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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 14.01.2008
Aktenzeichen: 2 WF 158/07
Rechtsgebiete: AVAG, ZPO


Vorschriften:

AVAG § 1 Abs. 1 Nr. 2 b
AVAG § 11 Abs. 1
ZPO § 323
ZPO § 568
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 2 WF 158/07 In der Familiensache wegen Kindesunterhalts,

hier: Zulassung der Vollstreckung aus einem ausländischen Schuldtitel, hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Reichling und die Richterinnen am Oberlandesgericht Schlachter und Geib-Doll auf die Beschwerde des Schuldners vom 27. August 2007 gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 1. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 20. Juli 2007, dem Schuldner zugestellt am 27. Juli 2007, ohne mündliche Verhandlung am 14. Januar 2008 beschlossen: Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Schuldner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Den Gläubigern wird zur Verteidigung gegen die Beschwerde des Schuldners Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt. Gründe: I. Die Parteien streiten um die Vollstreckbarkeit eines ungarischen Unterhaltstitels. Die Gläubiger zu 1) und 2) sind die nichtehelichen Kinder des Schuldners aus dessen Verbindung mit der Kindesmutter. Die Gläubiger haben ihren ständigen Aufenthalt in Ungarn.

Durch Beschluss des Stadtgerichts Pecs vom 21. September 2005 (Az.: 4.P.20.563/2005/9) wurde der Schuldner in Abänderung des Beschlusses des Stadtgerichts Pecs vom 12. Juni 2002 (Az.: 16P.21.246/2002/6) verpflichtet, den Gläubigern ab 1. September 2004 laufenden monatlichen Unterhalt in Höhe von je 25 000 HUF (insgesamt 50 000 HUF) bei Unverändertlassen des jedes Jahr im August fälligen Beitrags zu den Schulkosten in Höhe von je 30 000 HUF zu zahlen. Der Beschluss vom 21. September 2005 ist seit dem 20. Oktober 2005 rechtskräftig. In jenem Verfahren wurde der Schuldner von Rechtsanwalt Dr. P... J..., P..., vertreten. Mit Beschluss vom 20. Juli 2007 hat der Vorsitzende der 1. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken den Beschluss vom 21. September 2005 auf den Antrag der Gläubiger mit der Maßgabe für vorläufig vollstreckbar erklärt, dass Zahlungen des Schuldners im Zeitraum September 2004 bis einschließlich Juni 2005 in Höhe von insgesamt 300 000 HUF abzusetzen sind. Am 25. Juli 2007 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts den Gläubigern die Vollstreckungsklausel erteilt. Die Klausel ist dem Schuldner zusammen mit dem Beschluss vom 20. Juli 2007 am 27. Juli 2007 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 27. August 2007, eingegangen beim Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken am selben Tag, hat der Schuldner gegen den Beschluss vom 20. Juli 2007 Beschwerde eingelegt. Mit seinem Rechtsmittel erhebt der Schuldner folgende Einwendungen:

- Er habe über die in Abzug gebrachten Zahlungen hinaus weitere Zahlungen geleistet, so dass bis mindestens Februar 2006 überhaupt kein Zahlungsrückstand bestehe,

- er habe bei seinem Wegzug aus Ungarn ein lastenfreies Grundstück nebst Bebauung mit einem Zweifamilienhaus und einer Produktionsstätte zur Absicherung der Unterhaltsansprüche der Gläubiger auf diese grundbuchmäßig eintragen lassen,

- er selbst sei mittlerweile nach Gewährung einer Rente nicht mehr leistungsfähig. Die Gläubiger bestreiten weitere Zahlungen des Schuldners und verweisen insoweit auf die von ihnen vorgelegte Rückstandsberechnung vom 7. Juni 2007. Im Übrigen weisen sie darauf hin, dass Barunterhalt in Geld geschuldet sei sowie darauf, dass sich der Schuldner im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schuldtitels nicht auf Leistungsunfähigkeit berufen könne. II. Die Vollstreckbarerklärung des ungarischen Unterhaltstitels richtet sich nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (EuGVVO). Die Verordnung ist in Deutschland am 1. März 2002 und in Ungarn mit dessen Beitritt zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 in Kraft getreten. Das Verfahren, das dem für vollstreckbar zu erklärenden Titel zugrunde liegt, wurde im Jahr 2005 und damit nach Inkrafttreten der Verordnung in Ungarn eingeleitet (Art. 66 Abs. 1 EuGVVO). 1. Gemäß Art. 43 Abs. 1 EuGVVO i. V. m. §§ 1 Abs. 1 Nr. 2 b, 11 Abs. 1 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes (AVAG) vom 19. Februar 2001 ist die Beschwerde statthaft. Ihre Zulässigkeit unterliegt auch im Übrigen keinen Bedenken. Insbesondere ist die Beschwerde form- und fristgerecht beim Beschwerdegericht eingelegt worden (Art. 43 Abs. 2 und Abs. 5 S. 1 EuGVVO, § 11 Abs. 1 S. 1 AVAG). Die Einholung einer Abhilfeentscheidung ist nicht veranlasst, weil das Landgericht zur Abhilfe nicht befugt ist (Senat, Beschlüsse vom 5. Dezember 2006, Az.: 2 WF 181/06 und vom 26. März 2007, Az.: 2 WF 35/07). Der Titel, dessen Vollstreckbarerklärung begehrt wird, betrifft eine Familiensache. Deshalb ist der erkennende Senat als Familiensenat zur Entscheidung über die Beschwerde berufen (Senat aaO und OLGR 2005, 135 m.w.N.). Er entscheidet in voller Besetzung des Spruchkörpers, weil der Vorsitzende der Zivilkammer die angefochtene Entscheidung nicht als Einzelrichter im Sinne von § 568 ZPO erlassen hat (Senat jew. aaO m.w.N.). 2. In der Sache bleibt die Beschwerde ohne Erfolg. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die in Art. 53 EuGVVO vorgesehenen Förmlichkeiten zur Vollstreckbarerklärung der ungarischen Entscheidung erfüllt sind. Darüber hinaus darf der Senat als Rechtsmittelgericht gemäß Art. 45 Abs. 1 EuGVVO die Vollstreckbarerklärung nur aus einem der in den Artikeln 34 und 35 aufgeführten Gründe versagen oder aufheben. Gründe im Sinne des Art. 34 EuGVVO liegen erkennbar nicht vor; insbesondere verstößt der ungarische Titel über Kindesunterhalt nicht gegen den deutschen "ordre public". Im Übrigen hatte sich der Schuldner - Beklagter im ausländischen Erkenntnisverfahren - auf das Verfahren eingelassen und war anwaltlich vertreten.

Zuständigkeitsverletzungen im Sinne des Art. 35 Abs. 1 EuGVVO sind ebenfalls nicht gegeben.

Die vom Schuldner erhobenen Einwendungen betreffen dagegen - soweit überhaupt erheblich - ausschließlich die sachliche Richtigkeit der ungarischen Entscheidung.

Soweit der Schuldner sich dabei auf fehlende Leistungsfähigkeit beruft, handelt es sich um einen Abänderungsgrund i. S. v. § 323 ZPO. Seiner Berücksichtigung steht bereits die Regelung des Art. 45 Abs. 2 EUGVVO entgegen, nach der die ausländische Entscheidung "keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden" darf (vgl. BGH FamRZ 2007, 989, 991 m.w.N.) . Soweit der Schuldner den Einwand der Erfüllung erhebt, verhilft dies seinem Rechtsmittel jedenfalls deshalb er nicht zum Erfolg, weil die Gläubiger weitere Zahlungen nach dem Monat Juni 2005 ausdrücklich in Abrede gestellt haben. Beweis für seine im Übrigen auch gänzlich unsubstantiierte Zahlungsbehauptung hat der Schuldner nicht angetreten. Dies geht zu seinen Lasten. Dabei kann dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen dieser Einwand im Hinblick auf Art. 45 Abs. 2 EUGVVO überhaupt berücksichtigt werden darf (vgl. auch dazu BGH aaO mit Anm. Gottwald; Geimer in Zöller ZPO 26. Aufl. Rdnr. 1 zu Art. 45 EuGVVO; derselbe in IPrax 2003, 337, 339). III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Eine Festsetzung des Wertes des Beschwerdegegenstands ist im Hinblick auf Nr. 1510, 1520 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 GKG entbehrlich.

Ende der Entscheidung

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