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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 27.10.2008
Aktenzeichen: 3 W 162/08
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 30 Abs. 2
KostO § 30 Abs. 2 Satz 1
KostO § 30 Abs. 3
KostO § 30 Abs. 3 Satz 1
KostO § 35
KostO § 36 Abs. 1
KostO § 38 Abs. 1
KostO § 38 Abs. 2 Nr. 4
KostO § 41
KostO § 44
KostO § 44 Abs. 1
KostO § 44 Abs. 1 Satz 1
KostO § 44 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1
KostO § 44 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2
KostO § 44 Abs. 2 a)
KostO § 156 Abs. 6
KostO § 156 Abs. 6 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 162/08

In dem Verfahren betreffend die Festsetzung von Notarkosten, hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Kratz und die Richterin am Oberlandesgericht Stutz auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 20. August 2008 gegen den ihm am 21. Juli 2008 zugestellten Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 9. Juli 2008

ohne mündliche Verhandlung

am 27. Oktober 2008 beschlossen: Tenor:

Auf die weitere Beschwerde wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 9. Juli 2008 geändert: Die Beanstandung gegen die Kostenrechnung des Beteiligten zu 1) vom 3. Juli 2006, Rechnungsnummer 13092-14478 zu Urkunden - Nummer 736/2006 B wird als unbegründet zurückgewiesen. Gründe: I. Der beschwerdeführende Notar beurkundete am 19. Juni 2006 eine "Vorsorgevollmacht, Generalvollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung", in der der Beteiligte zu 3) seiner Ehefrau, ersatzweise seiner Tochter, eine umfassende Vertretungsmacht in Vermögensangelegenheiten und allen persönlichen Angelegenheiten eingeräumt und sie bevollmächtigt hat, ihn bei der Aufenthaltsbestimmung, bei der Entscheidung über medizinische Maßnahmen und bei der Willensbekundung betreffend lebensverlängernde medizinische und unterbringungsähnliche Maßnahmen zu vertreten. Für den Fall, dass trotz der Vollmacht eine Betreuung erforderlich werden sollte, soll die Bevollmächtigte oder die Ersatzbevollmächtigte zum Betreuer bestellt werden. Zudem verfügte der Beteiligte zu 3), unter welchen näher beschriebenen Umständen er seine Einwilligung in bestimmte ärztliche Wiederbelebungsmaßnahmen und lebensverlängernde Maßnahmen verweigere. Für die Beurkundung setzte der Notar eine 5/10 Gebühr aus §§ 38 Abs. 2 Nr. 4, 41 KostO aus dem zwischen den Beteiligten unstreitigen Wert des Vermögens des Beteiligten zu 3) in Höhe von 75.000 € an. Daneben setzte er eine volle Gebühr aus §§ 38 Abs 1, 41 KostO aus einem Wert in Höhe von 6.000 €, nämlich jeweils 3.000 € für die Betreuungs- und die Patientenverfügung, an. Nebst Dokumentenauslagen, Postdienstleistungen, Fremdauslagen und Umsatzsteuer ergab dies insgesamt einen Betrag in Höhe von 187,32 €. In dem auf die Geschäftsprüfung bei dem Notar ergangenen Prüfbericht vom 15. März 2008 wurde diese Berechnung beanstandet und zur Begründung ausgeführt, bei gleichzeitiger Beurkundung einer Betreuungs- und einer Patientenverfügung sei der Wertansatz aus 3.000 € nur einmal vorzunehmen. Mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 wies der Beteiligte zu 2) als vorgesetzte Dienstbehörde den Notar gemäß § 156 Abs. 6 KostO an, zu der Kostenbeanstandung im Prüfbericht vom 15. März 2007 eine Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen. Das Landgericht hat sich in dem angegriffenen Beschluss der Rechtsansicht in dem Prüfbericht angeschlossen und die Notarkostenrechnung auf 136,25 € herabgesetzt. Zur Begründung ist ausgeführt, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung beträfen zwar unterschiedliche Regelungsgegenstände, sie stünden aber in einem engen inneren Zusammenhang mit der beurkundeten Generalvollmacht. Mit dieser bestehe hinsichtlich beider Verfügungen eine teilweise Gegenstandsgleichheit, was den lediglich einmaligen Wertansatz rechtfertige. Die Kammer hat die weitere Beschwerde zugelassen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Notars. II. Die weitere Beschwerde des Notars ist statthaft, weil das Landgericht sie zugelassen hat (§ 156 Abs. 2 Satz 2 KostO). Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt (§ 156 Abs. 6 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 KostO). In der Sache führt das Rechtsmittel zu dem angestrebten Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 156 Abs. 6 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 KostO). Der Notar hat die von ihm vorgenommene Beurkundungstätigkeit zutreffend abgerechnet. Im Einzelnen gilt folgendes: 1. Der Notar hat in der Verhandlung vom 19. Juni 2006 insgesamt drei Erklärungen des Beteiligten zu 3 beurkundet, nämlich eine Generalvollmacht (in der Form einer Vorsorgevollmacht), eine Betreuungsverfügung sowie eine Patientenverfügung. Für die Beurkundung der Generalvollmacht steht dem Notar nach § 38 Abs. 2 Nr. 4 KostO eine halbe Gebühr aus dem nach § 41 KostO zu bestimmenden Geschäftswert zu, der hier von allen Beteiligten unbeanstandet mit 75.000 € angenommen wird. Für die Beurkundung der Betreuungs- und der Patientenverfügung, jeweils einseitigen Erklärungen des Beteiligten zu 3), steht dem Notar nach § 36 Abs. 1 KostO die volle Gebühr (aus dem regelmäßig nach § 30 Abs. 3 Satz 1 Abs. 2 Satz 1 KostO mit 3.000 €) anzunehmenden Geschäftswert zu. Werden - wie hier - in einer Verhandlung mehrere Erklärungen beurkundet, so gilt für die Gebührenberechnung folgendes: a) Haben die Erklärungen (in vollem Umfang) denselben Gegenstand, so wird die Gebühr nach § 44 Abs. 1 Satz 1 KostO nur einmal von dem Wert dieses Gegenstandes nach dem höchsten in Betracht kommenden Gebührensatz berechnet. Träfe dies auf die hier abgegebenen Erklärungen zu, so wäre die Beurkundungstätigkeit des Notars mit einer vollen Gebühr (dem höchsten in Betracht kommenden Gebührensatz nach § 36 Abs. 1 KostO) aus einem für alle Erklärungen gleichen Geschäftswert in Höhe von 75.000 € zu berechnen. Denselben Gegenstand betreffen alle zur Begründung, Feststellung, Anerkennung, Aufhebung, Erfüllung oder Sicherung eines Rechtsverhältnisses niedergelegten Erklärungen samt allen Erfüllungs- und Sicherungsgeschäften auch dritter Personen oder zugunsten dritter Personen. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen verweist, hat die Kammer ausgeführt, dass eine Betreuungsverfügung sowie eine Patientenverfügung demnach verschiedene Gegenstände betreffen und dass Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung einerseits sowie Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung andererseits jedenfalls nicht in vollem Umfang gegenstandsgleich sind. b) Nach § 44 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 KostO gilt bei teilweiser Gegenstandsgleichheit zunächst einmal nichts anderes als im Falle der vollständigen Gegenstandsgleichheit nach Satz 1 der Vorschrift. Das heißt, die höchste Gebühr, hier eine volle Gebühr aus § 36 Abs. 1 KostO, gilt für den gesamten Beurkundungsvorgang. Allerdings ist nach § 44 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 KostO bei unterschiedlichen Gebührensätzen eine Vergleichsberechnung mit gesonderter Gebührenberechnung für jede Erklärung anzustellen und deren Ergebnis maßgeblich, soweit es für den Kostenschuldner günstiger ist. Bei dieser Vergleichsberechnung sind sämtliche Erklärungen gebührenrechtlich zu bewerten. Teilweise gegenstandsgleiche Erklärungen mit unterschiedlichem Gebührensatz haben mit anderen Worten entweder zur Konsequenz, dass der höchste für sie angeordnete Gebührensatz für die gesamte Beurkundung gilt oder aber dass bei einer Vergleichsberechnung die Gebühren für jede Erklärung gesondert zu berechnen ist. Dass weder der höchste Gebührensatz zur Anwendung kommt noch eine Vergleichsberechnung hinsichtlich sämtlicher beurkundeter Erklärungen stattfindet, ist mit § 44 KostO nicht zu vereinbaren. Der für beide Erklärungen nicht im Verhältnis zueinander, sondern jeweils im Verhältnis zu einer dritten Erklärung (der Generalvollmacht) bestehende, engere innere Zusammenhang vermittelt der Betreuungs- und der Patientenverfügung untereinander keine Gegenstandsgleichheit. Weder das Gesetz noch die Rechtsprechung (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2007, 1182) knüpfen im Übrigen an einen solchen Zusammenhang die Rechtsfolge, dass die volle Gebühr für beide Verfügungen nur einmal aus dem Wert ihres Gegenstandes zu entnehmen sei. Ein lediglich einmaliger Ansatz der Gebühr aus einem Gegenstandswert in Höhe von 3.000 € lässt sich auch nicht mit der Erwägung rechtfertigen, dass sowohl die Betreuungsverfügung als auch die Patientenverfügung nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten seien (so aber Bengel/Tiedtke, Kostenrechtsprechung 2007 DNotZ 2008, 581, 602). § 44 KostO stellt nicht darauf ab, dass es sich bei den mehreren Erklärungen sowohl um vermögensrechtliche als auch um nichtvermögensrechtliche Erklärungen handelt. Auch wenn es sich um zwei nichtvermögensrechtliche, aber nicht gegenstandsgleiche Erklärungen handelt, gelten die oben dargestellten Rechtsfolgen. Betreuungsverfügung und Patientenverfügung sind indes nicht gegenstandsgleich. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des OLG Hamm (FamRZ 2006, 722). In dieser Entscheidung ging es um die Bestimmung des Gegenstandswerts (nur) einer Patientenverfügung, die das OLG Hamm zutreffend nach § 30 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 KostO mit 3.000 € angenommen hat. Ausdrücklich wird in der Entscheidung im Weiteren darauf abgestellt, dass dort gerade keine Betreuungsverfügung getroffen wurde. Mit der vorliegenden Entscheidung weicht der Senat deshalb nicht von der Rechtsansicht des OLG Hamm ab. c) Der gebührenrechtlichen Berücksichtigung der Betreuungsverfügung nach der vorstehend dargestellten Rechtslage steht schließlich - jedenfalls im hier zu entscheidenden Fall - auch nicht entgegen, dass dieser im Verhältnis zu der Vorsorgevollmacht kein eigener Regelungsinhalt zukäme. In diesem Sinne hat der Senat in seiner Entscheidung vom 28. April 2008 in dem Verfahren 3 W 250/07 allerdings ausgeführt, soweit in der General- und Vorsorgevollmacht auch eine Betreuungsverfügung enthalten ist, müsse deren Wert weder bestimmt noch ein Gebührenvergleich nach § 44 Abs. 1 KostO vorgenommen werden, weil zwischen der Vorsorgevollmacht und der Betreuungsverfügung ein so unmittelbarer Zusammenhang bestehe, dass die Vollmacht die Betreuungsverfügung gebührenrechtlich verdränge. Das gilt jedenfalls nicht, wenn der Regelungsgehalt der Betreuungsverfügung - wie hier - von demjenigen der Vorsorgevollmacht abweicht. Während nämlich die Vorsorgevollmacht eine Generalbevollmächtigte und eine Ersatzbevollmächtigte bestimmt, lässt die Betreuungsverfügung offen, welche dieser beiden Personen für den Fall des Erfordernisses einer gesetzlichen Betreuung von dem Vormundschaftsgericht vorrangig als Betreuerin eingesetzt werden soll. Damit hat die Betreuungsverfügung hier nicht nur einen anderen Adressaten als die Vorsorgevollmacht, sondern auch einen abweichenden Regelungsgehalt, weshalb sie von der Vorsorgevollmacht gebührenrechtlich nicht verdrängt wird. Da vorliegend die Berechnung der einzelnen Gebühren für jede Erklärung für den Kostenschuldner günstiger ist als eine volle Gebühr aus dem Geschäftswert in Höhe von 75.000 €, ist die Berechnung durch den Notar nicht zu beanstanden. Zutreffend war es auch, die Geschäftswerte der Betreuungs- und der Patientenverfügung nach § 44 Abs. 2 a) KostO zusammenzurechnen (OLG Frankfurt FamRZ 2007, 1182) und die Gebühr aus dem so ermittelten Geschäftswert zu bestimmen. c) Das von der Kammer gefundene Ergebnis träfe demnach nur dann zu, wenn die Betreuungsverfügung im Verhältnis zu der Generalvollmacht lediglich ein Nebengeschäft im Sinne von § 35 KostO wäre (so wohl ("Nebenerklärung") Renner, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung - die kostenrechtliche Behandlung, NotBZ 2005, 45, 50). Das ist aber nicht der Fall. Ein Nebengeschäft im Sinn des § 35 KostO ist ein im Verhältnis zum Hauptgeschäft minderwichtiges Geschäft, das mit dem Hauptgeschäft derart im Zusammenhang steht, dass es nicht als selbständiges Geschäft in Erscheinung tritt, sondern nur dazu dient, das Hauptgeschäft vorzubereiten oder zu fördern (Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. § 35 KostO Rn. 4). Es muss darüber hinaus zum Pflichtenkreis des Notars gehören, also von ihm ohne besonderen Auftrag zur sachgemäßen Erledigung des Hauptgeschäfts auszuführen sein (vgl. OLG Frankfurt, OLGR 2008, 307). Diese Voraussetzungen treffen auf eine Betreuungsverfügung im Verhältnis zu einer Vorsorgevollmacht nicht zu. Wenn auch die Betreuungsverfügung im Verhältnis zur Vorsorgevollmacht nur eine hilfsweise Geltung beanspruchen soll, nämlich für den Fall, dass trotz der Vorsorgevollmacht noch ein Betreuungsverfahren notwendig werden sollte, so macht doch jede der Erklärungen auch ohne die jeweils andere einen Sinn und ist ohne die andere jeweils möglich. Die Erklärungen haben unterschiedliche Adressaten (den Bevollmächtigten bzw. das Betreuungsgericht) und die Betreuungsverfügung dient auch nicht der sachgemäßen Erledigung der Vorsorgevollmacht. 2. Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist gem. § 156 Abs. 6 Satz 3 KostO gebühren- und auslagenfrei. Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist entbehrlich.

Ende der Entscheidung

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