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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 01.10.2004
Aktenzeichen: 3 W 179/04
Rechtsgebiete: WE3 W 179/04G


Vorschriften:

WEG § 23 Abs. 4
WEG § 43
WEG § 45 Abs. 2 Satz 2
1. Die Abweisung eines Beschlussanfechtungsantrags kann nach Ablauf der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde nicht mehr im Wege der unselbständigen Anschlussbeschwerde angegriffen werden (Anschluss an KG OLGZ 1991, 306).

2. In Verfahren über die Gültigkeit von Eigentümerbeschlüssen bilden Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe denselben Verfahrensgegenstand, über den nach § 45 Abs. 2 WEG mit umfassender Rechtskraftwirkung entschieden wird.

3. Wird ein Eigentümerbeschluss von mehreren Wohnungseigentümer angefochten und verbindet das Amtsgericht die Anfechtungsverfahren rechtsfehlerhaft nicht, so tritt im Hinblick auf die Bindungswirkung gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG in den weiteren Anfechtungsverfahren Erledigung der Hauptsache ein, wenn in einem Verfahren der Antrag auf Ungültigerklärung des Beschlusses rechtskräftig zurückgewiesen wird und die übrigen anfechtenden Wohnungseigentümer an diesem Verfahren auch formell beteiligt waren (Anschluss an BayObLG ZMR 2003, 590 und ZMR 2004, 604).


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 179/04

In dem Verfahren

wegen anteiliger Zahlung einer Sonderumlage,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Richter am Oberlandesgericht Petry, die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach und die Richterin am Landgericht Stutz auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin vom 17. August 2004 gegen den ihren Verfahrensbevollmächtigten am 9. August 2004 zugestellten Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 4. August 2004

ohne mündliche Verhandlung

am 1. Oktober 2004

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 1 908,76 EU R festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die Wohnungseigentümer der im Beschlusseingang bezeichneten Wohnanlage, die von dem Beteiligten zu 3) verwaltet wird.

In dem vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren bekämpft die Antragsgegnerin ihre von dem Landgericht bestätigte Verurteilung durch das Amtsgericht, an die Antragsteller 1 908,76 EUR nebst Verzugszinsen zu zahlen. Bei der zuerkannten Hauptforderung handelt es sich um die erste Hälfte des auf die Antragsgegnerin entfallenden Anteils an einer Sonderumlage, welche die Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 7. Dezember 2002 zu TOP 9 beschlossen haben. Diese und weitere Beschlussfassungen der Wohnungseigentümer hat die Antragsgegnerin des vorliegenden Verfahrens in dem gesonderten Verfahren 1 UR II 7/02.WEG des Amtsgerichts Rockenhausen angefochten. In jenem unter formeller Beteiligung sämtlicher Wohnungseigentümer und des Verwalters durchgeführten Verfahren hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 6. Mai 2004 dem Anfechtungsbegehren teilweise entsprochen, den Beschlussanfechtungsantrag zu TOP 9 der Eigentümerversammlung vom 7. Dezember 2002 jedoch abgewiesen. Dagegen hat, nachdem seitens der Antragsteller des vorliegenden Verfahrens im Umfang ihres Unterliegens fristwahrend Rechtsmittel eingelegt worden war, die Antragsgegnerin des vorliegenden Verfahrens nach Ablauf der ihr gegenüber in Lauf gesetzten Beschwerdefrist Anschlussbeschwerde erhoben.

Die Antragsgegnerin nimmt auch in dem vorliegenden Verfahren weiter den Standpunkt ein, dass sie wegen der behaupteten Unwirksamkeit des Eigentümerbeschlusses zu TOP 9 der Eigentümerversammlung vom 7. Dezember 2002 nicht zur Zahlung der Sonderumlage verpflichtet sei.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei und somit zulässig (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 45 Abs. 1 WEG, §§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 4, 22 Abs. 1 FGG).

In der Sache bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

Vielmehr hat die Zivilkammer mit zutreffender Begründung richtig dahin entschieden, dass die Antragsgegnerin gegen das Zahlungsverlangen der Antragsteller im vorliegenden Verfahren nicht mehr einwenden kann, der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Erhebung der Sonderumlage sei anfechtbar oder nichtig.

Im Einzelnen gilt dazu Folgendes:

1. Das von der Antragsgegnerin angestrengte Beschlussanfechtungsverfahren (1 UR II 7/02.WEG AG Rockenhausen) ist, soweit der Eigentümerbeschluss über die Sonderumlage (TOP 9 der Eigentümerversammlung vom 7. Dezember 2002) in Rede steht, teilrechtskräftig abgeschlossen. Denn gegen die insoweit erfolgte Abweisung ihres Anfechtungsantrages durch das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin in jenem Verfahren nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist des § 22 Abs. 1 FGG sofortige Beschwerde eingelegt. Ihre nach Fristablauf erfolgte Anschließung an das Rechtsmittel der Gegenseite war unzulässig.

Zur Begründung dafür, warum mit der unselbständigen Anschlussbeschwerde nach Ablauf der Beschwerdefrist die Abweisung eines Beschlussanfechtungsantrages nicht mehr angegriffen werden kann, hat das Kammergericht Berlin Folgendes ausgeführt (Beschluss vom 13. März 1991 - 24 W 4715/90 -, abgedruckt in OLGZ 1991, 306 f):

"Regelmäßig ist zwar in Verfahren nach § 43 WEG auch die unselbständige [weitere] Anschlussbeschwerde unbefristet zulässig (BGHZ 71, 314; BGHZ 95, 118 = NJW 1985, 2717). In diesen von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen ging es um Wohngeldansprüche. Für Beschlussanfechtungsverfahren ergibt sich aus deren Eigenart aber etwas anderes. Die Monatsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG dient als Ausschlussfrist der Rechtssicherheit (vgl. BGHZ 54, 65 = NJW 1970, 1316). ... Nicht rechtzeitig angefochtene Eigentümerbeschlüsse werden demgemäß bestandskräftig (vgl. BayObLGZ 1975, 162; OLG Celle WuM 1989, 208). Was für die Verfahrenseinleitung gilt, hat gleichermaßen für die Rechtsmittelinstanzen Bedeutung ... Nach Fristablauf hinsichtlich der Zurückweisung eines Beschlussanfechtungsantrages tritt wegen dieses Eigentümerbeschlusses eine Teilrechtskraft ein." ...

Dieser rechtlichen Beurteilung, der sich das Bayerische Oberste Landesgericht angeschlossen hat (Beschluss vom 26. Februar 2004, - 2 ZBR 273/03 -, zitiert nach juris), tritt auch der beschließende Senat bei.

2. Die sonach in dem Verfahren 1 DR 7/02.WEG AG Rockenhausen rechtskräftig gewordene Entscheidung betreffend den Beschluss über die Erhebung der Sonderumlage bindet nach § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG auch in dem vorliegenden Verfahren alle Beteiligten. Antragsteller und Antragsgegnerin in vorliegender Sache wie auch der Verwalter waren im Verfahren 1 UR 7/02.WEG Amtsgericht Rockenhausen formell und materiell beteiligt (§ 43 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 4 Nr. 2 WEG).

Da der Anfechtungsantrag gegen den Beschluss zu TOP 9 der Eigentümerversammlung vom 7. Dezember 2002 erfolglos blieb, steht somit rechtskräftig fest, dass der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Erhebung der Sonderumlage gültig ist. Das gilt auch, soweit die Antragsgegnerin sich auf Nichtigkeitsgründe beruft. Denn in Verfahren über die Gültigkeit von Eigentümerbeschlüssen bilden Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe denselben Verfahrensgegenstand, über den nach § 45 Abs. 2 WEG mit umfassender Rechtskraftwirkung entschieden wird (Senat, OLGR Zweibrücken 2002, 422, 423 unter Hinweis auf BayObLGZ 1980, 29, 36 und BayObLG WE 1990,178).

3. Entgegen der Meinung der Antragsgegnerin ist die Frage der Gültigkeit des Eigentümerbeschlusses über die Sonderumlage auch nicht etwa deshalb noch offen, weil, so die Behauptung der weiteren Beschwerde, zu diesem Punkt beim Amtsgericht noch ein weiteres Beschlussanfechtungsverfahren eines anderen Wohnungseigentümers anhängig sein soll. Denn ein noch nicht verbeschiedener Antrag auf Ungültigerklärung des Beschlusses zu TOP 9 der Eigentümerversammlung vom 7. Dezember 2002 wäre - worauf bereits die Zivilkammer hingewiesen hat - jedenfalls gegenstandslos geworden. Wird nämlich ein Eigentümerbeschluss von mehreren Wohnungseigentümern angefochten und nimmt das Amtsgericht - rechtsfehlerhaft ( vgl. KG Berlin OLGZ 1993, 190, 192; Riecke/von Rechenberg, MDR 2002, 309, 311; Löke, ZMR 2003, 722, 723, jew.m.w.N ) - eine Verfahrensverbindung nicht vor, so tritt im Hinblick auf die Bindungswirkung gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG in den weiteren Anfechtungsverfahren Erledigung der Hauptsache ein, wenn in einem Verfahren der Antrag auf Ungültigerklärung des Beschlusses rechtskräftig zurückgewiesen wird und die übrigen anfechtenden Wohnungseigentümer an diesem Verfahren auch formell beteiligt waren (BayObLG ZMR 2003, 590 und BayObLG ZMR 2004, 604).

So liegen die Dinge hier, da im Verfahren 1 UR 7/02.WEG Amtsgericht Rockenhausen sämtliche Wohnungseigentümer und der Verwalter formell und materiell beteiligt waren.

4. Die Entscheidung über die Verpflichtung zur Tragung der Gerichtskosten beruht auf § 47 Satz 1 WEG. Entsprechend dem Grundsatz, dass die Beteiligten ihre Kosten selbst zu tragen haben, ist eine Anordnung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten nach § 47 Satz 2 WEG nicht veranlasst. Die Wertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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