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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 07.10.2004
Aktenzeichen: 2 WF 159/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 568 Satz 2
ZPO § 641 i
BGB §§ 810 ff
Die Vorlage eines neuen (Abstammungs-)Gutachtens ist Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Restitutionsklage nach § 641 i ZPO.

Wer zur Vorbereitung einer solchen Klage ein Gutachten erstatten lassen will, ist auf die freiwillige Mitwirkung der daran zu beteiligenden Personen angewiesen. Ein (gerichtlich) durchsetzbarer Anspruch auf Mitwirkung an der Erstellung des Gutachtens besteht nicht.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 2 WF 159/04

In der Familiensache

P... S..., geb. am ..., gesetzlich vertreten durch und wohnhaft bei seiner Mutter E... B..., ........

wegen Feststellung der Vaterschaft,

hier: Prozesskostenhilfe für die erste Instanz,

hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Giersch, den Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und die Richterin am Oberlandesgericht Geib-Doll auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 17. August 2004, eingegangen am 19. August 2004, gegen den ihm am 17. August 2004 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt an der Weinstraße vom 9. August 2004

ohne mündliche Verhandlung am 7. Oktober 2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO gegen die Versagung der nachgesuchten Prozesskostenhilfe statthafte sofortige Beschwerde, über die der Senat gemäß § 568 Satz 2 ZPO in seiner im Gerichtsverfassungsgesetz festgelegten Besetzung entscheidet, ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 127 Abs. 2 Satz 3, 567, 569 ZPO), bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Das Familiengericht hat dem Antragsteller die nachgesuchte Prozesskostenhilfe mit Recht wegen Fehlens hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung versagt.

Da durch Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 26. April 1990 (Az. 6 C 312/89) rechtskräftig festgestellt ist, dass der Antragsgegner nicht der leibliche Vater des Antragstellers ist, kann der Antragsteller sein Ziel, nämlich die Feststellung der Vaterschaft des Antragsgegners, nur im Wege einer Restitutionsklage nach § 641 i ZPO erreichen. Hierfür bedarf es (als Zulässigkeitsvoraussetzung - vgl. BGH FamRZ 1994, 235; OLG Celle, FamRZ 2000, 1510 [1512]) seitens der klagenden Partei der Vorlage eines Gutachtens über die Vaterschaft, das allein oder in Verbindung mit den im früheren Verfahren erhobenen Beweisen eine andere Entscheidung herbeigeführt haben würde.

Das vorliegende Begehren des Antragstellers, den Antragsgegner zu verurteilen, an der Erstellung eines Abstammungsgutachtens mitzuwirken, indem er sich den hierfür erforderlichen Untersuchungen unterzieht, dient daher der Vorbereitung einer Restitutionsklage. Hierfür kann dem Antragsteller jedoch Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil er gegen den Beklagten keinen durchsetzbaren Anspruch auf Mitwirkung an der Erstellung des neuen Vaterschaftsgutachtens hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (E 65,1 [42]) hat jeder Einzelne als Folge seines Grundrechtes auf Selbstbestimmung die Befugnis, selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. Hierzu zählt auch die Befugnis, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu entscheiden. Damit obliegt die Verfügungs- und Entscheidungsgewalt über die Preisgabe der genetischen Daten eines Menschen diesem allein; er kann - weder durch staatliche Eingriffe noch mit Mitteln des Privatrechts - gegen seinen Willen zur Abgabe von Genmaterial zum Zwecke der Untersuchung gezwungen werden (BVerfG FamRZ 1991, 1037; BGH FamRZ 1991, 185). Das mit diesem Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung kollidierende Grundrecht des anderen Teils auf Kenntnis über die Vaterschaft bzw. Abstammung hat grundsätzlich keinen Vorrang.

Wer zur Vorbereitung einer Restitutionsklage ein Gutachten erstatten lassen will, hat deshalb keine Möglichkeit, seinen Gegner oder Dritte dazu zu zwingen, sich untersuchen zu lassen und damit an der Erstellung des Gutachten mitzuwirken; die Vorschriften der §§ 810 ff BGB sind nicht anwendbar, auch einem selbständigen Beweisverfahren (§§ 485 ff ZPO) ist dies nicht zugänglich (OLG Köln, FamRZ 1995, 309; OLG Celle FamRZ 2000, 1510 [1512]; OLG Stuttgart FamRZ 1982, 193; MünchKomm.-Braun, ZPO, 3. Aufl., § 641 i Rdnr. 15; Musielak-Borth, ZPO 3. Aufl., § 641 i Rdnr. 5; Zöller/Philippi, ZPO 24. Aufl., § 641 i Rdnr. 11; Stein/Jonas-Schlosser, ZPO, § 641 e Rdnr. 2; B-L-A-H ZPO, 62. Aufl., § 641 i Rdnr. 4). Ein gerichtliches Verfahren zur Schaffung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Restitutionsklage stellen die gesetzlichen Verfahrensordnungen deshalb auch - bewusst (vgl. BT-Drucks. V/3719 S. 42) - nicht zur Verfügung.

Da der Antragsgegner seine Mitwirkung an der Erstellung des Abstammungsgutachtens verweigern kann, ist er auch nicht gehindert, eine bereits erklärte Bereitschaft zur Mitwirkung vor Erbringen der Mitwirkungshandlung ohne nähere Begründung zu widerrufen. Die vom Antragsgegner gegenüber dem Kreisjugendamt erteilte Zusage zur Teilnahme an einem DNA-Test sowie deren schriftliche Bestätigung gegenüber dem Antragsteller vom 14. März 2004 vermögen daher das Begehren des Antragstellers auf Verurteilung des Antragsgegners, sich den zur Erstellung eines Abstammungsgutachtens erforderlichen Untersuchungen zu unterziehen, ebenfalls nicht zu begründen.

Der Antragsteller hat die in Nr. 1811 des Kostenverzeichnisses zum GKG n. F. angesetzte Festgebühr seines erfolglosen Beschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Ende der Entscheidung

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