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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 07.09.2000
Aktenzeichen: 1 Ss 116/00
Rechtsgebiete: LBauO


Vorschriften:

LBauO § 2 Abs. 1
LBauO § 61
LBauO § 89 Abs. 1
Wohnwagen und Campingzelte, die als mobile Unterkunft genutzt werden, sind nur bei erkennbar dauerhafter verfestigter Beziehung zum Grundstück bauliche Anlagen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 LBauO Rheinland-Pfalz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 1 Ss 116/00 7097 Js 14941/99 StA Landau

In dem Bußgeldverfahren

wegen Bauordnungswidrigkeit,

hier: Rechtsbeschwerde

hat der Senat für Bußgeldsachen des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Ohler, als Einzelrichter (§ 80 a Abs. 2 Nr. 1 OWiG) am 7. September 2000

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts - Bußgeldrichter - Landau in der Pfalz vom 15. Februar 2000,mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieses Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe:

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen die Genehmigungspflicht für bauliche Anlagen gemäß § 61 LBauO (Rheinland-Pfalz 1999) zu einer Geldbuße von 600 DM verurteilt (§ 89 Abs. 1 LBauO). Gegen diese Entscheidung hat der Betroffene in zulässiger Weise Rechtsbeschwerde eingelegt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge einen vorläufigen Erfolg.

Den Vorwurf, für die Errichtung einer baulichen Anlage ohne Genehmigung rechtlich verantwortlich zu sein, hat der Bußgeldrichter auf folgende Feststellungen gestützt:

Der Betroffene ist Vorsitzender eines eingetragenen Vereins, der Fallschirmsport betreibt und gemeinsam mit einem Aeroclub in einem Landschaftsschutzgebiet einen Sportflugplatz unterhält. Für das "Sondergebiet Flugplatz" hatte die zuständige Ortsgemeinde einen Bebauungsplan aufgestellt und eine bauaufsichtliche Genehmigung für einen Stellplatz erhalten, auf dem Benutzer des Flugplatzes ihre Wohnwagen unterbringen konnten. Obwohl diese Genehmigung in den letzten Jahren nicht mehr erneuert worden war, kam es anlässlich von Veranstaltungen des Fallschirmsportvereins immer wieder vor, dass Besucher auf dem Verein gehörenden Grundstücken in unmittelbarer Nachbarschaft des Flugplatzes ihre Campingwagen abstellten und Zelte errichteten. Die Kreisverwaltung forderte deshalb den Betroffenen als Vereinsvorsitzenden mehrfach und zuletzt mit Verwarnung auf, ein solch "wildes Campen" auf dem Vereinsgrundstück zu unterbinden. Dennoch wurden bei einer Ortsbesichtigung am 9. August 1999,auf dem fraglichen Gelände wiederum drei Wohnwagen, zwei Wohnmobile und ein Campingzelt vorgefunden.

Wegen dieser Feststellungen hat der Bußgeldrichter dem Betroffenen eine Zuwiderhandlung gegen § 61 LBauO angelastet und zur Begründung im angefochtenen Urteil u.a. ausgeführt:

"Er (der Betroffene) ist vertretungsberechtigtes Organ des Vereins und hat insoweit die Verpflichtung dafür zu sorgen, dass auf Grundstücken des Vereins keine Wohnwagen abgestellt bzw. Zelte aufgebaut werden... Ortsfest abgestellte Wohnwagen gelten auch als bauliche Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 LBauO. Es genügt ein Aufstellen für einen längeren Zeitraum, wobei gelegentliche Unterbrechungen unbeachtlich sind. Dies war vorliegend der Fall, so dass der Betroffene sich wegen eines vorsätzlichen Verstoßes nach §§ 61, 89 Abs. 1 LBauO zu verantworten hat."

Diese Ausführungen lassen befürchten, dass der Begriff der baulichen Anlage im Sinne der LBauO verkannt wird. Offensichtlich werden die beanstandeten Wohnwagen und das Zelt den Anlagen zugerechnet, die gemäß der 2. Alternative des § 2 Abs. 1 Satz 2 LBauO nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt sind, überwiegend ortsfest benutzt zu werden. Zwar trifft es zu, dass Fahrzeuge, die mit Unterbrechungen, aber regelmäßig, oder in bestimmten Zeiten für eine gewisse Dauer als mobile Unterkunft benutzt werden, diese Voraussetzungen erfüllen können. Die überwiegend ortsfeste Benutzung erfordert jedoch in jedem Fall eine "erkennbar verfestigte Beziehung zwischen dem Wohnwagen und dem zu seiner Aufstellung dienenden Grundstück" (so BayObLGSt 1975, 19, 20;,ebenso VGH Kassel NVwZ 1987, 427; vgl. auch Jeromin/Schmidt/,Lang, LBauO Rheinland-Pfalz 1999 § 2 Rn 13), die über die nur zeitweise gelegentliche Nutzung hinausgeht. Eine solche regelmäßige oder dauerhafte Benutzung der Vereinsgrundstücke durch dieselben Wagen bzw. Zelte ist nicht festgestellt; insbesondere wird nicht mitgeteilt, für welche Dauer die anlässlich der Ortskontrolle beanstandeten Wagen abgestellt worden waren. Nach den Entscheidungsgründen kann vielmehr lediglich von einer wiederholten kurzfristigen Inanspruchnahme des Geländes durch jeweils unterschiedliche Benutzer ausgegangen werden, deren vorübergehend - für eine Nacht oder die Dauer einer Veranstaltung - aufgestellten mobilen Unterkünfte nicht den rechtlichen Anforderungen an eine bauliche Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 LBauO genügen. In diesem Falle könnte allenfalls das Gesamtgelände als Campingplatz bauliche Anlage im Sinne des Satzes 3, Nr. 3 der Vorschrift sein. Dies wiederum würde voraussetzen, dass der genutzte Platz der Begriffsbestimmung der Landesverordnung über Camping- und Wochenendplätze vom 18.09.1984 (GVBl. S. 195) entsprechen würde. Hierzu finden sich in der Entscheidung weder Feststellungen noch Ausführungen.

Da die Urteilsfeststellungen somit nicht ausreichen, um die beanstandeten Wohnwagen als bauliche Anlagen im Sinne der LBauO zu qualifizieren, fehlt dem Vorwurf des ordnungswidrigen Verhaltens des Betroffenen als Verantwortlichem der vereinseigenen Grundstücke die tatsächliche Grundlage. Die Verurteilung hat damit keinen Bestand. Sollten weitere Feststellungen die Voraussetzungen einer baulichen Anlage im Sinne des § 2 LBauO ergeben, so dürfte die Verantwortlichkeit des Betroffenen als Zustandstörer bzw. Zweckveranlasser (vgl. dazu Steiner/Schenke, Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Aufl. Rn 157; VGH München BayVBl 1992, 274 und,1993, 658; VGH Kassel, NVwZ 1992, 111) nicht in Frage stehen.

Ende der Entscheidung

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