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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 10.07.2000
Aktenzeichen: 1 AR 58/00
Rechtsgebiete: BtmG, StGB, StPO, VersG


Vorschriften:

BtmG § 29 Abs. 1 Nr. 1
BtmG § 29 Abs. 3 Nr. 1
BtmG § 30 a Abs. 2 Nr. 2
BtmG § 30 Abs. 2 Nr. 2
BtmG § 29 Abs. 3
StGB § 53
StGB § 244 Abs. 1 Nr. 2
StGB § 250 Abs. 1 Nr. 2
StGB § 224
StPO § 270 Abs. 1
VersG § 27 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 1 AR 58/00 5127 Js 3868/00 StA Frankenthal

In dem Strafverfahren gegen

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln,

hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Ohler sowie die Richter am Oberlandesgericht Maurer und Friemel am 10. Juli 2000

beschlossen:

Tenor:

Das Amtsgericht - Schöffengericht - Neustadt/Weinstraße ist zur Verhandlung über die Anklage der Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) vom 30. März 2000 zuständig.

Gründe:

Mit ihrer zum Amtsgericht - Schöffengericht - Neustadt/Weinstraße erhobenen Anklage wirft die Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) dem Angeklagten 27 Verbrechen des gewerbsmäßigen, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln §§ 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 BtmG, 53 StGB vor. In der Hauptverhandlung am 16. Mai 2000 hat das Amtsgericht nach Vernehmung von Zeugen die Sache durch Beschluss gemäß § 270 Abs. 1 StPO an die zuständige Strafkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) verwiesen. Mit Beschluss vom 8. Juni 2000 hat die Strafkammer dem Senat die Sache zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt, weil sie die Verweisung für unwirksam hält.

Die Vorlage ist zulässig (§§ 14, 19 StPO). Die Überprüfung ergibt, dass der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts - Schöffengericht - Neustadt/Weinstraße unwirksam ist.

Die Auffassung des Amtsgerichts, dass nach der bisherigen Beweisaufnahme ein - seine Strafgewalt überschreitendes Verbrechen gemäß § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtmG in Betracht komme, erscheint beim gegenwärtigen Verfahrensstand als willkürlich, so dass die Verweisung unwirksam ist (vgl. hierzu auch BVGE 29, 45, 49; BGHSt 29, 217; Senat MDR 1992, 178; Beschluss vom 18. Mai 2000 - 1 AR 46/00 m.w.N.).

Weder aus dem Verweisungsbeschluss noch aus dem Protokoll der Hauptverhandlung ergibt sich, dass der Angeklagte - abweichend von der zugelassenen Anklage der Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) - nunmehr hinreichend verdächtig ist, mit Betäubungsmitteln "in nicht geringer Menge" gehandelt zu haben, was Voraussetzung für eine Strafbarkeit nach § 30 Abs. 2 Nr. 2 BtmG ist. Aus den Aussagen der vernommenen Zeugen ergibt sich lediglich, dass der Angeklagte (wovon bereits die Anklage ausgegangen ist) größere Mengen Haschisch vertrieben hat. Das Merkmal der "nicht geringen Menge" kann aber nur angenommen werden, wenn entweder der Wirkstoffgehalt (THC-Gehalt) oder anhand anderer Tatumstände (z. B. Konsumentenangaben) wenigstens die Mindestqualität festgestellt werden kann (BGHR BtmG § 29 a Abs. 1 Nr. 2, Menge 2, 4, 5; NStZ 1984, 365). Hierzu sind bislang keine ausreichenden Feststellungen getroffen, so dass der Verweisungsbeschluss keine Grundlage hat, wobei dahinstehen kann, ob die entsprechenden Feststellungen im weiteren Verlauf des Verfahrens noch getroffen werden können.

Was das Mitführen eines Pitbull-Hundes durch den Angeklagten bei den Rauschgiftgeschäften betrifft, weist der Senat allerdings darauf hin, dass die Auffassung des Amtsgerichts, der Angeklagte habe damit (möglicherweise) einen "sonstigen Gegenstand" mit sich geführt, der nach seiner Art "zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt" war, nicht zu beanstanden ist. Zwar hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtmG an § 27 Abs. 1 S. 1 VersG "angelehnt" (BT-Drs. 12/6853, S. 41). Diese Norm versteht aber unter dem Begriff des "gefährlichen Gegenstandes" im Wesentlichen dasselbe, wie die Vorschriften des StGB, insbesondere §§ 244 Abs. 1 Nr. 2, 250 Abs. 1 Nr. 2 und 224 StGB (Erbs/Kohlhaas/Wacke, § 27 VersG, Rdnr. 6, 2, Rdnr. 12). Im Sinne der genannten Vorschriften des Strafgesetzbuches kann nach gefestigter Rechtsprechung ein Hund, der infolge seiner Veranlagung oder Abrichtung zum Angriff auf Menschen bereit ist, ein gefährliches Werkzeug sein (BGHSt 14, 152; Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., 224, Rdnr. 8). Wurde im vorliegenden Fall ein solches Tier als Drohmittel beim Verkauf von Betäubungsmitteln eingesetzt, kommt ein weiterer (ungeschriebener) besonders schwerer Fall des Handeltreibens im Sinne von § 29 Abs. 3 BtmG in Betracht (vgl. Körner, BtmG, 4. Aufl., § 29, Rdnr. 373, 1245), der die aufgrund der angeklagten Gewerbsmäßigkeit bereits gegebenen Regelwirkung des § 29 Abs. 3 Nr. 1 BtmG in verstärktem Maße eintreten ließe (Körner, aaO, Rdnr. 1247). Auch dann besteht selbst bei Berücksichtigung der Vorstrafen des Angeklagten - wovon offenbar auch das Amtsgericht ausgegangen ist -, kein Anlass zu bezweifeln, dass die Strafgewalt des Amtsgerichts ausreichen werde.

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