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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 12.11.2002
Aktenzeichen: 3 W 200/02
Rechtsgebiete: FGG, BGB, GG


Vorschriften:

FGG § 20
FGG § 57 Abs. 1 Nr. 9
FGG § 69 g Abs. 1
FGG § 69 i Abs. 7
FGG § 69 i Abs. 8
BGB § 1908b
BGB § 1908c
GG Art. 6 Abs. 1
Die Tochter des Betreuten ist nicht berechtigt, Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts einzulegen, mit der der von ihr angeregte Betreuerwechsel abgelehnt worden ist (Anschluss an BGHZ 132, 157; BayObLG Rpfleger 1998, 112).
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 200/02

In dem Verfahren

betreffend die angeordnete Betreuung für H...... S....... geboren am .............................. wohnhaft ...........................

hier: Antrag auf Neubestellung eines Betreuers,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Cierniak und die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 9./10. Oktober 2002 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 24. September 2002

ohne mündliche Verhandlung

am 12. November 2002

beschlossen:

Tenor:

1. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000,- € festgesetzt.

Gründe:

1. Die weitere Beschwerde ist statthaft, nicht an eine Frist gebunden und auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (§§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 2, 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 4 FGG). Die Befugnis der Beteiligten zu 1) zur Einlegung der Rechtsbeschwerde ergibt sich daraus, dass ihre Erstbeschwerde vom Landgericht als unzulässig "zurückgewiesen" (gemeint: verworfen) worden ist (vgl. dazu etwa BayObLG FamRZ 1996, 508).

2. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Das Landgericht hat die Erstbeschwerde zu Recht als unzulässig verworfen. Gegen den Beschluss des Amtsgerichts Pirmasens vom 7. März 2002, mit dem der von der Beteiligten zu 1) angeregte Betreuerwechsel abgelehnt worden ist, stand dieser ein Beschwerderecht nicht zu.

a) Für die Beschwerdebefugnis in Betreuungssachen sieht das Gesetz - unbeschadet des auch hier geltenden § 20 FGG - Sonderregelungen in den §§ 69 g, 69 i FGG vor. Die Beteiligte zu 1) gehört als Tochter des Betroffenen zu dem Personenkreis des § 69 g Abs. 1 FGG. Die von ihr mit der Erstbeschwerde angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts fällt aber nicht unter den abschließenden Katalog der Bestimmung. Dieser umfasst die Bestellung eines Betreuers von Amts wegen, die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts und die ablehnenden Entscheidungen in diesem Rahmen. Zwar können nahe Angehörige gegen die erstmalige Bestellung eines Betreuers Beschwerde auch mit dem Ziel einlegen, die eigene Person an die Stelle des ausgewählten Betreuers zu setzen; insoweit handelt es sich um eine zulässige Teilanfechtung einer Einheitsentscheidung, die auch die Bestellung und Auswahl des Betreuers umfasst (BGHZ 132, 157, 159; Senat, FGPrax 1997, 104; 1999, 146; 182; Beschlüsse vom 29. November 1999 - 3 W 243/99 - und vom 30. August 2000 - 3 W 177/00 -). Hier geht es aber nicht um einen solchen Fall, sondern um die Ablehnung einer Entlassung der Beteiligten zu 2) gemäß § 1908 b BGB und die Bestellung eines neuen Betreuers gemäß § 1908 c BGB. Durch die Verweisung in § 69 i Abs. 8 FGG auf die Bestimmung des § 69 g Abs. 1 FGG wird klargestellt, dass dem dort genannten Personenkreis nur dann ein Beschwerderecht zusteht, wenn das Amtsgericht einen Betreuer aus wichtigem Grund entlässt und bei der Auswahl des neuen Betreuers eine Person, die dem Kreis des § 1897 Abs. 5 BGB angehört, übergeht. Die ausdrückliche Anführung des § 1908 c BGB in § 69 i Abs. 8 FGG zeigt, dass Voraussetzung für die Beschwerdebefugnis die Entlassung des bisherigen Betreuers ist, eine Ablehnung der Entlassung aber nicht ausreicht. Die Bestimmung des § 1908 b BX3B, die die Voraussetzungen der Betreuerentlassung regelt, wird zwar in § 69 i Abs. 7 FGG genannt, eine Regelung der etwaigen Beschwerdebefugnis fehlt aber. Daraus ist herzuleiten, dass sich die Beschwerdeberechtigung im Falle der Ablehnung einer Entlassung des Betreuers ausschließlich nach § 20 FGG richtet (vgl. BGHZ 132, 157, 160; Senat, FGPrax 2002, 25; BayObLGZ 1995, 305, 306; Keidel/Kayser, FG 14. Aufl. § 69 g Rdnr. 8). Ein Beschwerderecht Dritter aus § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG scheidet aus, weil das Gesetz in den §§ 69 g, 69 i FGG eine einschränkende Sonderregelung geschaffen hat (vgl. BayObLGZ 1993, 234,235 m.w.N.); im Übrigen ist § 57 FGG in der Verweisungskette des § 69 e FGG nicht genannt.

b) Für die Beteiligte zu 1) ist eine Beschwerdebefugnis nach § 20 Abs. 1 FGG nicht gegeben. Ihr Begehren auf Entlassung ist lediglich eine Anregung an das Gericht, gemäß § 1908 b BGB einzuschreiten. Mit der Entscheidung des Amtsgerichts wird nicht in ein subjektives Recht der Beteiligten zu 1) eingegriffen, so dass die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 FGG nicht gegeben sind. Erst die Entlassung der bisherigen Betreuerin würde es ermöglichen, dass der aus § 1897 Abs. 5 BGB folgende Vorrang naher Angehöriger bei der Auswahl eines neuen Betreuers berücksichtigt wird. Da weder dieser Vorrang noch das bloße Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 1908 b BGB der Beteiligten zu 1) ein Recht auf Entlassung gibt, scheidet für sie auch die Beeinträchtigung eines Rechts im Sinne von § 20 Abs. 1 FGG aus (vgl. BGHZ 132,157, 160 f.; BayObLG Rpfleger 1998, 112).

c) Entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts Köln (FamRZ 1996,1024 - Vorlagebeschluss) kann ein Beschwerderecht der Beteiligten zu 1) auch nicht aus Art. 6 Abs. 1 GG hergeleitet werden. Bei der Einschränkung der Beschwerdebefugnis naher Angehöriger nach § 69 g Abs. 1 FGG hat der Gesetzgeber die entsprechenden verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte bereits bedacht. Er hat ein Beschwerderecht dieses Personenkreises gegen die Ablehnung einer Entlassung des Betreuers nicht gewollt, und zwar aus Gründen des Wohls des Betreuten (vgl. BGHZ 132,157,162 unter Bezugnahme auf BT-Drucks. 11/4528 S. 174; BayObLG aaO).

d) Auch die Kostenentscheidung erweist sich als rechtsfehlerfrei. Das Landgericht hat sie erkennbar auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG gestützt; die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Bei dem Zitat des § 13 a Abs. 2 Satz 2 FGG in den Gründen der angefochtenen Entscheidung handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler.

e) Schließlich vermag der erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz gestellte Hilfsantrag dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn im Verfahren der weiteren Beschwerde ist eine Antragserweiterung unzulässig (vgl. BayObLG WE1991, 294; Keidel/Kahl aaO § 27 Rdnr. 43 m.w.N.).

3. Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist gemäß § 131 Abs. 3 KostO gerichtsgebührenfrei, da nicht auszuschließen ist, dass das Rechtsmittel zumindest auch im Interesse des Betreuten eingelegt worden ist. Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst, weil im Verfahren der weiteren Beschwerde außer der Beteiligten zu 1) niemand förmlich beteiligt worden ist.

Den Wert des Beschwerdegegenstandes für das Rechtsbeschwerdeverfahren hat der Senat gemäß §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 und 3 KostO festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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