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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 13.10.2004
Aktenzeichen: 1 U 19/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 156
ZPO § 296 a
ZPO § 525
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 1 U 19/04

Verkündet am: 13 Oktober 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Vergütung aus einem Anstellungsvertrag u.a.

hat der 1. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Morgenroth, den Richter am Oberlandesgericht Klüber und den Richter am Amtsgericht Biehl

auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 19. Dezember 2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die weiter gehende Klage als unzulässig abgewiesen wird.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger wurde durch Beschluss des Aufsichtsrats des Beklagten vom 12. Dezember 1998 für die Zeit ab 1. Januar 1999 zum Vorstandsvorsitzenden des Beklagten bestellt. Für seine Tätigkeit sollte er neben gesondert vereinbarten Tantiemen eine jährliche Vergütung von 600.000,-- DM (brutto) erhalten. Der zunächst für eine Mindestdauer von zwei Jahren geschlossene Anstellungsvertrag wurde im Frühjahr 2001 auf der Grundlage eines weiteren Beschlusses des Aufsichtsrats des Beklagten bis zum 31. Dezember 2003 verlängert. Im Laufe des Jahres 2002 kam es zu Differenzen zwischen dem Kläger und Mitgliedern des Aufsichtsrats. Der Kläger nahm sich deshalb vor, schon am 31.12.2002 aus dem Amt des Vorstandsvorsitzenden auszuscheiden. In einer außerordentlichen Sitzung der gewählten Mitglieder des Aufsichtsrats vom 11.08.2002 wurde hierüber gesprochen. Im SitzungsprotoK... heißt es dazu:

"Es ist vorgesehen, dass nach Verpflichtung des Nachfolgers Herr F... (Anmerkung: der Kläger) diesen in einem Zeitraum von mindestens vier Wochen einarbeitet".

Auch in seiner Sitzung vom 22. August 2002 diskutierte der Aufsichtsrat den "frühzeitigen Abschied" (vgl. Sitzungsprotokoll) des Klägers. Unter dem 23. August 2002 unterzeichneten der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende des Beklagten und der Kläger folgende Aktennotiz:

"Der Aufsichtsrat ........ und Herr J... F... beschlossen am 22.08.2002 in einer Sitzung, dass der Vertrag mit dem Vorstandsvorsitzenden J. F..., der bis 31.12.2003 abgeschlossen ist, spätestens am 31.12.2002 endet.

Sollte Herr F... früher ausscheiden, erhält er die Differenz zwischen Ausscheiden und dem 31.12.2002 ausbezahlt.

Der K... übernimmt für anfallende Versicherungs- und sonstige Kosten, die mit dem vorzeitigen Ausscheiden für Herrn F... anfallen, einen Betrag in Höhe von 100.000,-- €.

Damit sind alle gegenseitigen Ansprüche irgendwelcher Art abgegolten und erledigt."

Die vom Aufsichtsrat des Beklagten in der Sitzung am 25.08.2002 beschlossene Trennung vom damaligen Cheftrainer der Lizenzspieler-Mannschaft nahm der Kläger zum Anlass, noch in dieser Sitzung "sein sofortiges Ausscheiden als Vorstandsvorsitzender" (vgl. Sitzungsprotokoll) zu erklären. Gleichzeitig bot er an, dem Beklagten bis zum Ablauf seines Vertrages am 31.12.2002 beratend zur Verfügung zu stehen. Anfang September 2002 traf der Kläger seinen Nachfolger im Amt des Vorstandsvorsitzenden, um diesen im Rahmen eines mehrstündigen Gesprächs bei der Einarbeitung zu unterstützen. Auf einer gemeinsamen Sitzung von Aufsichtsrat und Vorstand des Beklagten am 4. November 2002 wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger seine Bezüge bis zum 31.12.2002 in voller Höhe erhalten und ihm danach eine Einmalzahlung in Höhe von 100.000,-- € ausgezahlt werden solle.

Wenige Tage später beschloss der Aufsichtsrat des Beklagten auf seiner Sitzung vom 09.11.2002, dass Vertragsverhältnis mit dem Kläger fristlos zu kündigen. Das daraufhin verfasste Kündigungsschreiben vom 09.11.2002 unterzeichneten der Aufsichtsratsvorsitzende und sein Stellvertreter. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 11.11.2002 die fristlose Kündigung als unbegründet zurückgewiesen hatte, teilten der Aufsichtsratsvorsitzende des Beklagten und sein Stellvertreter im Antwortschreiben vom 13.11.2002 mehrere Kündigungsgründe mit.

Im Dezember 2002 hat der Kläger gegen den Beklagten, vertreten durch seinen Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden, Klage erhoben und beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis, das zwischen den Parteien besteht, durch die außergerichtliche Kündigung des Beklagten vom 09.11.2002 nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31.12.2002 fortbesteht,

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn das Gehalt für die Monate November und Dezember 2002 in Höhe von 51.129,-- € nebst 8% Zinsen hieraus sowie die vereinbarte Abfindung in Höhe von 100.000,-- € zu zahlen.

Die 2. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme über die Gründe für die fristlose Kündigung des Klägers mit Urteil vom 19. Dezember 2003 in der Hauptsache wie folgt erkannt:

der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.669,38 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus, höchstens jedoch 8%, seit dem 6. Dezember 2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

In den Entscheidungsgründen hat das Landgericht u.a. ausgeführt, dem Kläger stehe lediglich sein anteiliges Gehalt bis zum Zugang der fristlosen Kündigung am 9. November 2002 zu. Das belaufe sich auf 7.669,38 €. Die weiter gehende Klage auf Zahlung und die Klage auf Feststellung seien unbegründet, weil die fristlose Kündigung wirksam sei. Wegen der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt. Nach einem Hinweis des Senats auf Bedenken gegen die prozessordnungsgemäße Vertretung des Beklagten trägt der Kläger vor, zum Zeitpunkt der Kündigung seines Vertrags mit dem Beklagten sei er angestellter Berater gewesen. Dass der Beklagte seine Dienste über die Unterredung zwischen ihm und seinem Amtsnachfolger Anfang September 2002 hinaus nicht in Anspruch genommen habe, stehe dem nicht entgegen. Im Verhältnis zu seinen Angestellten werde der Beklagte vom Vorstand vertreten. Schon deshalb sei die vom Aufsichtsrat beschlossene und von seinen Mitgliedern ausgesprochene fristlose Kündigung vom 9. November 2002 unwirksam. Abgesehen davon, habe der Aufsichtsrat des Beklagten die bisherige Prozessführung des Vorstands begleitet, gesteuert und - jedenfalls konkludent - genehmigt. Eine Verweigerung der Genehmigung wäre treuwidrig gewesen. Hilfsweise werde das Rubrum auf der Beklagtenseite dahin berichtigt, dass der Beklagte durch seinen Aufsichtsrat vertreten werde.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und

1. festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 09.11.2002 nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31.12.2002 fortbestanden hat;

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn das Gehalt für die Monate November und Dezember 2002 in Höhe von 51.129,-- € nebst 8% Zinsen hieraus sowie die vereinbarte Abfindung in Höhe von 100.000,-- € zu zahlen.

Der Beklagte beantragt nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 24. Mai 2002 und weiteren Vorbringens

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt u.a. vor, ungeachtet der Beendigung der Organstellung des Klägers im August 2002 sei der Aufsichtsrat das richtige Vertretungsorgan in der anschließenden Auseinandersetzung über die Kündigung und deren Folgen geblieben. Nach der Erhebung der Klage gegen ihn, den Beklagten, vertreten durch den Vorstand, habe sich der Aufsichtsrat mit der Sache nicht mehr befasst. Er habe dies als Angelegenheit des Vorstands angesehen. Der vom Kläger hilfsweise erstrebten Berichtigung des Rubrums werde widersprochen.

Im Termin am 16. Juni 2004 hat der Senat den Rechtsstreit vertagt, um dem Aufsichtsrat des Beklagten Gelegenheit zu geben, die bisherige Prozessführung des Vorstands des Beklagten zu genehmigen. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 12. August 2004 mitgeteilt, dass sein Aufsichtsrat keine Veranlassung sehe, sich mit der Zulässigkeitsfrage zu befassen.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 22. September 2004 hat der Kläger in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 30.09.2004 seine Behauptung, dass der Aufsichtsrat des Beklagten sich mit dem Prozessverlauf befasst und auf ihn eingewirkt habe, durch die Vernehmung von sieben Aufsichtsratsmitgliedern unter Beweis gestellt. Ferner hat er gebeten, für den Fall, dass der Senat die Zulässigkeit der Klage verneine, die Revision zuzulassen.

II.

Die Berufung ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei. In der Sache hat sie keinen Erfolg, weil die Klage unzulässig ist.

Der Beklagte ist in dem Rechtsstreit nicht prozessordnungsgemäß vertreten (vgl. § 51 ZPO). Der vom Kläger bei Klageeinreichung als Vertreter des Beklagten aufgeführte Vorstand (dieser vertreten durch seinen Vorsitzenden ...) war und ist zur Vertretung des Beklagten im vorliegenden Rechtstreit nicht befugt. Der prozessordnungsgemäße Vertreter ist der Aufsichtsrat des Beklagten. Damit fehlt der Klage eine Zulässigkeitsvoraussetzung, so dass das ganze Verfahren unzulässig und die Klage abzuweisen ist. Der Vertretungsmangel ist von Amts wegen in jeder Verfahrenslage zu berücksichtigen (vgl. § 56 ZPO - z.B. BGH ZIP 1997, 1108; NJW 2000, 290 = BGHZ 143, 124).

1. Der Kläger war bis zum 25. August 2002 Vorstandsvorsitzender des Beklagten. Zum Zeitpunkt der den Rechtsstreit auslösenden Kündigung des Beklagten vom 9. November 2002 hatte er diese Organstellung zwar nicht mehr inne. Dennoch geht es in dem Rechtsstreit im Wesentlichen um Fragen, die mit der damaligen Tätigkeit des Klägers als Vorstandsvorsitzender in unmittelbarem Zusammenhang stehen: zum einen macht der Kläger Zahlungsansprüche geltend, die ihrem Grund und ihrer Höhe nach nur mit seiner früheren Organstellung zu erklären sind (vgl. die Aktennotiz vom 23. August 2002). Zum anderen begründete der Beklagte die fristlose Kündigung in seinem Schreiben vom 13.11.2002 überwiegend mit Pflichtverletzungen des Klägers in seiner Stellung als Vorstandsvorsitzender (eigenmächtige Handhabung der Verträge Herzog, Sforza und West; eigenmächtige Abtretungen gegenüber den Banken; Misswirtschaft); gleiches gilt für die im Rechtsstreit nachgeschobenen Kündigungsgründe (fehlerhafte Vertragsgestaltung mit weiteren Spielern und dadurch ausgelöste Nachforderungen des Finanzamts in zweistelliger Millionenhöhe; Nichtvorlage der Zusatzverträge im Lizenzierungsverfahren; falsche Spesenabrechnungen).

In derartigen Auseinandersetzungen zwischen einer juristischen Person und einem (ehemaligen) Vorstand wird die Gesellschaft nicht - wie ansonsten üblich - vom Vorstand sondern von dem Organ (außergerichtlich und gerichtlich) vertreten, das für die Bestellung und Abberufung des Vorstands zuständig ist (für den eingetragenen Verein vgl.: BGHZ 113, 237). Das gilt nicht allein gegenüber noch im Amt befindlichen Mitgliedern des Vorstands, sondern - soweit der Streit im Zusammenhang mit der früheren Vorstandstätigkeit steht - in gleicher Weise gegenüber bereits aus dem Amt geschiedenen Angehörigen dieses Personenkreises. Dadurch soll eine unbefangene Vertretung der Gesellschaft sichergestellt werden, welche von sachfremden Erwägungen unbeeinflusst ist und sachdienliche Gesellschaftsbelange wahrt. Im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ist es unerheblich, ob im Einzelfall die Gefahr besteht, dass die Gesellschaft - etwa wegen möglicher Rücksichtnahme oder Interessenkollision - von dem Vorstand nicht sachgerecht vertreten wird; es kommt vielmehr allein auf eine typisierende Betrachtung an (vgl. BGH NJW 1989, 2055; DB 1990, 930; DB 1991, 1216; NJW 1995, 1750; ZIP 1997, 1108; BAG E98, 196 = NJW 2002, 1444).

Vor diesem Hintergrund kommt es auf den Einwand des Klägers, zum Zeitpunkt der Kündigung sei er sozusagen einfacher Angestellter des Beklagten gewesen, nicht an. Abgesehen davon hat er eine derartige Umwandlung seines freien Dienstverhältnisses als Vorstandsvorsitzender in ein Arbeitsverhältnis (vgl. dazu BGH ZIP 2000, 508) nicht schlüssig dargetan. Eine ausdrückliche Vereinbarung mit dem Beklagten, nach der er ab dem 26. August 2002 als angestellter Berater habe arbeiten sollen, behauptet er nicht. Die von ihm angeführte Aufforderung des Aufsichtsrats in seiner Sitzung vom 11. August 2002, seinen Nachfolger einzuarbeiten, fiel noch in die Zeit, in der der Kläger als Vorstandsvorsitzender tätig war und dies bis zu seinem geplanten Ausscheiden am 31.12.2002 auch bleiben wollte. Nach seinem Ausscheiden als Vorstandsvorsitzender in der Sitzung des Aufsichtsrats vom 25.08.2002 soll er von den Mitgliedern des Aufsichtsrats zwar aufgefordert worden sein, auch "im Hinblick auf die dahingehende Beschlussfassung in der Aufsichtsratssitzung vom 11.08.2002" beratend zur Verfügung zu stehen. Dies stand indes in engem Zusammenhang mit der früheren Funktion des Klägers als Vorstandsvorsitzender und der sich aus diesem Anstellungsverhältnis ergebenden Pflicht, für einen ordnungsgemäßen Fortgang der von ihm verantworteten Geschäfte durch eine sachgemäße Begleitung des Übergangs der Verantwortung auf den Nachfolger zu sorgen. Dem ist der Kläger durch das mehrstündige Gespräch Anfang September 2002 nachgekommen. Darüber hinausgehende, von seiner früheren Funktion als Vorstandsvorsitzender getrennte Beratungsleistungen in der Zeit nach dem 25.08.2002 forderte der Beklagte unstreitig nicht. Dass der Kläger sie mehrfach angeboten haben will, kann eine Vereinbarung der Parteien nicht begründen, das Anstellungsverhältnis in der Zeit nach dem 25.08.2002 in Form eines Arbeitsverhältnisses fortzusetzen. Die ursprünglich vorgesehene Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses über den 25.08.2002 hinaus bis zum 31.12.2002 sowie die in der Aufsichtsratssitzung vom 22.08.2002 beschlossene und in der Aktennotiz vom 23.08.2002 festgehaltene Zahlung von 100.000,-- € "für anfallende Versicherungs- und sonstige Kosten, die mit dem vorzeitigen Ausscheiden" des Klägers aus dem Anstellungsvertrag mit einer ursprünglichen Laufzeit bis zum 31.12.2003 verbunden seien, dienten erkennbar seiner sozialen Absicherung (vgl. BGH NJW 1995, 1750). Ein Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der dem Kläger in der Zeit vom 25.08.2002 bis 31.12.2002 zustehenden Vergütung aus dem Anstellungsvertrag und Dienstleistungen in dieser Zeit z.B. als angestellter Berater bestand selbst nach dem Vorbringen des Klägers nicht.

Danach ist im vorliegenden Rechtstreit allein der - für die Ernennung und Entlassung des Vorstandsvorsitzenden zuständige (vgl. Art. 13 (2) Satz 1 der Satzung der Beklagten in der Fassung vom 7. Dezember 1998) - Aufsichtsrat zur Vertretung des Beklagten berufen. Das hat der Kläger bei der Erhebung der Klage nicht beachtet. Die Klage gegen die Beklagte, vertreten durch - hierfür nicht zuständigen - Vorstand begründet einen Vertretungsmangel, der in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen ist.

2. Eine Heilung des Vertretungsmangels infolge rückwirkender Genehmigung der ganzen Prozessführung (vgl. dazu z.B. BGH NJW 1989, 2055; Musielak-Weth ZPO 3. Aufl. § 56 Nr. 10) durch den dafür zuständigen Aufsichtsrat des Beklagten ist nicht erfolgt und nach dem Vorbringen des Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht (mehr) zu erwarten.

a) Eine ausdrückliche Genehmigung behauptet der Kläger - der in der mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 2004 auf seine (objektive) Beweislast (vgl. z. B. BGH NJW 1996, 1059) hingewiesen worden ist - nicht. Das Bestreiten der Behauptung des Beklagten, der Aufsichtsrat sei bis dahin mit der Angelegenheit nicht befasst gewesen, reicht nicht aus. Auch das Vorbringen des Klägers nach Schluss der mündlichen Verhandlung im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 30. September 2004 versteht der Senat dahin, dass er damit erneut zu den Voraussetzungen einer konkludenten Genehmigung der Prozessführung des Vorstands durch den Aufsichtsrat (durch Befassung mit dem Prozessverlauf und durch Einflussnahme) Stellung nehmen und Beweis dafür anbieten will. Wäre es anders, müsste er sich entgegenhalten lassen, dass nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, Angriffsmittel nicht mehr vorgebracht werden können (vgl. §§ 296 a, 525 ZPO). Deswegen die Verhandlung wiederzueröffnen (vgl. § 156 ZPO), wäre nicht geboten gewesen.

b) Dem Kläger ist zuzugeben, dass der Vertretungsmangel des Beklagten auch durch eine konkludente Genehmigung der Prozessführung des Vorstands durch den Aufsichtsrat geheilt werden kann. Aus dem Prozessverlauf bis zur ausdrücklichen Erklärung des Beklagten im Berufungsverfahren, dass sein Aufsichtsrat mit dem Rechtsstreit nicht befasst war und keinen Anlass sehe, sich nunmehr damit zu befassen, ergibt sich eine solche Genehmigung aber nicht.

Allein der Umstand, dass der Beklagte in den Terminen erster Instanz u.a. vom "Aufsichtsratsmitglied Dr. K..." vertreten worden ist, reicht dafür nicht. Dr. K... ist als Terminsvertreter des Beklagten, vertreten durch den Vorstand, aufgeführt. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass der Aufsichtsrat als Organ auf den Prozess Einfluss genommen hat (vgl. BGH DB 1991, 1216 zu Äußerungen eines Aufsichtsratsvorsitzenden). Das Auftreten des Dr. K... konnte ebenso dahin verstanden werden, dass er - wie Dr. K... im Senatstermin vom 16.06.2004 auch ausgeführt hat - auf Bitten des Vorstands des Beklagten den Termin wegen besonderer Sachkunde - Dr. K... ist Jurist - für den Vorstand wahrnehmen sollte. Darüber hinausgehende Anhaltspunkte für die Annahme, der Aufsichtsrat des Beklagten sei mit dem Prozessverlauf einverstanden - z.B. weil er unstreitig über das Verfahren unterrichtet war, sich aktiv damit befasste, Vergleichsmöglichkeiten prüfte und dem Prozessbevollmächtigten Weisungen erteilte (vgl. dazu BGH ZIP 1999, 1669) - hatte der Kläger nicht. Sein Hinweis, Dr. K... sei in einem Rechtsstreit des Beklagten mit dem damaligen Vorstandsmitglied Herzog mit Wissen und Wollen des Aufsichtsrats aufgetreten und in jenem Verfahre habe - was unstreitig ist - der Aufsichtsrat die Prozessführung des dort ebenfalls als Vertreter des Beklagten aufgetretenen Vorstands mitgetragen, hilft ihm nicht weiter. Es ist durchaus nicht fern liegend, dass verschiedene Prozesse von den Parteien unterschiedlich gehandhabt werden. Rückschlüsse aus dem Verhalten des Beklagten im Verfahren gegen Herzog auf sein Verhalten im hiesigen Rechtsstreit könnten die Auslegung des Auftretens des Aufsichtsratsmitglieds Dr. K... in den Terminen vor dem Erstgericht und dem Senat (mit dem Ziel der Ermittlung des objektiven Erklärungswerts in dieser Sache) nur maßgeblich beeinflussen, wenn der Kläger darüber hinaus auf Grund bestimmter Tatsachen hätte annehmen dürfen, der Aufsichtsrat (als Organ) wolle beide Verfahren gleich behandeln oder er sei generell mit den Prozessführungen des Vorstands einverstanden. Das gilt auch für Aktivprozesse des Beklagten gegen den Kläger (und Andere), in denen er die dortige Beklagten auf Zahlung von Schadenersatz in Anspruch nimmt.

Die Behauptung des Klägers, er und seine in den Terminen beim Erstgericht anwesenden Prozessbevollmächtigten hätten das Erscheinen des Aufsichtsratsmitglieds Dr. K... aber als stillschweigendes Einverständnis des Aufsichtsrats mit der Prozessführung des Vorstands gedeutet, ist unerheblich, so dass die dazu angebotenen Beweise.

(Parteivernehmung des Klägers und Vernehmung seiner Prozessbevollmächtigten als Zeugen) nicht erhoben werden müssen. Denn der objektive Erklärungsinhalt einer Handlung muss durch Auslegung ermittelt werden. Dabei ist das subjektive - ggf. interessengesteuerte - Verständnis des Empfängers der Erklärung nicht entscheidend. Er darf nur auf die - durchaus Auslegung zu ermittelnde - objektive Erklärungsbedeutung vertrauen. Dass allein mit dem Erscheinen des Aufsichtsratsmitglieds Dr. K... in den Terminen vor dem Landgericht der objektive Erklärungsinhalt verbunden gewesen wäre, der Aufsichtsrat des Beklagten sei als Organ mit dem Prozessverlauf zumindest stillschweigend einverstanden gewesen, ergibt die Auslegung aber gerade nicht. Das Bedürfnis des Klägers, dies so zu sehen, begrenzt die Auslegung nicht. Vielmehr begrenzt das Auslegungsergebnis das Vertrauen des Klägers auf die Bedeutung des Erscheinens des Aufsichtsratsmitglieds Dr. K... in den Terminen (vgl. BGH VersR 2004, 801).

c) Es liegt auf der Hand, dass der Kläger das für eine Heilung des Vertretungsmangels des Beklagten notwendige Erfordernis einer (ausdrücklichen oder konkludenten) Genehmigung des gesamte Prozessverlaufs durch das zuständige Vertretungsorgan (rückwirkend bis zur Zustellung der Klage) nicht dadurch umgehen kann, dass er hilfsweise eine Rubrumsberichtigung auf der Beklagtenseite beantragt. Da der Beklagte dem nicht zustimmt - und der Aufsichtsrat auf diesem Weg in den Prozess eintritt - stellt sich nicht die Frage, ob er damit auch den bisherigen Prozessverlauf genehmigen würde.

d) Die Versagung der Genehmigung der Prozessführung des Vorstands durch den Aufsichtsrat ist grundsätzlich nicht treuwidrig (vgl. BGH DB 1990, 930 und 1991, 1276). Besonderheiten, die vorliegend eine andere Beurteilung rechtfertigen würden, bestehen nicht. Der Aufsichtsrat war nach dem unwiderlegten Vorbringen des Beklagten zu keinem Zeitpunkt mit dem Rechtsstreit befasst. Beweisangebote des Klägers für seine gegenteilige Behauptung im nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 30. September 2004 müssen unberücksichtigt bleiben (vgl. §§ 296 a, 525 ZPO - s.o. unter a) a. E.). Es kommt hinzu, dass es in erster Linie Sache des Klägers war, auf das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen für seine Klage zu achten und auf Beklagtenseite den befugten Vertreter aufzuführen. Wäre er dem nachgekommen, hätte er den der Zulässigkeit seiner Klage entgegenstehenden Vertretungsmangel auf der Beklagtenseite von vornherein vermeiden können. Dass der Beklagte den Mangel von Anfang an kannte und unbillig ausnutzen wollte, steht nicht fest.

Sein Bestreben, im vorliegenden Rechtsstreit die im Berufungsverfahren offenbar gewordene Unzulässigkeit der Klage ebenfalls heranzuziehen, um seinen Antrag auf Zurückweisung der Berufung zu begründen, statt dem Kläger insoweit zu helfen, entspricht legitimem Parteiinteresse. Der Umstand, dass der Beklagte in anderen Verfahren anders vorging (um dort seine Interessen zu wahren), macht die Art seiner Rechtsverteidigung im hiesigen Prozess nicht rechtsmissbräuchlich.

3. Das Verbot der reformatio in peius steht der Abweisung der Klage als unzulässig nicht entgegen (vgl. z.B. BGH DB 1991, 1216).

4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

III.

Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht, weil die Voraussetzungen hierfür (vgl. § 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Die prozessordnungsgemäße Vertretung des Beklagten in einem Rechtsstreit mit seinem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden sowie die Folgen eines Vertretungsmangels und die Möglichkeiten von dessen Heilung sind - wie die oben zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zeigen - höchstrichterlich geklärt. Ob eine konkludente Genehmigung des Prozessverlaufs durch das zuständige Vertretungsorgan angenommen werden kann, oder ob die Verweigerung einer Genehmigung treuwidrig (und damit unbeachtlich) ist, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Dass hier eine Beurteilung dieser Umstände über den Einzelfall hinaus von grundsätzlicher Bedeutung sein könnte oder für die Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wesentlich wäre und eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern würde, ist zu verneinen.

Ende der Entscheidung

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