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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 13.03.2001
Aktenzeichen: 3 W 15/01
Rechtsgebiete: GmbHG, FGG


Vorschriften:

GmbHG § 6 Abs. 2
FGG § 142 Abs. 1 Satz 1
Die unter Verstoß gegen § 6 Abs. 2 GmbHG erfolgte Eintragung eines Geschäftsführers einer GmbH im Handelsregister kann durch das Registergericht von Amts wegen gelöscht werden.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 15/01 1 HT 1/00 Landgericht Koblenz 5 HRB Amtsgericht Koblenz

In dem Verfahren

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und den Richter am Landgericht Edinger auf die am 17. Januar 2001 eingegangene sofortige weitere Beschwerde gegen den am 8. Januar 2001 zugestellten Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Koblenz vom 12. Dezember 2000

ohne mündliche Verhandlung

am 13. März 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 10 000,-- DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft und auch sonst in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 142 Abs. 3, 141 Abs. 3, 27, 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 FGG).

II.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 FGG).

1. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist das Amtsgericht Koblenz als Registergericht zur Durchführung des Amtslöschungsverfahrens zuständig. Die Beschwerdeführerin ist im dortigen Handelsregister nach wie vor eingetragen. Allein die tatsächliche Verlegung des Sitzes der Hauptniederlassung der Beschwerdeführerin in den Bezirk eines anderen Registergerichts begründet vor der Eintragung im dortigen Handelsregister nicht die Zuständigkeit eines anderen Gerichts. Eine Sitzverlegung liegt nämlich erst dann vor, wenn die entsprechende Änderung der Satzung in das Handelsregister eingetragen ist (vgl. MünchKomm HGB Bokelmann § 13 h Rdnr. 3). Eine solche Eintragung ist bisher noch nicht erfolgt.

2. Die Vorinstanzen haben ohne Rechtsfehler die Voraussetzungen für eine Löschung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin von Amts wegen bejaht. Nach § 142 Abs. 1 Satz 1 FGG kann das Registergericht eine Eintragung in das Handelsregister von Amts wegen löschen, wenn diese wegen Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war.

a) Die Löschung einer Eintragung von Amts wegen darf allerdings nur dann erfolgen, wenn sie zwingende gesetzliche Vorschriften verletzt und deren Beseitigung im öffentlichen Interesse liegt (vgl. BayObLG GmbHR 1992, 304). Denn das Löschungsverfahren dient im Gegensatz zum Eintragungsverfahren nicht dazu, etwaige Fehler des Anmeldeverfahrens zu korrigieren. Vielmehr hat es den Zweck, im öffentlichen Interesse erlassene Vorschriften durchzusetzen (vgl. BayObLG GmbHR 1996, 441, 442). Daraus folgt ein gegenüber dem Anmeldeverfahren stark eingeschränktes Prüfungsrecht des Registergerichts. Es gilt der Grundsatz der Erhaltung der Eintragung (vgl. Senat GmbHR 1995, 723, 724; Keidel/Winkler FGG 14. Aufl. § 142 Rdnr. 1).

b) Auch unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsrechts ist die Entscheidung der Vorinstanzen nicht zu beanstanden. Zu Recht haben sie geprüft, ob die Eintragung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin im Handelsregister gegen § 6 Abs. 2 GmbHG verstößt. Die sich aus § 6 Abs. 2 GmbHG ergebenden Anforderungen an die Person des Geschäftsführers dienen dem öffentlichen Interesse. Sie sollen sicherstellen, dass zu Geschäftsführern nur Personen bestellt werden, die zu einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung bereit und in der Lage sind. Zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung zählen insbesondere auch Verhaltenspflichten, bei denen die Interessen der Gläubiger und der Allgemeinheit im Vordergrund stehen. Hierzu gehören etwa die Erhaltung des Stammkapitals, die Buchführung oder die Stellung des Konkursantrages bei Zahlungsunfähigkeit. Mithin dient die Vorschrift des § 6 Abs. 2 GmbH G nicht nur den Interessen der Gesellschafter, sondern auch dem Schutz von Gläubigern und Dritten (vgl. Teichmann IPRax 2000, 110, 112). Erfüllt eine zum Geschäftsführer bestellte Person diese Anforderungen nicht, ist seine Löschung als Geschäftsführer aus dem Handelsregister im öffentlichen Interesse erforderlich.

c) Die Eintragung des die rumänische Staatsangehörigkeit besitzenden und in Rumänien wohnhaften Geschäftsführers der Beschwerdeführerin verstößt gegen den sich aus § 6 Abs. 2 GmbHG über dessen Wortlaut hinaus ergebenden Grundsatz, wonach nur solche Personen zu Geschäftsführern bestellt werden dürfen, welche die Pflichten erfüllen können, die der Gesellschaft und ihnen persönlich als Geschäftsführer gesetzlich auferlegt sind (vgl. OLG Köln GmbHR 1999, 182, 183; Scholz/Schneider GmbHG 9. Aufl. § 6 Rdnr. 18 a).

aa) Zwar können Ausländer grundsätzlich zum Geschäftsführer einer GmbH auch dann bestellt werden, wenn sie im Ausland wohnen (vgl. OLG Hamm Rpfleger 2000, 23; OLG Frankfurt NJW 1977, 1595; OLG Düsseldorf GmbHRdsch 1978, 110; Scholz/Schneider, GmbHG 9. Aufl. § 6 Rdnr. 16). Allerdings muss sichergestellt sein, dass sie ihren gesetzlichen Verpflichtungen als Geschäftsführer tatsächlich und jederzeit in vollem Umfang nachkommen können (vgl. BGH ZIP 1981, 609, 610; OLG Köln IPRaX 2000, 130; OLG Hamm Rpfleger 2000, aaO; Scholz/Schneider aaO). Dies ist bei ausländischen Geschäftsführern mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland nur dann der Fall, wenn sie die Möglichkeit haben, jederzeit in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen. Auch der Einsatz moderner Technologie, wie etwa Telefon, Telefax oder e-mail reicht in diesem Zusammenhang nicht aus (vgl. OLG Köln GmbHR aaO; OLG Hamm Rpfleger aaO; Teichmann IPRax aaO; Lutter/Hommelhoff GmbHG 15. Aufl. § 6 Rdnr. 14). Denn es ist zur Erfüllung der gesetzlichen Pflichten eines Geschäftsführers unerlässlich, jederzeit und unmittelbar Einsicht in Bücher und Schriften des Unternehmens zu haben. Hier stößt die Möglichkeit; Verantwortung zu delegieren, an ihre Grenzen. In einem Restbereich persönlicher Verantwortung des Geschäftsführers ist dieser verpflichtet, auch persönlich tätig zu werden, ohne auf die Auskünfte Dritter angewiesen zu sein (OLG Hamm Rpfleger aaO; Teichmann IPRax aaO). Die Bestellung eines ausländischen Geschäftsführers, der diese persönlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, ist unwirksam.

bb) Das Registergericht ist im Rahmen der danach gebotenen Prüfung befugt, von dem Geschäftsführer den Nachweis zu verlangen, dass er eine Erlaubnis zu ständigem Aufenthalt im Inland hat oder zumindest jederzeit eine Aufenthaltserlaubnis zur Durchführung von Geschäftsreisen erhalten kann, wenn Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, er könne seine gesetzlichen Aufgaben wegen fehlender Einreisemöglichkeiten nicht erfüllen. Eine derartige Annahme ist gerechtfertigt, wenn es sich bei dem Geschäftsführer um einen Nicht-EU-Bürger mit Wohnsitz außerhalb der EU handelt, für den die Visumspflicht gilt und konkrete Umstände - wie hier - Zweifel an der jederzeitigen Einreisemöglichkeit begründen.

cc) Verfahrensfehlerfrei sind die Vorinstanzen schließlich zu dem Ergebnis gelangt, dass die notwendige Möglichkeit zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben eines Geschäftsführers hier nicht vorliegen. Einen entsprechenden Nachweis hat der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin nicht erbracht, womit die berechtigten Zweifel an der jederzeitigen Einreisemöglichkeit weiterhin bestehen.

3. Eine Vorlage an den Bundesgerichtshof nach § 28 Abs. 2 FGG im Hinblick auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. März 1977 (NJW 1977, 1595) ist nicht veranlasst. Voraussetzung dafür wäre, dass die Entscheidung, von der abgewichen werden soll, auf der anderen Beurteilung der Rechtsfrage beruht, also gerade diese Beurteilung der Rechtsfrage Grundlage für diese Entscheidung gewesen ist. Dies ist hier nicht der Fall. Zwar hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in dieser Entscheidung allgemein ausgeführt, ein ausländischer Geschäftsführer brauche das Gebiet der Bundesrepublik nicht zu betreten; um sein Amt ordnungsgemäß auszuüben. Dabei handelte es sich aber um eine zusätzliche, die Entscheidung für sich nicht tragende Erwägung. Gegenstand jener Entscheidung war nämlich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein im Inland lebender Ausländer bestellt werden kann, wenn seine Aufenthaltsgenehmigung eine selbständige Erwerbstätigkeit ausschließt.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Den Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde hat der Senat gemäß den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 Satz 1 KostO in Anlehnung an die Entscheidung des Landgerichts festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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