des nichtehelichen Vaters mit einem mit der Kindsmutter verheirateten oder von ihr geschiedenen Vater auszuschließen und dem Elternrecht des leiblichen Vaters gerecht zu werden, darf gemäß § 1748 Abs. 4 BGB die Einwilligung des Vaters nur dann ersetzt werden, wenn das Unterbleiben der Adoption dem Kind zu einem unverhältnismäßigen Nachteil gereichen würde. Deshalb liegt ein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinne von § 1748 Abs. 4 BGB nicht bereits dann vor, wenn das Unterbleiben der Adoption für das Kind nachteilig ist und wenn die Abwägung der Interessen des Kindes mit denen des Vaters zu dem Ergebnis führt, dass das Interesse des Kindes an der Adoption überwiegt (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 573). Vielmehr darf die Einwilligung erst dann ersetzt werden, wenn ansonsten ein gegenüber den zu schützenden Interessen des Vaters besonders großer Nachteil für das Kindeswohl eintreten würde (BayObLG FamRZ 2002, 486 = NJW-RR 2002, 433). Insoweit kann auf die zum Begriff des unverhältnismäßigen Nachteils in § 1748 Abs. 1 BGB entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden (BayObLG a.a.O.). Im Einklang mit Art. 6 GG und Art. 8 EMRK ist im Rahmen des § 1748 Abs. 4 BGB in jedem Fall der Überlegung entscheidende Bedeutung zuzumessen, was dem Kindeswohl am besten dient (EGMR Große Kammer FPR 2004, 344, 345; 350, 352; EGMR FamRZ 2004, 1456, 1458; FamRZ 2002, 1393, 1396).

4.

Die Adoption ist im konkreten Fall zur Wahrung des Kindeswohls unabdingbar erforderlich; deren Unterbleiben würde einen schweren, im Vergleich zu der Beeinträchtigung des Elternrechts des leiblichen Vaters unverhältnismäßigen Nachteil mit sich bringen. Nur eine Adoption kann hier das Kind davor schützen, von den jeweiligen Wünschen der beteiligten Erwachsenen, also beider leiblicher Elternteile und der Pflegeeltern, emotional zerrissen zu werden. Nur sie gibt ihm die Geborgenheit und Sicherheit, die es für eine ungestörte Entwicklung benötigt.

Bei dem Tatbestandsmerkmal des "unverhältnismäßigen Nachteils" des § 1748 Abs. 4 BGB handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung und Anwendung auf den festgestellten Sachverhalt im Verfahren der weiteren Beschwerde unbeschränkt nachprüfbar ist (BayObLG a.a.O). Erforderlich ist dabei eine umfassende Abwägung der Eltern- und Kindesinteressen, wobei der Nachteil, den das Unterbleiben der Adoption bedeuten würde, zur Schwere des Eingriffs in das Elternrecht in Beziehung zu setzen ist. Zu berücksichtigen ist dabei, dass es dem Interesse und Recht des Kindes und des Vaters entspricht, dass familiäre Beziehungen möglichst aufrecht erhalten bleiben, um das Kind nicht von seinen Wurzeln zu trennen (EGMR FamRZ 2004, 1456,1459). Jedoch kann, wenn ein Kind schon längere Zeit in einer Pflegefamilie untergebracht ist, sein Interesse daran, dass seine tatsächliche familiäre Situation nicht erneut geändert wird, das elterliche Interesse an der Zusammenführung der Familie überwiegen (EGMR FamRZ 2002, 1393,1396 zum Umgangsrecht). Diese Grundsätze sind bei der Frage der Ersetzung der Zustimmung zur Adoption ebenfalls maßgeblich.

Bei der konkreten Abwägung muss eine Prognose der Beziehungen des Kindes und seiner Entwicklung vorgenommen werden, soweit diese Entwicklung absehbar ist. Dabei ist das Gericht an die geschaffenen Fakten jedenfalls insoweit gebunden, als damit Grundsteine oder Bedingungen für künftige Entwicklungen gelegt wurden. Insbesondere sind die persönlichen Beziehungen der Beteiligten zugrunde zu legen, wie sie sich nach den praktizierten Sorge- und Umgangsrechten darstellen. Unerheblich ist, welche Situation heute vorläge, wenn früher andere Sorgerechts- und Umgangrechtsregelungen getroffen und durchgeführt worden wären.

Für die Entscheidung des Senats zu Gunsten der Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten 2 gemäß § 1748 Abs. 4 BGB waren unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze folgende Gründe maßgeblich:

a) L. ist in der Pflegefamilie der Annehmenden fest verwurzelt. Dort befindet sie sich ohne jede Unterbrechung seit dem fünften Tag ihres Lebens. Seit nun rund 7 Jahren hat sie ihre Pflegeeltern als zentrale Bezugspersonen erlebt und zu diesen ein enges persönliches Verhältnis entwickelt. Zu Mi., dem vier Jahre älteren Adoptivkind der Familie besteht ein gut-geschwisterliches Verhältnis. Dies ergibt sich ohne jede Einschränkung aus allen Äußerungen von L. selbst im Rahmen der Anhörung in erster Instanz (Bl.48ff), den von Dr. Rohmann im psychologischen Gutachten vom 19.7.00 (Gutachten Bl. 233 in der Akte 2 F 40/99) und den im psychologischen Gutachten Dr. Go. vom 6.5.04 (in vorliegendem Verfahren eingeholt) wiedergegebenen Äußerungen und Verhaltensweisen des Kindes. Die Verwurzelung wird von den beiden genannten Gutachtern bejaht und findet ihre Bestätigung in allen Stellungnahmen von Außenstehenden, die in den seit 1999 ausgetragenen und zunehmend verstärkten Konflikt zwischen den leiblichen Eltern und den Pflegeeltern um das Kind einbezogen waren (vgl. Verfahrenspflegerin Bl. 283 der Akte 2 F 776/00; Jugendamt zuletzt Bl. 144). Dies wird auch von den leiblichen Eltern nicht in Frage gestellt. L. kennt ihre leiblichen Eltern durch deren Besuche. Eine emotionale Beziehung zu diesen konnte der Gutachter Dr. Go. nicht feststellen. Das verwundert auch nicht, nachdem das Kind eng in die Pflegefamilie eingebunden ist, sich dort zu Hause fühlt und die leiblichen Eltern letztlich nur als "weitere Bekannte" wahrnimmt. Ein Interesse an einem Wissen um die eigene Herkunft ist noch nicht erwacht. Wesentlich ist L. die Sicherheit ihrer erlebten Umgebung. Das ist ihre jetzige Familie, also die Pflegeeltern. Vor diesem Hintergrund würde ein Herausnehmen des Kindes aus der Pflegefamilie und eine (vom Kind bei dieser Sachlage als Zwang erlebte) Überführung in die Familie der leiblichen Mutter oder des leiblichen Vaters L. zu einem gänzlich unverhältnismäßigen Nachteil gereichen.

b) In vorliegendem Verfahren geht es jedoch nicht mehr "nur" darum, ob das Kind bei den Pflegeeltern bleiben darf oder nicht. Das war Gegenstand des vorangegangenen Verfahrens 2 F 40/99, das damit endete, dass das Amtsgericht Biberach nach Einholung des Gutachtens von Prof. Dr. K./Dr. R. den Verbleib des Kindes bei den Pflegeeltern anordnete. Hier geht es nunmehr darum, ob das Kind durch Adoption auch rechtlich in die Familie der Pflegeeltern übernommen wird, obgleich sich der leibliche Vater dagegen ausspricht und seine Zustimmung verweigert. Dies ist angesichts der großen Bedeutung des familiären Kontakts für das Kind und den leiblichen Vater - wie bereits ausgeführt - nur dann zu rechtfertigen, wenn das Unterlassen der Adoption für das Kind und sein Wohl mit gravierenden, unverhältnismäßigen Nachteilen verbunden wäre.

Das ist hier zu bejahen: Nachdem L. für ihre gedeihliche Entwicklung auf jetzt noch nicht abgrenzbare Zeit den Schutz der Pflegefamilie braucht, die sie als ihre "natürliche" Familie empfindet, wäre die Adoption durch diese Familie nur dann entbehrlich, wenn ein Zustand hergestellt werden könnte, der den Erhalt des Kontakts zu den leiblichen Eltern ermöglichte. Dies setzt voraus, dass leibliche Eltern und Pflegeeltern einen Weg fänden, ohne dauernde Rivalität Besuche des Kindes durch die leiblichen Eltern zu ermöglichen. Die Aussage des Gutachters Dr. Go. (Bl. 45 des Gutachtens), eine Fortsetzung des derzeitigen Verbleibs von L. als Pflegekind bei den Pflegeeltern sei aus psychologischer Sicht einem Adoptivstatus im wesentlichen gleich, ist nur dann richtig, wenn der die bisherigen Besuche der leiblichen Eltern begleitende Konflikt um die Wahrnehmung und die Ausübung von Besuchsrechten, der dem Kind nicht verborgen blieb und für das Kind außerordentlich schädlich ist, so eingegrenzt werden könnte, dass das Kind ihn ertragen kann. Der Inhalt der Akten der bisherigen Verfahren aber weist aus, dass Pflegeeltern und leibliche Eltern zwischenzeitlich über rund fünf Jahre zunehmend verbittert um den Verbleib des Kindes und um Besuchsrechte streiten und dass das Kind in ihren Streit, "wem das Kind gehört", längst einbezogen ist. Eine "Rückkehr" zu einem vernünftigen Miteinander, wie es der Gutachter erhofft, ist nach der vom Senat unter Berücksichtigung aller aus den Akten ersichtlichen Umstände gewonnenen festen Überzeugung nicht zu erwarten.

Die (nicht zu seinem speziellen Fachgebiet gehörende) Schlussfolgerung des Sachverständigen, bei einem Unterbleiben der Adoption würden keine konkret für L. erfahrbaren negativen Veränderungen eintreten, weil der Verbleib in der Pflegefamilie nicht in Frage gestellt und ein Wiederaufleben der Umgangsregelung derzeit nicht möglich ist (Gutachten Seite 42), basiert auf einer unzutreffenden Einschätzung der Verhältnisse. Für das Kindeswohl schädlicher Streit zwischen leiblichen Eltern und Pflegeeltern lässt sich nicht einfach dadurch dauerhaft ausräumen, dass Gericht und Gutachter übereinstimmend erklären, dass das Kind besser bei den Pflegeltern bleibt und ein Umgang derzeit nicht stattfindet. Solcher Streit pflegt sich vielmehr häufig immer wieder neu zu entzünden und durch mehrere gerichtliche Instanzen zu ziehen. Auch blieb in den Erwägungen des Gutachters unberücksichtigt, dass, worauf die Anwälte der Pflegeeltern mit Schriftsatz vom 1.6.2004 hingewiesen haben, diese das Pflegeverhältnis eines Tages beenden könnten, weil sie die Auseinandersetzungen mit den leiblichen Eltern nicht mehr aushalten.

Dass hier bei Ablehnung der Adoption alsbald weiterer heftiger Streit um das Kind und den Umgang mit diesem zu erwarten ist, hängt auch damit zusammen, dass mit der Ablehnung der Adoption der Adoptionsantrag der leiblichen Mutter hinfällig wird und darüber zu entscheiden ist, ob ihr das gesetzliche Sorgerecht wieder zustehen soll (§ 1751 Abs. 3 BGB). Die Mutter leidet jedoch unter einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis. Diese Störung ist chronifiziert und verläuft schubweise. Sie befindet sich in fortlaufender psychiatrischer Behandlung. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen ist ihr aktueller psychopathologischer Befund stark auffällig und von Affektlabilität sowie sprunghaftem Denken bis hin zur Fahrigkeit geprägt. Ihr Verhältnis zur Tochter L. ist von einer tiefgreifenden emotionalen Ambivalenz geprägt. Sie schwankt zwischen Schuldgefühlen aufgrund ihrer damaligen Entscheidung, L. in Pflege gegeben zu haben, und der Rechtfertigung dieses Schrittes aufgrund ihrer damaligen persönlichen Überforderung. Es muss bei ihrer Persönlichkeit damit gerechnet werden, dass sie im Fall der Wiedererlangung der elterlichen Sorge ihr früheres Bemühen, das Kind wieder zu sich zu holen, erneut aufnimmt. Im übrigen hat sie sich stets gegen eine Übernahme der elterlichen Sorge durch den leiblichen Vater ausgesprochen.

Der leibliche Vater wiederum hat keinen Zweifel daran gelassen, dass er die der Pflege zu Grunde liegenden Entscheidungen der Gerichte und Behörden für unrechtmäßig hält und die Entfremdung seines Kindes den Pflegeeltern anlastet. Zwar möchte er derzeit das Kind aus der Pflegefamilie nicht herauslösen. Schon jetzt und nicht in einer unbestimmten Zukunft möchte er jedoch sein Umgangsrecht in der Hoffnung wahrnehmen, dass seine Tochter später zu ihm kommt. Selbst wenn dem Kind diese Intention vielleicht nicht bewusst war oder ist, so führte sie dennoch zu einer Beunruhigung der Pflegeeltern, die einen dauerhaften Verbleib des Pflegekindes in der Familie erwartet haben und weiterhin erhoffen und deshalb eine Adoption anstreben.

Die Anhörung beider leiblicher Eltern verdeutlicht die erheblichen Differenzen zwischen diesen auch bezüglich ihrer Verantwortung für ihr gemeinsames Kind. Die konkurrierenden Konzepte sowohl zwischen den leiblichen Eltern als auch zwischen diesen und den Pflegeeltern hinsichtlich der Betreuungsbedingungen L.s haben schon bisher zu erheblichen Beeinträchtigungen des Zusammenlebens der Pflegeeltern mit dem Pflegekind beigetragen und würden es bei Versagung der Adoption weiter tun. Sowohl über die Verunsicherung der Pflegeeltern als auch durch die mit künftigen gerichtlichen Verfahren erforderlich werdenden gerichtlichen Anhörungen wird L. eine Unsicherheit über den Verbleib in "ihrer" Familie vermittelt werden, die ihre Geborgenheit in der Familie beeinträchtigt und ihre Entwicklung stört. Dies ergibt sich aus den Ausführungen des Gerichtssachverständigen zu den Belastungen des Kindes aus den bisherigen Verfahren und den Angaben der Pflegeeltern, wonach dem Kind durch die bisherigen Verfahren bewusst wurde, möglicherweise nicht auf Dauer in "seiner" Familie bleiben zu dürfen.

c) Trotz seiner vorstehend erörterten unzutreffenden Schlussfolgerung hat der gerichtliche Sachverständige im übrigen eine fundierte Grundlage für eine gerichtliche Entscheidung über die Ersetzung der Einwilligung des Vaters in die Adoption gegeben. Sie ermöglicht eine umfassende Abwägung der Interessen des leiblichen Vaters und des Kindes sowie die Beurteilung der Nachteile für das Kindeswohl im Fall des Unterbleibens der Adoption. Er hat eindrücklich und nachvollziehbar die Positionen der einzelnen Beteiligten herausgearbeitet und die psychologischen Vor- und Nachteile einer Adoption und eines Verbleibs in der Pflegefamilie geschildert. Besondere Bedeutung ist seinen Äußerungen zu zu messen, welche Bedingungen für die Sicherung und Förderung des Kindeswohls des Kindes L. - Geborgenheit und Sicherheit - unabdingbar erforderlich sind. Diese können bei zutreffender Berücksichtigung aller Rahmenbedingungen nur im Fall einer Adoption eintreten.

Gegenüber der Fortsetzung und Intensivierung der Konflikte zwischen den leiblichen Eltern und den Pflegeeltern um das Kind schafft eine durch die Adoption bewirkte Vollintegration in der Regel günstige Voraussetzungen für die weitere gedeihliche Entwicklung des Kindes (BVerfG FamRZ 2002, 535, 536; BVerfG E 79, 51, 65; BGH FamRZ 1986, 460, 462 BayObLGR 2004, 213; FamRZ 1994, 1348; OLG Braunschweig FamRZ 1997, 513, 514; OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 1686, 1688; a.A. OLG Schleswig NJW-RR 1994, 585 für einen besonders gelagerten Sachverhalt). In vorliegendem Fall ist die gedeihliche Entwicklung des Kinds aus den dargelegten Gründen nur durch die Adoption gesichert. Ohne sie bliebe das Kind zwischen Pflegeeltern und leiblichen Eltern einerseits und zwischen den leiblichen Elternteilen andererseits hin- und hergerissen. Es ist dem Kind unter den besonderen Verhältnissen des vorliegenden Falls nicht geholfen, wenn es unter Verzicht auf die Adoption im Pflegeverhältnis bleibt und dank erzwungener Besuchsrechte zwar seine leiblichen Eltern nicht vergisst, aber durch die Streitigkeiten um seine Person so verunsichert und in seiner Persönlichkeitsentwicklung gestört wird, dass es schon vor Eintritt der Pubertät dauernden Schaden erleidet. Nur die Adoption schützt L. vor dieser sonst sicher vorhersehbaren Zukunft. Das Elternrecht der leiblichen Eltern muss hier zur Vermeidung unverhältnismäßiger Nachteile für das Kind zurückstehen.

Eine Adoption kann sich für einen Umgang des Kindes mit seinen leiblichen Eltern in der vorliegenden Situation vorteilhaft auswirken. Wenn nach einer Adoption die rechtlichen Familienverhältnisse gesichert sind und die leiblichen Eltern dies akzeptiert haben, können sich die Pflegeeltern eher in der Lage sehen, den leiblichen Eltern im Interesse des Kindes, das später seine Herkunft kennen lernen will, Besuche zu ermöglichen, auch wenn eine Rechtspflicht hierzu gegenüber den leiblichen Eltern dann nicht besteht. Ohne Adoption hat der Sachverständige überzeugend von einem Umgangsrecht der leiblichen Eltern zumindest auf längere Zeit abgeraten.

Ob bei L. später der Wunsch zu einem Kontakt mit den leiblichen Eltern tatsächlich eintritt und wie sich die Adoptiveltern, die in einer rechtlich gesicherten Verbindung mit L. leben, dann verhalten werden, ist völlig offen. Die mit der Adoption verbundenen Risiken hat deshalb der Sachverständige zu Recht aus heutiger Sicht als eher spekulativ benannt. Diese Unwägbarkeiten, die bei einem jetzt siebenjährigen Kind noch in weiter Zukunft liegen, können eine Adoption und die Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils in die Adoption grundsätzlich nicht verhindern.

5.

Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 3 Kost). Die Anordnung über die Erstattung außergerichtlichen Kosten folgt aus § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG. Der Geschäftswert ergibt sich aus § 131 Abs. 2, 30 Abs. 3 Satz 2 KostO.



Ende der Entscheidung

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