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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 26.06.2001
Aktenzeichen: 3 W 136/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 850 f.
ZPO § 577
ZPO § 793
ZPO § 176
ZPO § 178
Zustellung im Zwangsvollstreckungsverfahren

Lässt sich der Schuldner im Zwangsvollstreckungsverfahren von seiner Ehefrau vertreten, beginnt die Rechtsmittelfrist nur zu laufen, wenn die ergangene Entscheidung an diese als Verfahrensbevollmächtigte zugestellt worden ist.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

In dem Zwangsvollstreckungsverfahren

wegen Pfändung des Arbeitseinkommens, hier: Bemessung des pfandfreien Betrages nach § 850f ZPO,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury sowie die Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und Jenet auf die am 13. Juni 2001 eingegangene, als sofortige weitere Beschwerde zu behandelnde, Eingabe des Schuldners gegen den ihm am 9. Juni 2001 zugegangenen Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 21. Mai 2001 ohne mündliche Verhandlung

am 26. Juni 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

2. Das Verfahren wird zur erneuten Sachbehandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde - an das Landgericht zurückverwiesen.

3. Der Gegenstandswert für das Verfähren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 3 840,-- DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Schuldner hat - vertreten durch seine Ehefrau - einen Antrag auf Erhöhung des Pfändungsfreibetrages gestellt, dem durch das Vollstreckungsgericht nur teilweise entsprochen wurde. Die Zustellung des Beschlusses ist unter der Anschrift des Schuldners durch Niederlegung beim Postamt erfolgt. Seine Erstbeschwerde hat das Landgericht als unzulässig verworfen, weil das Rechtsmittel nicht innerhalb der Zweiwochenfrist der §§ 577 Abs. 2, 793 ZPO eingelegt worden sei und auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht komme.

II.

1. Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners ist gemäß §§ 793, 568 Abs. 2 ZPO statthaft. Der gemäß § 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO erforderliche neue selbständige Beschwerdegrund liegt darin, dass das Landgericht die Erstbeschwerde gegen den Beschluss des Vollstreckungsgerichts als unzulässig verworfen hat (vgl. dazu Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO 59. Aufl. § 568 Rdnr. 6). Auch im Übrigen ist das Rechtsmittel in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Was dessen Einlegung betrifft (§ 569 ZPO), ist die Beschwerdeschrift zwar nicht vom Schuldner, sondern von dessen Ehefrau unterschrieben. Dies steht aber der Wirksamkeit nicht entgegen, da der Schuldner seine Ehefrau - zuletzt im Schreiben vom 28. März 2001 - bevollmächtigt hat, ihn in dieser Angelegenheit zu vertreten. Hinsichtlich der Rechtmittelfrist der weiteren Beschwerde kann dahinstehen, ob der angefochtene Beschluss dem Schuldner wirksam zugestellt worden ist. Denn durch den Eingang des Beschwerdeschreibens am 13. Juni 2001 wäre die Zweiwochenfrist in jedem Fall gewahrt.

2. Das Rechtsmittel führt in der Sache zu einem vorläufigen Erfolg. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die Erstbeschwerde nicht verspätet eingelegt; denn die Frist zur Einlegung der Erstbeschwerde ist mangels wirksamer Zustellung nicht in Lauf gesetzt worden.

a) Anders als das Landgericht meint, kann für den Beginn der Beschwerdefrist nicht von einer Zustellung am 7. Februar 2001 ausgegangen werden. Als Empfänger weist die bei den Akten befindliche Urkunde nämlich den Schuldner persönlich aus. Hierbei ist unberücksichtigt geblieben, dass dieser im Vollstreckungsverfahren nicht selbst auf getreten ist, sondern seine Ehefrau bevollmächtigt hat. Auf Anforderung des Vollstreckungsgerichts ist eine entsprechende Vollmacht vorgelegt worden. Nach §§ 176, 178 Satz 2 ZPO hat dies zur Folge, dass der Beschluss des Vollstreckungsgerichts nicht an den Schuldner persönlich, sondern an dessen Ehefrau zuzustellen gewesen wäre (vgl. Baumbach/Hartmann aaO § 178 Rdnr. 4; Stein-Jonas/Roth, ZPO 21. Aufl. § 178 Rdnr. 6; MünchKomm/Wenzel, ZPO 2. Aufl. § 178 Rdnr. 7 jew. m.w.N.). Denn Prozessbevollmächtigte im Sinne des § 176 ZPO sind nicht nur Rechtsanwälte. Sofern eine Vertretung durch Anwälte nicht geboten ist, kann jede prozessfähige Person als Bevollmächtigte auftreten, § 79 ZPO (vgl. Stein-Jonas/Roth aaO § 176 Rdnr. 16; MünchKomm./Wenzel aaO § 176 Rdnr. 3). Da die mithin gebotene Zustellung an die Ehefrau des Schuldners unterblieben ist, liegt ein Verstoß gegen § 176 ZPO vor, der die Unwirksamkeit der Zustellung zur Folge hat (vgl. Baumbach/Hartmann aaO § 176 Rdnr. 10; Stein-Jonas/Roth aaO § 176 Anm. 5 jew. m.w.N.). Eine Heilung des Zustellungsmangels scheitert gemäß § 187 Satz 2 ZPO bereits daran, dass die Beschwerdefrist nach § 577 Abs. 2 Satz 1 eine Notfrist ist.

b) War demzufolge mangels wirksamer Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses die Beschwerdefrist nicht in Lauf gesetzt, bedarf es keiner weiteren Ausführungen zu der - vom Landgericht abgelehnten - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand,

c) Da sich die Kammer mit den sachlichen Einwendungen des Schuldners nicht auseinandergesetzt hat, ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 575 i. V. m. §§ 538 Abs. 1 Nr. 2, 540 ZPO analog). Im weiteren Verfahren wird zu prüfen sein, ob der Beschluss des Vollstreckungsgerichts vom 17. April 2001 einer Sachentscheidung entgegensteht. Was dessen Zustellung betrifft - ein entsprechender Nachweis befindet sich (noch) nicht bei den Akten - werden gleichfalls die Ausführungen zu II. 2.a) zu beachten sein.

III.

Im Hinblick auf den vorläufigen Erfolg des Rechtsmittels wird das Landgericht auch über die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu befinden haben.

Den Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde bemisst der Senat entsprechend dem Interesse des Schuldners nach dem Jahresbetrag der Differenz der pfändbaren Beträge, §§ 25 Abs. 2, 17 Abs. 1 GKG i.V.m. 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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