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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 16.11.2006
Aktenzeichen: 2 UF 135/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 3
ZPO § 233
ZPO § 234 Abs. 1
ZPO § 234 Abs. 2
ZPO § 517
ZPO § 521 Abs. 1
ZPO § 621 Abs. 3
Eine Partei, die ihre Bedürftigkeit zu Lasten der Staatskasse bewusst herbeizuführen versucht, kann vernünftigerweise nicht mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechnen. Ihr kann deshalb keine Wiedereinsetzung in die versäumte Rechtsmittelfrist bewilligt werden, wenn sie fristgerecht Prozesskostenhilfe beantragt hat und ihr Antrag nach Fristablauf abgelehnt wird.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 2 UF 135/06

In der Familiensache

wegen Ehescheidung und Folgesachen

hier: Regelung des Versorgungsausgleichs

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Reichling und die Richterinnen am Oberlandesgericht Schlachter und Geib-Doll ohne mündliche Verhandlung am 16. November 2006

beschlossen:

Tenor:

I. Die befristete Beschwerde der Antragsgegnerin gegen Ziffer 2 des Verbundurteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 30. Mai 2006 wird als unzulässig verworfen.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten haben beide die Scheidung ihrer Ehe beantragt.

Im erstinstanzlichen Verfahren hat das Familiengericht der Antragsgegnerin durch Beschluss vom 6. September 2005 für die Durchführung des Ehescheidungsverfahrens Prozesskostenhilfe bewilligt und die Anordnung einer Einmalzahlung nach Verwertung einer im gemeinsamen Eigentum der Beteiligten stehenden Eigentumswohnung vorbehalten.

In der Folgezeit erzielten die Beteiligten außerhalb des Verbundverfahrens eine Einigung über den Ausgleich des Zugewinns. Im Rahmen der dabei geführten Verhandlungen legte die Antragsgegnerin eine eidesstattlichen Erklärung ihrer Eltern vom 6. Juli 2005 vor, mit der diese bestätigten, ihrer Tochter einen Betrag von 30.000 DM geschenkt zu haben.

Mit Schriftsatz ihrer früheren Verfahrensbevollmächtigten vom 2. Februar 2006 hat die Antragsgegnerin im vorliegenden Prozess mitgeteilt, sie habe zum Ausgleich für Wohnungsübertragung, Zugewinnausgleich und anteilige Hausgebühren insgesamt 31.000 € ausgezahlt erhalten und nehme deshalb ihren Prozesskostenhilfeantrag zurück. Durch Beschluss vom 6. Februar 2006 hat das Familiengericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe daraufhin aufgehoben.

Mit Schriftsatz vom 3. März 2006 hat die Antragsgegnerin erneut Prozesskostenhilfe beantragt und nunmehr geltend gemacht, sie habe den erhaltenen Geldbetrag zur Zahlung von Verbindlichkeiten verbraucht. 15.338,76 € habe sie dabei zur Rückführung des Betrages von 30.000 DM aufwenden müssen. Insoweit habe zwischen ihr und ihren Eltern eine Darlehensabrede vorgelegen, die im Zugewinnausgleich leider keine Berücksichtigung gefunden habe, weil die Antragsgegnerin davon ausgegangen sei, dass ihre Eltern auf die Darlehensrückzahlung verzichten würden. Den neuerlichen Prozesskostenhilfeantrag hat das Familiengericht durch Beschluss vom 9. Mai 2006 zurückgewiesen, weil die Vermögenslage der Antragsgegnerin unklar sei. Nachdem ihre Eltern in der eidesstattlichen Erklärung vom 6. Juli 2005 die Zuwendung des Betrages von 30.000 DM als Schenkung bezeichnet hätten, müsse davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin mit der behaupteten Rückzahlung an die Eltern ihr Vermögen mutwillig verringert habe. Gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt.

Durch Verbundurteil vom 30. Mai 2006 hat das Familiengericht die Ehe der Beteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Dieses Urteil ist der Antragsgegnerin am 3. Juli 2006 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 1. August 2006, eingegangen beim Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken am 3. August 2006, hat die Antragsgegnerin Prozesskostenhilfe beantragt und angekündigt, nach deren Bewilligung gegen Ziffer 2 des Verbundurteils Berufung einlegen zu wollen.

Durch Beschlüsse vom 20. September 2006 hat der Senat die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die erstinstanzlich erfolgte Versagung der Prozesskostenhilfe zurückgewiesen (2 WF 155/06) und der Antragsgegnerin die begehrte Prozesskostenhilfe für die Durchführung der befristeten Beschwerde versagt. Der letztgenannte Beschluss ist der Antragsgegnerin am 26. September 2006 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 29. September 2006, eingegangen am selben Tage, hat die Antragsgegnerin befristete Beschwerde gegen das Verbundurteil vom 30. Mai 2006 eingelegt und zugleich beantragt, ihr gegen die Versäumung der Beschwerdefrist und der Beschwerdebegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

II.

Die befristete Beschwerde ist gemäß §§ 621 e Abs. 3, 521 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Sie ist nicht innerhalb der Frist der §§ 621 e Abs. 3, 517 ZPO eingelegt worden. Das angefochtene Verbundurteil ist der Klägerin am 3. Juli 2006 zugestellt worden. Die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels ist somit mit dem 3. August 2006 abgelaufen, §§ 222 Abs. 1 ZPO, 188 Abs. 2 BGB. Die befristete Beschwerde der Antragsgegnerin ist aber erst am 29. September 2006 und damit nach Fristablauf beim Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken eingegangen.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann der Antragsgegnerin für die Einlegung der befristeten Beschwerde nicht bewilligt werden. Gemäß § 233 ZPO setzt die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand voraus, dass eine Partei ohne ihr Verschulden an der Fristwahrung gehindert war. Diese Voraussetzung ist in der Person der Antragsgegnerin nicht erfüllt.

Nach ständiger Rechtsprechung ist einer Partei auch dann, wenn sie vor Ablauf der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Rechtsmittels beantragt hat, Wiedereinsetzung nur für den Fall zu bewilligen, dass sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der Prozesskostenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste (vgl. etwa BGHZ 148, 66, 69; BGH FamRZ 2004, 1548; Zöller/Greger, ZPO 25. Aufl. § 233 Rdn. 23 " Prozesskostenhilfe", jeweils m.w.N.). Im hier zu entscheidenden Fall musste die Antragsgegnerin die Versagung der Prozesskostenhilfe aber in Rechnung stellen.

Nach ihrem eigenen Vorbringen im Schriftsatz vom 2. Februar 2006 hat die Antragsgegnerin auf Grund der Vermögensauseinandersetzung mit dem Antragsteller einen Betrag von 31.000 € erhalten. Zwar hat sie damit eine Reihe von Schulden getilgt (vgl. dazu die mit erstinstanzlichen Schriftsatz vom 3. März 2006 übergebene Aufstellung). Gleichwohl verblieben ihr aber noch Mittel in ausreichendem Umfang, die sie gemäß § 115 Abs. 3 ZPO für die Finanzierung des Berufungsverfahrens einsetzen konnte. Mit der Behauptung, sie habe eine gegen sie gerichtete Darlehensforderung ihrer Eltern in Höhe von 15.338,76 € (30.000 DM) erfüllen müssen, vermag die Antragsgegnerin ihre Bedürftigkeit nicht zu rechtfertigen.

Zwischen den beteiligten Eheleuten ist unstreitig, dass die Antragsgegnerin bei den Verhandlungen über den Zugewinnausgleich den genannten Betrag von 30.000 DM als unentgeltliche Zuwendung ihrer Eltern bezeichnet hat. Ebenfalls unstreitig haben ihre Eltern ihr dies in einer eidesstattlichen Erklärung vom 6. Juli 2005 bestätigt. Wie der Senat in seinen Beschlüssen vom 20. September 2006 ausgeführt hat, lassen sich diese Umstände mit der nunmehr behaupteten Rückzahlungsverpflichtung nicht vereinbaren. Insbesondere ist die nunmehr im Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahren vorgelegte schriftliche Erklärung des Vaters der Antragsgegnerin vom 12. April 2006 nicht geeignet, den Widerspruch in den Behauptungen der Antragsgegnerin auszuräumen. Gleiches gilt für die Erklärungsversuche der Antragsgegnerin in ihrem im Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahren eingereichten Schriftsatz vom 4. April 2006 und in ihrer Beschwerdeschrift vom 29. Mai 2006 (2 WF 155/06), mit denen sie unter Vorlage eines die Zahlung bestätigenden Kontoauszugs den Widerspruch als bedauerliches, letztlich ihren Eltern anzulastendes Versehen rechtfertigt. Wie der Senat ebenfalls in seinen Beschlüssen vom 20. September 2006 ausgeführt hat, stellt der Widerspruch in den Erklärungen der Antragsgegnerin jedenfalls den Rechtsgrund für die geleistete Zahlung in Frage. Er rechtfertigt darüber hinaus aber auch die Annahme, dass die Antragsgegnerin versucht, im bewussten Zusammenwirken mit ihren Eltern Vermögen zu verschieben, um sich dadurch zu Lasten der Staatskasse bedürftig zu machen.

Dass unter den gegebenen Umständen keine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der befristeten Beschwerde in Betracht kommen würde, musste der Antragsgegnerin von vorn herein bewusst sein. Dies gilt umso mehr, als ihr die Prozesskostenhilfe für die erste Instanz zur Zeit der Antragstellung für das Verfahren der befristeten Beschwerde bereits versagt worden war. Einen Erfolg ihrer gegen die Versagung gerichteten sofortigen Beschwerde konnte die Antragsgegnerin nicht erwarten. Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe besteht nach Sinn und Zweck schon dann kein Grund, wenn eine Partei, welche die Prozesskosten ohne weiteres hätte tragen können, es vorzieht, ihre Vermögenswerte für andere, nicht unbedingt notwendige Zwecke auszugeben (vgl. OLG Bamberg FamRZ 1985, 503; OLG Hamm MDR 2000, 297; Zöller/Philippi aaO § 115 Rdn. 72, jeweils m.w.N.). Erst recht gilt dies, wenn die Partei ihre Bedürftigkeit zu Lasten der Staatskasse bewusst herbeizuführen versucht.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §§ 97 Abs. 1 ZPO, 13 a Abs. 1 FGG.

Den Wert des Beschwerdegegenstandes hat der Senat gemäß § 49 Nr. 2 GKG festgesetzt.

Eine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst, §§ 621 e Abs. 3, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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