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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 04.12.2006
Aktenzeichen: 3 W 124/06
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1914
BGB § 1915 Abs. 1
BGB § 1836 ff.
FGG § 20
1. Die Vergütung des gemäß § 1914 BGB bestellten Pflegers für ein öffentlich gesammeltes Vermögen kann nicht gegen die Staatskasse festgesetzt werden; hierfür fehl es an einer gesetzlichen Grundlage.

2. Die Begünstigten einer derartigen Sammlung sind durch die Entscheidung der Rechtspflegerin, die Vergütung für die angeordnete Pflegschaft gegen das Sammelvermögen festzusetzen, nicht beschwert.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 124/06

In dem Verfahren

betreffend die Festsetzung der Vergütung des Pflegers für ein Sammelvermögen gemäß § 1914 BGB,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken

durch den Richter am Oberlandesgericht Petry, die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach und den Richter am Oberlandesgericht Jenet

auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 5) vom 3./5. Juli 2006 gegen den ihm am 29. Juni 2006 zugestellten Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgericht Koblenz vom 26. Juni 2006

ohne mündliche Verhandlung

am 4. Dezember 2006

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wird.

II. Der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 197,47 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Mutter der Beteiligten zu 1) bis 4), eine Taxifahrerin, kam im Jahre 2000 als Opfer eines Verbrechens ums Leben. Eine daraufhin aus der Bevölkerung initiierte Spendenaktion zugunsten der Beteiligten zu 1) bis 4) erbrachte ein beträchtliches Sammelvermögen.

Mit Beschluss vom 25. Juni 2000 hat das Amtsgericht Pflegschaft für das Sammelvermögen gemäß § 1914 BGB angeordnet und den Beteiligten zu 5) zum Pfleger bestellt.

Im Rahmen des Verfahrens über die Festsetzung der Vergütung für die Tätigkeit des Beteiligten zu 5) hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 23. März 2006 den Beteiligten zu 1) bis 4) einen Rechtsanwalt als "Verfahrenspfleger" für die "Wahrnehmung der Interessen der Pfleglinge bei der Vergütungsfestsetzung des Pflegers für das Sammelvermögen" beigeordnet. Mit weiterem Beschluss vom 26. April 2006 hat es die Höhe der Vergütung festgesetzt. Gegen die Anordnung, dass der Betrag aus dem Sammelvermögen zu erstatten ist, hat sich der "Verfahrenspfleger" der Beteiligten zu 1) bis 4) mit der sofortigen Beschwerde zur Wehr gesetzt.

Das Landgericht, dessen Entscheidung veröffentlicht ist in MDR 2006, S. 1353, hat nach sachlicher Prüfung das Rechtsmittel zurückgewiesen.

Der Frage, ob die Vergütung des Pflegers für ein Sammelvermögen gegen das Sammelvermögen oder gegen die Staatskasse festzusetzen ist, hat es dabei grundsätzliche Bedeutung zugemessen und die sofortige weitere Beschwerde zugelassen.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft, weil sie das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 56 g Abs. 5 Satz 2, Abs.7 FGG). Sie ist auch im Übrigen förmlich nicht zu beanstanden (§§ 29 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, 20 Abs. 1, 21 Abs. 2, 22 Abs. 1 FGG). Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) bis 4) liegt vor, obwohl - wie noch ausgeführt wird - die Erstbeschwerde unzulässig ist. Es entspricht einem allgemeinen Grundsatz, dass dem Beschwerdeführer, wenn das Beschwerdegericht sein Rechtsmittel nach sachlicher Prüfung als unbegründet zurückgewiesen hat, obwohl es als unzulässig hätte verworfen werden müssen, die weitere Beschwerde zusteht (vgl. Senat OLGZ 1981, 396, 397; Keidel/Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rdn. 10).

In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Das Begehren der Beteiligten zu 1) bis 4) ist unzulässig, weil sie durch die Entscheidung der Rechtspflegerin, die Vergütung des Beteiligten zu 5) gegen das Sammelvermögen und nicht gegen die Staatskasse festzusetzen, nicht im Rechtssinne beschwert sind, § 20 FGG.

Die Frage des Vergütungsanspruchs eines Pflegers für ein Sammelvermögen (§ 1914 BGB) richtet sich nach den Vorschriften über die Vormundschaft, die entsprechend anzuwenden sind, §§ 1915 Abs. 1, 1836 ff. BGB. Der Sammelvermögenspfleger verwaltet im Rahmen seiner Tätigkeit die gesammelte Vermögensmasse und hat sie deren Bestimmung entsprechend zu verwenden; er ist also nicht Vertreter von Personen, sondern Sachpfleger (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 1972, II ZR 28/69 Rn. 27, zit. nach juris). Die Beteiligten zu 1) bis 4) sind daher nicht Rechtsträger der Sachpflegschaft. Dass sie ein wirtschaftliches Interesse an einem möglichst hohen Sammelvermögen haben, ändert daran nichts. Die "Verfahrenspflegerbestellung" durch das Amtsgericht vom 23. März 2006 für die Beteiligten zu 1) bis 4) ging deshalb ins Leere.

Unabhängig davon billigt der Senat die Auffassung des Landgerichts, dass in diesem Fall eine dem Pfleger gemäß § 1915 Abs. 1 i. V. m. § 1836 BGB zustehende Vergütung ausschließlich gegen das Sammelvermögen festgesetzt werden darf. Für die Festsetzung gegen die Staatskasse fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.

Die Pflegschaft wird unentgeltlich geführt (§ 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB), wenn nicht das Gericht bei der Bestellung feststellt, dass der Pfleger die Pflegschaft berufsmäßig führt (§ 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder die besonderen Gründe des § 1836 Abs. 3 BGB vorliegen. Die Festsetzung der Vergütung gegen die Staatskasse kommt dabei nur im Fall des § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB und auch dort nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der Mündel mittellos ist, §§ 1836 a, 1836 d BGB. Im Fall der Pflegschaft für ein gesammeltes Vermögen nach § 1914 BGB ist ein solcher Ausnahmefall schon begrifflich nicht denkbar, da - wie oben ausgeführt - ein Mündel, auf dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse abzustellen wäre, gar nicht vorhanden ist. Auch insoweit kann auf die von dem Zweck der Sammlung begünstigten Personen und deren Vermögenslage nicht abgestellt werden.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer widerspricht dies nicht dem Verwendungszweck des Sammelvermögens und dem Willen der Spender. Denn diese haben nicht nur ein Interesse daran, dass das angesammelte Vermögen später im Sinne des Sammlungszwecks verwendet, sondern bis zur Auskehrung an die Begünstigten auch neutral und ordnungsgemäß verwaltet wird. Die zu diesem Zwecke erfolgte Bestellung eines Pflegers, die als gesetzliche Folge den Vergütungsanspruch auslöst, ist also gerade auch ein Anliegen der Spender. (vgl. MünchKomm./Schwab BGB 4. Aufl. § 1914 Rn. 2; Soergel/Zimmermann BGB 13. Aufl. § 1914 Rn. 1).

III.

Einer Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren bedarf es nicht. Hinsichtlich der Gerichtskosten ergibt sich die Kostentragungspflicht der Beteiligten zu 1) bis 4) aus § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO. Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst, weil im Verfahren der weiteren Beschwerde außer dem Beteiligten zu 6) niemand förmlich beteiligt worden ist.

Den Wert des Beschwerdegegenstandes hat der Senat gemäß §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO in Übereinstimmung mit der Wertfestsetzung durch das Landgericht bestimmt.

Ende der Entscheidung

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