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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 09.05.2008
Aktenzeichen: 1 Ausl. 14/07
Rechtsgebiete: IRG


Vorschriften:

IRG § 28
IRG § 29
IRG § 79 Abs. 2
IRG § 83b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

1 Ausl. 14/07

In dem Auslieferungsverfahren

wegen Betruges

hier: Antrag auf Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung

hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Petry, den Richter am Oberlandesgericht Maurer und den Richter am Landgericht Christoffel

am 9. Mai 2008

beschlossen:

Tenor:

Eine Entscheidung des Senats über die Zulässigkeit der Auslieferung ist derzeit nicht veranlasst.

Gründe:

Die polnischen Justizbehörden betreiben auf Grund des Europäischen Haftbefehls des Bezirksgerichts in G... vom 26. Februar 2007, Az. IV Kop 9/07, die Auslieferung der Verfolgten zum Zwecke der Strafverfolgung. Ihr wird vorgeworfen, am 28. Juli 1999 in P... zum Zwecke der Erreichung von Vermögensvorteilen eine gefälschte Bescheinigung über die Beschäftigung im Handels- und Produktionsunternehmen "L..." GmbH in G... vorgelegt und dadurch Mitarbeiter der Geschäftsstelle der S... "S..." in P... über ihre Kreditwürdigkeit getäuscht zu haben, woraufhin ihr ein Darlehen über 500 Zloty ausgezahlt worden sei, von dem sie bisher nichts zurückgezahlt habe. Gegen sie besteht der Haftbefehl des Rayongerichts in G... vom 16. Mai 2005, Az. III K 871/01.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat bisher davon abgesehen, die Verfolgte festnehmen zu lassen und Antrag auf Anordnung der Auslieferungshaft zu stellen. Im Rahmen der Vernehmung der Verfolgten nach § 28 IRG hat sich diese mit der vereinfachten Auslieferung nicht einverstanden erklärt.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt nunmehr, die Auslieferung der Verfolgten an die Republik Polen für nicht zulässig zu erklären, weil der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt sei (Schaden mit ca. 130 € äußerst gering; keine Vorstrafen; keine Ermittlungsverfahren in Deutschland anhängig; die Verfolgte hat sich um Schadenswiedergutmachung bemüht, von den polnischen Behörden sei auf Anfrage hierzu nichts mitgeteilt worden; die Verfolgte ist seit ... mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet; sie hat keine Beziehungen mehr nach Polen, auch ihre Mutter wohnt in L...; sie hat ein Gewerbe in Deutschland angemeldet; die Tat liegt lange zurück, die Verfolgte war damals noch Heranwachsende). Die mit der Auslieferung verbundene Freiheitsentziehung (Auslieferungshaft bzw. Überstellungshaft, Untersuchungshaft in Polen) stehe nicht in angemessenem Verhältnis zu dem erhobenen Tatvorwurf.

Eine Entscheidung des Senats über den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, über die Zulässigkeit der Auslieferung zu befinden, ist derzeit nicht veranlasst.

Nach dem Wortlaut des § 79 Abs. 2 IRG hat vor der Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts die für die Bewilligung zuständige Stelle zu entscheiden, ob sie beabsichtigt, Bewilligungshindernisse nach § 83b IRG geltend zu machen. Diese gesetzliche Regelung soll die gerichtliche Überprüfung der Entscheidung der Bewilligungsbehörde auf Einhaltung der Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens und Gewährung des rechtlichen Gehörs gewährleisten, wobei nach ausdrücklicher Anordnung des Gesetzes die Überprüfung im Zusammenhang mit dem Verfahren nach § 29 IRG zu erfolgen hat. Die der Generalstaatsanwaltschaft obliegende sog. Vorabentscheidung ist jedoch bisher nicht getroffen, weswegen der Senat die gebotene Überprüfung nicht vornehmen kann. In diesem Fall ist für die Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der Auslieferung kein Raum und besteht dafür auch kein Bedürfnis (OLG Celle Beschl. v. 27.02.2008 - 1 ARs 23/07, zitiert nach juris). Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt, dass sich die Überprüfung des Oberlandesgerichts nach dem Gesetzeswortlaut nur auf die Entscheidung der Bewilligungsbehörde, die Geltendmachung von Bewilligungshindernissen nicht zu beabsichtigen, bezieht, und im vorliegenden Fall eine solche der Verfolgten nachteilige Entscheidung weder getroffen ist noch offenbar nach derzeitiger Beurteilung der Bewilligungsbehörde künftig zu erwarten steht. Andererseits steht auch nicht fest, ob die Bewilligungsbehörde evtl. nach Änderung ihrer derzeitigen Auffassung doch noch eine der Verfolgten negative Vorabentscheidung treffen wird. Sofern die Bewilligungsbehörde eine Auslieferung der Verfolgten auch weiterhin nicht betreiben will, ist jedenfalls ein Bedürfnis für eine Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts nicht ersichtlich. Dass durch eine negative gerichtliche Zulässigkeitsentscheidung ggf. die Position der Bewilligungsbehörde, die dem Auslieferungsersuchen nicht entsprechen möchte, gegenüber dem ersuchenden Staat gestärkt werden kann, rechtfertigt nicht die Umgehung des eindeutigen Wortlautes des § 79 Abs. 2 IRG (OLG Celle a.a.O.).

Ende der Entscheidung

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