Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 19.08.2003
Aktenzeichen: 1 Ws 382/03
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 56b
StGB § 56c
StGB § 56f Abs. 1 Nr. 2
StGB § 56f Abs. 1 Nr. 3
StPO § 453 Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

1 Ws 382/03

In dem Strafvollstreckungsverfahren gegen

wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz und Betruges

hier: Widerrufs der Strafaussetzung zur Bewährung

hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Ohler und die Richter am Oberlandesgericht Maurer und Reichling am 19. August 2003 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Zweibrücken vom 24. Juli 2003 aufgehoben.

2. Die mit Beschluss des Landgerichts Zweibrücken vom 20. Februar 2001 (2 StVK 54/01) für den Rest der Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Zweibrücken vom 10. März 2000 bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung wird nicht widerrufen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen, die dem Verurteilten darin entstanden sind, werden der Landeskasse auferlegt.

Gründe:

Die zulässige sofortige Beschwerde hat Erfolg.

Der angefochtene Beschluss kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Verfahren der Strafvollstreckungskammer fehlerhaft war. Sie hat die Strafaussetzung nach § 56f Abs. 1 Nr. 3 StGB (Verstoß gegen Auflagen) widerrufen, ohne dem Verurteilten entgegen § 453 Abs. 1 Satz 3 StPO Gelegenheit zur mündlichen Anhörung zu geben. Die bloße Mitteilung des Widerrufsantrags mit der Bemerkung, der Verurteilte habe Gelegenheit hierzu, innerhalb einer Frist Stellung zu nehmen, genügt nur, wenn sie erkennen lässt, dass der Verurteilte sich auch mündlich äußern kann. Zwar steht es im Ermessen des Gerichts, ob es einen bestimmten Anhörungstermin ansetzen will oder den Verurteilten auf die übliche Dienstzeit verweist; unverzichtbar ist aber der ausdrückliche Hinweis auf die Gelegenheit zur mündlichen Äußerung (Senatsbeschlüsse vom 26. Oktober 1988 - 1 Ws 582/88 -; vom 24. November 1988 - 1 Ws 642/88 -; vom 16. Februar 1989 - 1 Ws 24 und 25/89-; vom 15. Juli 1991 - 1 Ws 312/98 - und vom 19. Oktober 1998 - 1 Ws 542/98).

Dieser Verfahrensfehler, der in der Regel zur Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht führt, kann vorliegend allerdings dahinstehen, da der Bewährungswiderruf bereits aus sachlichen Gründen nicht gerechtfertigt ist. Die nachträgliche Anordnung der Zahlungsverpflichtung war unabhängig davon, dass sie der Verurteilte nicht angefochten hat, als Auflage nach § 56b StGB nicht zulässig. Diese Auflage hat repressiven Charakter und ist i. S. einer "Bewährungsstrafe" für Zuwiderhandlungen gegen die dem Verurteilten auferlegten Bewährungspflichten nicht vorgesehen. Die Anordnung einer Geldbuße gegen den Verurteilten, um diesen für seine mangelnde Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Bewährungshelfer zu sanktionieren, ist daher als Auflage unzulässig (Senat JR 1991, 290 = StV 1991, 567). Die Zahlungsauflage war eindeutig die Reaktion darauf, dass der Verurteilte den Kontakt zur Bewährungshilfe stark vernachlässigt hatte.

Die Anordnung der Zahlungsauflage mag zwar auch bezweckt haben, den Verurteilten zur Kontakthaltung mit der Bewährungshilfe zu motivieren. Da sie dann - ähnlich wie bei Überwachungs- und Kontrollanweisungen - zumindest mittelbar dem präventiven Ziel der Bewährung dient, könnte dies für ihre Zulässigkeit als Weisung gemäß § 56c StGB sprechen, deren Nichtbefolgung ebenfalls unter den Voraussetzungen des 56f Abs. 1 Nr. 2, Abs 2 StGB den Widerruf der Strafaussetzung auslösen könnte. Gegen diese Annahme spricht jedoch bereits der Umstand, dass sich das Augenmerk der Strafvollstreckungskammer ab Anordnung der Geldbuße auf deren Befolgung konzentriert und beschränkt hat und die Frage der Kontakthaltung des Verurteilten zur Bewährungshilfe nicht weiter überprüft worden ist. Dies lässt den Schluss zu, dass die Geldbuße als rein repressive Maßnahme gedacht war. Darüber hinaus würde der Widerruf nach § 56f Abs. 1 Nr. 2 StGB auch voraussetzen, dass durch den Weisungsverstoß Anlass zur Besorgnis besteht, dass der Verurteilte erneute Straftaten verübt. Hierzu schweigt der angefochtene Beschluss. Nach der Gesamtsituation wird die Frage auch zu verneinen sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der nunmehr 32-jährige Verurteilte außer vorliegender Verurteilung noch nicht bestraft werden musste. Der Widerruf der ursprünglich gewährten Strafaussetzung erfolgte nicht wegen erneuter Straffälligkeit, sondern infolge Nichtzahlung einer Geldbuße. Seit seiner Strafverbüßung ist über weitere Straffälligkeit nichts bekannt geworden. Es stellt sich die Frage, ob er der Bewährungshilfe überhaupt (noch) bedarf. Im Hinblick auf die am 14. September 2003 ablaufende Bewährungszeit wird sich eine dahingehende Änderungsentscheidung allerdings erübrigen.

Ende der Entscheidung

Zurück