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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 03.11.2006
Aktenzeichen: 3 W 188/06
Rechtsgebiete: GBO, BGB


Vorschriften:

GBO § 13 Abs. 1
GBO § 19
BGB § 883 Abs. 1
BGB § 2205 Satz 3
1. Eine weitergehende Prüfungskompetenz, als das formelle Konsensprinzip (§ 19 GBO) vorsieht, hat das Grundbuchamt bei einem Antrag auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung grundsätzlich nicht. Das Grundbuchamt darf die Eintragung nur ablehnen, wenn es aus den vorgelegten Urkunden und aus ihm sonst bekannten Umständen mit Sicherheit erkennt, dass der zu sichernde Anspruch nicht entstanden ist und auch künftig nicht mehr entstehen kann.

2. Ob dem Testamentsvollstrecker nach § 2205 Satz 3 BGB die Rechtsmacht zur Veräußerung eines Nachlassgrundstücks fehlt, ist bei einem Antrag auf Eintragung einer Eigentumsvormerkung für das Grundbuchamt ohne Bedeutung.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 188/06

In dem Verfahren

betreffend den im Grundbuch von Wittlich Blatt ... eingetragenen Grundbesitz Flur ..., Flurstück-Nr. ..., Gebäude- und Freifläche ..............

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Petry und die Richterin am Oberlandesgericht Stutz auf die weiteren Beschwerden des Beteiligten zu 1) und der Beteiligten zu 2) und 3) jeweils vom 12. Oktober 2006 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 26. September 2006

ohne mündliche Verhandlung

am 3. November 2006

beschlossen:

Tenor:

Unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts und des Beschlusses des Grundbuchamtes vom 23. März 2006 wird die Sache zur erneuten Entscheidung über den Eintragungsantrag an das Amtsgericht - Grundbuchamt - Wittlich zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 4) bis 7) sind in Erbengemeinschaft Eigentümer des von dem Verfahren betroffenen Grundstücks, auf welchem der Erblasser sein Speditionsgewerbe betrieb. In Ansehung des zum Nachlass gehörenden Betriebsvermögens, darunter das Grundstück, ist Testamentsvollstreckung angeordnet. Testamentsvollstrecker ist der Beteiligte zu 1). Dieser verkaufte mit Notarvertrag vom 6. Februar 2006 (in Abschrift Bl. 616 ff d.A.) das Betriebsvermögen (Geschäftsanteile des Erblassers an einer (Betriebs-)GmbH, dessen Einzel(besitz)firma sowie das hier interessierende Betriebsgelände) an die Beteiligten zu 2) und 3) zum Preis 757 289,00 EUR, wovon auf die Einzelfirma einschließlich Grundbesitz 670 289,00 EUR entfallen; im Kaufvertrag wurde die Auflassung des Grundstücks erklärt und die Eintragung einer Eigentumsvormerkung bewilligt.

Die Beteiligten zu 1) bis 3) haben über den Urkundsnotar die Eintragung der Auflassungsvormerkung beantragt. Diesen Antrag hat das Grundbuchamt am 23. März 2006 zurückgewiesen, nachdem es Kenntnis vom Wertgutachten eines Sachverständigen (in Fotokopie Bl. 264 ff d.A.) erlangt hatte, laut dem der Verkehrswert des Grundstücks 1,04 Mio. EUR betragen soll; mit Blick darauf hat die Rechtspflegerin den Standpunkt eingenommen, der Beteiligte zu 1) habe als Testamentsvollstrecker über das Grundstück teilweise unentgeltlich und damit unberechtigt verfügt. Die von den Beteiligten zu 1) bis 3) dagegen eingelegte Beschwerde ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben. Gegen dessen Entscheidung wenden sich der Beteiligte zu 1) und die Beteiligten zu 2) und 3) mit ihren weiteren Beschwerden.

II.

1. Die Rechtsmittel sind statthaft (§ 78 Satz 1 GBO), nicht an eine Frist gebunden und jeweils auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (§ 80 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 3 GBO). Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) bis 3) folgt schon aus der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde, im Übrigen aus ihrer Antragsberechtigung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO.

2. Die weiteren Beschwerden haben auch in der Sache Erfolg.

Der angefochtene Beschluss der Zivilkammer hält der rechtlichen Nachprüfung im dritten Rechtszug (§ 78 Satz 1 GBO, § 546 ZPO) nicht stand. Aus den vom Grundbuchamt und dem Gericht der Erstbeschwerde angestellten Erwägungen darf der Antrag auf Eintragung der im notariellen Vertrag vom 6. Februar 2006 bewilligten Auflassungsvormerkung nicht abgelehnt werden.

a) Die formellen Voraussetzungen für die Eintragung der Eigentumsvormerkung in das Grundbuch sind erfüllt. Die Beteiligten zu 2) und 3), zu deren Gunsten die Eintragung erfolgen soll, haben sie gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO beantragt, der Beteiligte zu 1) hat sie als dazu Kraft Amtes befugter Testamentsvollstrecker (Demharter, GBO 25. Aufl. § 19 Rdnr. 56) gemäß § 19 GBO bewilligt.

b) Eine weitergehende Prüfungskompetenz, als das formelle Konsensprinzip (§ 19 GBO) vorsieht, hat das Grundbuchamt grundsätzlich nicht (OLG Hamburg NJW-RR 1999, 600, 601 m.w.N.; Senat, Beschluss vom 26. August 2003 - 3 W 171/03 -, FG Prax 2003, 249 f). Andererseits darf das Grundbuchamt nicht bewusst dabei mitwirken, das Grundbuch unrichtig zu machen. Wenn es aufgrund feststehender Tatsachen weiß, dass durch die bewilligte Eintragung das Register unrichtig würde, darf es die Eintragung nicht vornehmen. Vor diesem Hintergrund hat der Senat in einem Fall der beantragten Eigentumsumschreibung dem Grundbuchamt ein Prüfungsrecht hinsichtlich der Befugnis des Testamentsvollstreckers zur Verfügung über den Nachlassgegenstand zugebilligt (Beschluss vom 15. November 2000 - 3 W 175/00 -, Rpfleger 2001, 173 = DNotZ 2001, 399).

c) Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allerdings nicht die Buchung der Auflassung, sondern beantragt ist bislang nur die Eintragung einer Eigentumsvormerkung.

Die Vormerkung dient nach § 883 Abs. 1 BGB der Sicherung eines schuldrechtlichen Anspruchs, der auf eine dingliche Rechtsänderung an einem Grundstück oder an einem Grundstücksrecht gerichtet ist; ihr Bestand und ihr Inhalt werden durch den Anspruch bestimmt (Grundsatz der Akzessorietät).

Nach § 19 GBO ist eine Vormerkung im Grundbuch einzutragen, wenn der über das Grundstück Verfügungsberechtigte sie bewilligt und er oder der Vormerkungsberechtigte ihre Eintragung beantragt hat. Ob die zu sichernde Forderung tatsächlich besteht, hat das Grundbuchamt dabei nicht zu prüfen. Es genügt vielmehr, dass der zu sichernde Anspruch seinem Gegenstand nach vormerkungsfähig ist. Nur wenn das Grundbuchamt aus den vorgelegten Urkunden und aus ihm sonst bekannten Umständen mit Sicherheit erkennt, dass der zu sichernde Anspruch nicht entstanden ist und auch künftig nicht mehr entstehen kann, ist die beantragte Eintragung einer Auflassungsvormerkung abzulehnen; bloße Zweifel an der Wirksamkeit des zugrunde liegenden Vertrags können die Zurückweisung des Eintragungsantrags hingegen nicht rechtfertigen (BayObLGZ 1993, 1, 2 f = NJW-RR 1993, 472; BayObLG DNotZ 1995, 63 f; BayObLG Rpfleger 2003, 573 f: Möglicher Verstoß gegen das Schenkungsverbot des § 1804 BGB; MüKo./Wacke BGB 4. Aufl., § 883 Rdnr. 12 und § 885 Rdnr. 26; Palandt/Bassenge, BGB 65. Aufl., § 885 Rdnr. 14; Böhringer, BWNotZ 2006, 118, 122).

d) Unter Beachtung des vorstehend Ausgeführten wird das Grundbuchamt von seinen bisher geäußerten Bedenken gegen die Eintragung der Auflassungsvormerkung Abstand zu nehmen haben. Mit der Bewilligung des Beteiligten zu 1) als Testamentsvollstrecker liegt die formell-rechtlich erforderliche Eintragungsbewilligung für die Vormerkung vor. Das Bestehen des zu sichernden Anspruchs auf Eigentumsverschaffung (vgl. § 883 Abs. 1 BGB) hat das Grundbuchamt nicht zu prüfen. Die nach Auffassung der Tatsacheninstanzen im Hinblick auf § 2205 Satz 3 BGB fehlende Rechtsmacht des Beteiligten zu 1) wegen vermeintlicher Veräußerung des Grundstücks "unter Wert" betrifft nur diesen Anspruch; die - nach Auffassung des Senats nur im Rahmen einer Gesamtschau aller Kautelen des Unternehmensverkaufs zu beurteilende - Frage der "Unentgeltlichkeit" stellt sich daher erst im Falle eines Antrags auf Eintragung der Auflassung.

Im Übrigen steht, sollte der Beteiligte zu 1) tatsächlich für ihn selbst erkennbar (Palandt/Edenhofer aaO § 2205 Rdnr. 28) teilweise "unentgeltlich" verfügt haben, auch nicht fest, dass der Anspruch der Vormerkungsberechtigten nicht mehr entstehen könnte; denn eine unentgeltliche und deshalb schwebend unwirksame Verfügung des Testamentsvollstreckers würde im Falle ihrer Genehmigung durch sämtliche Miterben rückwirkend gültig (Palandt/Edenhofer aaO § 2205 Rdnr. 30).

3. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 131 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 KostO nicht veranlasst. Damit erübrigt sich zugleich die Festsetzung eines Geschäftswerts für das Verfahren der weiteren Beschwerde.

Ende der Entscheidung

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