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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 05.10.2007
Aktenzeichen: 2 UF 220/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1373
BGB § 1376 Abs. 2
BGB § 1378 Abs. 1
Die Lebensversicherung eines Ehegatten, die für die Finanzierung eines gemeinsamen Kredits eingesetzt wird, ist bei der Ermittlung des Endvermögens des versicherungsnehmenden Ehegatten nicht als Aktivposition einzusetzen. Ihr Zeitwert ist vielmehr bei der Ermittlung der von beiden Ehegatten gesamtschuldnerisch zu tragenden Verbindlichkeit schuldmindernd in Abzug zu bringen.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 2 UF 220/06

Verkündet am: 5. Oktober 2007

In der Familiensache

wegen Zugewinnausgleichs

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Reichling und die Richterinnen am Oberlandesgericht Schlachter und Geib-Doll im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO am 5. Oktober 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 10. November 2006 geändert: 1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1 910,51 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 15. August 2006 zu zahlen.

2. Im Übrigen werden die Klage sowie die Widerklage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des ersten Rechtszugs haben die Klägerin 3/5 und der Beklagte 2/5 zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zu 2/3 und dem Beklagten zu 1/3 zur Last.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien haben am .... geheiratet und sind seit ... rechtskräftig geschieden. Rechtshängigkeit der Scheidungsklage ist am 10. August 2005 eingetreten.

Die Parteien lebten seit 1. August 2004 getrennt voneienander. Damals zog die Klägerin aus der im Miteigentum der Parteien stehenden Eigentumswohnung E... in L... aus; der Beklagte blieb in der Ehewohnung zurück und trug seit dem Zeitpunkt der Trennung die Hausverbindlichkeiten allein.

Die Parteien erwarben die Eigentumswohnung Ende des Jahres .... Zur Finanzierung des Kaufpreises schloss der Beklagte zwei Lebensversicherungen mit den Endnummern ... und ... bei der G... ab, mit denen nach Ablauf der Versicherungszeit das Darlehen bei der G... getilgt werden wird. Die Lebensversicherungen sind an die Darlehensgeberin verpfändet.

Im ersten Rechtszug hat die Klägerin Zugewinnausgleich in Höhe von 9 972,50 € nebst Zinsen begehrt.

Der Beklagte hat im Wege der Widerklage seinerseits Zugewinnausgleich in Höhe von 3 385,71 € nebst Zinsen verlangt.

Das Familiengericht hat die Klage der Klägerin abgewiesen.

Auf die Widerklage des Beklagten hat das Familiengericht die Klägerin verurteilt, an den Beklagten als Zugewinnausgleich 1 934,63 € nebst Zinsen zu zahlen.

Zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 84 bis 87 d.A.).

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, mit der diese

1. Zahlung von Zugewinn in Höhe von 9 234,00 € nebst Zinsen sowie

2. die Abweisung der Widerklage des Beklagten erstrebt.

Die Klägerin erhebt folgende Einwendungen gegen das Urteil des Familiengerichts:

- der Pkw O... hätte nicht allein beim Anfangsvermögen des Beklagten, dagegen hälftig in beider Anfangsvermögen eingestellt werden müssen; sie habe diesen Pkw mittels einer Schenkung ihrer "Stiefgroßeltern" in Höhe von 10 000,00 DM mitfinanziert (Beweis: Bestätigung der Mutter Bl. 42 sowie Vernehmung ihrer Mutter als Zeugin). Die Klägerin rügt, dass das Familiengericht den von ihr angebotenen Beweis nicht erhoben hat.

- Die beiden G... Lebensversicherungen mit den der Höhe nach unstreitigen Zeitwerten von 18 451,20 € (... 431) und 10 831,10 € (... 432) hätten als Aktiva ausschließlich im Endvermögen des Beklagten eingestellt werden dürfen, weil sie - wie unstreitig - nicht Begünstigte dieser Lebensversicherungen sei;

- das Familiengericht habe es versehentlich unterlassen, das - unstreitige - Guthaben des Beklagten in Höhe von 395,04 € auf dem Girokonto bei der Sparkasse als Aktiva in dessen Endvermögen einzustellen;

- das Familiengericht habe ihren Vortrag nicht beachtet, dass sie im Jahr ... 15 000,00 DM von ihrer Mutter als Schenkung für den Kauf der Eigentumswohnung erhalten habe; sie habe eine entsprechende schriftliche Bestätigung ihrer Mutter vorgelegt. Dieser Betrag sei als privilegierter Erwerb gemäß § 1374 Abs. 2 BGB in ihr Anfangsvermögen einzustellen.

Der Beklagte hat behauptet, der Pkw O... sei allein von ihm gekauft und finanziert worden. Falsch sei die Behauptung der Klägerin, der Erwerb dieses Pkw für 19 500,00 DM sei nur möglich gewesen, weil 10 000,00 DM von deren Stiefgroßeltern herrührten. Er habe seinen F... nach seiner Erinnerung für 12 600,00 DM in Zahlung gegeben; die restlichen 6 900,00 DM habe er aus seinen Ersparnissen aufgebracht. Die Inzahlungnahme des Pkw ergebe sich zwar nicht aus der Rechnung; er biete hierfür allerdings Beweis an durch Vernehmung des Geschäftsführers der Verkaufsfirma, Herrn V... W... (Adresse Bl. 118 d.A.). Der Pkw sei daher vollständig seinem Anfangsvermögen zuzurechnen.

Hinsichtlich der Position "zwei Lebensversicherungen G..." erklärt der Kläger - der diese Position hälftig im Endvermögen beider Parteien einstellen möchte - hilfsweise die Aufrechnung mit einer Gegenforderung in Höhe von 14 641,15 €.

Nachdem der Senat seinen Beweisbeschluss vom 15. Juni 2007 erlassen hatte (vgl. Bl. 132 und 133 d.A.) hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 7. August 2007 die Behauptung der Klägerin, sie habe den vom Beklagten im November 1997 zum Preis von 19 500,00 DM erworbenen Pkw Marke O... durch eine Schenkung ihrer sog. "Stiefgroßeltern" in Höhe von 10 000,00 DM mitfinanziert, als richtig eingeräumt.

Der Senat hat sodann mit Beschluss vom 23. August 2007 im Einverständnis der Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet und Schriftsatzfrist bestimmt bis 5. September 2007

II.

Das - zulässige - Rechtsmittel der Klägerin hat in der Sache einen Teilerfolg.

Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten eine Zugewinnausgleichsforderung gemäß § 1378 Abs. 1 BGB in der zugesprochenen Höhe zu; die auf Zahlung von Zugewinn gerichtete Widerklage des Beklagten war dagegen abzuweisen.

1. Grundsätzliches:

a) Zur Bewertung der zur Tilgung des Hauskredits dienenden Lebensversicherungen des Beklagten bei der G...

Da die Versicherungsleistungen hier auch später nicht an den Beklagten herauszugeben, sondern zur Rückführung der bestehenden und zunächst nicht weiter zu tilgenden Kreditverbindlichkeit bestimmt sind, kann der dem Beklagten verbleibenden Rechtsposition aus dem Versicherungsvertrag kein für die Berechnung des Endvermögens relevanter Wert, auch nicht in Form eines bedingten Anspruchs beigemessen werden. Indessen hat das Anwachsen des Wertes der Versicherung in der Hand des Zessionars zur Folge, dass die Kreditverbindlichkeit, zu deren Sicherung und Ablösung die Versicherungssumme bestimmt ist, niedriger zu bewerten ist. Das ergibt sich aus den Regeln über die Bewertung von unsicheren und bedingten Rechten, die für die Bewertung von unsicheren und bedingten Verbindlichkeiten entsprechend gelten. Danach ist ohne Weiteres abzuschätzen, dass sich der wirtschaftliche Wert der Kreditverbindlichkeit zum Stichtag um den Zeitwert der Lebensversicherung vermindert. Somit sind nicht die Aktiva des Endvermögens um den Wert der Versicherung zu erhöhen; vielmehr ist der Passivposten der Kreditverbindlichkeit um einen entsprechenden Betrag zu vermindern (vgl. BGH FamRZ 1992, 1155, 1160 entspricht NJW 1992, 2154 f).

Das Familiengericht hat daher zu Recht in Konsequenz dieser Rechtsprechung den Zeitwert der Lebensversicherungen bei beiden Parteien schuldmindernd im Endvermögen eingesetzt, weil die Schuld der Parteien als Gesamtschuldner in dieser Höhe zum Stichtag getilgt war.

b) Das Familiengericht hat es - wie von der Klägerin gerügt - versehentlich unterlassen, das - unstreitige - Guthaben des Beklagten in Höhe von 395,04 € auf dem Girokonto bei der Sparkasse als Aktiva in dessen Endvermögen einzustellen.

c) Das Familiengericht hat weiterhin zu Unrecht den - unstreitigen - Vortrag der Klägerin unbeachtet gelassen, dass diese im Jahr 1998 15 000,00 DM von ihrer Mutter als Schenkung für den Kauf der Eigentumswohnung erhalten hat. In erster Instanz hat dies der Beklagte sogar ausdrücklich eingeräumt; im zweiten Rechtszug hat er diesen Vortrag zumindest nicht bestritten.

d) Nachdem der Beklagte die Behauptung der Klägerin, sie habe den vom Beklagten im November 1997 zum Preis von 19 500,00 DM erworbenen Pkw Marke O... durch eine Schenkung ihrer sog. "Stiefgroßeltern" in Höhe von 10 000,00 DM mitfinanziert, als zutreffend eingeräumt hat, ist die rechtliche Schlussfolgerung erlaubt, dass dieser Pkw im Miteigentum der Parteien gestanden hat.

Der Pkw ist somit hälftig in das jeweilige Anfangsvermögen der Parteien im Sinne von § 1374 Abs. 1 BGB einzustellen.

Der Senat schätzt den Zeitwert dieses Pkw zum Stichtag 10. Juli 1998 gemäß § 287 Abs. 2 ZPO - wie vom Beklagten angegeben - auf 18 000,00 DM.

2. Berechnung im Einzelnen:

A. Zugewinn der Klägerin im Sinne von § 1373 BGB

1. Endvermögen im Sinne von § 1375 BGB

Aktiva

Hälftiger Wert der Eigentumswohnung in Höhe von 65 000,00 € (unstreitig)

Guthaben Girokonto bei der H... V... in Höhe von 628,67 € (unstreitig)

Passiva

Hausschulden in Höhe von 65 000,00 € (unstreitig)

verringert um hälftigen Zeitwert der Lebensversicherungen 431 und 432 in Höhe von 14 641,15 €

ergibt zusammen: 15 269,82 €

2. Anfangsvermögen der Klägerin im Sinne von § 1374 Abs. 1 und Abs. 2 BGB

Hälftiger Zeitwert des O... in Höhe von 9 000,00 DM

9 000,00 DM entsprechen 4 601,63 €

indexiert: 4 601,63 x 108,3 : 98 = 5 085,27 €

privilegierter Erwerb Schenkung Mutter am 1. Juli 1998 in Höhe von 15 000,00 DM für die Eigentumswohnung

15 000,00 DM entsprechen 7 669,38 €

indexiert: 7 669,38 € x 108,3 : 98 = 8 475,45 €

hälftige Schenkung der Eltern des Beklagten im Jahr 2004 in Höhe von 2 000,00 €

indexiert: 2 000,00 € x 108,3 : 106,2 = 2 039,55 €

Hieraus errechnet sich ein Anfangsvermögen der Klägerin in Höhe von insgesamt 15 600,27 €.

Dieser Betrag liegt geringfügig über dem Endvermögen der Klägerin, so dass diese keinen Zugewinn erzielt hat.

B. Zugewinn des Beklagten im Sinne von § 1373 BGB

Endvermögen im Sinne von § 1375 BGB

Aktiva:

Hälftiger Wert der Eigentumswohnung in Höhe von 65 000,00 €

Guthaben Girokonto Sparkasse in Höhe von 395,04 €

Passiva:

Hausschulden 65 000,00 €

verringert um hälftigen Zeitwert der Lebensversicherungen in Höhe von 14 641,15 €

Schulden W... in Höhe von 4 090,35 €

ergeben zusammen 10 945,84 €.

2. Anfangsvermögen des Beklagten im Sinne von § 1374 Abs. 1 und Abs. 2 BGB

Hälftiger Wert des Pkw O.... indexiert in Höhe von 5 085,27 €

privilegierter Erwerb hälftige Schenkung der Eltern indexiert in Höhe von 2 039,55 €

ergibt zusammen: 7 124,82 €

Zugewinn des Beklagten:

10 945,84 € ./. 7 124,82 € ergeben 3 821,02 €.

Die Hälfte davon - das sind 1 910,51 € - stehen der Klägerin als Ausgleichsforderung im Sinne von § 1378 Abs. 1 BGB zu.

Die Nebenforderung ist gemäß den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB begründet.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist gemäß den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, 26 Nr. 9 EGZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO.

Beschluss

Der Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug wird auf 11 168,63 € (Klage: 9 234,00 €; Widerklage: 1 934,63 €) festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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