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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 29.09.2000
Aktenzeichen: 3 W 145/00
Rechtsgebiete: BGB, BVormVG


Vorschriften:

BGB § 1836 Abs. 1
BGB § 1836 Abs. 2
BGB §1836 a
BVormVG § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
BVormVG § Abs. 2 Satz
1. Der erfolgten Bestellung eines Betreuers "als Mitarbeiter des Betreuungsvereines" kommt konstitutive Wirkung zu. Sie ist dem Vergütungsverfahren zugrundezulegen.

2. Die Auswahlentscheidung des Vormundschaftsgerichts ist mangels anderweitiger Bestimmung im Vergütungsverfahren bindend, wenn ein Berufsbetreuer mit Meisterabschluss über generell nutzbare besondere Fähigkeiten verfügt; ihm ist ein erhöhter Stundensatz von 45,-- DM zu bewilligen.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 145/00 21 T 306/00 Landgericht Koblenz 7 XVII 2684 Amtsgericht Westerburg

In dem Verfahren

betreffend die Festsetzung einer Vergütung für die Betreuung des

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch die Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und Reichling sowie die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 30. Juni/4. Juli 2000 gegen den ihr am 29. Juni 2000 zugestellten Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 23. Juni 2000 ohne mündliche Verhandlung am 29. September 2000

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die sofortige weitere Beschwerde ist infolge ihrer Zulassung statthaft (§ 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG). Auch im Übrigen ist das Rechtsmittel förmlich nicht zu beanstanden (§§ 29 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 4, 21 Abs. 2, 20 FGG). Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist. Ungeachtet dessen steht - wenn es wie hier um die Höhe der Vergütung im Festsetzungsverfahren gegen die Staatskasse geht - dem Vertreter der Staatskasse ein Beschwerderecht zu (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Dezember 1999 - 3 W 267/99 -; Staudinger/Engler 1999 § 1836 Rdnr. 87).

II.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 FGG). Die Vorinstanzen haben dem Beteiligten zu 2) zu Recht einen Vergütungs- und Auslagenersatz aus der Staatskasse bewilligt.

a) Zunächst haben die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt, dass es sich bei dem bestellten Betreuer um einen Vereinsbetreuer im Sinne des Gesetzes handelt. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die als Betreuer tätig gewordene Person nur dann als Vereinsbetreuer zu qualifizieren ist, wenn sie in einem abhängigen Arbeitsverhältnis zum Betreuungsverein steht (vgl. zum Meinungsstand: Jaschinski NJW 1996, 1521 f; Schwab FamRZ 1992). Denn das Landgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass der mit Beschluss des Amtsgerichts Montabaur vom 30. April 1999 erfolgten Bestellung des Beteiligten zu 3) "als Mitarbeiter des Betreuungsvereins konstitutive Bedeutung zukommt. Diese Entscheidung ist unangefochten geblieben und deshalb dem Vergütungsverfahren zugrunde zu legen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. Mai 2000 - 15 W 86/2000 -. Denn diese betrifft nicht die Vergütung des Betreuers. Ihr liegt eine weitere Beschwerde gegen die Änderung einer Betreuerbestellung als Vereinsbetreuer zugrunde. Deshalb nötigt diese Entscheidung den Senat auch nicht gemäß § 28 Abs. 2 FGG zur Vorlage an den Bundesgerichtshof.

b) Die Vorinstanzen haben den Vergütungsanspruch des Beteiligten zu 2) mit 45,-- DM pro Stunde bemessen. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Gemäß §§ 1836 Abs. 1 und 2, 1836 a BGB ist der Vergütungsanspruch des Berufsbetreuers nach § 1 BVormVG zu bemessen. Der Mindeststundensatz beträgt dabei 35,-- DM (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BVormVG). Beim Vorhandensein besonderer Kenntnisse, die für die Betreuung nutzbar sind, erhöht sich dieser Stundensatz auf 45,-- DM, wenn die Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare Ausbildung erworben worden sind (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BVormVG). Besondere Kenntnisse im vorgenannten Sinne sind Kenntnisse, die über ein bestimmtes Grundwissen deutlich hinausgehen, wobei dieses Grundwissen je nach Bildungsstand oder Ausbildung unterschiedlich sein kann (Senat, Beschluss vom 19. September 2000 - 3 W 186/00 - zur Veröffentlichung bestimmt; BayObLG FG-Prax 2000, 22; Palandt/Diederichsen, BGB 58. Aufl. 1836 Rdnr. 9, jeweils m.w.N.). Für die Führung der Betreuung nutzbar sind solche Fachkenntnisse dann, wenn sie den Betreuer befähigen, seine Aufgaben zum Wohle des Betreuten besser und effektiver zu erfüllen und somit eine erhöhte Leistung zu erbringen. Dabei ist es nicht nötig, dass die Kenntnisse das gesamte Anforderungsprofil der Betreuung abdecken; vielmehr reichen Kenntnisse zur Bewältigung eines bestimmten Aufgabenkreises aus (BT-Drucks. 13/7158 S. 14, 15; Senat, Beschluss vom 19. September 2000 aaO; Thüringer OLG FG-Prax 2000, 110, jeweils m.w.N.). Solche Fachkenntnisse muss der Betreuer durch eine abgeschlossene Ausbildung erworben haben, wobei die Art der Ausbildung nicht im Einzelnen geregelt worden ist. Erforderlich ist aber, dass die Ausbildung in ihrem Kernbereich auf die Vermittlung betreuungsrelevanten Fachwissens ausgerichtet ist.

Das Landgericht hat festgestellt, dass der Beteiligte zu 3) die Meisterprüfung abgelegt hat und im Rahmen seiner Meisterausbildung Kenntnisse im Bereich Rechts- und Sozialwesen sowie Rechnungswesen und Wirtschaftslehre erworben hat. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG eine erhöhte Vergütung zu bewilligen ist, obliegt der Beurteilung des Tatrichters (Senat, Beschluss vom 19. September 2000 aaO; BayObLG aaO; Thüringer OLG aaO; Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, FGG 14. Aufl. § 27 Rdnr. 42, jeweils m.w.N.). Die Feststellungen des Landgerichts schöpfen die vorhandenen Erkenntnismöglichkeiten aus (§ 12 FGG) und finden ihre Grundlage in dem vorgelegten Meisterbrief sowie dem Rahmenzeitplan, der die genannten Gebiete als Prüfungsfächer ausweist und die Inhalte der Ausbildung auf diesen Gebieten darlegt.

Die vom Landgericht aus den festgestellten Tatsachen abgeleitete Folgerung, der Beteiligte zu 3) verfüge über für die Führung einer Betreuung nutzbare besondere Fachkenntnisse, verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze und hält den Anforderungen stand, die an die Überzeugungsbildung des Tatrichters zu stellen sind. Die vorgelegten Ausbildungsnachweise belegen den Umfang der erworbenen Kenntnisse, die jeweils Gegenstand eigenständiger Prüfungen waren. In einem solchen Fall handelt es sich nicht mehr um Kenntnisse, die nur bei Gelegenheit der Ausbildung erworben wurden. Die Ausbildung in den betreuungsrelevanten Bereichen gehört dann vielmehr zum Kernbereich des Ausbildungsganges.

Auf dieser Grundlage ist ein Stundensatz von 45,-- DM gerechtfertigt, ohne dass es darauf ankommt, ob die durch den Meisterabschluss erworbenen besonderen Fähigkeiten im Rahmen der hier zu bewältigenden Betreuungstätigkeit tatsächlich nutzbar waren bzw. sein werden. Denn dies wird nach der vom Vormundschaftsgericht am 30. April 1999 getroffenen Auswahlentscheidung gesetzlich vermutet, § 1 Abs. 2 Satz 1 BVormVG (Senat aaO; BayObLG aaO). Das Vormundschaftsgericht hat von vornherein einzelfallbezogen einen geeigneten Vormund oder Betreuer zu bestellen. Dieser kann sich grundsätzlich darauf verlassen, eine der von ihm eingebrachten Qualifikation entsprechende Vergütung zu erhalten (vgl. dazu BT-Drucks. 13/7158 S. 13 ff und 26 ff; Senat, Beschluss vom 7. Dezember 1999 aaO; OLG Hamm Rpfleger 1999, 539; BayObLG Rpfleger 2000, 64). Dementsprechend wird - wie bereits ausgeführt - nach § 1 Abs. 2 Satz 1 BVormVG vermutet, dass Fachkenntnisse, die für die Führung der Vormundschaften bzw. Betreuungen generell nutzbar sind, sich vergütungssteigernd auswirken, wenn das Vormundschaftsgericht einen Berufsvormund bzw. Berufsbetreuer mit solchen Kenntnissen bestellt (vgl. BT-Drucks. 13/7158 S. 28; Staudinger/Engler aaO § 1836 a Rdnr. 14). Die in § 1 Abs. 2 Satz 1 BVormVG enthaltene Vermutung entfällt nach Satz 2 dieser Vorschrift nur dann, wenn das Vormundschaftsgericht aus besonderen Gründen bei der Bestellung des Vormundes etwas anderes bestimmt. Dies ist hier nicht der Fall.

Verfügt danach - wie hier - der Berufsbetreuer mit Meisterabschluss über generell nutzbare besondere Fähigkeiten, ist mangels anderweitiger Bestimmung des Vormundschaftsgerichts dessen Auswahlentscheidung für das Abrechnungsverfahren bindend.

III.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 11 Abs. 1 KostO gerichtsgebührenfrei.

Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Auslagen ist nicht veranlasst, weil der Senat außer der Beteiligten zu 1) niemand am Verfahren der weiteren Beschwerde förmlich beteiligt hat. Deshalb erübrigt sich auch die Festsetzung eines Gegenstandswertes für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde.

Ende der Entscheidung

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